Psychiatrische Abteilungen an Allgemeinkrankenhäusern - Aktion ...
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massive Problematik die chronischen Patienten darstellen, k<strong>an</strong>n ich nicht unwidersprochen<br />
lassen, wenn Herr Philipzen — er wird mir das Bild verzeihen — hier<br />
ein Mordillo-Bildchen malt von Leuten, denen es m<strong>an</strong>chmal eben nicht gut geht, die<br />
d<strong>an</strong>n kommen, zu denen wir nett sind, und die wir eigentlich gar nicht haben —<br />
g<strong>an</strong>z abgesehen davon, daß es psychiatrisch nicht haltbar ist, zu sagen, es gebe<br />
keine Chronischen. Es gibt chronische Patienten!<br />
Andererseits ist heute ja auch sehr klar zum Ausdruck gekommen, daß die<br />
psychiatrische Szene in der Bundesrepublik sehr unterschiedlich ist. Herr Philipzen<br />
hat in seinem Gebiet ein bewundernswürdiges autonomes System der Versorgung<br />
aufgebaut, für das viele Einwände und Sorgen, die wir alle haben, nicht existieren.<br />
In Darmstadt besteht eine vorzügliche Zusammenarbeit zwischen dem<br />
L<strong>an</strong>deskr<strong>an</strong>kenhaus und dem Allgemeinkr<strong>an</strong>kenhaus. Aber diese beiden Beispiele<br />
sind in überhaupt keiner Weise repräsentativ für die Situation in der<br />
Bundesrepublik insgesamt. Wir müssen von der Mehrzahl der Regionen in der<br />
Bundesrepublik ausgehen, und da gibt es die chronisch Kr<strong>an</strong>ken. Die dürfen wir<br />
nicht vergessen.<br />
Abschließend erinnere ich <strong>an</strong> das Wort eines alten englischen Psychiaters — Herr<br />
Bennett war es nicht —, der gesagt hat: „Wir werden auch in Zukunft ausreichend<br />
große, gute, zivilisierte Räume haben müssen, in denen unsere Verrückten<br />
ungestört verrückt sein dürfen."<br />
Bosch: Es ist bisher vieles diskutiert worden, aber drei Themenkreise wurden<br />
kaum <strong>an</strong>gesprochen: Die Frage der Kooperation zwischen Abteilung und<br />
Großkr<strong>an</strong>kenhaus, Kooperation mit Nervenärzten und Kooperation mit <strong>an</strong>deren<br />
<strong>Abteilungen</strong> innerhalb der Allgemeinkr<strong>an</strong>kenhäuser ist nicht in die Diskussion<br />
geraten. Auch das Problem Regionalisierung versus freie Wahl der<br />
Beh<strong>an</strong>dlungsstätte, und die damit verbundene Frage nach den Grenzen der<br />
Leistungsfähigkeit von <strong>Abteilungen</strong> sind kaum berührt worden.<br />
Katschnig: Der Gegensatz, der hier zwischen Abteilung und Kr<strong>an</strong>kenhaus im<br />
Raum steht und m<strong>an</strong>chmal für Feuer sorgt, ist doch nicht der eigentliche<br />
Gegensatz. Natürlich wird der, der sehr l<strong>an</strong>ge in einer Anstalt gelebt hat, deren<br />
Vorteile für die Patienten, die dort zum Teil ja erst zu Patienten geworden sind,<br />
schätzen. Der, der eine Abteilung aufgebaut hat, muß die Abteilung hochjubeln.<br />
Wir kommen alle in solche Sackgassen in unserem Leben, aus denen wir schwer<br />
heraus können.<br />
Der Gegensatz zwischen diesen beiden Formen scheint mir nicht so wichtig wie der<br />
Gegensatz zwischen der stationären und der nicht-stationären Betreuung; wir<br />
müssen einen geeigneten Lebensraum ja nicht unbedingt in einem<br />
Großkr<strong>an</strong>kenhaus bieten. Der Gegensatz, der sich in sehr vielen Ländern durch<br />
alle Diskussionen hindurchzieht, lautet: Kr<strong>an</strong>kenhaus ja oder nein — und nicht<br />
Abteilung <strong>an</strong> einem allgemeinen Kr<strong>an</strong>kenhaus oder psychiatrisches<br />
Großkr<strong>an</strong>kenhaus. Bei dieser Frage scheint mir das Hauptproblem zu sein, wie<br />
m<strong>an</strong> die Leute, die die psychiatrische Versorgung durchführen, unter Druck setzen<br />
k<strong>an</strong>n, daß sie sich für beide Bereiche gleichzeitig ver<strong>an</strong>twortlich fühlen müssen.<br />
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