vsao Journal Nr. 3 - Juni 2022
Underground - Ratten, Tunnel, Dunkelmänner Politik - Arbeitsbedingungen: Etappenziele erreicht Gynäkologie - Infektionen in der Schwangerschaft Urologie - Metabolische Abklärung von Nierensteinen
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Fokus<br />
Freie Wahl oder<br />
Vorbestimmung?<br />
Bei notorischen Gewalttätern stellt sich oft die Frage, ob diese aus<br />
freien Stücken handeln oder ob sie an einer psychischen Erkrankung<br />
oder unter einer abnormen Hirnstruktur leiden. In den meisten<br />
Fällen zeigt sich, dass letztere Annahmen nicht zutreffen. Sogenannte<br />
Psychopathen weisen zwar Persönlichkeitsstörungen auf,<br />
haben aber auch einen freien Willen.<br />
Prof. Philippe Delacrausaz, Chefarzt, Direktor des Instituts für Gerichtspsychiatrie, DP-CHUV<br />
In Büchern und Filmen faszinieren Psychopathen und versetzen uns zugleich in Angst und Schrecken. Worauf die Persönlichkeitsstörungen gründen,<br />
welche zu solchen Taten führen, ist unklar. Entsprechend wenig können in der Regel psychiatrische Therapien helfen.<br />
Seit 2014 gibt es in der Schweiz<br />
den Schwerpunkttitel in forensischer<br />
Psychiatrie und Psychotherapie.<br />
Damit können Psychiater<br />
und Psychotherapeuten ihre spezifischen<br />
Kenntnisse und Kompetenzen im Bereich<br />
der Beurteilung und Behandlung von Personen<br />
mit einer delinquenten Lebensgeschichte<br />
nachweisen. Ärzte, die in diesem<br />
Bereich arbeiten, befinden sich damit an<br />
der Schnittstelle von Recht, Kriminologie<br />
und Soziologie. Sie befassen sich intensiv<br />
mit dem Strafvollzug und haben die Möglichkeit,<br />
die vorbestimmenden Faktoren<br />
einer kriminellen Laufbahn zu analysieren.<br />
Jene Faktoren also, die eine kriminelle<br />
Karriere beeinflussen, aber auch die Wege<br />
aus dieser heraus, wobei der letzte Aspekt<br />
heutzutage unter dem englischen Begriff<br />
«Desistance» bekannt ist.<br />
Ringen um die Schuldfähigkeit<br />
Das Gesetz geht davon aus, dass jeder<br />
Mensch mit einem freien Willen ausgestattet<br />
ist und setzt damit auch seine strafrechtliche<br />
Verantwortlichkeit voraus, die<br />
übrigens nie bewiesen werden muss. Für<br />
den forensischen Psychiater hingegen ist<br />
die Realität komplexer und es gilt, zahlreiche<br />
Vorbestimmungen zu berücksichtigen.<br />
Dabei beschäftigt er sich nicht mit<br />
Bild: Adobe Stock<br />
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