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doktorinwien 2022/03

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ZAHNÄRZTEKAMMER SERVICE<br />

Dentales Trauma<br />

Erstversorgung entscheidet!<br />

Die Versorgung traumatisch verletzter Zähne gehört üblicherweise nicht zum zahnärztlichen Alltag,<br />

die notwendige individuelle Behandlung aufgrund der vielfältigen Problemstellungen stellt eine Herausforderung<br />

in der Zahnmedizin dar.<br />

Fotos: studio9400/iStock<br />

► Unter einem dentalen Trauma<br />

versteht man eine indirekte oder<br />

direkte mechanische Schädigung von<br />

Zähnen und deren benachbarten<br />

Strukturen. Zu diesen zählen der<br />

Alveolarfortsatz, der Oberkiefer,<br />

der Unterkiefer mit dem Kiefergelenk<br />

und der Gesichtsschädel.<br />

Die Prävalenz für<br />

ein Zahntrauma liegt für<br />

Vorschulkinder bei 33 Prozent,<br />

für Schulkinder bei 25<br />

Prozent und für Erwachsene<br />

bei 33 Prozent. Der Großteil<br />

dentaler Traumata ereignet<br />

sich vor dem 19. Lebensjahr.<br />

Hier ergeben sich drei Altersgipfel<br />

gemäß Wachstum und<br />

Entwicklung. Diese sind das<br />

erste bis dritte, das achte bis<br />

zwölfte und das 18. bis 20. Lebensjahr.<br />

Von den Zahngruppen sind<br />

am häufigsten die oberen mittleren<br />

Schneidezähne, gefolgt von den oberen<br />

seitlichen Schneidezähnen betroffen.<br />

Primäre Akuttherapie<br />

Der Primärbehandlung kommt dabei<br />

bei einem dentalen Trauma die größte<br />

Bedeutung zu, da diese oftmals über<br />

den Erfolg der weiteren Behandlung bestimmt.<br />

Die primäre Akuttherapie beinhaltet<br />

die Reposition und Ruhigstellung<br />

von Zähnen und Zahnfragmenten. Auch<br />

die Weichteilversorgung soll bei der<br />

Primärtherapie erfolgen. Maßnahmen<br />

wie Sofortimplantation oder Extraktion<br />

hingegen gilt es zu vermeiden. In der<br />

Sekundärtherapie werden konservative<br />

Maßnahmen wie die endodontische<br />

Behandlung und Füllungstherapien angewandt,<br />

die Tertiärtherapie beschäftigt<br />

sich mit dem Zahnersatz. Die Ziele der<br />

Primärtherapie sind der Zahnerhalt, das<br />

Gewinnen von Zeit für die Planung der<br />

weiteren Therapie, das Vermeiden der<br />

mikrobiellen Besiedelung, das Beseitigen<br />

einer bakteriellen Infektion und das<br />

Von den Zahngruppen<br />

sind am<br />

häufigsten die<br />

oberen mittleren<br />

Schneidezähne<br />

betroffen.<br />

Erhalten der Vitalität der Gewebe. Die<br />

ästhetische Rekonstruktion ist zu diesem<br />

Zeitpunkt der Behandlung zweitrangig.<br />

Während die klinische Diagnostik von<br />

außen nach innen erfolgt, wird die<br />

Therapie üblicherweise von innen nach<br />

außen angegangen. Die extraorale Diagnostik<br />

beinhaltet eine Untersuchung<br />

der Weichgewebe Haut und Lippen, der<br />

Hartgewebe/Knochen und einer Funktionsprüfung<br />

der Mundöffnung und<br />

gegebenenfalls Okklusionsstörungen.<br />

Der Großteil<br />

dentaler<br />

Traumata<br />

ereignet sich<br />

vor dem 19.<br />

Lebensjahr.<br />

Anamnese, extra- und intraorale Diagnostik<br />

Die intraorale Diagnostik inspiziert die<br />

Weichgewebe Lippe, Zunge, Gingiva<br />

und Schleimhaut, die Zahnhartsubstanz,<br />

das Endodont und Parodont der<br />

Zähne sowie den Alveolarfortsatz.<br />

Richtige Lagerung der Zähne<br />

Die richtige Lagerung im Falle von ausgeschlagenen<br />

Zähnen und Zahnfragmenten<br />

kann zumindest über kurze<br />

Zeit hinweghelfen, das eigene Zahnmaterial<br />

bis zur Erstversorgung zu retten.<br />

Optimal wäre die Lagerung in einer sogenannten<br />

Zahnrettungsbox. Die Lagerung<br />

von Zähnen oder Zahnfragmenten<br />

erfolgt dabei in einer isotonischen Lösung<br />

mit einem bestimmen Zellkulturmedium.<br />

Eine Zahnrettungsbox kann<br />

die Vitalität der desmodontalen Zellen<br />

für ungefähr 24 Stunden aufrechterhalten.<br />

Als Alternative beziehungsweise<br />

mit haushaltsüblichen Mitteln kann<br />

der Zahn auch in der Alveole, in der<br />

Backentasche, in kalter frischer Milch<br />

oder in einer isotonen Kochsalzlösung<br />

gelagert werden.<br />

Gemeinsam mit Steffen Schneider, seit<br />

2017 Leiter der Ambulanz der Klinik für<br />

Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie,<br />

Medizinische Universität im Allgemeines<br />

Krankenhaus der Stadt Wien,<br />

wird in den kommenden Ausgaben und<br />

auf der Website der Landeszahnärztekammer<br />

für Wien auf spezielle Formen<br />

der Zahntraumata und deren Behandlung<br />

eingegangen. <br />

Stellt sich ein Patient oder eine Patientin mit einem Frontzahntrauma in der zahnärztlichen<br />

Praxis vor, sollte zuerst immer eine allgemeine Anamnese erfolgen. Diese soll Fragen zum Unfallhergang<br />

(Wie? Wo? Wann? Wer?), Fragen zur Abklärung eines Schädel-Hirn-Traumas und<br />

Fragen zum allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten beziehungsweise der Patientin und<br />

zu einer medikamentösen Therapie, zum Beispiel mit oralen Antikoagulantien, beinhalten. Auch<br />

gilt es den aktuellen Impfstand für Tetanus abzuklären.<br />

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