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UKJ-Klinikmagazin 1/2021

Blut - Saft des Lebens

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Neben diesen häufigsten Therapiemethoden bieten wir<br />

auch ganz andere Verfahren an, wie Augentropfen aus<br />

Eigenblut oder die Hämodilution. Oft werden Patienten<br />

mit Durchblutungsstörungen am Auge wie einer<br />

Augenvenenthrombose damit behandelt – oder Patienten<br />

nach einem Hörsturz. Diese Erkrankungen entstehen, wenn<br />

das Blut zu dick ist und kleine, zarte Gefäße verstopft. Wir<br />

reduzieren das Blutvolumen und es fließt dadurch wieder<br />

schneller.<br />

Bei welchen Therapien arbeiten Sie eng mit<br />

anderen Fachbereichen zusammen?<br />

Dr. Rummler: Vor allem im Bereich Onkologie gibt es<br />

Überschneidungspunkte. Beispielsweise stellen wir die<br />

Stammzellpräparate her, die die Onkologen zur Therapie<br />

von Patienten mit Krebserkrankungen einsetzen. Aber auch<br />

bei der neuartigen CAR-T-Zell-Therapie für Patienten mit<br />

aggressivem Lymphdrüsenkrebs in der Klinik für Innere<br />

Medizin II unterstützen wir.<br />

Stimmt es, dass Eigenblutspenden immer seltener werden?<br />

Dr. Rummler: Früher war es normal, vor größeren Eingriffen<br />

wie Hüft- oder Kniegelenk-OPs Eigenblut zu spenden. Sollte<br />

eine Bluttransfusion während der OP notwendig sein, konnte<br />

auf das eigene Blut zurückgegriffen werden. Davon ist man<br />

mittlerweile abgekommen. Im vergangenen Jahr haben wir gar<br />

keine Eigenblutkonserve abgenommen. Ein Grund dafür ist,<br />

dass Fremdblutkonserven so sicher geworden sind.<br />

Aber was macht die Blutprodukte so sicher?<br />

Dr. Rummler: Unsere Zulassung regelt, wie unsere<br />

Blutprodukte beschaffen sein müssen, um wirklich sicher zu<br />

sein. Zum einen sind das gewisse Qualitätsanforderungen. So<br />

dürfen die Konserven ein gewisses Volumen nicht über- oder<br />

unterschreiten, es gibt einen Maximalwert für Kalium und einen<br />

Minimalwert für Hämoglobin, dem Sauerstoffträger im Blut.<br />

Zum anderen untersuchen wir das gespendete Blut natürlich<br />

auf viele verschiedene Krankheitserreger wie Hepatitis A, B<br />

und C, HIV, West-Nil oder auch auf Erkrankungen wie Syphilis.<br />

Und nur wenn all diese Anforderungen eingehalten werden,<br />

darf die Spende in unser Blutdepot – und schließlich zum<br />

Patienten.<br />

Testen Sie Blutspenden auch auf das SARS-CoV-2-Virus?<br />

Dr. Rummler: Nein, wir testen weder die Spender noch das<br />

gespendete Blut auf COVID-19. Denn es gibt bisher keinen<br />

Hinweis darauf, dass das Virus über Blutkonserven übertragen<br />

werden kann. Mit einem umfangreichen Fragebogen und<br />

Temperaturmessung prüfen wir bei jedem Spender, ob das<br />

Risiko einer COVID-19-Erkrankung vorliegt und entscheiden<br />

im Einzelfall, ob eine Spende möglich ist. Übrigens bewerten<br />

auch unsere Mitarbeiter nach diesem Schema regelmäßig ihr<br />

Erkrankungsrisiko.<br />

Nach der Spende wird das Blut im Labor umfangreich getestet.<br />

Wie hat die Corona-Pandemie die Transfusionsmedizin<br />

beeinflusst?<br />

Dr. Rummler: Wir waren zu Beginn verunsichert – sowohl in<br />

der Therapie als auch in der Blutspende. Können wir unsere<br />

Therapien noch durchführen? Wie stellen wir sicher, dass<br />

unsere chronischen Patienten Corona-frei sind? Und wie<br />

kann eine Blutspende unter Corona-Bedingungen ablaufen?<br />

Das war eine echte Herausforderung. Mit umfangreichen<br />

Hygienekonzepten, erweiterten Räumlichkeiten in der<br />

Therapie und einem Bestellsystem in der Blutspende haben<br />

wir uns aber zum Glück sehr schnell an die neue Situation<br />

angepasst.<br />

Stichwort: Patient Blood Management. Was genau verbirgt<br />

sich hinter dem Konzept, das 2017 am Jenaer Uniklinikum<br />

eingeführt wurde?<br />

Dr. Rummler: Das Patient Blood Management, kurz PBM,<br />

ist ein fächerübergreifendes Behandlungskonzept, um den<br />

Verbrauch von Fremdblut zu verringern. Bei diesem Konzept<br />

geht man prinzipiell davon aus, dass vor allem zu viele<br />

Erythrozytenkonzentrate übertragen werden. Und das kann<br />

– ohne richtige Indikation – dem Patienten auch schaden,<br />

von Fieber über Sepsis bis hin zum Tod. Deshalb setzt man<br />

an drei Säulen an: Bei geplanten Eingriffen betrachtet man<br />

die Blutwerte der Patienten vor der eigentlichen Operation.<br />

Liegt bei ihnen eine Blutarmut vor, kann diese bereits vor<br />

dem Eingriff entsprechend behandelt werden. Außerdem<br />

haben die Beteiligten des PBM auch die sogenannten<br />

Transfusionstrigger überarbeitet. Sie zeigen an, in welchen<br />

Fällen Fremdblut überhaupt notwendig und sinnvoll ist. Die<br />

letzte Säule besteht aus verschiedenen fremdblutsparenden<br />

Maßnahmen vor, während und nach den Eingriffen. Mit<br />

modernen blutsparenden Operationstechniken oder<br />

optimierten Blutentnahmen zu labordiagnostischen Zwecken<br />

lassen sich zusätzliche Blutverluste vermeiden. Und das alles<br />

war erfolgreich: Seit Einführung des PBM verbrauchen wir nun<br />

etwa 1.000 Erythrozytenkonzentrate weniger pro Jahr.<br />

Interview: Anne Curth<br />

KONTAKT<br />

Dr. Silke Rummler<br />

Direktorin des Instituts für<br />

Transfusionsmedizin am <strong>UKJ</strong><br />

03641 9-32 55 25<br />

sekretariat.itm@med.uni-jena.de<br />

01 | 21<br />

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