UKJ-Klinikmagazin 1/2021
Blut - Saft des Lebens
Blut - Saft des Lebens
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„Alles, was wir machen, ist ein Angebot.<br />
Die Entscheidung liegt bei den Eltern.<br />
Immer“, beschreibt es die Hebamme.<br />
Abschied nehmen<br />
Wie geht es nach der Geburt weiter?<br />
Kann das Kind beerdigt werden? Woher<br />
bekommt man eine Sterbeurkunde?<br />
Das sind alles Fragen, die den Eltern<br />
sicherlich nicht als Erstes durch den<br />
Kopf gehen, aber die beantwortet werden<br />
müssen. Auch hier steht das Team<br />
der Geburtsmedizin mit Rat und Tat zur<br />
Seite. Um die Sterbeurkunde kümmert<br />
sich die Klinik genauso wie um eine<br />
Möglichkeit, das Kind beizusetzen. So<br />
besteht in Deutschland zwar keine<br />
Bestattungspflicht, wenn das Kind<br />
weniger als 500 Gramm wiegt. Aber das<br />
<strong>UKJ</strong> hat am Jenaer Nordfriedhof eigens<br />
eine Grabstelle für Sternenkinder.<br />
„Es kann für die Eltern ein tröstlicher<br />
Gedanke sein zu wissen, dass ihr Kind<br />
nicht alleine irgendwo begraben liegt,<br />
sondern mit anderen Sternenkindern“,<br />
erklärt Judith Rothaug. Zwei Mal im Jahr<br />
findet eine Beisetzungsfeier statt, einmal<br />
im Jahr eine Gedenkfeier, zu der die<br />
Klinik die Eltern einlädt.<br />
Auch im Wochenbett<br />
für die Eltern da<br />
genauso zu“, bekräftigt Hebamme Saskia.<br />
Gerade nach einer stillen Geburt sei<br />
es wichtig, dass jemand da ist und fragt<br />
und schaut, wie es ihr geht. „Männer<br />
und Frauen trauern da durchaus unterschiedlich,<br />
insofern kann ein weiterer<br />
Ansprechpartner sehr hilfreich sein“,<br />
weiß Psychologin Rothaug. Wer möchte,<br />
kann direkt in der Klinik nach einer Hebamme<br />
für die Nachsorge fragen. Gerne<br />
übernimmt das auch die Hebamme, die<br />
bei der Geburt dabei war.<br />
Trauerarbeit<br />
Jeder Mensch, jedes Familienmitglied,<br />
geht mit der Situation anders um und<br />
trauert auf seine eigene Weise. „Es ist<br />
völlig normal, tieftraurig zu sein.<br />
Die akute Situation ist tieftraurig“, weiß<br />
Psychologin Judith Rothaug. „Und es ist<br />
auch wichtig, diese Trauer zuzulassen<br />
und den Betroffenen dafür einfach Zeit<br />
zu geben. Denn Trauer braucht Zeit.“ Ihr<br />
ist es jedoch ein großes Anliegen, den<br />
Familien auch langfristig ein Angebot<br />
zu geben, ihre Trauer bewältigen zu<br />
können: mithilfe einer Trauergruppe.<br />
Etwa ein Jahr nach der stillen Geburt<br />
lädt sie die Eltern hierzu ein. Die Treffen<br />
finden abends statt, um Berufstätigen<br />
die Möglichkeit zu geben, teilzunehmen.<br />
„Es kann helfen, sich mit anderen<br />
Betroffenen auszutauschen“, weiß die<br />
Psychologin. Vor allem aber bietet sie<br />
ihre professionelle psychologische<br />
Unterstützung an, das Erlebte zu verarbeiten.<br />
Denn nicht immer schafft man<br />
das alleine. „Und das müssen die Eltern<br />
auch nicht.“ Die stille Geburt und vor<br />
allem das Sternenkind werden immer<br />
in Erinnerung bleiben. „Aber es kann<br />
gelingen, seinen Frieden mit diesem<br />
schlimmen Ereignis zu schließen und<br />
das Erlebte nicht nur mit Schmerz und<br />
Trauer zu verbinden, sondern auch mit<br />
der Liebe gegenüber dem Kind.“<br />
Katrin Bogner<br />
Bei einer stillen Geburt macht eine<br />
Frau alle körperlichen und hormonellen<br />
Veränderungen genauso durch wie<br />
jede andere Schwangere. „Ihr steht eine<br />
Hebammenbegleitung im Wochenbett<br />
Bild: getty images | Emilie Drd / EyeEm<br />
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