LE-2-2022
LOGISTIK express Journal 2/2022
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LOGISTIK express 2/<strong>2022</strong> | S36<br />
Markus Jaklitsch<br />
„ECOMLOG22<br />
Save the date:<br />
8.9.<strong>2022</strong>.“<br />
HERAUSGEBER UND MEDIENINHABER<br />
LOGISTIK-EXPRESS.COM<br />
sehen. In den vergangenen Jahren hat sich<br />
die eiserne Seidenstraße als Alternative zum<br />
doch langen Seeweg im Fernost-Trade etabliert<br />
und wurde auf der Schiene immer mehr<br />
Fracht von China via Russland nach Europa<br />
und vice versa gefahren. Die Nachfrage<br />
nach dem Bahntransport durch Russland ist<br />
schlagartig eingebrochen, was für Logistiker<br />
einen harten Einschlag bedeutet. In „normalen“<br />
Zeiten wurden rund eine Mio. Container<br />
pro Jahr auf dem Landweg von Fernost<br />
nach Europa und retour befördert. Alle<br />
diese Behinderungen führen dazu, dass sich<br />
Logistiker derzeit in der Ukraine und Russland<br />
geschäftlich nicht präsent sind.<br />
Lieferketten werden durcheinander gewirbelt,<br />
Produktionen gedrosselt, weil Rohstoffe<br />
oder Komponenten nicht verfügbar sind. Die<br />
Versorgung mit Waren und Rohstoffen für<br />
Österreichs Handel und Industrie war schon<br />
während der Corona-Pandemie auf unterschiedliche<br />
Weise gefährdet, der Krieg markiert<br />
eine weitere Eskalationsstufe. Die Störungen<br />
in den Lieferketten führten zu Beginn<br />
der Corona-Krise zu erheblichen Preissteigerungen<br />
bei begehrten Rohstoffen. Die<br />
globalen Lieferengpässe haben Österreichs<br />
Wirtschaft in zweiten und dritten Quartal des<br />
vergangenen Jahres 750 Mio. Euro gekostet,<br />
wie die Österreichische Nationalbank kürzlich<br />
vorrechnete. Was also tun in unsicheren<br />
Zeiten. Eine der Antworten lautet: Weg vom<br />
Single Sourcing, also Abhängigkeit von nur<br />
einem Lieferanten, hin zum Dual Sourcing,<br />
ja zum Multiple oder sogar Global Sourcing.<br />
Mit mehr Lieferanten lassen sich Ausfälle<br />
besser ausgleichen. Dual Sourcing erweist sich<br />
in Krisenzeiten als Retter in der Not. Diese Erkenntnis<br />
wird in Österreichs Handel und Industrie<br />
gerade populär. Bricht ein Lieferant ganz<br />
oder vorübergehend weg, springt ein zweiter<br />
für ihn ein. Das macht die Supply Chain<br />
wesentlich resilienter als beim Single Sourcing.<br />
Aus eins mach zwei – das ist das Prinzip von<br />
Dual Sourcing im Einkauf. Bei zwei Lieferanten<br />
muss es aber nicht bleiben. Je nach Branche<br />
und Marktumfeld lässt sich die Versorgung<br />
auf weitere Schultern verteilen. In diesem Fall<br />
spricht man von Multiple Sourcing.<br />
Als Einkäufer in Handel und Industrie sollte man<br />
nicht alle Eier in einen Korb zu legen, hält Oliver<br />
Wagner, Geschäftsführer des österreichischen<br />
Zentralverbandes Spedition & Logistik in Zeiten<br />
wie diesen für unabdingbar: „Die Abhängigkeit<br />
von einem einzigen Partner in der Supply<br />
Chain war niemals eine resiliente Lösung, da<br />
Probleme bei diesem Partner sofort auf die<br />
gesamte Lieferkette durchschlagen.“ Deshalb<br />
hoffen Österreichs Logistiker, dass ihre Kunden<br />
künftig stärker das Multiple- und Global<br />
Sourcing forcieren. Nicht nur in Pandemie-Zeiten<br />
kann Dual oder Multiple Sourcing beim<br />
Einkauf helfen. Es wappnet Lieferketten auch<br />
gegen Naturkatastrophen wie eben Kriege,<br />
Vulkanausbrüche, Naturkatastrophen oder<br />
unerwartete Veränderungen im Beschaffungsprozess<br />
wie beispielsweise Insolvenzen,<br />
Produktwechsel oder Preiserhöhungen.<br />
In unsicheren Beschaffungszeiten hilfreich ist<br />
Rohstoffe auf Vorragt zu lagern, sprich Pufferlager<br />
für den Fall der Fälle aufzubauen.<br />
Solche seien klar zu forcieren, betont Wagner<br />
und rechnet mit einer Rückverlagerung von<br />
Produktionen nach Europa und den Aufbau<br />
von Pufferlagern. Corona und der Krieg in der<br />
Ukraine könnten eine „Deglobalisierung“ bewirken.<br />
Das würde bedeuten, dass der Handel<br />
zwischen dem Westen und China und Russland<br />
relativ zum Bruttoinlandsprodukt abnehmen<br />
wird, schätzen Experten die Entwicklung<br />
ein. Denn Faktum ist: Politische motivierte Handelshemmnisse<br />
verbunden mit geopolitischen<br />
Risiken belasten die internationale Arbeitsteilung<br />
massiv und begünstigen die Ausbildung<br />
eines wirtschaftlichen Nationalismus. (RED)