doktorinwien 2022/03
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
NEWS INTERN<br />
dert auch in Österreich ihren Tribut. Dazu<br />
kommt die Vereinsamung, die Menschen<br />
jeden Lebensalters betreffen kann, aber angesichts<br />
des demografischen Wandels sind<br />
Hausärztinnen und Hausärzte bei alten<br />
Menschen gefordert. Während in Wirtschaftskrisen<br />
eine Steigerung der Selbstmordrate<br />
in der Bevölkerung zu beobachten<br />
ist, war dies bisher in der Pandemie nicht<br />
der Fall. Allerdings ist zu befürchten, dass<br />
bei anhaltender Dauerbelastung und geringer<br />
Wertschätzung der geleisteten Mehrarbeit,<br />
das Risiko steigen wird.<br />
Lebens-End-Entscheidung<br />
2020 sind in der Todesursachenstatistik der<br />
Statistik Austria 1072 Menschen in der Rubrik<br />
75 Selbsttötung/Selbstbeschädigung<br />
erfasst. Damit setzt sich die kontinuierliche<br />
Abnahme der Zahlen seit den 80er Jahren<br />
des vergangenen Jahrhunderts fort. Prävention<br />
wirkt! Möglicherweise wird sich aber<br />
dieser Trend umkehren, wenn das Sterbeverfügungsgesetz<br />
wirksam wird. Daher ist<br />
die gesonderte exakte Erfassung aller der<br />
aus dieser rechtlichen Veränderung resultierenden<br />
Todesfälle dringend erforderlich.<br />
Erfahrungen aus Ländern, die Sterbehilfe<br />
anbieten, lassen einen Anstieg der Frequenz<br />
erwarten. Es müssen auch die Auswirkungen<br />
auf die Arzt-Patientenbeziehung<br />
begleitend untersucht werden. Zwar darf<br />
kein Arzt und keine Ärztin gezwungen werden,<br />
am Suizid mitzuwirken, die Grenzverschiebung<br />
wird wahrscheinlich doch<br />
Auswirkungen zeitigen. Die Tendenz, das<br />
Fürsorgeprinzip der Autonomie des Patienten<br />
unterzuordnen, ist gesellschaftlich<br />
erwünscht. Ob und wie weit familiärer oder<br />
gesellschaftlicher Druck diese autonomen<br />
(?) Entscheidungen beeinflussen werden,<br />
ist schwer abschätzbar.<br />
Wo können Ärztinnen und<br />
Ärzte über das Thema Suizid sprechen?<br />
Neben der Forderung, Aus- und Weiterbildungs-Informationsveranstaltungen<br />
anzubieten,<br />
um mit dem Thema professionell umgehen<br />
zu können, hat das PPP-Referat der Wiener<br />
Ärztekammer niederschwellige Hilfsangebote<br />
für Kolleginnen und Kollegen initiiert:<br />
www.aekwien.at/physicians-help-physicians.<br />
Vergessen wir nicht, dass der Satz „Ich will<br />
nicht mehr leben“ oft ein „Ich will so nicht<br />
mehr leben“ bedeutet. Durch Nachfragen,<br />
was denn das so ist, eröffnen sich neue Gesprächsperspektiven<br />
– bleiben wir im Gespräch!<br />
<br />
Spitäler: Übergreifende<br />
COVID-19-Zulage gefordert<br />
Die Ärztekammer für Wien erneuert ihre<br />
Forderung, dass Nebengebühren und Sonderzahlungen<br />
nicht ausschließlich für Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter mit COVID-<br />
19-Patientenkontakt eingeführt werden,<br />
sondern dass dies dem gesamten Personal<br />
für die besonderen Erschwernisse in der<br />
Bewältigung der Pandemie im Spitalsbereich<br />
zugestanden wird.<br />
„Im Sinne der Wertschätzung appellieren<br />
wir an die Politik und Spitalsbetreiber, die<br />
außerordentlichen Leistungen des Spitalpersonals<br />
auch zu honorieren“, so Gerald<br />
Gingold, Obmann der Kurie angestellte<br />
Ärzte und Vizepräsident der Ärztekammer<br />
für Wien. „Nicht nur die Intensiv- und<br />
COVID-Stationen, sondern unser gesamtes<br />
Personal ist am Limit und hat sich das mehr<br />
als verdient.“<br />
Auch Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres<br />
sieht diese Problematik im Rahmen<br />
des AKH beziehungsweise der MedUni<br />
Wien ähnlich: „Hier hat man sogar vergessen,<br />
die Ärztinnen und Ärzte in das Gesetz<br />
Visiten: Parkpickerl für<br />
Ordinationen dringend nötig<br />
Vor zwei Jahren hat Bürgermeister Michael<br />
Ludwig angekündigt, die Parkraumbewirtschaftung<br />
in Wien zu überdenken und flexibler<br />
zu gestalten. Mit März <strong>2022</strong> startet nun<br />
die neue Parkraumbewirtschaftung flächendeckend<br />
in Wien. „Die angekündigte Flexibilität<br />
ist aber aus meiner Sicht – als Vertreterin<br />
der Wiener Hausärztinnen und -ärzte, die<br />
jährlich eine halbe Million Fahrten mit ihren<br />
Privatfahrzeugen zu kranken Wienerinnen<br />
und Wienern außerhalb ihrer Ordinationszeiten<br />
zu Hausbesuchen fahren – nicht zu<br />
erkennen“, so Naghme Kamaleyan-Schmied,<br />
Obfrau der Sektion Allgemeinmedizin der<br />
Ärztekammer für Wien und selbst praktizierende<br />
Kassenallgemeinmedizinerin in Wien.<br />
Das Problem: Niedergelassene Ärztinnen<br />
und Ärzte können ihr privates Fahrzeug,<br />
mit dem sie im Dienst der Allgemeinheit zu<br />
Visiten fahren, nicht vor oder in der Nähe<br />
der eigenen Ordination parken, sofern<br />
der Ordinationsbezirk nicht gleichzeitig<br />
auch der Wohnbezirk ist. Anders als jedem<br />
Gewerbebetrieb verweigert die Stadt Wien<br />
für die COVID-19-Zulage miteinzubeziehen.“<br />
Die massive Arbeitsverdichtung, entstanden<br />
durch das Abziehen von Kapazitäten für die<br />
COVID-Patientenbetreuung, belastet laut<br />
Gingold auch die Kolleginnen und Kollegen<br />
in den anderen Bereichen der Krankenhäuser.<br />
„Wenn ich plötzlich zwei Jahre lang den<br />
Job von anderen mittragen muss, weil kein<br />
zusätzliches Personal eingestellt wird, dann<br />
betrifft mich die Pandemie genauso wie jene,<br />
die für die Behandlung von COVID-19-Patienten<br />
abgezogen werden“, erklärt Gingold.<br />
Eine spitalsübergreifende breit angelegte<br />
COVID-19-Zulage ist für Gingold daher die<br />
„einzig faire Lösung“. Diese müsse von der<br />
Politik und den Spitalsbetreibern „ehestmöglich“<br />
beschlossen werden, da der Unmut im<br />
Gesundheitspersonal steige. „Es muss daher<br />
raschest gegengesteuert werden, und das<br />
bedeutet, dass nicht nur Zulagen, sondern<br />
auch eine umfassende Gehaltsreform seitens<br />
der Politik angedacht werden muss“, fordert<br />
Gingold. <br />
nach wie vor den niedergelassenen Ärztinnen<br />
und Ärzten das dafür notwendige<br />
Parkpickerl für den Ordinationsstandort. So<br />
erhalten etwa gesundheitsnahe Berufe, die<br />
als Gewerbetreibende Mitglieder der Wirtschaftskammer<br />
sind (zum Beispiel Masseure<br />
oder Fußpflegerinnen), das Parkpickerl für<br />
den Betriebsstandort für knapp 200 Euro<br />
pro Jahr. Niedergelassenen Ärztinnen und<br />
Ärzten wird von der Stadt Wien lediglich ein<br />
eingeschränktes Parkpickerl für die Ordination<br />
mit einer Parkdauer von einer Stunde<br />
über den Ordinationszeiten angeboten – das<br />
aber um mehr als den zehnfachen Preis, um<br />
den es Gewerbebetriebe für den ganzen Tag<br />
erhalten.<br />
Im Sinne einer raschen persönlichen Gesundheitsversorgung,<br />
die von der Bevölkerung,<br />
insbesondere von älteren Personen,<br />
gewünscht und auch benötigt wird, fordert<br />
die Ärztekammer daher eine Lösung für die<br />
Wiener Ordinationen, analog zum Parkpickerl<br />
für Gewerbebetriebe, „und das so rasch<br />
wie möglich“. <br />
<strong>03</strong>_<strong>2022</strong> doktor in wien 17