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Belu_BAThesis

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Ursachen von Wandel im Neo-Institutionalismus:

Der Versuch einer konflikttheoretischen Deutungsweise

Bachelorarbeit

zur Erlangung des

Bachelorgrades

der Kultur- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der

Universität Luzern

vorgelegt von

Florin Belu

von Frankfurt am Main, Deutschland

Eingereicht am: 07.03.2018

Gutachterin: Dr. phil Hannah Mormann


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung...............................................................................................................................1

2. Erschließung einer "integrativen" Konflikttheorie...........................................................6

3. Ein konflikttheoretisches Begriffsinstrumentarium.........................................................10

1. Sozialer Konflikt.............................................................................................................10

2. Konfliktformen................................................................................................................12

3. Konfliktprozesse..............................................................................................................14

4. Konfliktparteien und Konfliktpotentiale..........................................................................16

4. Konflikte als mögliche Wandlungsursache von Institutionen...........................................19

1. Die Grundlagen des Neo-Institutionalismus im Überblick..............................................20

2. Institutioneller Wandel und Akteurskonzepte...................................................................25

1. Mikrofundierung der Akteurskonzepte......................................................................26

2. Issue fields als institutionelle Wandlungsräume........................................................28

3. Modelle des institutionellen Wandels im Vergleich...................................................30

5. Eine Konflikttheorie des Neo-Institutionalismus................................................................36

1. Konfliktpotential von Institutionen und Legitimitätsverhältnissen...................................36

2. Konflikte im Drei-Säulen-Modell von Institutionen.........................................................42

1. "The Regulative Pillar" – Konflikte mit Regelsetzungen...........................................43

2. "The Normative Pillar" – Konflikte mit Verhaltenserwartungen................................46

3. "The Cultural-cognitive Pillar" – Konflikte mit kulturellen Wahrnehmungen...........48

6. Fazit..........................................................................................................................................51

Literaturverzeichnis …..............................................................................................................54

Abbildungsverzeichnis..............................................................................................................59


Universität Luzern

Florin Belu

"Konflikte sind die Mutter der Entwicklung."

– Helmut Glaßl, 1950

1. Einleitung

Konflikte sind in der Gesellschaft ubiquitär: von der Mikro- über die Meso- bis hin zur

Makroebene sind in allen sozialen Bereichen Konfliktpotentiale vorzufinden. Kein Tag der

Menschheitsgeschichte vergeht, an welchem Konflikte nicht im Leben jedes einzelnen

Individuums wahrgenommen werden. Die Vielfältigkeit und das Formenspektrum sind dabei

grenzenlos, und besitzen eine prägende Rolle auf die Gesellschaft und ihre sozialen

Strukturen. Der Soziologe Lewis Coser bezeichnet Konflikt als „[…] inherent in the social

structure […]" (Coser 1956: 19). Ob Konflikte nun zwischen einzelnen Individuen, Gruppen

oder Organisationen ausgetragen werden, sie sind und waren schon immer eine der sozialen

Grundlagen jeder Gesellschafts- und Organisationsform des Menschen. Die Zeitlosigkeit und

Erscheinungsvielfalt von Konflikten kann daher als begleitendes Phänomen sozialer

Interaktionsprozesse aufgefasst werden. Vor allem in der modernen Gesellschaft, wo eine

kontinuierlich steigende soziale Vernetzung zu einer exponentiellen Zunahme an sozialen

Interaktionen führt, scheint es, als wäre die moderne Gesellschaft von ihrer Grundstruktur her

in besonderer Weise für soziale Konflikte prädisponiert (vgl. Giegel 1998: 9).

Das Konfliktverständnis scheint jedoch überwiegend mit negativen Prädikaten

vorbelastet; eine gesellschaftlich negative Konnotation aus der Vergangenheit hat sich dem

Begriff auferlegt, und er wurde lange Zeit als Krankheit des „Systems“ betrachtet: „Parsons

considers conflict primarily a 'disease'“ (Coser 1956: 21). Diese Ansichtsweise blieb derart

bis in die Moderne fortbestehen und belastete das Konzept in den Wissenschaften mit einer

ungünstigen Wertschätzung, von der es sich lange Zeit nicht trennen konnte. Erst in jüngerer

Zeit postulieren konflikttheoretische Ansätze, dass vielmehr bei Konflikten die

Voraussetzungen und Rahmenbedingungen berücksichtigt werden müssen, durch welche eine

Konflikt entweder funktional oder dysfunktional verläuft (vgl. Nollmann 1997: 50ff). Ob die

Austragung und die Handhabung der Konfliktdynamiken in friedlicher Form als Meinungsund

Interessenunterschiede oder als verbale Auseinandersetzungen auftreten, oder vielmehr

als Gewaltkonflikte, Kämpfe oder Kriege eskalieren, ist daher determinierend für deren

mögliche entwicklungsantreibende Wirkungsweise (vgl. Nollmann 1997).

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In Anbetracht moderner Gesellschaften und der dortigen Omnipräsenz von Konflikten, stellt

sich die Frage:

„Ist die Entfaltung des destruktiven Konfliktpotentials so stark, daß sich die

verfügbaren Ordnungsleistungen demgegenüber als ungenügend erweisen, oder

zähmen die modernen Institutionen den Konflikt in einer Weise, die ihn zu einem

Motor des Fortschritts macht?“ (Giegel 1998: 9)

Diesbezüglich sollte die konflikttheoretische Lehre Klarheit verschaffen: es wird postuliert,

dass gewisse Bedingungen im Umgang mit Konfliktdynamiken erfüllt sein müssen, damit

eine entwicklungsantreibende Natur beobachtet werden kann. Konflikte haben eine

immanente Potenz, unter Voraussetzung der jeweils richtigen Umgangsmethode oder

Austragungsform – welche dabei gekoppelt ist an die betroffene Struktur, in welcher der

Konflikt erscheint – Veränderung und damit Fortschritt herbeizuführen. 1

In Retrospektive lässt sich diese Annahme hinsichtlich eines vorantreibenden

Konfliktpotentials in diversen geschichtlichen Szenarien erkennen. Bereits mit Entstehung

der ersten Staatsformen in der Antike erkannten Philosophen die Allgegenwärtigkeit und

Unausweichlichkeit von Konflikten, welche es mit der Schaffung von Strukturen und Regeln

zu instrumentalisieren galt. Die erste gesellschaftliche Entwicklung eines Staates, und damit

die erste – im organisationswissenschaftlichen Sinne – Ausdifferenzierung von

institutionellen Strukturen, lässt sich auf Konflikte im antiken Griechenland zurückführen. 2

Um die Jahrhundertwende bereits argumentierte Georg Simmel (1903), dass Konflikte als

Auslöser der voranschreitenden Sozialisation zu betrachten seien, welches er ebenfalls als

einen Indikator für die dem Konflikt zugrundeliegende entwicklungsantreibende Natur

beurteilte. Es scheint daher nachvollziehbar, wenn Coser in Anlehnung an Simmel behauptet:

"Conflict is ranked among the few basic forms of human interaction […] constitutive of any

organized society“ (Coser 1956: 19). Er legt damit besonders Augenmerk auf den Konflikt,

welcher seiner Ansicht nach jeder Organisationsform zugrunde liegt. Er erkennt des weiteren

an und argumentiert, dass durch eine institutionelle Instrumentalisierung produktive und

1 Karl Marx beispielsweise beurteilt sozialen Konflikt als den "Motor einer Klassengesellschaft", auf welchen

diese angewiesen sei, um ein selbst-perpetuierendes Voranschreiten und eine Zielstrebigkeit ihrer Individuen

zu gewährleisten (vgl. Marx 2009).

2 https://www.khanacademy.org/humanities/world-history/ancient-medieval/classical-greece/a/the-greek-polis

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fruchtbare Eigenschaften aus einem Konflikt hervorgehen können (vgl. Coser 1956).

Bis in die Gegenwart und darüber hinaus, ist der Konflikt also ein unausweichlicher

und wiederkehrender Begleiter der Menschheit, durch den die globale Entwicklungs- und

Menschheitsgeschichte kontinuierlich vorangetrieben wird. In allen Variationen und

Konstellationen der Vergesellschaftung ist der Konflikt als Folge sozialer Interaktion

vorzufinden. Was wäre also, wenn Konflikte nicht entstehen würden?

Der Versuch, von einer konfliktfreien Gesellschaft auszugehen, wäre eine

ideologische Utopie, in welcher die Menschheit und ihre Gesellschaft in einem finalen

Zustand stagnieren würden, in welchem die gesamte Diversität der menschlichen Bedürfnisse

erfüllt wäre, und damit Differenzen zwischen sozialen Akteuren nicht einmal entstehen

könnten, so dass es keine Notwendigkeit gäbe, Konflikte durch Kooperation oder durch

andere Strategien zu lösen – und somit auch keine weitere Entwicklung (vgl. Dahrendorf

1965: 85ff). Damit wäre der instinktive Entwicklungstrieb des Menschen jedoch obsolet.

Somit bleibt die Annahme einer konfliktfreien Gesellschaft eine ideologische, grundsätzlich

fiktive Vorstellung einer Gesellschaftsordnung, welche jedoch gegenüber Rationalität und

Realität nicht standhalten kann.

In Anbetracht der vorherigen Hinführung zu konflikttheoretischen

Argumentationsweisen wird in der folgenden Arbeit somit angenommen, dass dem Konflikt

entwicklungskatalytische Eigenschaften zugesprochen werden können. Diese Annahme gilt

es, im Verlauf der Untersuchung von neoinstitutionalistischen Theorieansätzen zu überprüfen.

Dabei werden mit dem Versuch der Formulierung einer Konflikttheorie des Neo-

Institutionalismus systematisch Aussagen aufeinander bezogen, die beschreiben, wie

Konflikte mit institutionellen Strukturen und deren Prozessen des Wandels verknüpft sind.

Nachdem in der thematischen Einführung die sozialwissenschaftliche und historische

Relevanz des Konfliktes begründet wurde und das Untersuchungsinteresse festgelegt wurde,

soll im weiteren auf die Möglichkeit der integrativen Anwendung konflikttheoretischer

Prämissen auf die neoinstitutionalistische Organisationstheorie eingegangen werden. Die

Bezeichnung einer „integrativen“ Konflikttheorie bezieht sich dabei auf die kontextuelle

Verortung konflikttheoretischer Konzeptionen innerhalb einer anderen Theorie, um im Zuge

dessen Erklärungsleistungen hervorzubringen (vgl. Bonacker 2009). Im Fokus und um

gleichsam einen Rahmen für die vorliegende Arbeit vorzugeben, wird der Blick auf die

neoinstitutionalistische Konzeptualisierung der gesellschaftlichen Organisationsstrukturen

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der Moderne, bestehend aus institutionellen Arrangements, gerichtet. Die zentralen Fragen

sind einerseits: werden Konflikte im organisationswissenschaftlichen Sinne mit dem Potential

verknüpft, Wandlungs- und Entwicklungsprozesse anzutreiben? Und andererseits: lassen sich

konflikttechnische Konzeptionen in der neoinstitutionalistischen Organisationstheorie für die

Erklärungsleistung von institutionellen Wandelungen operationalisieren? Das

Erkenntnisinteresse liegt also bei der Analyse des Konfliktes als mögliche Ursache für

Wandlungsprozesse, womit sich eine entwicklungskatalytische Natur des Konfliktes

theoretisch fundiert bestätigen ließe.

Betrachtet man den aktuellen Forschungsstand der neoinstitutionalistischen

Organisationstheorie, wird deutlich, dass die Thematisierung des institutionellen Wandels mit

einer Vielzahl an Kontroversen behaftet ist (vgl. Walgenbach & Meyer 2008: 90). Es gilt

also, institutionelle Wandlungsprozesse zu klären. Der Prozess des institutionellen Wandels

wird dabei in diesem Beitrag als Weiterentwicklung und Fortschritt konzeptualisiert, da

dieser „[…] als Diffusion und Institutionalisierung „neuer“ Praktiken, Strukturen und

Konzepte, als Verfall und Abbau bestehender Institutionen oder als Ersatz und

Weiterentwicklung bestehender Institutionen durch neue oder andere Institutionen […]“

(Weinbauer-Heidel 2016: 16) anzusehen ist, und somit die Gleichstellung mit Fortschritt und

Entwicklung plausibel erscheint, wenn auch zunächst nur auf einer mikrosoziologischen

Aggregatsebene.

Im Zuge der Etablierung einer solchen Konflikttheorie des Neo-Institutionalismus und

in Hinblick auf institutionelle Erklärungsmodelle wird dargeboten, welchen Zusammenhang

Konflikte auf mikrosoziologischer Handlungsebene mit der Veränderung, Entstehung und

dem Zerfall von Institutionen haben. Dieses Vorgehen zielt darauf ab, die aktuellen Kritiken

bezüglich einer mangelnden Erklärungsleistung der neoinstitutionalistischen

Organisationstheorie hinsichtlich institutioneller Wandlungen aufzugreifen und mithilfe

konflikttheoretischer Deutungsweisen zu ergänzen, um somit institutionelle

Wandlungsprozesse und deren Ursachen präziser beurteilen zu können.

Zu Beginn der Untersuchung wird im ersten Kapitel „Erschließung einer integrativen

Konflikttheorie“ ein thematischer Einstieg in die Konfliktsoziologie geboten, um dabei die

Genese einer „integrativen“ Konflikttheorie in einem geschichtlichen Kontext, und somit

unter bestimmten Entstehungsbedingungen, zu verorten. Damit sollte die Evolution von

klassischen zu modernen Konflikttheorien aufgedeckt werden. Im darauffolgenden Teil „Ein

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konflikttheoretisches Begriffsinstrumentarium“ wird das Begriffsinstrumentarium festgelegt

und erläutert, welches im Anschluss für eine integrative Anwendung auf die Kernkonzepte

der neoinstitutionalistischen Organisationstheorie notwendig sein wird. Dazu gehört die

Beschreibung des kontextuellen Konfliktbegriffs und dessen Differenzierung zum sozialen

Konfliktbegriff, die Erläuterung der Konfliktformen, die Strukturierung des

Konfliktprozesses, sowie die Identifizierung von Konfliktparteien und die Darbietung von

Konfliktpotentialen. Anschließend werden im Kapitel „Konflikte als mögliche

Wandlungsursache von Institutionen“ zunächst die Grundlagen der neoinstitutionalistischen

Organisationstheorie erklärt. Dabei wird auf Kritiken hingewiesen, aufgrund welcher in den

vergangenen Jahren die ursprünglichen Konzeptionen revidiert und weiterentwickelt wurden.

In Hinblick auf die jüngsten Beiträge wird dabei vertiefend auf Akteurskonzepte und

institutionelle Wandlungsprozesse eingegangen. Mit Blick auf Mechanismen und

Wandlungsräume wird aufgeschlüsselt, wo Wandel entsteht, welche Verlaufsarten von

Wandlungsprozessen bestehen und anschließend, welche möglichen Ursachen dabei

postuliert werden. Im Verlauf der Darbietung von Modellen des institutionellen Wandels

sollten konzeptuelle Gemeinsamkeiten deutlich werden. Die daraus resultierenden

Erkenntnisse dienen im Anschluss dazu, die Formulierung einer Konflikttheorie des Neo-

Institutionalismus anzuleiten. Mit spezifischem Blick auf Institutionen und Akteurskonzepte

wird schließlich im Kapitel „Eine Konflikttheorie des Neo-Institutionalismus“ analytisch auf

neoinstitutionalistische Konzeptionen eingegangen, um diese weiterhin konflikttheoretisch zu

erweitern. Dabei werden Institutionen auf latente Konflikthaftigkeiten, Konfliktpotentiale

und konflikttechnische Regulierungsmechanismen hin untersucht. Der Fokus richtet sich

dabei auf das Drei-Säulen-Modell von William Richard Scott (2001). Durch eine Integration

von konflikttheoretischen Ansichtsweisen in dieses Modell wird versucht, eine

Konflikttheorie zu generieren, welche eine Einsicht in den Beziehungs- und

Wirkungszusammenhang zwischen Konflikten, Akteuren und institutionellen Strukturen

bietet.

Im Zentrum der Untersuchung steht somit die Klärung der Annahme einer

entwicklungsantreibenden Funktion von Konflikten und die Etablierung einer Konflikttheorie

des Neo-Institutionalismus. Die Resultate und Erkenntnisse der Untersuchung werden

abschließend zusammengeführt und beurteilt. Damit wird eine Diskussionsgrundlage

hinsichtlich der Erkenntnisse eröffnet, und weitere mögliche inhaltliche

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Anschlussmöglichkeiten werden offeriert. Schlussendlich sollte dies im Fazit zur

Beantwortung der zentralen Annahme hinleiten, wie plausibel es sich erweist, Konflikte und

deren organisationale und institutionelle Instrumentalisierung als eine mögliche Ursache für

mehrdimensionale Wandlungsprozesse darzubieten.

2. Die Erschließung einer integrativen Konflikttheorie

Im folgenden Kapitel wird, beginnend mit einer kurzen thematischen Einführung in die

Konfliktsoziologie, eine geschichtliche Entwicklungslinie der soziologischen

Konflikttheorien dargeboten und deren sozialwissenschaftliche Relevanz beleuchtet.

Weiterführend wird dann auf eine Wandlungsphase der Konflikttheorien eingegangen, welche

in den Worten Thorsten Bonackers als „Renaissance des Konfliktbegriffs“ beschrieben wird

(vgl. Bonacker 2009: 10). Somit wird die historische Notwendigkeit der Genese einer

„modernen“ Konflikttheorie nachvollziehbar. Anschließend wird auf die integrative

Anwendungsweise von konflikttheoretischen Elementen eingegangen, wie sie innerhalb der

modernen Konfliktsoziologie postuliert wird, wonach eine kontextuelle Verortung von

konflikttheoretischen Konzeptionen unerlässlich ist. Es wird daher zunächst auf die

Vielseitigkeit der Diskussion hinsichtlich einer Sozialtheorie hingewiesen, wobei dargestellt

wird, wie dieser wissenschaftliche Diskurs ein prägende Wirkung auf spätere

Konflikttheorien ausübte. So wird die Entstehung der Konflikttheorie seit Beginn der 1950er

Jahre behandelt, wodurch die Entwicklungslinie sowie Entstehungsbedingungen von

„integrativen“ Konflikttheorien hervorgehoben werden.

Ursprünglich waren die Sozialwissenschaften in zwei Theorieschulen gespalten.

Ausgangspunkt war dabei die Unterscheidung zwischen Theorieansätzen, die entweder

gesellschaftstheoretisch oder sozialtechnisch angelegt waren (vgl. Habermas & Luhmann

1971). Dies spiegelte sich im Streit zwischen einer Konflikttheorie und einer Konsenstheorie

wieder, in welchem es – ähnlich dem Positivismusstreit – darum ging, ob die theoretischen

Fundamente im Rahmen der soziologischen Theoriebildung entweder auf einer

makrosoziologischen oder auf einer mikrosoziologischen Ebene angesiedelt werden sollten

(vgl. Bonacker 2009). Dieser theoretische Differenzierungsversuch hinsichtlich der

Untersuchung von Ursachen und Bedingungen für gesellschaftlichen und sozialen Wandel

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resultierte darin, dass einerseits Theorien entstanden, welche versuchten, den

gesellschaftlichen Status quo zu erfassen und damit ihre Konzeptionen auf der

makrosoziologischen Ebene zu fixieren, und andererseits Theorien hervorgebracht wurden,

die soziale Handlungen und die damit einhergehenden Verhältnisse innerhalb sozialer

Interaktionen und somit Zustände auf mikrosoziologischer Ebene untersuchten (vgl.

Bonacker 2009).

Im Verlauf der Nachkriegszeit erhielt die Konfliktforschung die nötige

Aufmerksamkeit, um Zugang zu diesem soziologische Diskurs zu erhalten. Durch die

Entwicklung von Ralf Dahrendorfs Konflikttheorie entstand erstmals ein Gegenpol zu

Parsons strukturell-funktionaler Systemtheorie, die auf gesellschaftlichem Konsens basierte

und dieses Konzept als gesellschaftliches Stabilisierungselement in das Zentrum der

damaligen Theoriemodelle rückte (vgl. Parsons 1951). Die dadurch entstandene Opposition

veränderte die sozialwissenschaftliche Wahrnehmung von Konflikten paradigmatisch. Die

Konflikthaftigkeiten der Gesellschaft wurden fortan nicht mehr als Integrationsproblem und

damit als Teilaspekt einer Konsenstheorie verstanden, sondern entkoppelten sich von dieser

Betrachtungsweise, welche eine Stabilität innerhalb der Gesellschaft verlangte (vgl.

Bonacker 2009). Dabei sympathisierten einige Autoren, wie beispielsweise Krysmanski

(1971), mit der normativen Ausrichtung der von Dahrendorf erhobenen Konflikttheorie,

welche soziale Konflikte als Motor des gesellschaftlichen Wandels beurteilte: „[…] class

conflict as the moving force of social change“ (Dahrendorf 1959: 25). Andere Autoren

hingegen kritisierten den zu fundamentalen Stellenwert des Konfliktbegriffs, welcher im

Zentrum von Dahrendorfs Gesellschaftstheorie stand, wandten sich von dieser

Betrachtungsweise ab und kamen auch ohne den Konfliktbegriff in ihren theoretischen

Konzeptionen aus. Folglich wurde die von Dahrendorf eingeführte Erklärungsleistung seiner

Konflikttheorie vernachlässigt, und das sozialwissenschaftliche Interesse am Konfliktbegriff

verblasste zunächst wieder (vgl. Bonacker 2009: 10).

Neben dem europäischen Diskurs entfachte auch in den USA bereits in den 1950er

Jahren eine Debatte bezüglich der Notwendigkeit einer modernen Konflikttheorie, und zwar

zugunsten der bis dato fragmentierten und wenig etablierten Konfliktsoziologie. Autoren wie

Jessie Bernard (1950) kritisierten die fehlende Aufmerksamkeit gegenüber dem

Konfliktbegriff und bemängelten den derzeitigen Forschungsstand. Zum Ausdruck brachte

Bernard dies in ihrem Essay „Where is the Modern Sociology of Conflict?“, in dem sie die

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Nichtbeachtung eines essentiellen sozialen Elements kritisiert. Dazu äußert sie: „[…]

american sociologists in recent years have been content to leave the scientific study of

conflict where Simmel left it [therefore lacking a] theory to cover modern conflict situations“

(Bernard 1950: 11). Bernard führt dieses Desinteresse unter anderem systematisch zurück auf

„[…] cultural factors [which] explain our lack of research interest in the field of conflict

[…]“ (Bernard 1950: 16). Sie stellt dies in Zusammenhang mit der wissenschafts- und

gesellschaftspolitischen Bedeutung des Konfliktbegriffs, welcher einen enorm hohen

Stellenwert im Kommunismus darstellte, einer Orientierungsrichtung, die durch

amerikanische Soziologen vehement abgelehnt wurde (vgl Bernard 1950). In der damaligen

McCarthy Era war in den USA aus ideologischen Gründen jegliche Beschäftigung mit

kommunistischem Gedankengut obsolet und wurde schärfstens sanktioniert, sodass der

Konfliktbegriff zu dieser Zeit aus den Theorien und Gedanken der Autoren verbannt wurde.

Bernard erkannte: „American sociologists have harbored a quite understandable fear –

inherited from the nineteenth century – of being identified with socialists“ (Bernard 1950:

15). Vermutlich deshalb wurden Konflikte – und damit konflikttheoretische Konzeptionen –

in den neoinstitutionalistischen Organisationstheorien amerikanischer Soziologen nie

angewandt, da diese aufgrund der erläuterten geschichtlichen und kulturellen Umstände die

Anwendung des Konfliktbegriffs bis in die Moderne verweigerten und annahmen, in ihren

Theorien auch ohne den Konfliktbegriff auskommen zu können.

Mit stetigem Wachstum der Sozialwissenschaften bestand jedoch weiterhin die

Notwendigkeit der Verortung von modernen Konflikttheorien in der soziologischen

Theorielandschaft. Da die Umsetzung einer Einheitlichkeit des Konfliktbegriffs

methodologisch sich jedoch als wenig sinnvoll erwies, benötigte es eine Theoriebildung, in

welchen konflikttheoretische Konzeptionen innerhalb eines Sachverhaltes eingegliedert

werden können (vgl. Bonacker 2009). Die Entwicklung einer solchen integrativen

Anwendungsweise im Zuge der Konfliktforschung erwies sich jedoch vorerst weiterhin als

schwierig.

Durch die voranschreitende Globalisierung der letzten Jahrzehnte in Richtung auf die

Entstehung einer Weltgesellschaft war wiederholt ein Wandel der sozialen

Konfliktkonstellationen zu verzeichnen. Mit fortschreitender Modernisierung, Digitalisierung

und Mobilisierung kam es zu einer rasanten Zunahme der Individualisierungsprozesse in der

modernen Gesellschaft. Mit diesen Prozessen verknüpft entstanden vermehrt selbstbestimmte

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Akteure, welche sich mit einem Anstieg an Entscheidungsmöglichkeiten und damit einer

Steigerung von Optionen und Chancen auseinandersetzen mussten (vgl. Nassehi 1999: 29).

Diese gesellschaftlichen Entwicklungen der Moderne führten zunehmend dazu, dass die

traditionellen, meist kulturell bedingten Solidaritätsstrukturen sich verringerten, wodurch ein

Wachstum an Konfliktpotentialen und eine Vervielfältigung der Konfliktkonstellationen

entstand. Der Fokus wurde somit nicht mehr primär auf soziale Konflikte zwischen großen

sozialen Gruppen oder Organisationen eingestellt, sondern er verlagerte sich auf die

Interaktionen individueller Akteure, welche durch einen Entscheidungsdruck und eine

Entscheidungsnotwendigkeit zunehmend mit Konfliktdynamiken in ihren sozialen Strukturen

konfrontiert waren (vgl. Bonacker 2009: 11).

Im Zuge der Modernisierung und dem daraus resultierenden sozialen Wandel der

Gesellschaft veränderten sich ebenfalls die sozialwissenschaftlichen Theorieentwürfe,

weshalb Konflikttheorien in einen neuen Kontext eingebettet werden mussten. Innerhalb der

Konflikttheorien lag der Fokus fortan auf der theoretischen Kontextualisierung des

Konfliktbegriffs. Dabei wurden die konflikttheoretischen Konzeptionen in die spezifischen

Kontextbedingungen, die auf Konflikte hin untersucht werden sollten, eingebettet. Dadurch

ließen sich erstmals latente und manifeste Konflikte in einem gegebenen Kontext begreifen

(vgl. Bonacker 2009: 13). Erst durch die Kontextualisierung des Konfliktbegriffs als Teil

einer integrativen Verortung wurde eine methodologisch nachvollziehbare Anwendungsweise

moderner Konflikttheorien gewährleistet (vgl. Bonacker 2009: 15). Die Verwendungsweise

einer Konflikttheorie und das Isolieren kontextueller Konfliktkonzeptionen stand nun in

direktem Zusammenhang mit den gesellschaftlichen und kulturellen Rahmenbedingungen des

Untersuchungsgegenstandes und dem jeweiligen Erkenntnisinteresse (vgl. Ross 1993). Daher

unterscheiden sich die Konflikttheorien unterschiedlicher Wissensbereiche wie etwa

Soziologie, Politik, Psychologie und Recht teilweise deutlich voneinander.

Insbesondere im Rahmen der Organisationswissenschaften entstehen als Resultat der

integrativen Verwendung von konflikttheoretischen Konzepten auf organisationstheoretische

Dynamiken daher fortlaufend sogennante Konfliktmanagementpraktiken, deren Zielsetzung

den funktionalen Umgang mit Konflikten innerhalb von Organisationsstrukturen umfasst,

und die gleichzeitig als Ausdruck der gesellschaftlichen Erwartungen zu verstehen sind, wie

mit solchen Konflikthaftigkeiten umgegangen werden soll (vgl. Glasl 2013). Dabei kann die

Entstehung von Konfliktmanagementpraktiken in Organisationen bereits als vorläufiger

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Hinweis aufgefasst werden, dass tatsächlich Konfliktpotentiale wahrgenommen werden, die

jedoch in den verschiedenen fundamentalen Konzeptionen der neoinstitutionalistischen

Organisationstheorie bislang nicht thematisiert werden.

3. Ein konflikttheoretisches Begriffsinstrumentarium

In diesem Kapitel wird nun auf die Grundlagen und Kernbegriffe des modernen

organisationalen Konfliktmanagements eingegangen, um dabei die kontextuelle Beurteilung

von Konflikten in Organisationsstrukturen herauszuarbeiten. Insbesondere mithilfe von

konflikttheoretischen Deutungsweisen entstehen im Zuge des Konfliktmanagements von

Organisationen laufend Praktiken und Strategien der Konflikthandhabung, welche innerhalb

von Organisationsstrukturen angewendet werden, und darauf ausgerichtet sind, Konflikte zu

funktionalisieren (vgl. Glasl 2013).

3.1 Sozialer Konflikt

Der Begriff des „Konfliktes“ zählt zu den sozialwissenschaftlichen Grundbegriffen, wird

jedoch – ebenso wie andere soziologische Grundbegriffe – sehr heterogen definiert. Die

Definition solcher Begriffe steht meist in Abhängigkeit von einem spezifischen

Untersuchungsgegenstand, weshalb der Konfliktbegriff in unterschiedlichen

Wissensbereichen wie Politik, Wirtschaft, Recht und Soziologie uneinheitlich beschrieben

und folglich unterschiedlich instrumentalisiert wird (vgl. Bonacker 2009). Im weiteren

Verlauf soll daher eine soziologisch-fundierte Definition des Konfliktbegriffs als Grundlage

für die vorliegende Untersuchung aufgestellt werden.

Im allgemeinen Sprachgebrauch kann sich jeder etwas unter dem Begriff Konflikt

vorstellen, doch was genau bedeutet Konflikt aus einer sozialwissenschaftlichen Perspektive?

Ralf Dahrendorf zufolge, dem Gründungsvater der soziologischen Konflikttheorie, umfassen

Konflikte im allgemeinen „[…] jede Beziehung von Elementen […], die sich durch objektive

(latente) oder subjektive (manifeste) Gegensätzlichkeiten kennzeichnen [lassen]“

(Dahrendorf 1961: 201). Dabei lässt sich in Dahrendorfs Konzeptualisierung ein

Konfliktzustand dadurch kennzeichnen, dass zwei oder mehr Parteien Positionen einnehmen,

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welche miteinander unvereinbar sind, mit dem primären Ziel, ihre Interessen oder Strategien

ohne Rücksicht auf andere Parteien umzusetzen. Derartige Differenzen zwischen

verschiedenen Parteien entstehen in allen Dimensionen des Sozialen. Vor allem in modernen

Gesellschaften können aufgrund der sozial-gesellschaftlichen Hierarchiestrukturen und den

daraus resultierenden Machtasymmetrien solche Gegensätzlichkeiten sich rasch von einem

latenten zu einen manifesten Zustand der Konflikthaftigkeit entwickeln (vgl. Dahrendorf

1961).

Weiterführend aus dem allgemeinen Konfliktbegriff konzeptualisieren Dahrendorf

(1977) wie auch Coser (1956) in ihren wissenschaftlichen Beiträgen den „sozialen Konflikt“

übereinstimmend. Ausgangspunkt für soziale Konflikte und Wandel sind dabei beider

Autoren zufolge die Beziehungsgeflechte und sozialen Interaktionen zwischen einzelnen

Akteuren, Gruppen oder Organisationen innerhalb sozialer Strukturen. In den Worten Cosers

(1956) ist der soziale Konflikt spezifisch zu betrachten als „[…] a struggle over values and

claims to scarce status, power and resources in which the aims of the opponents are to

neutralize, injure or eliminate their rivals“ (Coser 1956: 8). Dahrendorf beschreibt den

sozialen Konflikt als jegliche strukturell erzeugten Gegensatzbeziehungen von Normen und

Werten, von Verhalten und Erwartungen sowie von Institutionen und Akteuren, welche

entweder friedlich oder gewaltsam, auf intensive oder sanfte Weise auftreten können (vgl.

Dahrendorf 1977). Als Beispiele für solche Gegensatzbeziehungen beschreibt er die

„Parlamentarische Debatte und Revolution, Lohnverhandlung und Streik, Machtkämpfe in

einem Schachklub, einer Gewerkschaft und einem Staat […]“ (Dahrendorf 1988: 273). Dabei

wird deutlich, dass Konflikte in jeglichen sozialen Dimension auftauchen und nicht

notwendigerweise als Integrationsproblem aufzufassen sind – wie es beispielsweise Parsons

(1951) in der Vergangenheit äußerte – sondern als Nebenprodukt von sozialen Interaktionen

erscheinen. Im Zuge dieser Erkenntnis betont Dahrendorf die „[…] Kraft des sozialen

Konfliktes, [welcher] überall die Aufgabe hat, soziale Beziehungen, Verbände und

Institutionen lebendig zu erhalten und voranzutreiben“ (Dahrendorf 1988: 273).

Auf diesen Spezifizierungen des sozialen Konfliktes basierend, wird in

organisationalen Konfliktmanagementpraktiken der Konflikt daher an Unvereinbarkeiten

zwischen „[…] Aktoren (Individuen, Gruppen, Organisationen usw.) […]“ angeknüpft (Glasl

2013: 17). Die sogenannten „Aktoren“ fungieren als Konfliktparteien und nehmen abhängig

von spezifischen Konfliktdynamiken eine individuelle Konfliktrolle ein. Was von Aktoren

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jeweils als Konflikt im Rahmen ihrer sozialen Strukturen wahrgenommen wird, ist dabei

kontextuell bedingt. Aktoren erwarten Konformität mit ihren Zielsetzungen, Interessen,

Wahrnehmungen und Handlungsmustern, was dazu führt, dass sie die Forderungen und

Erwartungen der anderen involvierten Parteien ablehnen oder unterdrücken (vgl. Glasl 2013).

Abbildung 1

Die obige Abbildung (Abb. 1) macht deutlich, was „Unvereinbarkeiten“ in einem Konflikt

ausmachen können. Es wird nachvollziehbar, dass soziale Konflikte Ereignisse der

Unvereinbarkeit zwischen sozialen Akteuren darstellen, die im Zuge von Interaktionen

entstehen und dabei auf das Denken, Fühlen, Wollen und/oder Handeln der

gegenüberstehenden Aktoren einwirken. Der Konflikt unterscheidet sich dabei von anderen

Spannungszuständen in Hinsicht auf die handlungstheoretische Komponente. Sobald

Unvereinbarkeiten im Denken, Fühlen und/oder Wollen sich auf Handlungsweisen von

Aktoren auswirken, d.h. diese eingrenzen oder unterdrücken, wird von einem Konflikt

gesprochen (vgl. Glasl 2013).

3.2 Konfliktformen

Die Formen von Konflikt und deren Wahrnehmung werden im folgenden Abschnitt in

Anlehnung an Volker Bornschier (2007), welcher sich dabei auf Ralf Dahrendorf (1961)

stützt, aufgeschlüsselt und erklärt. Dabei wird zwischen „intra-personalen, latenten und

manifesten“ Konfliktformen unterschieden. Obwohl in einer Vielzahl an Konfliktdefinitionen

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die interne Konfliktwahrnehmung einzelner Individuen nicht behandelt wird, besitzt diese

dennoch eine nicht zu vernachlässigende Bedeutung, da intra-personale Konflikthaftigkeiten

zu latentem Konfliktpotential führen und schließlich zu manifesten Konfliktzuständen

evolvieren können (vgl. Bornschier 2007).

Die intra-personale Konfliktwahrnehmung beschreibt die persönliche

Konfliktwahrnehmung eines Individuums. Dies können auch Konflikte innerhalb der eigenen

Person sein, welche dabei häufig situationsbedingt auftreten. Dennoch resultieren intrapersonale

Konflikte nicht notwendigerweise in nach außen gerichteten Handlungen. Dazu

bemerkt Bornschier: „Das Individuum kann Konflikt im Selbst verarbeiten“ (Bornschier

2007: 10). Durch eine Veränderung von Verhaltensweisen oder eine Neuzuweisung

individueller Zielsetzungen kann der intra-personale Konflikt reduziert, verdrängt oder gelöst

werden. Es liegt meist im Sinne rationaler Kalküle, dass Individuen solche intra-personalen

Konflikte innerlich verarbeiten und nicht für anderen sichtbar machen, da dies mit sozialen

Kosten verbunden wäre, oder auch, weil die Gelegenheit der sozialen Konfliktartikulation

überhaupt nicht vorhanden ist. Dennoch können individuelle Konfliktwahrnehmungen im

intra-personalen Verhältnis sehr wohl auch zu tatsächlich konfliktiven Verhalten führen (vgl.

Bornschier 2007: 10f).

Latente Konflikte sind Bornschier (2007) zufolge bereits bestehende, wenn auch

zunächst nicht als solche wahrgenommene Gegensätzlichkeiten. Eine spezielle Form des

latenten sozialen Konfliktes ist dabei der unterdrückte Konflikt, bei dem die Gründe der

Latenthaltung außerhalb des Individuums liegen. Der Begriff des unterdrückten Konfliktes

wird primär durch Simmel (1908) und darauf aufbauend durch Coser (1956) als ein

verborgener Konflikt in stark integrierten sozialen Gruppen beschrieben. Dieser wird durch

die Gruppenstrukturen und -dynamiken unterdrückt, da eine offene Austragung als

Gefährdung der Gruppe und der Gruppenintegrität empfunden und somit vermieden wird

(vgl. Bornschier 2007). Diese Betrachtung lässt sich ebenfalls auf Organisationsstrukturen

übertragen, in welchen Individuen innerhalb eines sozialen Rahmens in einem

interdependenten Zustand miteinander agieren. Latente Konflikte werden dort unterdrückt

oder durch Regulierungsmechanismen gedämpft, um eine Dysfunktionalität durch eine

Konflikteskalation zu verhindern. Wie wird jedoch mit Konflikt umgegangen, wenn sich ein

latenter Konflikt zu einem manifesten Konflikt entwickelt?

Wenn ein Konflikt entsteht und von Aktoren als sozialer Tatbestand anerkannt wird,

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Florin Belu

so verfestigt er sich zu einem manifesten Konfliktzustand. Die Manifestation von Konflikten

verläuft nach Dahrendorf (1961) über folgende Etappen: zuerst bildet sich ein Gegensatz

zwischen Akteuren heraus, welcher die Konfliktursache ausmacht, wodurch bei den

involvierten Parteien ein Bewusstsein hinsichtlich einer Interessendivergenz entsteht. In der

Folge organisieren sich die Akteure in jeweiligen Konfliktgruppierungen, welche sich dann

gegenüberstehen. Wenn weiterführend keine Regulierungsmaßnahmen vollzogen werden,

entsteht ein offener Ausbruch des Konfliktes (vgl. Dahrendorf 1961). Eine Untergruppe von

Konflikten bilden sogenannte institutionalisierte Konflikte, welche sich auf bereits beim

Entstehen eines Konfliktgeschehens etablierte Gruppierungen und institutionelle Regelungen

stützen können. Damit ist ein Typus von Konflikt gemeint, welcher als „[…] Mittel zur

Erreichung eines bestimmten Ziels und in seinem Ablauf sozial anerkannt, durch verlässliche

Routine geregelt und im Rahmen allgemein akzeptierter Normen ausgetragen wird“ (vgl.

Bornschier 2007: 16). Diese Formen des manifesten Konfliktes werden in der Regel als

„funktional“ anerkannt (vgl. Nollmann 1997). Als Beispiel für solche institutionalisierten

Konflikte erwähnt Bornschier (2007) die Konkurrenz zwischen Wirtschaftsorganisationen,

politische Wahlen und wissenschaftliche Diskurse. Die Funktionalität solcher

institutionalisierten Konflikte wird bei der Behandlung institutioneller Wandlungsprozesse im

späteren Verlauf weiter hervorgebracht.

3.3 Konfliktprozess

Nachdem soziale Konflikte zu allgemeinen Konflikten abgegrenzt und die Formen der

Konfliktwahrnehmung dargeboten wurden, wird nun anschließend der Konfliktprozess

detailliert beschrieben. Dahrendorf (1961) zufolge sind Konflikte keine statischen sozialen

Tatbestände, sondern sie beschreiben einen dynamischen Vorgang, in dem sich die

involvierten Sachverhalte laufend verändern. Der Konfliktprozess zielt darauf ab,

Unvereinbarkeiten zwischen gegnerischen Parteien zu regeln, wodurch ihm eine

stabilisierende und integrative Funktion für soziale Beziehungen zugesprochen werden kann

(vgl. Dahrendorf 1961). Im konflikttheoretischen Kontext wird dabei vermieden, von

Konfliktlösungen zu sprechen, da der Konflikt selbst als Prozess nicht lösbar ist. Vielmehr

geht es um die Regulierung der Austragungsform, um das innewohnende Gewaltpotential zu

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entschärfen und dabei das entwicklungsantreibende Potential hervorzubringen (vgl.

Dahrendorf 1961: 41). Diesen Prozess veranschaulicht Hans-Joachim Giegel – in Anlehnung

an Dahrendorf (1961) – in seinem Modell der Konfliktgenerierung.

In der Abbildung (Abb. 2) wird ersichtlich, über welche Stufen hinweg ein Konflikt von

einem latenten Zustand in ein manifesten übergeht. Die Entwicklung eines

Konfliktgeschehens beginnt dabei mit einem sozialen Tatbestand, der Konfliktgrundlage, in

welchem der Konflikt bereits immanent existiert. Giegel beschreibt dabei latente Konflikte

sozialer Strukturen als „[…] soziale Grundlagen, die den Keim des Konfliktes in sich bergen,

aber erst aufgrund spezifischer Bedingungen den Übergang aus der Latenz in einen

manifesten Konfliktzustand erfahren“ (Giegel 1998: 16). Der Mechanismus, welcher die

Transformation eines latenten Konfliktes in einen manifesten Konflikt vollzieht, ist die

Konfliktkommunikation. Diese wird durch die Interaktion zwischen Akteuren vollzogen,

welche eine Beeinträchtigung in ihrem „Handeln, Denken, Fühlen oder Wollen“ wahrnehmen

und dies kommunizieren. Durch die Artikulation dieser wahrgenommenen Beeinträchtigung

entsteht eine Konfliktdefinition. Durch die Operation der Konfliktkommunikation und der

daraus hervorgehenden Konfliktdefinition lassen sich anschließend die jeweiligen

Konfliktparteien identifizieren, denen sich die jeweiligen Akteure anschließen, wodurch sich

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eine Konfliktgenerierung vollzieht; diese steht dabei in Abhängigkeit zu den institutionellen

Regulierungsmechanismen, welche eine institutionelle Austragung des Konfliktes im Sinne

der Funktionalität gewährleisten. Durch die Wahrnehmung und Artikulation eines Konfliktes

durch mehr als eine soziale Entität, generiert sich somit ein manifester-institutionalisierter

Konflikt. Im Rahmen der Organisationswissenschaften ist die Konfliktbearbeitung somit als

die institutionalisierte Austragung von immanenten Unvereinbarkeiten innerhalb einer

Organisation zu betrachten. Sollten die institutionellen Regulierungsmechanismen nicht

ausreichend für eine Konfliktbewältigung sein, tritt an dieser Stelle die Konfliktmanagement

Beratung auf die Bühne, um eine drohende Konflikteskalierung zu vermeiden (vgl. Giegel

1998).

3.4 Konfliktparteien und Konfliktpotentiale organisatorischer Subsysteme

Im Rahmen der organisationswissenschaftlichen Praxis unterscheidet Friedrich Glasl (2013)

zwischen sogennanten „Stakeholders“ und „Konfliktparteien“. Dabei sind die Stakeholders in

einer Organisation Personen oder Gruppen, die durchaus ein Interesse daran haben, wie ein

Konflikt verläuft und welchen Zielpunkt der Prozess erreicht, jedoch ohne (zunächst) aktiv in

den Konflikt einzugreifen. Die eigentlichen Konfliktparteien umfassen hingegen Personen

oder Gruppen, die bewusst die Entscheidung treffen, sich in einen Konflikt verwickeln zu

lassen, um mögliche Resultate oder Konsequenzen beeinflussen zu können. Bei Konflikten

innerhalb von Organisationen bestehen in der Regel Abhängigkeitsbeziehungen zwischen den

jeweiligen Parteien. Potential zu Konflikten besteht in der Hinsicht, dass die Handlungs- und

Verhaltensmuster der Individuen wechselseitig aufeinander einwirken. Dabei wird von jeder

Partei eine Position eingenommen, wodurch die vorbestehenden gegenseitigen und

wechselwirkenden Beziehungen der jeweiligen Akteure in vielerlei Hinsicht beeinflusst

werden (vgl. Glasl 2013). Diese Positionen und Beziehungen zwischen den Akteuren können

entweder formeller Art sein, wenn sie beispielsweise durch „[…] Konstitution, Statuten,

Geschäftsordnung, Organigramm und andere Normen ausdrücklich geregelt sind“ (Glasl

2013: 120), oder sie können unabhängig von formellen Vorgaben, also informeller Art sein.

Organisationen geben formelle Positionen und Beziehungen zwischen Mitarbeitern,

Abteilungen und anderen organisatorischen Einheiten vor, wobei diese Hierarchiestrukturen,

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Machtasymmetrien und institutionellen Vorgaben bereits ein latentes Konfliktpotential in sich

tragen. Im weiteren Verlauf wird auf die Konfliktpotentiale innerhalb der Subsysteme von

Organisationen eingegangen. Diese sind das kulturelle, das soziale und das technischinstrumentelle

Subsystem.

Das kulturelle Subsystem umfasst die Identität einer Organisation einschließlich ihrer

grundlegenden Ziele, Strategien und Werte. Innerhalb des kulturellen Rahmens erlernen

einzelne Individuen und soziale Gruppen mit Selbstbestimmung, Freiheit und

Selbstverantwortung innerhalb der Organisationsstrukturen umzugehen. Das soziale

Subsystem beschreibt die Beziehungen zwischen einzelnen Individuen und Gruppen, sowie

die Abhängigkeitsgeflechte innerhalb der Gesamtorganisation. Zentral ist in diesem

Subsystem die gegenseitige Anerkennung und Würdigung der jeweiligen Funktionen

einzelner Individuen innerhalb der Organisation. Bei dem technisch-instrumentellen

Subsystem handelt es sich um den zweckgerichteten Einsatz der Fähigkeiten aller

Organisationsmitglieder. Diese werden durch physische Mittel, Instrumente, Abläufe und

Prozesse umgesetzt, um dabei eine kollektive Leistung zu erbringen. Darin manifestiert sich

somit das Prinzip der objektiven Zweckorientierung einer Organisation (vgl. Glasl 2013: 36).

Diese 3 Subsysteme sind weiter in 7 Wesenselemente unterteilt. In jedem dieser Elemente

bestehen dabei Konfliktpotentiale. Die folgende Abbildung (Abb. 3) bietet dazu eine

Übersicht.

Abbildung 3

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Anhand dieser Übersicht wird nachvollziehbar, in welchen Elementen der organisatorischen

Subsysteme Konfliktpotentiale immanent existieren und zu manifesten Konflikthaftigkeiten

heranwachsen können (vgl. Glasl 2013). So etwa können Konflikte in Hinblick auf die

organisationale „Identität oder Strategie“ (Abb. 3) entstehen. Sollten individuelle Akteure

oder Gruppen von Akteuren mit dem Sinn und Zweck, dem Leitbild oder Grundwerten der

Organisation nicht übereinstimmen, kommt es zu Konflikthaftigkeiten, die Unvereinbarkeiten

zwischen Akteuren und spezifischen Organisationsstrukturen widerspiegeln. Damit entstehen

im kulturellen Subsystem Konflikte in Hinblick auf kulturell-kognitive

Wahrnehmungserwartungen, die in einem potentiellen Konfliktprozess in Frage gestellt und

womöglich angefochten werden. Das soziale Subsystem hingegen ist durch normative

Vorgaben und Wertvorstellungen geprägt, welche die Handlungs- und Verhaltensmuster der

Individuen im Rahmen der Organisationsstrukturen anleiten. Aufgrund unterschiedlicher

individueller Interessen, Strategien und Machtverhältnisse können in diesem Subsystem

Konflikthaftigkeiten mit den normativen Gerüsten der Organisation entstehen, da die

tatsächlichen Handlungs- und Verhaltensweisen interessengeleiteter Akteure von normativen

Vorgaben abweichen können. Im Element „Menschen, Gruppen, Klima“ (Abb. 3) können

somit Konflikte zwischen sozialen Akteuren entstehen, die von ihren normativen

Verhaltensvorgaben abweichen, um ihre eigenen Interessen oder Strategien zu verfolgen. Im

technisch-instrumentellen Subsystem bestehen Potentiale zu Konflikthaftigkeiten zwischen

Akteuren und technischen Regelsetzungen, etwa im Element „Prozesse und Abläufe“ (Abb.

3), welches regulative Vorgaben umfasst, wie spezifische Zielsetzungen angegangen und

erreicht werden sollen. Auch die fehlerhafte Instrumentalisierung „physischer Mittel“ ist

dabei ein weiterer Faktor, der zu Konflikthaftigkeiten führen kann. Da die 7 Wesenselemente

zudem untereinander vernetzt und teilweise interdependent sind, können Konflikte innerhalb

eines Elements auch Auswirkungen auf andere Elemente ausüben.

In diesem Kapitel wurde ein konflikttheoretisches Begriffsinstrumentarium, in

Anlehnung an bereits bestehenden Konfliktmanagementstrategien, festgelegt und erläutert.

Das Begriffsinstrumentarium, welches die Basis der konflikttheoretischen Deutungsweise

ausmacht, verhilft im weiteren Verlauf der Untersuchung zur Beurteilung von institutionellen

Wandlungsprozessen im Rahmen der jüngsten Weiterentwicklungen der

neoinstitutionalistischen Organisationstheorie und leitet weiterführend die spätere Analyse

ausgewählter Kernkonzepte an. Der Zweck dieses Vorgehens zielt darauf ab, Konflikte

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innerhalb ausgewählter Kernkonzepte aufzudecken und diese mithilfe konflikttheoretischer

Grundlagen zu erklären. Dies sollte schrittweise Klarheit verschaffen, welchen Stellenwert

Konflikte tatsächlich in der neoinstitutionalistischen Organisationstheorie einnehmen.

4. Konflikte als mögliche Wandlungsursache von Institutionen

Nachdem das integrative Anwendungsvorhaben erklärt und das konfliktheoretische

Begriffsinstrumentarium festgelegt wurde, soll nun zunächst ein Überblick zu den

grundlegenden Beiträgen des Neo-Institutionalismus geboten werden. Mit Bezug auf die

Kritiken hinsichtlich einer fehlenden Erklärungsleistung institutioneller Wandlungsprozesse

innerhalb der ursprünglichen Beiträge wird im darauffolgenden Teil dieses Kapitels auf die

aktuellen Weiterentwicklungen der neoinstitutionalistischen Organisationstheorie

eingegangen, welche spezifisch den institutionellen Wandel und die Rolle von Akteuren

behandeln. Da in einer Vielzahl der jüngeren Beiträge zunehmend dem Konflikt ein

Stellenwert im Rahmen institutioneller Wandlungsprozesse zugesprochen wird, sollen im

Anschluss die Kernkonzepte der neoinstitutionalistischen Organisationstheorie genauer auf

theoretische Defizite in Bezug auf Konflikthaftigkeiten hin untersucht, und

konflikttheoretisch ergänzt werden, letztendlich mit dem Ziel eine Konflikttheorie des Neo-

Institutionalismus zu formulieren. Dadurch ließe sich eine Erklärungsleistung von Konflikt in

der neoinstitutionalistischen Organisationstheorie etablieren.

Zunächst wird in deskriptiver Weise auf die zentralen Konzeptionen und deren

Hauptvertreter eingegangen, welche die Grundlage der neoinstitutionalistischen

Organisationstheorie darstellen. Hierbei wird grundsätzlich zwischen

organisationstheoretischen und gesellschaftstheoertischen Theorieansätzen unterschieden.

Zudem wird ein Augenmerk auf die Entstehung eines modernen Organisationsverständnisses

gelegt, auf die Beurteilung von Umwelten und den daraus hervorgehenden

Legitimitätsverhältnissen, sowie auf die Konzeptualisierung von organisationalen Feldern

und auf den Prozess der Isomorphie. Damit wird ein Überblick über das Repertoire an

Kernkonzepten der neoinstitutionalistischen Organisationstheorie geboten.

Im weiteren Verlauf werden die Kritiken an fundamentalen neoinstitutionalistischen

Konzeptionen aufgegriffen und beurteilt. Der Fokus stellt sich daraus hervorgehend auf den

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Prozess des institutionellen Wandels ein, insbesondere auf die Ursachen und Formen von

Wandlungsprozessen, welche aufgrund der ursprünglichen Kritiken in jüngsten Beiträgen

diskutiert werden. Dabei wird untersucht, wie in den modernen Organisationswissenschaften

institutioneller Wandel thematisiert wird, und welche möglichen Wandlungsursachen sowie

-modelle durch die Weiterentwicklungen der neoinstitutionalistischen Ansätze aufgestellt

werden.

Abschließend wird im Zentrum des darauffolgenden Kapitels der Versuch

unternommen mithilfe einer konflikttheoretischen Deutungsweise eine Erklärungsleistung

von Konflikten in die Kernkonzepte der neoinstitutionalistischen Organisationstheorie zu

integrieren und somit eine Konflikttheorie des Neo-Institutionalismus zu formulieren.

4.1 Die Grundlagen des Neo-Instiutionalismus im Überblick

Die konzeptuellen Begründer der neoinstitutionalistischen Organisationstheorie, auf welche

in diesem Überblick eingegangen wird, sind die seit Beginn der 70er Jahren mit ihren

richtungsweisenden Beiträgen hervorgetretenen John W. Meyer und Brian Rowan (1977)

sowie Paul J. DiMaggio und Walter W. Powell (1983), welche mit ihren Forschungsarbeiten

und Theorieansätzen die moderne Organisationsforschung ausschlaggebend geprägt haben.

Im weiteren Verlauf wird entsprechenden differenziert zwischen einer

gesellschaftstheoretischen und organisationstheoretischen Variante, um somit die Entstehung

eines neoinstitutionalistischen Organisationsverständnisses nachzuzeichnen, und um

weiterhin die Kernkonzepte der neoinstitutionalistischen Organisationstheorie

herauszuarbeiten. Es wird dabei insbesondere auf die klassisch-institutionalistischen Ansätze

und die daraus hervorgehenden neoinstitutionalistischen Ansätze im Rahmen der

interdisziplinären Organisationsforschung eingegangen.

Im Gegensatz zu klassisch-institutionalistischen Ansätzen, in welchen Individuen sich

an den Erwartungen und Regeln der Gesellschaft orientieren, bezieht sich das neoinstitutionelle

Organisationsverständnis auf eine Orientierung von Organisationen an den

Ansprüchen einer gesellschaftlichen Umwelt. Durch Institutionalisierung von Erwartungen,

welche in der Umwelt bestehen, formt sich die Organisation in einem kontinuierlichen

Anpassungsprozess um bestimmte Vorgaben und Regeln herum, wodurch diese

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gesellschaftlichen Erwartungen Eingang in die Organisationstrukturen finden (vgl.

Walgenbach & Meyer 2008: 11). Institutionalisierung bedeutet dabei: „[…] the processes by

which such patterns achieve normative and cognitive fixity, and become taken for granted“

(Powell 2007: 1f). Erst durch die Institutionalisierung von gesellschaftlichen Erwartungen

werden Verhaltens- und Handlungsmuster für Individuen in Organisationsstrukturen

manifestiert. Damit sind Organisationen „[…] systems of coordinated and controlled

activites“ (Meyer & Rowan 1977: 340), die grundsätzlich offene, nicht-statische Strukturen

darstellen, deren Ausgestaltung in Form von Institutionalisierungs- und

Deinstitutionalisierungprozessen primär durch Umwelteinflüsse geprägt und bedingt werden.

Zentral ist hierbei die Konzeption: „[…] organizations are structured by phenomena in their

environments and tend to become isomorphic with them […] by technical and exchange

interdependencies“ (Meyer & Rowan 1977: 346). Die Formalstrukturen und

Handlungsschemata einer Organisation, ebenso wie deren Funktion, sind somit ein Spiegel

der gesamt-gesellschaftlichen Erwartungs- und Werteverhältnisse, welche in die

institutionellen Strukturen einfließen. Organisationen stellen – parallel zu dem Konzept des

Individuums in den klassischen Institutionentheorien – eine abhängige Variable zu den

relativen gesellschaftlichen Vorstellungen und Regelsetzungen dar (Hasse & Krücken 2009:

239). Diese Perspektive wurde vor allem im Beitrag von DiMaggio und Powell (1983) weiter

etabliert.

Die Webersche Fragestellung, weshalb sich in Organisationen formal-rationale

Strukturen herausbilden (vgl. Weber 1922), wurde in der Untersuchung von Meyer und

Rowan (1977) wiederholt aufgegriffen. Aus neoinstitutionalistischem Ansatz lautet die

Antwort, dass Organisationen dies nicht – wie im Bürokratie-Ansatz von Weber

angenommen – tun aufgrund von effizienz- und produktionstechnischen Motiven, sondern

um den gesellschaftlich institutionalisierten Normen und Werten der relativen Umwelt zu

entsprechen, um damit Legitimität zu erzielen, welche durch eine „[…] social acceptability

and credibility […]“ (Scott et al. 2000: 237) gekennzeichnet ist (vgl. Hasse & Krücken

2009). Somit ist innerhalb der neoinstitutionalistischen Organisationstheorie ein besonderes

Interesse gerichtet zum einen auf das Wirkungsspektrum gesellschaftlich institutionalisierter

Normen und Werte, welche in Form von Regeln und Erwartungen in der gesellschaftlichen

Umwelt enthalten sind und in den Formalstrukturen einer Organisation zum Ausdruck

kommen, zum anderen auf das Konzept der Legitimität, welche für die Beständigkeit und den

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Ressourcenzugang von Organisationen notwendig sind (vgl. Walgenbach & Meyer 2008).

Meyer und Rowan bezeichnen dabei Formalstrukturen als: „[…] positions, policies,

programs, and procedures […]“, welche unter anderem aus den Erwartungen der

Öffentlichkeit und der relativen Umwelt übernommen werden. Damit sind die Elemente von

Formalstrukturen aufzufassen als „[…] manifestations of powerful institutional rules which

function as highly rationalized myths […]“ (Meyer & Rowan 1977: 343). Es besteht eine

Konformitätsnotwendigkeit mit solchen Mythen, um das Überleben und die Legitimität der

Organisation zu gewährleisten. Somit sind Mythen Einflussfaktoren, welche die

Ausgestaltung, Stabilität und den Entwicklungsverlauf der Formalstrukturen einer

Organisation beeinflussen (vgl. Meyer & Rowan 1977: 344). Formalstrukturen bestimmen

jedoch nicht die Aktivitätsstruktur der Organisation, da Zielsetzungen und Abläufe – wenn

überhaupt – nur begrenzt aufgrund von Rationalitätsmythen übernommen werden (vgl. Hasse

& Krücken 2009).

Aufgrund einer solchen Dichotomie zwischen der Übernahme von Mythen im Zuge

einer Konformitätsnotwendigkeit einerseits, und den eigentlichen Aktivitätsstrukturen einer

Organisation andererseits, wird in der Organisationsforschung zwischen zwei Ebenen der

organisationalen Wirklichkeit unterschieden (vgl. Meyer & Rowan 1977). Auf der Ebene der

Formalstrukturen ist die strukturtheoretische Anpassungsleistung an Umwelterwartungen

„[…] rasch und geradezu rituell […]“, wohingegen auf der Ebene der Aktivitätsstruktur „[…]

business as usual […]“ ausgeführt wird (Hasse & Krücken 2009: 239). Dabei unterscheidet

sich die neoinstitutionalistische Organisationstheorie von ihren ideengeschichtlichen

Vorgängern in der Hinsicht, dass für Organisationen die Möglichkeit einer „Entkopplung“

angenommen wird, wodurch diese sich von institutionellen Erwartungen vorübergehend

ablösen und somit mehr Entscheidungsraum gewinnen können. Die Organisation signalisiert

dabei in den Formalstrukturen eine Konformität mit den institutionellen Erwartungen, ohne

jedoch die organisationalen Aktivitäten anzupassen (vgl. Walgenbach & Meyer 2008: 82).

Eine langfristige Entkopplung von institutionellen Erwartungen wird jedoch als nicht

möglich beurteilt (vgl. Scott 2001).

Durch den Beitrag von Meyer und Rowan (1977) wurde zunächst ein Fundament für

die neoinstitutionalistische Organisationstheorie gelegt. Später wurden jedoch deren

konzeptionelle Thesen und theoretische Annahmen vielfach kritisiert und überarbeitet. Die

Kontroversen bezogen sich insbesondere auf das zu offen angelegte Verständnis einer

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gesellschaftlichen Umwelt, sowie eine mangelhafte Erklärungsleistung im Hinblick auf

Mechanismen und Wirkungskanäle, durch welche die Umwelt auf Organisationen einwirkt

(vgl. Hasse & Krücken 2009).

Diese Kritiken wurden im Beitrag von DiMaggio und Powell (1983) aufgegriffen,

wobei die Frage im Zentrum stand, weshalb sich Organisationen zunehmend aneinander

angleichen. DiMaggio und Powell distanzierten sich dabei ebenso wie Meyer und Rowan von

den durch Weber postulierten rationalen Bürokratisierungsprozessen, welchen von diesem

eine effizienz- und produktionssteigernde Orientierung der Organisationsstrukturen

zugeschrieben wurde. Die Strukturangleichungsprozesse der modernen Gesellschaft seien

jedoch: „[…] less and less driven by competition or by the need for efficiency“ (DiMaggio &

Powell 1983: 147). Vielmehr seien solche Angleichungsprozesse einer Organisation auf das

Feld zurückzuführen, in welchem eine Organisation agiert. Dieses sogennante organizational

field konstituiert sich aus den umliegenden Organisationen als der relativen Umwelt einer

Organisation „[…] that, in the aggregate, constitute a recognized area of institutional life: key

suppliers, resource and product consumers, regulatory agencies, and other organizations that

produce similar services or products“ (DiMaggio & Powell 1983: 148). Einzelne

Organisationen weisen im Entstehungsstadium zwar eine hohe strukturelle Diversität auf,

welche sich jedoch mit zunehmender Lebensdauer vermindert in Folge einer

Anpassungsleistung an Umwelterwartungen des organisationalen Feldes und damit an andere

Organisationen innerhalb des Feldes. Daher konstatiert Aldrich (1979), „[…] the major

factors that organizations must take into account are other organizations“ (Aldrich 1979:

265). Durch kontinuierliche gegenseitige Anpassungsleistungen von Organisationen vollzieht

sich ein Prozess der Isomorphie. Dieser wird durch DiMaggio & Powell in Anlehnung an die

Definition von Hawley (1968) bezeichnet als: „[…] a constraining process that forces one

unit in a population to resemble other units that face the same set of environmental

conditions“ (DiMaggio & Powell 1983: 149). Die Autoren unterscheiden dabei zwischen

zwei Varianten der Isomorphie: einerseits die ältere Konzeption, welche eher

wirtschaftstheoretisch orientiert ist und als competitive ismorphism bezeichnet wird, und

andererseits den aktuelleren institutional isomorphism, welcher für die Untersuchung des

„[…] modern organizational life […]“ instrumentalisiert wird (vgl. DiMaggio & Powell

1983: 150). Die institutionelle Isomorphie stellt dabei eine Miteinbeziehung und

Weiterentwicklung der Prämissen des competitive isomorphism dar, da argumentiert wird:

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„Organizations compete not just for resources and customers, but for political power and

institutional legitimacy, for social as well as economic fitness“ (vgl. DiMaggio & Powell

1983: 150). Als Ursache für solche Strukturangleichungsprozesse identifizieren sie drei

Mechanismen, durch die isomorpher Wandel innerhalb des organisationalen Feldes entsteht:

„[…] Zwang [coercive], Imitation [mimetic] und normativer Druck [normative]“ (Hasse &

Krücken 2009: 240; DiMaggio & Powell 1983).

Sobald Isomorphie durch Zwang entsteht, bezeichnen DiMaggio und Powell dies als

coercive isomorphism, womit eine Form der Isomorphie gemeint ist, die aus

Konformitätszwang in Hinblick auf gesetzliche Vorgaben und Erwartungen entsteht: „[…]

[it] stems from political influence and the problem of legitimacy“ (DiMaggio & Powell 1983:

150). Die Organisation muss eine Anpassungsleistung vollbringen, um nicht einen

Legitimitätsverlust zu riskieren. Solche erzwungenen Anpassungsleistungen der

Organisationsstrukturen sind daher üblicherweise auf eine „[…] direct response to goverment

mandate[s] […]“ zurückzuführen. Somit kann die Gesetzgebung durch einen Staat dazu

führen, dass in einem organisationalen Feld zu einem gewissen Grad Homogenität entsteht

(DiMaggio & Powell 1983: 150).

Weiterhin lassen sich die isomorphen Entwicklungen von Organisationen auf den

Prozess der „Imitation“ zurückführen. Damit sind in den Worten von DiMaggio und Powell

sog. mimetic processes gemeint, welche aus Unsicherheiten entstehen und eine

Anpassungsleistung durch Nachahmung beschreiben. Diese Prozesse entstehen, wenn:

„[…]organizational technologies are poorly understood […] when goals are ambiguous, or

when the environment creates symbolic uncertainty […]“, was dazu führt, dass

Organisationen „[…] model themselves on other organizations“ (DiMaggio & Powell 1983:

151). Eine Organisation observiert also andere Organisation und übernimmt deren als

besonders erfolgreich und legitim wahrgenommenen Praktiken und Strategien. Diese

diffundieren über Organisationsgrenzen hinweg und werden wiederum von anderen

Organisationen im Feld imitiert, wodurch zunehmend Konvergenzen entstehen (vgl. Hasse &

Krücken 2009: 240).

Der dritte Mechanismus, welcher zu einer Isomorphie im organisationalen Feld führt,

umfasst den „normativen Druck“, wobei dieser primär durch die normativen

Rahmenbedingungen von Professionen erzeugt wird.

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„Such mechanisms create a pool of almost interchangeable individuals who

occupy similar positions across a range of organizations and possess a similarity of

orientation and disposition that may override variations in tradition and control that

might otherwise shape organizational behavior“ (DiMaggio & Powell 1983: 152).

Dabei werden durch Professionen die Handlungs- und Verhaltensmuster innerhalb von

Strukturen festgelegt. Dies verleiht Professionen eine „[…] legitimation for their

occupational autonomy“ (DiMaggio & Powell 1983: 152). Damit sich solche Muster in

einem organisationalen Feld überhaupt etablieren können, werden durch

Bildungsinstitutionen neben Fachkenntnissen auch Normen und Werte vermittelt, die in

bestimmten arbeitstechnischen Rahmenbedingungen erforderlich sind; ergänzt wird dies

durch präzise Personalselektion und einflussreiche Professionsvereinigungen (vgl. Hasse &

Krücken 2009: 240).

Nachdem nun ein Überblick zu den Kernkonzeptionen und Hauptvertretern der

neoinstitutionalistischen Organisationstheorie gegeben wurde, wird des weiteren an die

aktuellen theoretischen Weiterentwicklungen angeknüpft, welche aus fundamentaler Kritik an

den Kernkonzepten und Grundaussagen der neoinstitutionalistischen Theorien

hervorgegangen sind. Das Erkenntnisinteresse der Organisationsforschung verlagerte sich

daher in den letzten Jahren zunehmend auf die Analyse von institutionellen

Wandlungsprozessen und dessen Ursachen, sowie auf die Rekonzeptualisierung von

Akteursdynamiken.

4.2 Institutioneller Wandel und Akteurskonzeptionen

Die Thematik des institutionellen Wandels rückte in den letzten Jahre zunehmend ins

Zentrum der Organisationswissenschaften. Unter dem Überbegriff institutional change wurde

eine Reihe theoretischer und empirischer Untersuchungen durchgeführt. Im Fokus stand

dabei die Klärung, weshalb und wodurch Institutionen neu entstehen, sowie bestehende sich

verändern oder zerfallen, als auch die Darbietung von Ursachen, welche solche

Wandlungsprozesse antreiben (vgl. Dacin et al. 2002).

Die Begründer des Neo-Institutionalismus argumentierten, Wandel sei als Folge von

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institutionellen Anpassungsleistungen einer Organisation an die Umwelterwartungen zu

verstehen, was zu einer zunehmenden Isomorphie innerhalb organisationaler Felder führe

(vgl. DiMaggio & Powell 1983). Diese Betrachtungsweise resultierte jedoch in einer

Paradoxie:

„[...] if actors are embedded in an institutional field and subject to regulative,

normative and cognitive processes that structure their cognitions, define their

interests and produce their identitites […], how are they able to envision new

practices and then subsequently get others to adopt them?“ (Garud et al. 2007: 961).

Dies wird im Rahmen der institutionellen Analyse als das paradox of embedded agency

bezeichnet. Diese paradoxen Konzepte wurden dabei später selbst von ihren eigenen

Begründern kritisiert, weshalb in jüngeren Entwicklungen die Akteurskonzepte reformuliert

wurden. Damit verlagerte sich die Analyse und Beschreibung institutioneller Wandlungen auf

die mikrosoziologische Aggregatsebene und damit auf die Interaktionen zwischen

interessengeleiteten, strategisch-handelnden Akteuren.

Im folgenden Abschnitt wird zunächst auf die Konzeptualisierung von Akteuren im

Rahmen dieser theoretischen Weiterentwicklungen eingegangen. Im Zuge dessen wird

zwischen „agenthaften Akteuren“ und „institutionellen Unternehmern“ unterschieden (vgl.

Walgenbach & Meyer 2008). Weiterführend wird dann auf das Konzept des issue field

eingegangen, um dabei soziale Räume, in welchen institutioneller Wandel sich vollzieht, zu

beschreiben. Dabei wird weiterführend zwischen evolutionären und revolutionären Formen

des Wandels differenziert. Anschließend werden die verschiedenen Modelle des

institutionellen Wandels aufgeführt und miteinander in Hinblick auf Gemeinsamkeiten

verknüpft. Damit sollte ersichtlich werden, welcher Stellenwert konflikttechnischen

Dynamiken in Hinblick auf Wandlungsprozesse tatsächlich zukommt.

4.2.1 Mikrofundierung der Akteurskonzepte

Bei der Untersuchung von institutionellem Wandel lassen sich in jüngster Zeit folgende

Herangehensweisen der institutionellen Analyse herausarbeiten: als Gemeinsamkeit der

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Florin Belu

Ansätze und gleichzeitig im Zentrum stehend, liegt die Miteinbeziehung von Interessen,

Strategien und Machtverhältnissen von solchen „agenthaften Akteuren“ und „institutionellen

Unternehmern“, welche durch ihre Handlungen institutionelle und organisationale Strukturen

kontinuierlich verändern. Im Rahmen der Diskussionen und Kritiken um das paradox of

embedded agency wurden die Akteurskonzepte der Theorie so revidiert, dass der Stellenwert

von interessengeleiteten Akteuren hervorgehoben wurde (vgl. Weinbauer-Heidel 2016).

Demnach sind Agenthafte Akteure Individuen, oder auf makrosoziologischer Ebene

Organisationen / Staaten, welche die ihnen zur Verfügungen stehenden Handlungen nach

individuellen Interessen und Strategien auswählen und durchführen. Das zur Verfügung

stehende Handlungs- und Verhaltensrepertoire ist dabei bereits durch Umwelterwartungen

und bestehende Institutionen eingegrenzt, wobei die institutionellen Strukturen als Plattform

für Agentschaft dienen, weshalb die Auswahl- und Entscheidungsmöglichkeiten sowie deren

Umsetzung als legitim betrachtet werden können (vgl. Garud et al. 2007). Als agenthafter

Akteur gilt damit jede soziale Entität, sei es ein Individuum, eine Organisation oder ein Staat,

welche auf der Basis institutionalisierter und kultureller Verhältnisse dazu autorisiert ist, für

sich selbst, für andere Akteure oder für einen kollektiv-kulturellen Rahmen zu agieren (vgl.

Meyer & Jepperson 2000). Institutionelle Unternehmer hingegen sind häufig

ressourcenträchtige Akteure, welchen aufgrund ihrer organisationalen Rolle ein breites

Wirkungsspektrum innerhalb einer Organisation zusteht, beispielsweise, jedoch nicht

beschränkt, auf Führungspositionen (vgl. Lawrence & Suddaby 2006). Die Einführung von

neuen Institutionen betrachten sie als Möglichkeit, individuelle Interessen oder Strategien

umzusetzen. Die institutionellen Handlungsweisen solcher Akteure gelten als: „[…] the

purposive action of individuals and organizations aimed at creating, maintaing and disrupting

institutions“ (Lawrence & Suddaby 2006: 215). Die soziale Rolle oder Position von

institutionellen Unternehmern wird von diesen als Wirkungskanal verwendet, um andere

Akteure von den eigenen Interessen oder Ideen zu überzeugen. Durch die Konzeptualisierung

dieser zwei Akteurstypen wurde die Bedeutung des aktiven, interessengeleiteten Handelns

von Individuen und Organisationen innerhalb der neoinstitutionalstischen

Organisationstheorie gesteigert (vgl. Meyer & Jepperson 2000). Agenthafte Akteure und

institutionelle Unternehmer, tragen somit bei der Entwicklung und Etablierung von neuen

Institutionen eine zentrale Rolle. Ihre Handlungen sind es, welche Institutionalisierungs- und

Deinstitutionalisierungsprozesse antreiben und beeinflussen. Ebenso wie sie bereits

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bestehende institutionelle Strukturen fortwährend stabilisieren, müssen sie gegebenenfalls

auch stützend eingreifen, sollten diese institutionelle Strukturen durch oppositionellorientierte

Akteure bedroht werden (vgl. Meyer & Jepperson 2000). Solche

Akteursdynamiken weisen auf konflikttechnische Beziehungszusammenhänge hin, welche in

organisationalen Feldern und in einem institutionellen Kontext Wandlungsprozesse

verursachen und anleiten. Nachfolgend wird daher auf die Konzeptualisierung des

organisationalen Feldes als sogennantes issue field eingegangen, um jene sozialen Räume für

Konfliktbearbeitung zu beschreiben.

4.2.2 Issue fields als Institutionelle Wandlungsräume: Soziale Räume für

Konfliktbearbeitung

Im Beitrag von DiMaggio und Powell (1983) wurde das Konzept des organisationalen Feldes

erstmals aufgeführt. Bereits damals richtete sich Kritik gegen eine mangelnde

Erklärungsleistungen in Hinblick auf institutionelle Wandlungen innerhalb eines Feldes,

sowie in Bezug auf Auswirkungen von Machtasymmetrien, Interessen und Strategien von

Akteuren auf solche Prozesse. Die vermeintlich zunehmende Homogenität innerhalb eines

Feldes verknüpften die Autoren mit Prozessen der Isomorphie, um im Zuge dieser die

Strukturangleichungsprozesse von Organisationen innerhalb des Feldes zu erklären. Unter

anderem diese Annahme und Begründung einer steigenden Homogenität innerhalb

organisationaler Felder wurde jedoch einschlägig kritisiert (vgl. Kondra & Hinings 1998).

Eine Vielzahl konzeptioneller und empirischer Arbeiten, auf die im weiteren eingegangen

wird, wurden daher in den letzten Jahren darauf ausgerichtet, das Konzept des Wandels

innerhalb organisationaler Felder mit hohem Strukturierungsgrad oder aber nichtisomorphem

Wandel präziser beurteilen zu können, sowie dessen Ursachen aufzudecken. Das

Forschungsinteresse ging dahin institutionellen Wandel, Macht und Heterogenität in

organisationalen Feldern mit den Grundannahmen der neoinstitutionalistischen Theorien

theoretisch kompatibel darzustellen (vgl. Walgenbach & Meyer 2008: 72).

Ausgehend von der Darbietung des organisationalen Feldes als „[…] a recognized

area of institutional life […]“ (DiMaggio & Powell 1983: 148) verlagerte sich die

Gewichtung in den weiterentwickelten Konzeptionalisierungen der 90er Jahre von den im

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Zentrum stehenden organisationalen Legitimitätsprozessen zum „[...] realm of social

processes“ (Hoffman 1999: 351). Scott (2001) formulierte das organisationale Feld – als

Weiterentwicklung der Definition im Beitrag von DiMaggio und Powell (1983) – als eine

Gruppe oder Gemeinschaft von Organisationen: „[…] [which] partakes of a commmon

meaning system and whose participants interact more frequently and fatefully with one

another than with actors outside the field“ (Scott 1994: 207f). Einige aus den Kritiken

hervorgehenden empirischen Untersuchungen, behandelten daher „[…] organizational field

members actions in light of their institutional contexts“ (vgl. Greenwood et al. 2017: 59).

Damit wurden kritisierte Aspekte in Hinblick auf die fehlende oder aber fehlerhafte

Beurteilung von Akteursdynamiken und auf die Beurteilung von Wandel in aktuelleren

Beiträgen revidiert: „[…] to introduce notions of change within the field; considering the role

of organizational self-interests and agency within that context“ (Greenwood et al. 2017: 59).

Im Zuge dieser Entwicklung veränderte sich die Konzeptualisierung des

organisationalen Feldes. Die ursprüngliche Darbietung, welche darauf abzielte,

Organisationen in einer Umwelt zu verorten, die artgleiche Organisationen beherbergt „[…]

centered around organizations with a common technology or market“ (Greenwood et al.

2017: 59), wurde durch aktuelle Weiterentwicklungen abgelöst. Dabei richtete sich der Blick

auf Organisationen mit ähnlichen Konflikthaftigkeiten, sogenannte issues. Mit dem Ziel, zu

analysieren, wie Organisationen Angleichungsprozesse durchlaufen aufgrund gleichartiger

Konfliktbearbeitungen. Im Beitrag von Andrew J. Hoffman (1999) äußert dieser dazu:

„organizational field[s] form around a central issue – such as the protection of the

natural environment – rather than a central technology or market […] [this]

introduces the idea that fields become centers of debates in which competing

interests negotiate over issue interpretation“ (Hoffman 1999: 351).

Fortan wurde der Fokus somit auf jene issues gerichtet, welche ausschlaggebend für die feldtechnische

Verortung einer Organisation sind. Ein issue field kann dabei als sozialer Raum

der Konfliktbearbeitung betrachtet, in welchem verschiedene Organisationen sich mit

ähnlichen institutionellen oder organisationalen Konflikthaftigkeiten auseinandersetzen

müssen (vgl. Hoffman 1999). Durch diese Revidierung des organisationswissenschaftlichen

Feldbegriffs ließen sich zuvor unklare Beziehungszusammenhänge zwischen Akteuren

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Florin Belu

begründen: „Rather than locales of isomorphic dialogue, the field became contested; a «field

of struggles» [in which] [o]rganizations engage in field level conflict, out of which they gain

skills and capital for future conflict“ (Greenwood et al. 2017: 60).

Weiterhin richtete sich in aktuellen Beiträgen ein Augenmerk auf die Formen von

Wandlungsprozessen, welche in verschiedenen organisationalen Feldern zu beobachten sind.

Um institutionelle Wandlungen analytisch zu untersuchen, müsse unterschieden werden, ob

die Veränderungen von institutionellen Arrangements evolutionärer oder revolutionärer Natur

seien (vgl. Campbell 2004). Evolutionäre Wandlungen von institutionellen Strukturen werden

dabei beschrieben als „[…] continous change that proceeds in small incrementals steps along

a single path in a certain direction“ (Campbell 2004: 33), wohingegen revolutionäre

Wandlungen konzeptionalisiert werden als: „[…] a crisis that throws things into turmoil until

a radically new set of institutional arrangements is established„ (Campbell 2004: 5).

Grundsätzlich wird dabei jedoch argumentiert, dass die evolutionäre Form von

Wandlungsprozessen die Norm der Veränderung darstellt, da Institutionen aufgrund ihrer

selbst-stabilisierenden Eigenschaften sehr träge sind, und revolutionäre Veränderung meist

nur als Folge von einschneidenden Ereignissen, wie beispielsweise rechtlichen

Gesetzgebungen, erscheinen (Campbell 2004: 59). Diese evolutionären Zyklen von

institutionellem Wandel werden im Anschluss durch die Darstellung verschiedener

Wandlungsmodelle weiter herausgearbeitet; dabei wird aufzeigt, wie Konflikthaftigkeiten auf

mikrosoziologischer Ebene in ihrer Gesamtheit zu Veränderungen führen und institutionelle

Entwicklung begünstigen.

4.2.3 Modelle des institutionellen Wandels im Vergleich

In diesem Abschnitt werden die verschiedenen Modelle des institutionellen Wandels erläutert,

um die verschiedenen Stufen von institutionellem Wandel aufzuzeigen und im Zuge dessen

auf konzeptuelle Gemeinsamkeiten der Modelle hinzuweisen. Dabei wird herausgearbeitet,

wie jeweils institutionelle Wandlungsprozesse beurteilt werden und welche Faktoren zu

Wandlungen innerhalb organisationaler Felder führen. Aus der Darbietung sollte

nachvollziehbar werden, weshalb Konflikte auf mikrosoziologsicher Handlungsebene als

mögliche Wandlungsursachen plausibel erscheinen.

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Stufenmodell des institutionellen Wandels von Greenwood et al. (2002)

Abbildung 4:

Im Stufenmodell des institutionellen Wandels von Greenwood et al. (2002) werden

Institutionen als soziale Grundpfeiler betrachtet, welche auch während Wandlungsprozessen

vorerst bestehen bleiben. Die Herausbildung von neuen Normen, Werten, Praktiken und

Handlungsmustern geschieht dabei zunächst im Hintergrund; diese können sich erst nach

Durchlaufen der oben abgebildeten Stufen etablieren. Die erste Stufe umschreibt das

Auftreten eines Ereignisses, welches eine Destabilisierung der bestehenden Institutionen

auslöst; bereits hier besteht Konfliktpotential, welches als solches wahrgenommen wird (vgl.

Greenwood et al. 2002). Solche Ereignisse können in Form von „[…] social upheaval […],

technological disruptions, competitive discontinuities, or regulatory change“ auftreten

(Greenwood et al. 2002: 60). Daraus können sich Konflikte manifestieren, die einen Raum

schaffen für den Eintritt von Stakeholdern (institutionelle Unternehmer) und agenthaften

Akteuren. Damit wird die nächste Stufe des Wandels von institutionellen Strukturen erreicht.

Akteure und Stakeholder offerieren innovative Ideen und Strategien: „[which] disturb the

socially constructed field-level consensus by introducing […] the possibility of change“ (vgl.

Greenwood et al. 2002: 60). Durch die Aktivitäten institutioneller Unternehmer und

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agenthafter Akteure wird der sozial konstruierte Konsens gebrochen und die Umsetzung

eigener Interessen, Ideen oder Strategien wird möglich. Durch die Einführung innovativer

Ideen oder Praktiken wird versucht, einen neuen Konsens zu schaffen, in welchem das

eigenen Vorhaben durchgesetzt werden konnte. Die nächste Stufe umfasst die der

Preinstitutionalisierung, wie sie durch Tolbert und Zucker (1996) konzeptualisiert und von

Greenwood et al. (2002) übernommen wurde. Die Phase der Preinstiutionalisierung

bezeichnet das Stadium, in dem eine Organisation eigenständig und unabhängig von ihrem

issue field nach einer akzeptablen Lösung für ein lokalen Konflikt sucht (vgl. Weinbauer-

Heidel 2016). An dieser Stelle beginnt der Prozess der Theorization. Konzeptualisiert durch

Strang und Meyer (1993), handelt es sich dabei um: „[…] the development and specification

of abstract categories and the elaboration of chains of cause and effect“ (Greenwood et al.

2002: 60). Ziel ist dabei einerseits die Spezifizierung des organisationalen Mangels oder

Problems, andererseits die Rechtfertigung und Legitimierung, weshalb eine spezifische

Lösung oder Behandlungsmethode den sinnvollsten und effektivsten Ansatz darstellt. In

anderen Worten, werden im Zuge der Theorization innovative Praktiken simplifiziert und

erläutert, so dass ihre Auswirkungen auf institutionelle und organisationale Strukturen für

andere Akteure nachvollziehbar werden (vgl. Tolbert & Zucker 1996: 183). Sobald die

innovativen Praktiken angenommen wurden, da sie als geeigneter betrachtet werden folgt

darauf die Stufe der Diffussion. „Diffusion only occurs if new ideas are compellingly

presented as more appropriate than existing practices“ (Greenwood et al. 2002: 60). Diffusion

umfasst den Verbreitungsprozess einer Praktik, wodurch ein sozialer Konsens entsteht, sowie

die Sinnhaftigkeit und der Nutzen der Praktik institutionalisiert und normiert werden (vgl.

Suchman 1995). Damit wird die letzte Stufe des institutionellen Wandels eröffnet, die

Reinstitutionalisierung. Diese ist dann abgeschlossen, wenn eine Praktik kulturell-kognitive

Legitimität erreicht hat und die Verwendung unhinterfragt und routiniert erfolgt und daher als

selbstverständlich erachtet wird. Zusammenfassend wird so eine evolutionäre Natur des

institutionellen Wandels postuliert, welcher in Stufen verläuft.

Das dialektische Modell des institutionellen Wandels nach Seo & Creed (2002)

Das Modell des institutionellen Wandels nach Seo und Creed (2002) konzeptualisiert

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bestehende Institutionen ebenfalls sowohl als Basis für die Entwicklung neuer Institutionen,

als auch als Ausgangspunkt für institutionellen Wandel. Seo und Creed zufolge ist bereits die

Institutionalisierung neuer Praktiken als Grundlage für weitere Wandlungen zu betrachten.

Der Grund hierfür liegt darin, dass Institutionalisierungsprozesse Widersprüche hervorrufen

können, die selbst später Wandlungsprozesse anstoßen können. Diese sogenannten sources of

institutional contradictions werden als eine „[…] fundamental driving force of institutional

change„ betrachtet und gelten weiterhin als „[…] key to resolving the paradox of embedded

agency“ (Seo & Creed 2002: 226). Die Institutionalisierung einer neuen Praktik als Lösung

(treatment) für ein bestehendes Problem, wie es durch Greenwood et al. (2002) beschrieben

wird, kann beispielsweise selbst zum Auftreten von neuen, zunächst latenten

Konflikthaftigkeiten führen. Der Grund dafür ist, dass eine Lösung niemals alle Bedürfnisse

gleichmäßig zufriedenstellen kann und Lösungen daher nur vorübergehend bestehen bleiben

(vgl. Seo & Creed 2002). Hinzu kommt, das in komplexen, interdependenten Strukturen jede

Veränderung weitreichende Folgen nach sich ziehen kann.

Seo und Creed konstatieren dabei, dass im praxeologischen Sinne Veränderung erst

dann auftritt, wenn institutionelle Widersprüche in der Alltagserfahrung deutlich werden.

Institutionelle Widersprüche können dabei ineffiziente Praktiken, fehlende

Anpassungsleistungen von institutionellen Strukturen, inkompatible institutionelle Strukturen

oder gegensätzliche Interessen von Akteuren darstellen. All diese Widersprüche tragen ein

hohes Konfliktpotential, das in Form eines institutionalisierten Konflikts im Sinne der

Funktionalität ausgetragen wird. Vorausgesetzt wird dabei, dass Akteure und Unternehmer

persönliche oder kollektive Interessen und Strategien in Hinblick auf Veränderung haben, und

daher Wandlungsprozesse bewusst initiieren. „This sets the stage for the emergence of

potential institutional challengers from the population of actors whose interests and ideas are

not adequately served by the existing order“ (Seo & Creed 2002: 232). Dieses Interesse

entsteht aufgrund von im Rahmen der bestehenden Institutionalisierung nicht erfüllten

Bedürfnissen, wodurch soziale Räume entstehen, in denen Akteure strategisch auf die

Institutionalisierung neuer Praktiken hinarbeiten (vgl. Weinbauer-Heidel 2016). Diese

Akteure gelten dabei als change agents. Damit wird eine selbst-perpetuierende

Konzeptualisierung von institutionellem Wandel dargelegt, da die ausnahmslose

Zufriedenstellung aller Parteien utopisch erscheint: „[…] pressure for institutional change is

the extent to which groups are dissatisfied with how their interests are accommodated within

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an organization“ (Seo & Creed 2002: 232). Je mehr Interessen durch vorige

Wandlungsprozesse unerfüllt bleiben, desto höher steigt das Potential, dass solche change

agents auf die Bühne treten und weitere Wandlungen antreiben (vgl. Weinbauer-Heidel

2016).

Anhand der Abbildung (Abb. 5) wird verdeutlicht, dass solche institutionellen Widersprüche

mit einem hohen Konfliktpotential behaftet sind. Die 4 aufgeführten Institutional

contradictions sind hierbei mögliche Motive, wodurch change agents hervortreten und

Veränderungen anstreben. Seo und Creed argumentieren dabei, dass institutionalisierte

Praktiken aufgrund ihrer Legitimität zunächst nicht reflektiert werden. Sobald change agents

es jedoch als persönliches Interesse empfinden, dass Veränderungen notwendig werden,

iniitieren sie einen reflective shift. Dieser entsteht einerseits durch „[…] reshaping of the

consciousness from within the institutional context […]“, oder andererseits aufgrund von

„[…] revolutionary disruption[s] from the outside“ (Seo & Creed 2002: 233). Infolge solch

eines Bewusstseinswandels innerhalb eines institutionellen Kontextes werden neue latente

Konflikthaftigkeiten wahrgenommen und mutieren zu manifest-instiutionalisierten

Konflikten. Sobald eine soziale Gruppe ein kollektives Verständnis eines Problems besitzt,

beginnt die Mobilisierung von Akteuren. Dabei bilden sich oppositionelle Gruppen: einerseits

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die Gruppe, deren Interessen befriedigt sind und die daher kein Interesse an einem Wandel

haben, andererseits die Gruppe, welche versucht, eine Veränderung von Praktiken zu ihrem

Vorteil zu initiieren. Die Austragung des Interessenkonflikts kann im Ergebnis entweder

Wandel oder Beibehaltung der bestehenden Praktiken bedeuten und wird als „[…]

institutional war“ bezeichnet (Seo & Creed 2002: 238). Somit resultieren institutionalisierte

Konflikte nicht immer in institutionellem Wandel, sind jedoch durchaus als mögliche Ursache

anzusehen.

Es ist Zeit, an dieser Stelle ein kurzes Resümee zu ziehen. In diesem Kapitel wurde

im ersten Abschnitt auf die Kernkonzepte der neoinstitutionalistischen Organisationstheorie

eingegangen. Dabei wurden die Kritiken hinsichtlich institutioneller Wandlungsprozesse und

Akteure aufgegriffen und beurteilt. Aus den Kritiken hervorgehend erhob sich die Frage,

welche Relevanz Akteurskonzeptionen im Zusammenhang mit Wandlungsprozessen

tatsächlich zukommt. Mit Blick auf die jüngsten Weiterentwicklungen der

neoinstitutionalistischen Organisationstheorie wurde im nächsten Abschnitt die Rolle und der

Stellenwert von Akteuren geklärt. Es wurde beleuchtet, weshalb Institutionen Veränderungen

durchlaufen, welche Ursachen dafür verantwortlich sind, und es wurde mithilfe verschiedener

Modelle aufgezeigt, wie Prozesse des institutionellen Wandels verlaufen. Dadurch wurde der

grundlegende Stellenwert von Konflikten zwischen Akteuren in Hinblick auf institutionelle

Wandlungsprozesse herausgearbeitet.

In Anbetracht der institutionellen Analyse gelten die Handlungsweisen und

Interaktionen von institutionellen Unternehmern und agenthaften Akteuren, welche darauf

ausgerichtet sind Konflikthaftigkeiten in Hinblick auf Interessen, Strategien oder

Machtbedürfnissen zu bearbeiten, als Initiatoren für institutionelle Veränderungen. Diese in

verschiedenen Feldern – welche durch Hoffman (1999) als issue fields konzeptualisiert

werden – vorkommenden konflikttechnischen Interaktionen begünstigen auf

mikrosoziologischer Handlungsebene verschiedene Prozesse des institutionellen Wandels. Im

Fokus dieser Interaktionen steht dabei die Konfliktbearbeitung und -austragung, wodurch

innovative Praktiken und Strategien zur Schaffung eines neu ausgehandelten Konsens

beitragen. Die selbst-perpetuierende Natur institutionalisierter Konflikte zeigt sich darin, dass

Interessen und Bedürfnisse nie vollkommen befriedigt werden können und daher aus

Wandlungsprozessen meist neue latente Konflikthaftigkeiten hervorgehen. Mithilfe der

Beschreibung und Verknüpfung der aufgeführten Modelle des institutionellen Wandels wurde

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dies verdeutlicht. Dabei wurde weiterhin ersichtlich, dass institutionelle Wandlungsprozesse

entweder initiiert werden durch bewussten Handlungsweisen, welche darauf ausgerichtet sind

solche institutionelle Konflikthaftigkeiten zu steuern, oder das Resultat von einschneidenden

(revolutionären) Ereignissen, die sowohl exogener als auch endogener Natur sein können.

Zentral ist dabei, dass in den beschriebenen Modellen konflikttechnische Umstände, die von

Akteuren wahrgenommen und behandelt werden, die Ausgangspunkte für

Wandlungsprozesse darstellen.

Nachdem nun der Stellenwert von Konflikten in Bezug zu Prozessen des

institutionellen Wandels erläutert wurde, wird im weiteren Verlauf versucht eine

Konflikttheorie des Neo-Institutionalismus zu formulieren. Mithilfe einer integrativen

Anwendung konflikttheoretischer Konzeptionen auf Scotts (2001) Drei-Säulen-Modell von

Institutionen, zielt dieses Vorhaben darauf ab eine Einsicht in den Zusammenhang zwischen

Konflikten und institutionellen Strukturen zu gewinnen und im Zuge dessen immanente

Konfliktpotentiale sowie konflikttechnische Regulierungsmechanismen von Institutionen zu

beleuchten.

5. Eine Konflikttheorie des Neo-Institutionalismus

Im Anschluss werden nun ausgewählte Kernkonzepte des Neo-Institutionalismus einer

konflikttheoretischen Deutungsweise unterzogen. In Hinblick auf Institutionen und

Legitimitätsverhältnisse gilt es, eine integrative Konflikttheorie zu formulieren, welche einen

Einblick in die Beziehungs- und Wirkungszusammenhänge zwischen Konflikt und

institutionellen Strukturen bietet. Im Fokus steht hierbei der Institutionsbegriff und das Drei-

Säulen-Modell von Scott (2001), sowie die hiermit verbundenen Legitimitätsverhältnisse.

5.1 Konfliktpotential von Institutionen und Legitimitätsverhältnissen

Institutionen werden abhängig von spezifischen wissenschaftlichen Kontexten grundsätzlich

heterogen definiert. Zusammenfassend und gestützt auf die Argumentationsfiguren von

Soziologen wie Jepperson (1991) und Suchman (1995) bündelt Scott (2001) den

Institutionsbegriff durch folgende essentiellen Merkmale:

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"Institutions are social structures that have attained a high degree of resilience.

Institutions are composed of cultured-cognitive, normative and regulative elements

that, together with associated activities and resources, provide stability and meaning

to social life.

Institutions are transmitted by various types of carriers, including symbolic systems,

relational systems, routines, and artifacts.

Institutions operate at multiple levels of jurisdiction, from the world system to

localized interpersonal relationships.

Institutions by definition connote stability but are subject to chance processes, both

incremental and discontinuous" (Scott 2001: 48).

Sowohl als soziale Formalstrukturen, wie auch als informelle Entitäten, funktionieren

Institutionen als Regulierungsmechanismen und Regelsysteme sozialer Räume. Dabei sind

sie ein Ausdruck der gesellschaftlichen Erwartungen, welche das Handeln und Verhalten ihrer

Individuen anleiten sowie deren Beziehungszusammenhänge vorgeben (vgl. Scott 2001).

Daher werden Institutionen in den Worten von Barley und Tolbert (1997) bezeichnet als „[…]

shared rules and typifications that identify categories of social actors and their appropriate

activities or relationships“ (Barley & Tolbert 1997: 96). Durch institutionelle Vorgaben

entstehen habitualisierte Handlungen, welche durch Individuen unhinterfragt ausgeführt

werden (vgl. Walgenbach & Meyer 2008: 55). Institutionelle Vorgaben umfassen dabei die

Erwartungen und Wertschätzungen der Gesellschaft, wie im Rahmen eines sozialen

Sachverhaltes agiert werden soll. Durch kontinuierliche Institutionalisierungsprozesse

verankern sich somit die Werte und Normen der Gesellschaft innerhalb von

Organisationsstrukturen. Damit bestimmen und formen zum einen Institutionen Verhalten

und Handeln in sozialen Strukturen, entstehen oder verändern sich zum anderen aber auch

fortlaufend als Folge von sozialen Interaktionsprozessen. Zentral ist dabei, dass Institutionen

durch die sozialen Interaktionen von Individuen generiert, verändert und am Leben erhalten

werden. „Institutions [consist] of rules, norms and cultural beliefs [...] [which] arise in

interaction [...] and [get] preserved and modified by human behavior“ (Scott 2001: 49). Als

Blaupause für Verhaltens- und Handlungsmuster wird Institutionen daher eine stabilisierender

Funktion in der Gesellschaft zuschrieben, da sie über eine relative Dauer Zielsetzungen und

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Handlungsmuster bestimmen und so zu einer Ordnung innerhalb der Gesellschaftsstrukturen

beitragen (vgl. Walgenbach & Meyer 2008). Eine stabilisierende Konzeptualisierung von

Institutionen lässt sich dabei auf die in den gesellschaftlichen Erwartungsstrukturen

immanenten Normen und Werte zurückführen, welche grundsätzlich eine relative

Dauerhaftigkeit aufweisen, da die Normen und Werte der Gesellschaft sich üblicherweise

nicht abrupt verändern, sondern zufolge der zuvor dargestellten evolutionären oder

revolutionären Zyklen Wandlungsprozesse durchlaufen (vgl. Walgenbach & Meyer 2008:

56). Mit dem Wandel der gesellschaftlichen Wertschätzungen und der Veränderung von

Ansprüchen an Organisationen verändern sich ebenfalls die tragenden institutionellen

Strukturen. Dabei vollbringen Institutionen eine Anpassungsleistung und inkorporieren die

aktuellsten Erwartungsstrukturen einer Gesellschaft.

Bereits an dieser Stelle lassen sich Konfliktpotentiale theoretisieren: sobald die

Organisations- und Institutionsstrukturen aufgrund einer verzögerten Anpassungsleistung

keine Konformität mehr mit den Erwartungen der Umwelt aufweisen, kann es zu

Konflikthaftigkeiten zwischen gesellschaftlichen Erwartungen und organisationalen

Strukturen kommen. Scott weist darauf hin, dass Institutionen in strenger Abhängigkeit zu

Akteuren und deren Handeln bestehen und kontinuierlich produziert und reproduziert

werden. Sollten Institutionen durch die Individuen einer Gesellschaft, Gruppe oder

Organisation nicht rezipiert werden, so zerfallen sie. Daher argumentiert Scott (2001), dass es

sozialer Interaktionen bedarf, um Institutionen am Leben zu erhalten. Institutionen versterben

„[…] unless they are ongoingly «brought to life» in actual human conduct“ (Scott 2001: 49).

Dieses Phänomen erklären Berger und Luckmann pointiert: „[…] institutions [are] «dead» if

they are only represented in verbal designations and in physical objects“ (Berger &

Luckmann 1967: 75). Ein prägendes Merkmal von Institutionen ist, dass sie keine statischen

Gebilde darstellen, sondern sich kontinuierlich in Wandlungsbereitschaft befinden und quasi

über „[…] elastic fibers [...]“, in einer reziproken Beziehung zwischen Umwelt, Akteuren und

Strukturen am Leben erhalten werden (Scott 2001: 49). Trotz einer solchen prinzipiellen

Wandlungsbereitschaft sind institutionelle Wandlungsprozesse jedoch grundsätzlich träge.

Der Grund dafür ist die stabilisierende Funktion, welche institutionelle Strukturen innerhalb

der Gesellschaft ausüben, und die durch kulturelle Dynamiken am Leben erhalten werden,

sodass Institutionen zu hoher Langlebigkeit tendieren (vgl. Zucker 1977).

Zusammenfassend wird somit im neo-institutionellen Ansatz argumentiert, dass

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formelle und informelle Organisations- und Institutionsstrukturen grundsätzlich

Manifestationen der gesellschaftlichen Erwartungen darstellen, wie Organisationen effektiv

und effizient zu funktionieren haben. Damit ist die Organisationsstruktur teilweise ein Abbild

der gesellschaftlichen Erwartungen ihrer relativen Umwelt, welche in formalen oder

informellen Strukturen und Praktiken einer Organisation zum Ausdruck kommen (vgl.

Powell 2007: 1). Die Adoption von gesellschaftlichen Erwartungen und die darauffolgende

Einrichtung von institutionellen Strukturen folgt allerdings – wie zuvor dargestellt – nicht

immer rationalen Prinzipien (vgl. Meyer & Rowan 1977).

„Viele der in Organisationen vorzufindenden Stellen, Abteilungen, Verfahrensweisen

oder Programme werden aufgrund der öffentlichen Meinung und der Sichtweisen

wichtiger Kunden erforderlich oder durch Gesetze erzwungen, sie werden adoptiert,

und zwar unabhängig von ihren Auswirkungen auf das Arbeitsergebnis“ (Walgenbach

2002: 320).

Sollte eine Organisation eine Anpassungsleistung nicht erbringen und der öffentlichen

Meinung sowie den Bedürfnissen der „Kunden“ nicht gerecht werden, besteht wiederrum

Potential zu Konflikthaftigkeiten, sowohl zwischen Erwartungshaltungen der Umwelt und

institutionellen Strukturen, als auch zwischen Gesetzen und organisationalen Interessen. Es

liegt dann im vitalen Interesse der Organisation, die betroffenen Strukturen an die

Erwartungen der Gesellschaft anzupassen und Konformität zu leisten – wenn auch in

manchen Fällen nur vordergründig durch Entkopplung (vgl. Walgenbach & Meyer 2008).

Durch die Implementierung erforderlicher Veränderungen behält die Organisation Legitimität

und kann ihr Fortbestehen weiterhin sichern (vgl. Walgenbach 2002). Die Stabilität von

Organisationen ist weiterhin abhängig von den Sanktionsmöglichkeiten der institutionellen

Strukturen im relativen Umfeld. Diese sind notwendig, um Konformität herbeizuführen und

Konflikte zu regulieren. „Institutions impose restrictions by defining legal, moral and cultural

boundaries setting off legitimate from illegitimate activities“ (Scott 2001: 50). Da

Institutionen einen Handlungs- und Verhaltensrahmen vorgeben, müssen sie zur

Durchsetzung desselben ebenfalls mit Sanktionsmöglichkeiten ausgestattet sein. Diese stellen

Regulierungsinstrumente dar, welche dazu benötigt werden, omnipräsente Konfliktpotentiale

– beispielsweise aufgrund stark variierender Ressourcenverteilung und Machtasymmetrien –

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unter Kontrolle zu halten und im Falle einer Konfliktgenerierung die Austragung zu steuern.

Institutionen tragen somit in ihrer Struktur Mechanismen in sich, welche die Funktion

besitzen: „[…] to control and constrain behavoir“ (Scott 2001: 50). Die institutionellen

Regulierungsmechanismen selbst vollziehen damit eine Eingrenzung und Kontrolle der

gesellschaftlich angeforderten Handlungs- und Verhaltensmuster von Akteuren, wodurch

weiteres Konfliktpotential durch institutionelle Arrangements entsteht. Andererseits bieten

institutionelle Arrangements dabei auch die Grundlage für Agentschaft (vgl. Garud et al.

2007)

Aus dem Beitrag von Powell und DiMaggio (1997) geht weiterhin hervor, dass

organisationale Strukturen nicht aufgrund von technischen oder materiellen Notwendigkeiten

übernommen, sondern aufgrund von kulturelle Normen, Wertschätzungen und Ritualen

eingesetzt werden. Einer der zentralen Aspekte ist dabei das Konzept der organisationalen

Legitimität. In den bisherigen Untersuchungen in Hinblick auf die Entstehung und den

Umgang mit Legitimität haben sich dabei zwei verschiedene Forschungsstränge

herausgebildet. Diese unterscheiden zwischen strategic legitimacy und institutional

legitimacy (vgl. Suchman 1995: 572).

Der Forschungsstrang, welcher sich mit der strategic legitimacy befasst, untersucht:

„[...] in which [ways] organizations instrumentally manipulate and deploy evocative symbols

in order to garner societal support“ (vgl. Suchman 1995: 572). Im Fokus liegen hier die

Strategien, durch welche Organisationen vordergründig vorgeben, gesellschaftliche

Erwartungen in ihren Strukturen umzusetzen. Im Rahmen der institutional legitimacy wird

der Fokus hingegen auf die Untersuchung der strukturellen Dynamiken eines Feldes gelegt,

welche: „[...] generate cultural pressures that transcend any single organization´s purposive

control“ (Suchman 1995: 572), wobei das Augenmerk auf Gleichgestaltungsprozesse im

Sinne der Isomorphie, sowie dessen Legitimitätsverhältnisse gerichtet wird. Bevor auf diese

Ansätze näher eingegangen wird, soll zunächst der Begriff der Legitimität im

organisationswissenschaftlichen Rahmen erläutert werden.

Legitimität gilt als eine allgemein wahrgenommene Annahme, dass die Verfahren und

Handlungen einer soziale Entität, etwa einer Organisation, im Sinne der Gesellschaft und der

dort vorzufindenden Normen, Werte und Einstellungen als wünschenswert und angemessen

betrachtet werden. Damit wird Legitimität sozial konstruiert und durch soziale Entitäten in

objektiver Weise emittiert (vgl. Suchman 1995). Die organisationale Legitimität wird

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benötigt, um das Überleben der Organisation innerhalb eines Feldes zu sichern. Dies

geschieht durch die Konformität mit gesellschaftlichen Erwartungen und Wertschätzungen,

wodurch ein kontinuierlicher Ressourcenzugang gewährleistet wird. Der Ressourcenzugang

dieser ist jedoch als Nebenprodukt von überlebens-technischen Dynamiken zu verstehen und

liegt nicht in der primären Zielsetzung einer Organisation. Diese ist vielmehr auf den

Legitimationsprozess gerichtet. „Legitimacy leads to persistence because audiences are most

likely to supply resources to organizations that appear desirable, proper, or appropriate“

(Suchman 1995: 574). Mit zunehmender Legitimität steigert sich die interne Stabilität einer

Organisation sowie die Verständlichkeit und Akzeptanz ihrer Aktivitäten durch äußere

Entitäten (vgl. Suchman 1995). In Bezug zu konflikttheoretischen Deutungen taucht hier ein

weiteres Potential zu Konflikthaftigkeiten auf. Sobald Organisationen Legitimitätsverluste

erleiden, verlieren sie ihr Ansehen und ihren Ruf innerhalb ihrer relativen Umwelt, woraus

eine Verminderung ihres Ressourcenzugangs resultiert. Ohne die nötige Legitimität und den

damit verbundenen Ressourcenzugang sind die Zielsetzungen und das langfristige

Fortbestehen der Organisation gefährdet. Dazu wird durch Meyer und Rowan (1977)

formuliert: „Organizations […] that lack acceptable legitimated accounts of their activities

[…] are more vulnerable to claims that they are negligent, irrational or unnecessary“ (Meyer

& Rowan 1977: 349f). Aufgrund solcher konflikttechnischen Risiken ist es ein Ziel von

Organisationen, durch Übernahme von wünschenswerten Dynamiken Konformität mit

gesellschaftlichen Erwartungen herzustellen – oder diese zumindest vorübergehend durch

Entkopplung zu simulieren (vgl. Suchman 1995).

Aus strategischer Sicht wird argumentiert, dass Legitimität als operational resource

zu betrachten sei, welche in die Zielsetzungen von Organisationen integriert und damit aktiv

angestrebt wird. Es liegt dabei die Verantwortung bei den Führungspositionen, durch

spezifische Managementpraktiken und organisationale Strukturierungsprozesse den

Legitimationsprozess voranzutreiben. Postuliert wird also: „[...] [a] high level of managerial

control over the legitimation process“ (Suchman 1995: 576). Erneut tauchen hier

Konfliktpotentiale auf. Der Umgang mit dem Legitimationsprozess und das Anstreben von

Legitimität durch eine Führungskraft, etwa durch Implementierung von gesellschaftlich

erwünschten Erwartungsstrukturen, kann zu Konflikthaftigkeiten mit anderen Akteuren

führen, da die Auswahl und Art der Umsetzung von Legitimationspraktiken durch eine

Führungskraft nicht immer mit den Vorstellungen anderer Akteure harmonisiert. „[...]

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strategic-legitimacy theorists predict recurrent conflicts between managers and constituents

over the form of legitimation activities [...]“ (Suchman 1995: 576). Damit wäre weitere

Konfliktpotentiale auf mikrosoziolgischer Handlungsebene vorzufinden.

Die institutionelle Herangehensweise hingegen betrachtet Legitimität nicht als

operational resource, sondern als „[...] a set of constitutive beliefs [...]“ (Suchman 1995: 576).

Damit lässt sich Legitimität nicht einfach aus einer Umwelt extrahieren; sie wird vielmehr als

Resultat der Übernahme von externen institutionellen Dynamiken konstruiert und

gleichzeitig auf die Umwelt abgestimmt. Die externen Institutionen sind somit der kulturelle

Ausdruck der Umwelt. „Cultural definitions determine how the organization is built, how it is

run, and, simultaneously, how it is understood and evaluated“ (Suchman 1995: 576). Aus

institutionalistischer Betrachtungsweise von Legitimität wurde dem Konflikt zwischen

Akteuren zunächst wenig Bedeutung beigemessen (vgl. Suchman 1995: 576f), wobei

allerdings die zuvor behandelten theoretischen Weiterentwicklungen in eine andere Richtung

weisen. (Siehe Kapitel 3.)

In der Realität sind beide Konzeptualisierungen von Legitimität vorzufinden, da

Organisationen einerseits Herausforderungen in Hinblick auf Legitimität strategisch

operationalisieren, andererseits institutionell-konstitutivem Druck ausgesetzt sind und daher

eine Konformität mit Erwartungsstrukturen leisten müssen (vgl. Suchman 1995).

Nachdem nun auf das Konfliktpotential von Institutionen und deren

Legitimitätsverhältnissen hingewiesen wurde, werden im nächsten Teil die drei tragenden

Elemente vorgestellt, die von Scott (2001) in seinem Werk „Institutions and Organizations“

als Säulen von Institutionen dargestellt werden. Das Ziel ist es, den Konflikt auf integrative

Weise in diesen drei Säulen zu verorten, um dabei zu versuchen, den Zusammenhang

zwischen Konflikten, Institutionen und institutionellem Wandel zu veranschaulichen und so

eine Konflikttheorie des Neo-Institutionalismus zu generieren. Ergänzend werden hierzu die

drei zuvor beschriebenen Subsystem von Organisationen nach Glasl (2013) herangezogen.

5.2 Konflikte im Drei-Säulen-Modell von Institutionen

In seinem Beitrag von 2001 benennt Scott die fundamentalen Komponenten von

institutionellen Strukturen, welche für die stabilisierende Wirkung und relative Beständigkeit

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von Institutionen verantwortlich sind. Dabei kombiniert er drei institutionalistische

Forschungsstränge, die sich gegenseitig ergänzen und meist, wenn auch nicht

notwendigerweise, miteinander verwoben sind. Er arrangiert diese zu seinen „Three Pillars of

Institutions“. Diese drei essentiellen Säulen konzeptualisiert er als drei verschiedene Arten

von Institutionen, welche im weiteren Verlauf beschrieben und konflikttheoretisch erweitert

werden: „regulative, normative und kulturell-kognitive Säulen“

Die drei Säulen sind primär voneinander unabhängig, dennoch stützen und verstärken

sich die einzelnen Elemente gegenseitig, wodurch ein "[...] powerful social framework"

(Scott 2001: 51) entsteht, welches Organisationsstrukturen festigt und stabilisiert, wobei

allerdings die Gewichtung der einzelnen Säulen in verschiedenen Organisationen häufig

variiert. Anhand der folgenden Abbildung (Abb. 6) wird nachvollziehbar, wie die drei

verschiedenen institutionellen Arrangements aufgebaut sind. Diese werden im Anschluss

erläutert und konflikttheoretisch erweitert.

Abbildung 6

5.2.1 "The Regulative Pillar" – Konflikte mit Regelsetzungen

Die regulative Säule des Modells beschreibt die Mechanismen einer Institution, mit denen sie

erwünschte Handlungs- und Verhaltensmuster festlegt und reguliert. "Institutions constrain

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and regularize behavior [...]" (Scott 2001: 51). Im Zentrum stehen dabei Regelsetzungen,

Überwachungs- und Kontrollinstanzen sowie verfügbare Sanktionsmöglichkeiten bei

unerwünschten Handlungen oder Fehlverhalten. Dieser Säule liegt somit das Konzept der

Regelkonformität zugrunde. "[...] regulatory processes involve the capacity to establish rules,

inspect others´ conformity to them, and, as necessary, manipulate sanction – rewards or

punishments – in an attempt to influence future behavior" (Scott 2001: 52). Das

Vorhandensein von Sanktionsmöglichkeiten hinsichtlich unerwünschten Verhaltens und

Handelns zeigt, dass Konfliktpotentiale durchaus wahrgenommen werden, d.h. dass ein

institutionelles Konfliktverständnis vorhanden ist, welches mögliche Konflikthaftigkeiten

antizipiert und die Sanktionsmöglichkeiten als Regulierungsmechanismus instrumentalisiert,

um so die Konformität von Akteuren mit institutionalisierten Regeln und Vorgaben zu

gewährleisten. In diesem Sinne lassen sich also aus konflikttheoretischer Deutungsweise

Sanktionsmöglichkeiten als institutionelle Regulierungsmechanismen auftretender Konflikte

konzeptualisieren. Diese können im Fall eines Konflikts die jeweiligen Konfliktparteien bei

der Austragung eines institutionalisierten Konflikts zu einer Einhaltung der strukturellen und

institutionellen Anforderungen bewegen. Während diese Sanktionsmöglichkeiten als

Regulierungsmechanismen aus konflikttheoretischer Sichtweise gedeutet werden können,

gibt es andererseits jedoch auch die Möglichkeit der positiven Verstärkung erwünschten

Verhaltens durch Belohnung, was einer konsenstheoretischen Sichtweise entsprechen würde.

Unter Anwendung der regulativen Instrumente von Belohnung oder Sanktion können

interessengeleitete Akteure ihre Macht auch als Mechanismus zur Durchsetzung ihrer

Bedürfnisse und Strategien anwenden: „[...] powerful actors may sometimes impose their will

on others“ (Scott 2001: 53). Akteure können dies tun aufgrund von Machtasymmetrien,

welche sich im Laufe der Zeit bei kontinuierlich gegebener Legitimität und Zugang zu

materiellen Ressourcen zu einem normativen Gerüst formen, „[...] in which coercive power is

legitimated [...]“ (Scott 2001: 53) das sich damit als Autorität manifestiert. Folglich wird die

Anwendung von Macht nicht mehr hinterfragt und Vorgaben werden blind ausgeführt.

Aus handlungstheoretischer Sicht wird so ein Akteursbewusstein geweckt, dass der

Akteur verwendet, um die zu Verfügung stehenden Regulierungsmechanismen von

institutionellen Strukturen zu beeinflussen oder zu umgehen, und damit selbst regulative

Systeme hervorzubringen (vgl. Scott 2001). Die interessengeleiteten Akteure konfrontieren

sich dabei gegenseitig mit alternativen innovativen Praktiken und Strategien; welche sie so

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konzipieren müssen, dass diese im Falle einer Implementierung zukünftiges Konfliktpotential

reduzieren. Ob Akteure die innovativen Strukturen annehmen und sich daran anpassen, ist

dabei abhängig von eigenen Interessen und davon, ob die innovtiven Strukturen von der

Mehrheit angenommen wurden. „[...] conformity is only one of many possible responses by

those subject to regulative institutions“ (Scott 2001: 54). Im Fall von späterem nichtkonformem

Verhalten von Akteuren bedarf es solche Regulierungsinstrumente der

innovativen Strukturen zur Steuerung von Akteuren und der Vermeidung dysfunktioneller

Konflikthaftigkeiten. Die Fähigkeit, geeignete regulative Mechanismen zum Umgang mit

solchen Konfliktpotentialen zu implementieren, ist für institutionelle und organisationale

Strukturen überlebenswichtig. Scott formuliert daher: „A stable system of rules, either formal

or informal, backed by surveillance and sanctioning power, is one prevailing view of

institutions“ (Scott 2001: 55). Es lassen sich somit konflikttheoretische Zusammenhänge

zwischen interessengeleiteten Akteuren und regulativen Strukturen erkennen.

Es wurde gezeigt, dass die regulativen Strukturen von Institutionen dazu dienen,

Verhalten und Handeln von Akteuren zu steuern. Dazu bestehen positive wie negative

Regulierungsmechanismen, um eine funktionale Austragung möglicher Konflikte zu

gewährleisten. Konflikte können dadurch entstehen, dass Akteure Machtasymmetrien zu

ihrem Vorteil nutzen, um regulative Strukturen zu verändern und bestehende Institutionen zu

reformulieren mit dem Ziel, ihre eigenen Interessen umzusetzen.

Als Beispiel von Konflikten mit Regelsetzungen wird Bezug genommen auf das

technisch-instrumentelle Subsystem von Organisationen nach Glasl (2013), da dieses aus

regulativen Strukturen besteht. Wenn interessengeleitete Akteure „Prozesse oder Abläufe“

(Abb 3. S. 17) innerhalb einer Organisation optimieren wollen, da sie der Meinung sind, dass

ihre Variante oder Methode die sinnvollste und effizienteste darstellt, besteht damit eine

Konfliktgrundlage (latenter Konflikt) zwischen allen betroffenen Akteuren, weil andere

Akteure möglicherweise kein Interesse daran haben einen bestimmten Prozess oder Ablauf zu

verändern, da sie nicht von der Überlegenheit des neuen Vorschlags überzeugt sind. Dies

führt in einem organisationalen Kontext zu einer Konfliktkommunikation und -definition. Die

Unvereinbarkeit zwischen den Akteuren wird kommuniziert und damit sozial anerkannt.

Somit besteht nun ein manifester Konflikt mit regulativen Vorgaben. Die interessengeleiteten

Akteure müssen dabei als change agents hervortreten und die übrigen involvierten Akteure

von ihrem spezifischen Vorhaben, die institutionellen Arrangements anzupassen, überzeugen,

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damit Deinstitutionalisierung und schließlich institutioneller Wandel sich vollziehen kann.

Dies würde Wandlungen evolutionärer Natur anstoßen.

Andererseits kann institutioneller Wandel regulativer Institutionen auch aufgrund von

gesetzlichen Vorgaben entstehen, wobei nicht ein Konflikt zwischen Akteuren, sondern ein

Konflikt zwischen organisationalen Strukturen und gesetzlichen Vorgaben den Grund für

einen Anpassungszwang darstellt. Die Veränderung von Institutionen aufgrund solcher

externer Ereignisse wäre damit revolutionärer Natur.

5.2.2 "The Normative Pillar" – Konflikte mit Verhaltenserwartungen

Aufgrund der wechselseitigen Beziehungen zwischen den Elementen des Drei-Säulen-

Modells ist es nachvollziehbar, dass bei der Etablierung neuer regulativer institutioneller

Strukturen eine vorhandene normative Haltung gegenüber Regelsetzungen hilfreich ist.

Ausschlaggebend für die normative Säule ist dabei die Orientierung der Akteure an

erwünschten Normen und Werten, welche von der Gesellschaft eine hohe Wertschätzungen

erhalten. Dabei liegt die Betonung auf „[...] normative rules that introduce a prescriptive,

evaluative, and obligatory dimension into social life [...] [and] define goals or objectives“

(Scott 2001: 55). Daher sind Normen und Werte einer Gesellschaft essentiell für die

Vermittlung von Verhaltenserwartungen und Zielsetzungen. Normen legen Scott zufolge fest,

welche Zielsetzungen Priorität haben und wie diese Ziele am sinnvollsten verfolgt werden

können. Als Werte hingegen bezeichnet er gesellschaftliche Vorgaben von wünschenswertem

sozialen Handeln und Verhalten, welches in Strukturen standardisiert werden soll. Damit

können Strukturen sich miteinander vergleichen, aneinander orientieren und angleichen.

Diese Verhaltenserwartungen und Zielsetzungen werden durch das akteurstheoretische

Handeln innerhalb dieser Strukturen ausgeführt und dadurch reproduziert und manifestiert

(vgl. Scott 2001: 55ff). Daher tragen Normen und Werte vor allem dazu bei, Stabilität und

Ordnung in Organisationsstrukturen zu gewährleisten „[…] [by] imposing constraints on

social behavior […]“ (Scott 2001: 55) und die Beziehungen zwischen einzelnen

Organisationsmitgliedern zu definieren (Walgenbach & Meyer 2008: 59). Durch die

normativen Elemente einer Institution: „[...] rights as well as responsibilities, privileges as

well as duties, and licenses as well as mandates“ (Scott 2001: 55), werden in

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Organisationsstrukturen Verhaltenserwartungen an spezifische Rollen gekoppelt, wobei jeder

Position oder Stelle in der Organisation eine Rolle zugeteilt wird, deren typisches Verhaltensund

Handlungsmuster jeweils durch ein Spektrum an Normen und Werten definiert ist.

Auch an dieser Stelle lassen sich Konfliktpotentiale erkennen. Die

Verhaltenserwartungen in Organisationsstrukturen sind nicht für alle Mitglieder identisch:

„[...] some values and norms are applicable to all members of the collectivity; others apply

only to selected types of actors or positions“ (Scott 2001: 55), woraus Konflikte infolge

aufgrund unterschiedlicher Verhaltenserwartungen entstehen können. Es bestehen spezifische

Verhaltens- und Rollenanforderungen an eine jeweilige soziale Position, wobei das

Individuum, welches diese Rolle einnimmt, „[...] external pressures [...]“ empfindet, die

Erwartungen seiner Umwelt erfolgreich umzusetzen (vgl. Scott 2001: 55). Sollte ein Akteur

die Erwartungen, Verantwortungen und Aufgaben, die im Rahmen seiner Rolle bestehen,

nicht erfüllen können oder bzw. wollen, entsteht ein Konflikt mit den

Verhaltensanforderungen. Der Regulierungsmechanismus, welcher dazu dient, solche

latenten Konflikte frühzeitig zu behandeln, basiert auf den normativen Elementen einer

Organisation, welche ihre Zielsetzungen in Rollen und Aufgaben festlegt. Um einen

Legitimitätsverlust zu vermeiden und das Fortbestehen der Organisation nicht zu gefährden,

muss versucht werden, den inkompatiblen Akteur durch die zur Verfügung stehenden

Regulierungsmechanismen zu Konformität zu bewegen, oder er muss gegebenenfalls als

ultima ratio durch einen mit der Rolle kompatibleren ersetzt werden.

Konflikte mit Verhaltenserwartungen entstehen üblicherweise nach Glasl (2013) im

sozialen Subsystem von Organisationen, da dieses durch normative Gerüste gestützt wird.

Konflikte mit Verhaltenserwartungen wären beispielsweise im Wesenselement „Struktur der

Aufbauorganisation“ (Abb 3. S.17) vorzufinden. In Hinblick auf Führungshierarchien, wie

sie in diesem Element existieren, können Konflikte aufgrund von spezifischen

Machtasymmetrien zwischen Akteuren unterschiedlicher Positionen entstehen. Akteure,

welche übergeordnete Positionen einnehmen, versuchen dabei im Sinne eigener Interessen

und Strategien zu agieren, indem sie ihre Macht instrumentalisieren, wodurch

Unvereinbarkeiten mit anderen, meist untergeordneten Positionen entstehen können. Somit

bestehen latente Konflikte in Hinblick auf Verhaltenserwartungen zwischen Akteuren

innerhalb von Hierarchiestrukturen; diese bestehen dabei zwischen allen Akteuren, die im

Rahmen ihrer sozialer Interaktionen unterschiedliche Interessen verfolgen. Durch

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Konfliktkommunikation und -definition wird dabei ein manifester Konflikt zwischen den

Akteuren etabliert. Akteure in Führungspositionen stellen dabei Verhaltenserwartungen an

andere Akteure, welche jedoch aufgrund eigener, damit unvereinbarer, Interessen oder

Strategien keine Konformität anstreben. Die Verantwortung, die erwünschte Veränderung

herbeizuführen, liegt dabei in den Händen spezifischer change agents, welche die Mehrheit

der oppositionell orientierten Akteure von dem eigenen Vorhaben überzeugen müssen, damit

sich der Wandel von spezifischen normativen Arrangements vollziehen kann.

5.2.3 "The Cultural-Cognitive Pillar" – Konflikte bezüglich kultureller

Wahrnehmungen

Die kulturell-kognitive Säule einer Institution basiert auf der Wirklichkeitswahrnehmung

einer Gesellschaft, und wie diese ihre Umwelt mit Sinnhaftigkeiten austattet, also dem, was

gemeinhin als Weltbild bezeichnet wird. In den Worten von Scott handelt es sich um: „[...]

shared conceptions that constitute the nature of social reality and the frames through which

meaning is made“ (Scott 2001: 57). Gemeint sind damit im organisationstheoretischen Sinne

vor allem die subjektiven, kulturell bedingten Wahrnehmungsweisen der einzelnen

Organisationsmitglieder. Abhängig von ihrem persönlichen kulturellen Rahmen richten diese

ihr Verhalten und Handeln nach der individuellen Auffassung und Beurteilung ihrer relativen

Umwelt aus, wodurch die Ausführung einer Aktion mit einem subjektiven Sinn behaftet ist:

„[...] action as social only to the extent that the actor attaches meaning to the behavior“ (Scott

2001: 57). Damit also die Handlungsweisen von Akteuren nachvollziehbar werden, müssen

sowohl objektive, als auch subjektive Aspekte beachtet werden, um die daraus resultierenden

Interpretationen verstehen zu können (vgl. Kieser & Ebers 2014: 321). Dieses Konzept wird

von Weber (1922) als "subjektiv gemeinter Sinn" bezeichnet, welcher sich durch die

Einbettung in einen kulturell-kontextuellen Rahmen herausbildet (vgl. Weber 1992).

Die Handlungsweisen von Akteuren werden im Kontext von Organisationsstrukturen

somit nur teilweise durch normative Systeme vorgegeben, sondern auch durch die

Typisierungen von Akteuren und Skripten beeinflusst (vgl. Berger & Luckmann 1967). Die

Herausbildung von Rollentypisierungen und Skripten ist somit ein Prozess der sozialen

Konstruktion, welche in einer Organisation durch die institutionelle Umwelt fabriziert wird.

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Dabei wird festgelegt, welche Akteurstypen in der organisationalen Struktur notwendig sind,

welche strukturtechnischen Eigenschaften und Einflussmöglichkeiten ihnen zustehen, welche

Handlungs- und Entscheidungsspielräume ihnen offen sind, und welche Bedeutungen

spezifischen Handlungen im Rahmen der Organisationsstrukturen zugeteilt werden sollen

(vgl. Ruef & Scott 1998: 879). So entsteht durch soziale Interaktionsprozesse ein kulturellkognitiven

Rahmen einer Organisation, welcher sich den einzelnen Mitgliedern auferlegt.

Gleichzeitig werden aber auch durch die Interaktionsprozesse organisationaler Mitglieder die

kulturell-kognitiven Aspekte der Organisationsstrukturen modifiziert und adaptiert. Zentral

ist dabei, dass die kulturell-kognitiven Elemente einer Institution in Interaktionsprozessen

sozial konstruiert und wechselseitig verändert werden (vgl. Scott 2001: 58).

In Bezug zur einer konflikttheoretischen Deutungsweise lassen sich Potentiale zu

Konflikten in Zusammenhang mit kulturellen Wahrnehmungsprozessen besonders in

internationalen Organisationsstrukturen voraussehen. Aufgrund unterschiedlicher kultureller

Realitätswahrnehmungen und den daraus resultierenden Betrachtungsweisen können Akteure

Dissonanzen hinsichtlich kulturell-bestimmter Handlungsschemata erfahren, die nicht mit

den ihnen bekannten Wahrnehmungsweisen ihres kulturellen Wissensbestandes

übereinstimmen. So sind etwa die kulturell-kognitiven Institutionen von

Organisationsstrukturen in Asien unterschiedlich konzipiert zu denen US-amerikanischer

Organisationen.

Die Konfliktpotentiale im Zusammenhang mit kulturell-kognitiven

Wahrnehmungsprozessen lassen sich dabei auf einer mikroinstitutionalistischen Ebene

ansiedeln. Aus handlungstheoretischer Perspektive und unter Beachtung des Phänomens des

confirmation bias, führt die selektive Wahrnehmung von Individuen dazu, dass durch

vorgefasste Meinungen konditionierte Realitätswahrnehmungen tendenziell zu einer

unbewussten Nichtbeachtung oder Ablehnung von Informationen und Ansichtsweisen führen,

die nicht mit dem eigenen kulturell geprägten Weltbild übereinstimmen. 3 Das

Konfliktpotential hinsichtlich kulturell unterschiedlicher Wahrnehmungen mündet jedoch

nicht zwingend in manifesten Konflikthaftigkeiten. Sollten Akteure in der Lage sein eine

individuelle Anpassungsleistung an die kulturell-kognitiven Elemente ihrer neuen relativen

Umwelt – sei es Organisationstrukturen oder Gesellschaftsstrukturen – zu vollziehen,

reduziert sich somit das Konfliktpotential.

3 http://lexikon.stangl.eu/3159/bestaetigungstendenz-bestaetigungsfehler/

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Als Beispiel für Konflikte in diesem Bereich richtet sich der Blick auf das kulturelle

Subsystem von Organisationen nach Glasl (2013), da dieses auf kulturell-kognitiven

Wahrnehmungen basiert. Im Wesenselement „Identität“ (Abb 3. S.17) können beispielsweise

Konflikte hinsichtlich Überzeugungen, Interpretationsweisen und Ansichtsweisen entstehen.

Die Akteure identifizieren dabei spezifische Aspekte, die mit ihren eigenen Interpretationsund

Wahrnehmungsweisen nicht vereinbar sind, womit bereits eine (latente)

Konfliktgrundlage besteht. Tauschen sie sich in sozialen Interaktionen mit anderen Akteuren

über die von ihnen wahrgenommen Unvereinbarkeiten aus, und werden diese von anderen

Akteuren ebenfalls empfunden, besteht Potential zu einem manifesten Konflikt. Der

Austausch zwischen Akteuren stellt dabei den Prozess der Konfliktkommunikation und

-definition dar. Sollte sich eine Mehrheit im organisationalen Rahmen herausbilden, welche

ähnliche Unvereinbarkeiten wahrnimmt, und daher ein Bedürfnis zu Veränderung besitzt,

wird von einem manifesten Konflikt gesprochen. Durch die Übernahme und Verbreitung von

innovativen kulturell-kognitiven Werten vollzieht sich in der Folge ein Wandel dieser

spezifischen kulturell-kognitiven Institutionen. Zentral ist, hierbei dass die

Wandlungsprozesse von solchen institutionellen Strukturen in starker Abhängigkeit zu den

kulturspezifischen Ansichtsweisen und Wertschätzungen von Akteuren stehen.

Es wird versucht die zuvor erläuterten Beziehungszusammenhänge zwischen

Konflikten und institutionellen Arrangements in der folgenden Übersicht (Abb. 7) visuell

darzubieten. Mithilfe dieser Darstellung wird veranschaulicht, welche Relevanz und

Auswirkung in Hinblick auf institutionelle Wandlungsprozesse Konflikte im Bereich

handlungstheoretischer Faktoren und institutioneller Strukturen besitzen.

Abbildung 7

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6. Fazit

Jede Gesellschaft wird durch soziale Interaktionen konstruiert. Als Nebenprodukt dieser

entstehen in allen sozialen Strukturen früher oder später Konflikte. Ob diese zwischen

Individuen, Gruppen, Organisationen oder Staaten ausgetragen werden, sie gelten als

Grundlage des Sozialen. Mit Verweis auf Soziologen wie Georg Simmel, Lewis Coser und

Ralf Dahrendorf wurde argumentiert, dass Konflikte ein funktionales soziales Element der

Vergesellschaftung sind, welche erst durch die institutionelle Instrumentalisierung produktive

und fruchtbare Eigenschaften wahrnehmen können. Zu Beginn der Arbeit wurde daher die

Annahme aufgestellt, dass Konflikte unter spezifischen Bedingungen

entwicklungskatalytische Eigenschaften tragen.

Um eine mögliche institutionelle Instrumentalisierung von Konflikten theoretisch

beurteilen zu können, wurde der Blick auf die neoinstitutionalistische Organisationstheorie

gerichtet. Das methodologisches Vorhaben umfasste die integrative Anwendung des

Konfliktbegriffs auf den Untersuchungsgestand: Organisationen und Institutionen nach neoinstitutionellen

Verständnis, um im Zuge dessen eine Konflikttheorie des Neo-

Institutionalismus zu formulieren, durch welche Einsichten in konflikttheoretische

Beziehungs- und Wirkungszusammenhänge zwischen Akteuren und institutionellen

Strukturen ermöglicht werden. Das Konzept Entwicklung wurde in dieser Untersuchung mit

institutionellem Wandel gleichgesetzt, mit dem Ziel, die entwicklungskatalytischen

Eigenschaften von Konflikt organisationstheoretisch herausarbeiten zu können. Damit konnte

die zentrale Annahme aus organisationswissenschaftlichen Sicht bestätigt und der Konflikt

als mögliche Ursache für institutionellen Wandel etabliert werden.

Zu Beginn der Untersuchung wurde zunächst eine kurze thematische Einführung in

allgemeine Konflikttheorien geboten. Mit Blick auf den historischen Kontext und die

Entstehungsbedingungen von integrativen Konflikttheorien wurde das konflikttheoretische

Defizit im Rahmen neo-institutioneller Theorieansätze sozialpolitisch und kulturell

begründet. Im weiteren Verlauf wurde erläutert welche Anwendungsweise einer

Konflikttheorie sich für das spezifische Erkenntnisinteresse dieser Arbeit als methodologisch

sinnvoll erweist. Damit wurde das Anwendungsvorhaben, eine integrative Verwendung des

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Konfliktbegriffs für eine Erklärungsleistung innerhalb des Neo-Institutionalismus zu

instrumentalisieren, begründet.

Im darauffolgenden Kapitel galt es, eine Grundlage für eine spätere

konflikttheoretische Behandlung festzulegen und zu erläutern. Durch die Zusammenstellung

eines konflikttheoretischen Begriffsinstrumentariums in Anlehnung an bereits etablierte

Konfliktmanagementpraktiken wurde versucht, die Praxis der Konflikthandhabung

aufzuschlüsseln, um dabei die Funktionalisierung von Konflikten in Organisationsstrukturen

herauszuarbeiten. Daraus resultierend wurde ein beachtliches Wandlungspotential aufgrund

von Konflikten in Organisationen konstatiert, welches im weiteren Verlauf auf spezifische

neoinstitutionalistische Konzeptualisierungen zurückgeführt wurde.

Anschließend wurden die elementaren neoinstitutionalistischen Konzeptualisierungen

deskriptiv erfasst, um mögliche konflikttheoretische Beziehungszusammenhänge

herauszuarbeiten. Dabei wurde deutlich, dass in den traditionellen Kernkonzepten der

neoinstitutionalistischen Organisationstheorie Konflikthaftigkeiten weder zwischen

Organisationen noch zwischen Individuen überhaupt beachtet oder operationalisiert werden,

und somit ein konflikttheortischer Erklärungsansatz dort nicht vorhanden war. Dies führte zur

Beantwortung der ersten Fragen: Konflikte werden im neoinstitutionalistischen Sinne nicht

dazu operationalisiert Wandlungsprozesse zu erklären, obwohl die praxeologische

Beurteilung durchaus ein Wandlungspotential aufgrund von Konfliktaustragung aufzeigt. Mit

Blick auf die jüngsten theoretischen Weiterentwicklungen der neoinstitutionalistischen

Ansätze wurden bereits erste Schritte in Richtung auf eine konflikttheoretische

Betrachtungsweise sichtbar. Die aus Kritiken an den traditionellen neo-institutionellen

Konzepten hervorgehende Verlagerung der Aufmerksamkeit von Organisationen auf

interessengeleitete Akteure, und damit auf eine mikrosoziologische Ebene, eröffnete die

Möglichkeit der konflikttheoretischen Beurteilung von Beziehungs- und

Wirkungszusammenhängen zwischen Akteuren und institutionellen Strukturen. Dabei war

auffallend, dass die weiterentwickelten Konzeptualisierungen bislang nicht explizit von ihren

Begründern mit konflikttheoretischen Konzepten verknüpft wurden, obwohl eine solche

Verknüpfung zu plausiblen Erklärungsleistung in Hinblick auf institutionelle

Wandlungsräume und -modelle führt. Es wurde zudem deutlich, dass Gemeinsamkeiten

zwischen Konfliktprozessen und Wandlungsmodellen bestehen, welche auf eine Kausalität

zwischen Konflikt und Wandel hindeuten, wodurch der Stellenwert von Konflikt im Rahmen

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von Wandlungsprozessen deutlich hervorgehoben wurde.

Nachdem das integrative Anwendungsvorhaben begründet, das konflikttheoretische

Begriffsinsturmentarium festgelegt und der Zusammenhang zwischen Konflikten und

institutionellem Wandel hergestellt wurde, sollte im abschließenden Kapitel die Formulierung

einer Konflikttheorie des Neo-Institutionalismus dazu verhelfen, den Ursprung und Ablauf

von Wandlungsprozessen aufgrund von Konflikthaftigkeiten zwischen Akteuren zu

veranschaulichen. Als Ausgangspunkt für die Entstehung von Konflikten in Organisationen

und als Basis für eine integrative Konflikttheorie wurden institutionelle Arrangements ins

Zentrum gerückt, wobei zunächst auf die Konfliktpotentiale von Institutionen und deren

Legitimitätsverhältnissen hingewiesen wurde. Es wurde beschrieben, weshalb institutionelle

Arrangements, die darauf ausgerichtet sind, das Handeln und Verhalten von Individuen zu

steuern und zu kontrollieren, bereits eine latente Konfliktgrundlage in sich tragen; ebenfalls

wurde auf das Konfliktpotential zwischen Legitimitätsverhältnissen und

Erwartungsstrukturen hingewiesen.

In Anlehnung an das Drei-Säulen-Modell von Scott (2001), und unter Hinzuziehung

des Konzepts der drei organisationalen Subsysteme nach Glasl (2013), wurden latenten

Konflikthaftigkeiten im Bereich der drei institutionellen Säulen (regulative, normative und

kulturell-kognitive) einer konflikttheoretischen Deutungsweise unterzogen. Es galt dabei, die

einzelnen institutionellen Arrangements konflikttheoretisch zu erweitern, um im Zuge dessen

die effektiven Wirkungs- und Beziehungszusammenhänge zwischen institutionellen

Strukturen und interessengeleiteten Akteuren, sowie die daraus resultierenden

Konflikthaftigkeiten und deren Wirkung auf institutionellen Wandel zu beschreiben. In Bezug

zu den drei Subsystemen von Organisationen nach Glasl wurden Beispiele formuliert, die

Wandlungsprozesse aufgrund von Konflikthaftigkeiten zwischen Akteuren im

praxisbezogenen Sinne veranschaulichen, wodurch Entstehung, Verlauf und Funktionalität

von Konflikten im Rahmen von Organisationsstrukturen nachvollziehbar werden. In Hinblick

auf die zweite Fragestellung lässt sich somit feststellen: konflikttheoretische

Konzeptualisierungen stellen tatsächlich eine plausible Erklärungsleistung von

institutionellem Wandel innerhalb des Neo-Institutionalismus dar. Abschließend kann also

festgehalten werden, dass die Annahme von entwicklungskatalytischen Potentialen von

Konflikthaftigkeiten durch konfliktheoretische Erweiterung neo-institutioneller Konzepte

bestätigt werden konnte.

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Um diese theoretischen Konzeptualisierungen praxisbezogen überprüfen und beurteilen zu

können, sind jedoch weitere, empirische Forschungsansätze notwendig, um den hier

postulierten und zumindest theoretisch plausiblen Einfluss von Konflikten auf institutionelle

Strukturen in unterschiedlichen Bereichen innerhalb von Organisationen, sowie ein daraus

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WEBER, M., 1992: Wirtschaft und Gesellschaft. 5. Auflage., hrsg. Von Johannes

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WEINBAUER-HEIDEL, I., 2016: Transferförderung in der betrieblichen

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ZUCKER, L, G,. 1977: The Role of Institutionalization in Cultural Persistence. American

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1, Quelle: Glasl (2013).

Abbildung 2, Quelle: Giegel (1998).

Abbildung 3, Quelle: Glasl (2013).

Abbildung 4, Quelle: Greendwood et al. (2002).

Abbildung 5, Quelle: Seo & Creed (2002).

Abbildung 6, Quelle: Scott (2001).

Abbildung 7, Schema „Konflikte und Wandel“. Eigene Darstellung.

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