LE-2-2021
LOGISTIK express Journal 2/2021
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LOGISTIK express 2/<strong>2021</strong> | S26<br />
Utopie und Machbarkeit<br />
Die Studie besagt, dass aktuell mit den kumulierten<br />
Einsparungspotenzialen von Batterieelektrik<br />
(-34 %), LNG/flüssiges Erdgas<br />
(-17 %), Wasserstoff (-9 %), Ladekapazitätssteigerungen<br />
(-4 %), angepassten Fahrverboten<br />
(-3 %) sowie Leichtbau und Aerodynamik<br />
der Zielwert bis 2030 unerreichbar ist,<br />
und auch das Österreichische Null-Emissions-Ziel<br />
bis 2040 ist unter den derzeit gegebenen<br />
Bedingungen Utopie. Bezüglich des<br />
Null-Emissions-Ziels 2050 der EU hingegen<br />
stimmen die Ergebnisse vorsichtig optimistisch,<br />
durch einen Anstieg der Effekte von<br />
Wasserstoff und Batterieelektrik sowie einen<br />
Mix an schon heute verfügbaren Technologien<br />
könnte es erreichbar sein. „Die Kernkompetenz<br />
der Logistikbranche ist, Abläufe<br />
so zu gestalten, dass Waren so effizient wie<br />
möglich transportiert werden können.<br />
Dieses Wissen können und wollen wir auch<br />
nützen, um die Umwelteffekte des Straßenverkehrs<br />
zu minimieren. Wir brauchen jetzt<br />
eine gut geplante Klima-Kehrtwende im<br />
Güterverkehr. Ohne den Beitrag der Politik<br />
wird das aber nicht gehen“, meint Alexander<br />
Friesz, Präsident des Zentralverbandes<br />
Spedition & Logistik. Er sieht die Regierung,<br />
insbesondere die zuständige Verkehrsministerin<br />
Leonore Gewessler, dringend in der<br />
Pflicht, nachhaltige Rahmenbedingungen<br />
und Investitionssicherheit für die Logistikwirtschaft<br />
zu schaffen. „Denn durch die<br />
Einführung neuer Technologien, einen Mix<br />
unterschiedlicher Antriebsformen, bessere<br />
Aerodynamik, den Ausbau der Intermodalität<br />
und die Reduktion von Umwegverkehren<br />
könnten wir ab sofort sehr viel erreichen“,<br />
bekräftigt Friesz.<br />
Weitere Vorschläge in Richtung CO2-neutraler<br />
Güterverkehr: eine Mautbefreiung klimafreundlicher<br />
Fahrzeuge, steuerliche Anreize<br />
und Förderungen, eine Anpassung von<br />
Fahrverboten, die Zulassung längerer Fahrzeuge<br />
und zusätzliche Fahrzeugeinheiten.<br />
Friesz: „Autotransporter könnten mit<br />
der gleichen Zugmaschine mehr Autos<br />
transportieren, aerodynamische Aufbauten<br />
den Energieverbrauch stark verringern<br />
oder auch Lang-LKW viel Energie<br />
und damit Emissionen einsparen.“<br />
So seien in Summe allein hierdurch Emissionsverringerungen<br />
im zweistelligen Prozentbereich<br />
möglich. Der Einsatz von<br />
Elektrofahrzeugen auf Kurzstrecken birgt<br />
ein Einsparungspotenzial von rund einer<br />
Million Tonnen CO2-Äquivalent bis 2030,<br />
bis 2050 sogar über 3,3 Millionen Tonnen<br />
– bei bekannten Nachteilen wie langen<br />
Ladezeiten und der Umweltbelastung<br />
durch die Batterie in der Erzeugung und<br />
Entsorgung. Zudem müsste viel Geld für<br />
den Infrastrukturausbau – Ladestationen,<br />
Stromnetz und nachhaltige Stromerzeugung<br />
– in die Hand genommen werden.<br />
Dass es funktionieren kann, weiß Peter Umundum,<br />
Vizepräsident des ZV Spedition &<br />
Logistik: „Die Paketdienstleister beweisen,<br />
wie rasant sich eine Branche auf neue<br />
Herausforderungen einstellen und diese<br />
meistern kann, wenn Technologie und<br />
Rahmenbedingungen stimmen. Dabei zeigen<br />
wir als Branche heute schon, was mit<br />
dem Ausbau der E-Flotte in puncto CO2-<br />
Einsparung alles möglich ist.“<br />
Für die Langstrecke im Güterverkehr ist<br />
Elektromobilität aus heutiger Sicht ungeeignet.<br />
Die Hoffnungen ruhen auf Wasserstoffantrieben,<br />
wobei es hier hauptsächlich<br />
noch an der wirtschaftlichen Herstellung<br />
und Speicherung grünen Wasserstoffs hapert.<br />
Trotzdem sehen die Studienautoren<br />
in diesem Bereich bei entsprechender Forschung<br />
und Entwicklung (und Förderung)<br />
die Zukunft und ein Einsparungspotenzial<br />
von 3,3 Millionen Tonnen Co2-Äquivalent<br />
bis zum Jahr 2050 – und schlagen Pilotprojekte<br />
für den Schwerverkehr vor.<br />
Dieser Meinung ist auch ZV-Vizepräsident<br />
Wolfram Senger-Weiss: „Wir dürfen uns nicht<br />
zurücklehnen und warten, bis ausschließlich<br />
sauberer, grüner Wasserstoff vorhanden ist.<br />
Es gilt, jetzt zu handeln und in den kommenden<br />
Jahren den Boden für diese Technologien<br />
aufzubereiten.“ Klar ist, dass der Hut<br />
brennt, der Klimawandel ist kaum noch zu<br />
stoppen. Wagner: „Ich wünsche mir endlich<br />
klare Signale aus der Politik, mehr Rationalismus<br />
und einen Fokus auf die Zukunft sowie<br />
dass Entscheidungen auf der Basis von Fakten<br />
getroffen werden. Denn uns läuft die<br />
Zeit davon.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.<br />
(AG)