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doktorinwien 2022/03

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BRIEF DES KURIENOBMANNS IN EIGENER SACHE<br />

Sehr geehrte Kollegin! Sehr geehrter Kollege!<br />

All about the money…?!<br />

► Dass der Mensch im Zentrum des Handels stehen sollte, ist kein neuer Denkansatz,<br />

rückt er doch leider immer weiter aus dem Fokus der Betrachtungen. Es geht jetzt hier<br />

nicht um die Gedanken über Frieden und Krieg, denn unsere Gedanken sind in diesen<br />

„schwarzen Stunden“, um unseren geschätzten Bundespräsidenten zu zitieren, bei unseren<br />

Kolleginnen und Kollegen aus und in der Ukraine und Russland, die zusätzlich zur Belastung<br />

durch die Pandemie jetzt noch mit ganz anderen Dingen konfrontiert sind.<br />

Foto: Andrea Hausmann<br />

„Wertschätzung, offene<br />

Kommunikation, die richtigen<br />

Führungspersönlichkeiten an<br />

zentralen Stellen kosten nicht<br />

unbedingt mehr, tragen aber<br />

entscheidend zu einem guten<br />

Arbeitsklima und somit einer<br />

persönlichen Verbesserung des<br />

Arbeitsplatzes bei.“<br />

Weitere standespolitische Themen ab Seite 9.<br />

Die „Ressource Mensch“<br />

Doch egal in welcher Situation wir im Leben stehen, geht es um uns als Menschen, als „Ressource<br />

Mensch“, die in dieser Pandemie wohl das Wertvollste war und ist. Wir Ärztinnen<br />

und Ärzte sind nicht nur mit einem stetigen Mehr an Aufgaben konfrontiert, sondern auch<br />

mit einem exponentiell gestiegenen Anspruch an unseren ärztlichen Beruf.<br />

Es wird erwartet, dass wir, sowohl das ärztliche als auch das andere medizinische Fachpersonal,<br />

unermüdlich an den Betten stehen, dass wir uns Zeit für die Behandlung unserer Patientinnen<br />

und Patienten nehmen, ihnen (und oft auch unseren Kolleginnen und Kollegen) in<br />

dieser Pandemie die Angst nehmen, dass wir unseren Nachwuchs umfassend ausbilden. Zeit,<br />

die wir nicht haben, weil wir wenige sind im Vergleich der zu betreuenden Patientenanzahl<br />

und der hohen Zahl an erkrankten Kolleginnen und Kollegen aus allen Bereichen.<br />

Offene Kommunikation<br />

So wie von uns erwartet wird, dass wir offen reden, erwarten auch wir uns, dass mit uns offen<br />

kommuniziert wird!<br />

Wie kann es sein, dass die Gestaltung des stationären Bereichs bis 2025 in Wien ohne<br />

das Einfließen der ärztlichen Expertisen (Stichwort Entwurf RSG stationär 2025) über die<br />

Bühne geht? Oder dass es zu keinem konstruktiven Dialog aller Beteiligten kommt, wenn<br />

ein drohender Kollaps und Zusammenbruch in der Versorgung bevorstehen, wie etwa in der<br />

stationären Kinder- und Jugendpsychiatrie in Wien, und stattdessen erneut ein Provisorium<br />

aufgebaut wird?<br />

Geld spielt bei allen diesen essenziellen Dingen selbstverständlich eine zentrale Rolle, ist<br />

aber nur ein Mosaikstein einer dringenden strukturellen Reform, die in unseren Spitälern<br />

nötig wäre. Wertschätzung, offene Kommunikation, die richtigen Führungspersönlichkeiten<br />

an zentralen Stellen kosten nicht unbedingt mehr, tragen aber entscheidend zu einem guten<br />

Arbeitsklima und somit einer persönlichen Verbesserung des Arbeitsplatzes bei.<br />

Mühsam gestopfte Lücken<br />

Wir haben in den letzten Jahrzehnten ein Zurückstutzen der Spitäler ertragen müssen, die<br />

verbliebene Vorhalteleistung hat sich in der Pandemie als zu knapp bemessen erwiesen, und<br />

all unsere Anstrengungen haben nur die gröbsten Engpässe stopfen können. Jetzt einfach<br />

so weitermachen, so als hätte es COVID-19 nie gegeben, so als wären nicht die Lücken und<br />

Mängel unserer Versorgung offensichtlich geworden, wäre verantwortungslos.<br />

Die Planungen für die nächsten Jahre laufen aktuell, und nur, wenn die Politik für Arbeitsbedingungen<br />

und Gehälter sorgt, die unsere Kolleginnen und Kollegen weiterhin zur Arbeit in<br />

den Spitälern motivieren, werden wir den kommenden Herausforderungen gewachsen sein.<br />

Herzlichst,<br />

Ihr Gerald Gingold<br />

<strong>03</strong>_<strong>2022</strong> doktor in wien 7

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