2021/05 |Unternehmen #77 | Ausgabe Mai 2021 | NIE LÖSCHEN! Verknüpft mit Archiv
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unternehmen [!] MACHEN 39<br />
na-Zeiten nicht einfach ist. „Die<br />
Grenzschließungen haben wir<br />
deutlich gespürt“, sagt Kerler.<br />
1999 gab es die ersten Anbauversuche<br />
von seinem Vater Markus.<br />
Er hatte Rollrasen in Italien gesehen<br />
und war sofort an der Sache<br />
interessiert. Zu dieser Zeit<br />
war der Betrieb eine Landwirtschaft<br />
<strong>mit</strong> Schweinemast und<br />
Milchkühen. Heute konzentriert<br />
sich alles auf Rollrasen. Über die<br />
Jahre ist der Maschinenpark<br />
kontinuierlich angewachsen.<br />
„Das Rollrasen-Geschäft ist<br />
am Anfang sehr kapitalintensiv“,<br />
erklärt Kerler. Abgesehen<br />
von der Technik seien die Vorleistungen<br />
auf dem Feld hoch:<br />
Saatgut, Dünger, Mäher, Ernte –<br />
und das alles bevor auch nur ein<br />
Quadratmeter Gras verkauft<br />
wurde. Wenn man großes Pech<br />
hat, hält der Rasen am Ende<br />
nicht zusammen und kann nicht<br />
verwendet werden.<br />
Nichts für Langschläfer<br />
Mehr als 300 000 Euro hat allein<br />
die Ernte-Maschine gekostet.<br />
„Fiele sie während der<br />
Hochsaison aus, wäre das der<br />
Super-Gau“, sagt Kerler. Daher<br />
hat die Familie in eine zweite,<br />
kleinere Ersatz-Maschine investiert.<br />
Zudem wird dafür gesorgt,<br />
dass immer viele Ersatzteile<br />
auf Lager sind. Weltweit<br />
gibt es nur eine Handvoll Hersteller,<br />
die diese spezielle Art<br />
der Traktoren anbieten.<br />
Wer Rollrasen verkaufen<br />
will, darf kein Langschläfer<br />
sein: Im Hochsommer geht es<br />
um 4 oder 5 Uhr morgens aufs<br />
Feld. Außer der Familie inklusive<br />
dem 81-jährigen Großvater,<br />
gibt es einen Teilzeit-Mitarbeiter<br />
und mehrere Mini-Jobber.<br />
Für Kunden im Direktverkauf<br />
kostet der Quadratmeter zwi-<br />
Führt das Familienunternnehmen<br />
in der vierten Generation:<br />
Dominik Kerler.<br />
FIRMENFOTO<br />
Im Schnitt 30 Hektar Anbaufläche<br />
Spezielle Traktoren und Erntemaschinen machen den<br />
Rollrasen-Anbau anfangs kapitalintensiv.<br />
Der Deutsche Rollrasen<br />
Verband e.V. hat derzeit 47<br />
Mitglieder. Schätzungsweise<br />
25 bis 30 weitere Produzenten<br />
gibt es in Deutschland.<br />
In Baden-Württemberg sind es<br />
ca. sieben. Im Schnitt bewirtschaften<br />
diese rund 30 Hektar.<br />
Bei Pfeiffer Fertigrasen aus<br />
Willich in Nordrhein-Westfalen<br />
sind es über 250 Hektar. Den<br />
Verband gibt es seit 2004.<br />
„Die Nachfrage ist wesentlich<br />
größer als das, was in Deutschland<br />
produziert wird“, sagt<br />
Verbandsreferent Prof. Martin<br />
Bocksch. Europaweit sind<br />
Großbritannien und die<br />
Niederlande die Hauptproduzenten.<br />
FOTOS: FIRMENFOTO KERLER<br />
Die Nachfrage<br />
war in den<br />
letzten drei Jahren<br />
hoch, aber die<br />
Witterung schwierig.<br />
Martin Bocksch<br />
Deutscher Rollrasen Verband<br />
schen vier und zehn Euro. Die<br />
Rollen sind 40 Zentimeter auf<br />
2,5 Meter groß. 52 Stück passen<br />
auf eine Palette.<br />
„In den vergangenen drei<br />
Jahren war die Nachfrage nach<br />
Rollrasen sehr gut, aber die<br />
Witterung schwierig“, erklärt<br />
Prof. Martin Bocksch vom<br />
Deutschen Rollrasen Verband.<br />
„Es gibt immer mehr Probleme<br />
bei der Aussaat. Ohne zusätzliche<br />
Bewässerung geht es an vielen<br />
Standorten nicht mehr. Rasen<br />
mag eigentlich keine Extreme.<br />
Ganzjährig zwölf bis 15<br />
Grad und viel Regen, da fühlt<br />
er sich wohl.“Mit der Lage ihres<br />
Betriebs im Alpenvorland haben<br />
die Kerlers einen Standortvorteil:<br />
Sie können auf künstliche<br />
Bewässerung verzichten.<br />
Der heimische Rasen, so Kerler,<br />
sei an die Klima-Bedingungen<br />
gewöhnt, bei Konkurrenz-Ware<br />
aus den Niederlanden<br />
könne es Probleme geben.<br />
In Deutschland könne man ohnehin<br />
nur <strong>mit</strong> hochwertigen<br />
Gräsern arbeiten, „Kunststoffnetze<br />
sind hier nicht erlaubt“,<br />
sagt Rasen-Experte Bocksch. In<br />
den Niederlanden werden sie<br />
teilweise nach der Aussaat ausgelegt.<br />
„Sie verbleiben im Boden<br />
und halten die Grassoden<br />
so zusammen.“<br />
Den Sommer über wird es<br />
den Kerlers nicht langweilig.<br />
Sie ernten und mähen den Rasen<br />
täglich. Die ruhenden Felder<br />
müssen nur zwei Mal in der<br />
Woche gemäht werden. Spezielle<br />
Reifen schonen den Rasen.<br />
Und wenn doch mal nicht<br />
gründlich gemäht wurde oder<br />
etwas kaputt geht? Dann heißt<br />
es abwarten – bis Gras über die<br />
Sache gewachsen ist. [!]<br />
<br />
Julia Rizzolo