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Zdirekt! 03-2021

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Z direkt! <strong>03</strong>/<strong>2021</strong><br />

NACHGEFRAGT 39<br />

»Es gab sicherlich Missstände in<br />

der Fleischwirtschaft. Aber die haben<br />

nichts mit der Zeitarbeit zu tun.«<br />

Das gelte inzwischen selbst auch für ungelernte Hilfskräfte.<br />

Die Nachfrage erklärt der Aachener mit der –<br />

auch coronabedingten – Entwicklung im Online-Handel.<br />

Davon profitiere die Zeitarbeit, die Zahlen wachsen laut<br />

Lothmann. Die Unterdeckung bereite Sorgen, das Unternehmen<br />

reagierte: „Wir haben das Recruiting bereits<br />

vor vielen Jahren internationalisiert“, erklärt er. Das Unternehmen<br />

habe mittlerweile Teams, „die nichts anderes<br />

machen, als in den europäischen Nachbarländern neue<br />

Mitarbeiter anzuwerben.“<br />

Standard sei es dabei, Sprachkurse zu organisieren und<br />

Wohnraum zu beschaffen: „80 Prozent sind Paare, teils<br />

mit Kindern, denen wir die Wohnungen zur Verfügung<br />

stellen.“ Gerne werde das Angebot genutzt, beide Partner<br />

in Arbeit zu bringen – „sie als Krankenschwester, er<br />

als Schlosser“, nennt Lothmann ein Beispiel. Auf die<br />

Beschäftigten warte ein umfangreiches Betreuungspaket:<br />

Gänge zur Bank, den Behörden und Krankenkassen<br />

gehören ebenso dazu wie etwa die Internetanbindung<br />

oder der TV-Sender in der jeweiligen Landessprache.<br />

„Die meisten Mitarbeiter aus dem Ausland, die zum<br />

ersten Mal ihr Land verlassen, denken, sie kämen nur<br />

für ein paar Monate. Das ist menschlich, denn niemand<br />

verlässt gerne seine Heimat“, stellt er fest. Dazu gehöre<br />

aber auch, dass oft über die eigentlichen Entgeltstufen<br />

des iGZ-DGB-Tarifwerks hinaus entlohnt werde. „Stichwort<br />

Autoindustrie – da werden auch schonmal 18<br />

Euro oder mehr in der Entgeltstufe 1 gezahlt“, betont<br />

Lothmann.<br />

Die Zeitarbeitsbranche ist aufgrund der Gesetzeskeule<br />

wieder einmal gezwungen, flexibel auf Verbote zu reagieren,<br />

obwohl sie über ein umfangreiches Tarifwerk<br />

verfügt. Die Tarifautonomie wird ignoriert, „und mit<br />

dem sektoralen Verbot wird mit Kanonen auf Spatzen<br />

geschossen“, unterstreicht Roger Lothmann. Die Zeitarbeit<br />

habe erneut den Kopf für Missstände in einer anderen<br />

Branche hinhalten müssen: „Es gab bei TimePartner<br />

zu keinem Zeitpunkt erhöhte COVID-Infektionen bei<br />

Beschäftigten, die im Fleischbereich eingesetzt wurden.<br />

Es gab sicherlich Missstände in der Fleischwirtschaft.<br />

Aber die haben nichts mit der Zeitarbeit zu tun. Wir<br />

arbeiten in Sachen Arbeits- und Gesundheitsschutz eng<br />

mit den Einsatzbetrieben zusammen. Wir halten diese<br />

Regelung für unverhältnismäßig und damit auch verfassungswidrig“,<br />

begründet er die Beschwerde.<br />

Anastasia Krasavin und Maren Storbeck, Geschäftsführerinnen<br />

der zu einer Unternehmensgruppe gehörenden<br />

Simul Personalmanagement GmbH, machen<br />

ebenfalls ihre Betroffenheit deutlich: „Wir haben uns<br />

als Dienstleister auf die Fleischwirtschaft spezialisiert.<br />

Deshalb sind wir von dem Gesetz massiv betroffen.<br />

Diese Regelung schützt nicht, sondern gefährdet Arbeitsplätze“,<br />

verweisen die iGZ-Mitglieder auf die Auswirkungen.<br />

WLI<br />

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