Lobetal Aktuell, Ausgabe 2/2022
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Nachgedacht<br />
Manche Bilder in diesem Psalm sind mir in meinem Alltag<br />
fremd:<br />
Es gibt immer wieder Versuche, dieses „alte Lied“ in neue<br />
Bilder zu übersetzen, so wie dieses:<br />
Nachgedacht:<br />
„Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln…“<br />
Gerade in diesen Tagen habe ich dieses uralte Lied, den Psalm<br />
23 wieder gebetet. Es war bei einer Trauerfeier. Manchmal,<br />
wenn meine eigenen Worte so klein und hilflos werden, dann<br />
kann ich mich bei diesen alten Worten „unterstellen“.<br />
„Er weidet mich auf einer grünen Aue<br />
und führet mich zum frischen Wasser.<br />
Er erquicket meine Seele.<br />
Er führet mich auf rechter Straße um seines<br />
Namens willen.“<br />
Mich tröstet die Vorstellung, dass so viele Generationen vor uns<br />
auch schon so gebetet und sich an diesen Worten festgehalten<br />
haben:<br />
„Und ob ich schon wanderte im finstern Tal,<br />
fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir.“<br />
Ob Hebräisch, Ukrainisch oder Deutsch – die Erfahrung von<br />
Angst in finsteren Tälern (oder anderen unübersichlichen Passagen<br />
auf meinem Lebensweg) verbindet uns.<br />
„Dein Stecken und Stab trösten mich.“ – Hier finde ich<br />
Halt. Da ist eine Kraft, die auch Gefahren von mir abwehren<br />
kann. Einer, der mich verteidigt, wenn ich alleine hilflos bin.<br />
„Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht<br />
meiner Feinde.<br />
Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir<br />
voll ein.“<br />
Aus dem Bild vom hilfbesdürftigen Schaf wird hier wieder ein<br />
Mensch. Und in der unmöglichsten Situation (wer denkt schon<br />
an Essen und Trinken, wenn einem die Feinde gegenüberstehen?)<br />
wird erstmal ein Tisch gedeckt. Ausgerechnet hier kann<br />
ich zur Ruhe kommen und mich stärken lassen.<br />
„Du salbst mein Haupt mit Öl…“ Wir cremen uns vielleicht<br />
die Hände ein oder das Gesicht. Manche verwenden Pflegeprodukte<br />
für die Haare. Aber dass das ein anderer für mich<br />
tut – und das am Tisch? In unserer Kultur kennen wir das so<br />
nicht. Aber ich verstehe: Es ist eine wohltuende Geste. Manche<br />
sagen auch: Eine besondere Ehre für einen Gast. - Was<br />
wäre das bei uns?<br />
Manche Wörter sind so alt, dass ich kaum weiß, was sie bedeuten:<br />
Wer spricht schon von „erquicken“? „Quicklebendig“<br />
kenne ich, das ist voll Energie und Bewegung. Wenn ich daran<br />
denke, ist „erfrischen“ fast noch zu wenig!<br />
„Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen<br />
mein Leben lang und ich werde bleiben im<br />
Hause des HERRN immerdar.“<br />
Jemand hat ein Lied zu diesem Psalm geschrieben: „Herr Immerdar<br />
ist von Beruf ein Hirte…“<br />
„Herr Immerda(r)“ – ich finde, das ist ein schöner Name für<br />
Gott. Dabei muss Gott gar kein „HERR“ sein. Diese vier großen<br />
Buchstaben stehen für Gottes heiligen Namen, den fromme<br />
Juden nicht aussprechen. Sie stehen für das Geheminis,<br />
dass Gott größer ist, als ich in allen Worten und Bildern fassen<br />
kann. Aber: Als Gott einmal gefragt wird, wie er denn heißt,<br />
da kommt zur Antwort: „ICH BIN (DA)“ (2. Buch Mose, Kapitel<br />
3, Vers 14)<br />
Diesem „Immer-Da“ kann ich mich anvertrauen. Egal wo ich<br />
bin. Egal, was mir passiert. Mit seiner Kraft wenden sich Dinge<br />
– doch noch – zum Guten. Diese Erfahrung habe ich immer<br />
wieder gemacht. Er begegnet mir mit Barmherzigkeit. Das bedeutet:<br />
Mit einem weiten Herzen. Auch für das, was in mir arm<br />
und unglücklich ist und was ich selbst am liebsten verstecken<br />
oder loswerden würde. Bei ihm bin ich zu Hause.<br />
Pastorin Elisabeth Kruse<br />
Für Vielbeschäftigte<br />
Du, Herr, gibst mir für meine Arbeit das Tempo an.<br />
Ich brauche nicht zu hetzen.<br />
Immer wieder gibst du mir einen Augenblick der Stille,<br />
eine Atempause, in der ich wieder zu mir selbst komme.<br />
Du stellst mir Bilder vor die Seele, die mich sammeln,<br />
sprichst Worte zu mir, die mich wieder aufrichten und mir<br />
innere Gelassenheit geben.<br />
Oft lässt du mir mühelos etwas gelingen, und es<br />
überrascht mich selbst, wie zuversichtlich ich sein kann.<br />
Ich merke: Wenn man sich diesem Herrn anvertraut,<br />
bleibt das Herz ruhig.<br />
Obwohl ich viel zu viel Arbeit habe, brauche ich doch den<br />
Frieden nicht zu verlieren.<br />
Du bist ja da, in jeder Stunde, in jeder Lage,<br />
und so verliert alles sein bedrohliches Gesicht.<br />
Oft – mitten im Gedränge – gibst du mir ein Erlebnis, das<br />
mir Mut macht.<br />
Das ist, als ob mir einer eine Erfrischung reichte.<br />
Und dann ist der Friede da und eine große Geborgenheit.<br />
Ich spüre, wie mein Glaube dabei wächst,<br />
wie die Ausgeglichenheit kommt und mein Tagewerk<br />
gelingt.<br />
Bei alledem ist es am schönsten zu wissen,<br />
dass ich dir, lieber Herr, folgen darf, und dass<br />
ich – jetzt und immer – bei dir zuhause bin.<br />
Toki Miyaschina<br />
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