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vsao Journal Nr. 3 - Juni 2022

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Perspektiven<br />

nicht notwendig [8]. Bei Patienten mit Hyperkalziurie,<br />

rezidivierender Urolithiasis<br />

und somit erhöhtem Osteoporose- und<br />

Frakturrisiko empfiehlt sich zudem die<br />

Durchführung einer Osteodensitometrie.<br />

Dabei ist zu beachten, dass die Osteodensitometrie<br />

von Krankenkassen nicht vergütet<br />

wird, sofern sie nur im Zusammenhang<br />

mit einer Hyperkalziurie und rezidivierender<br />

Urolithiasis erfolgt.<br />

Eine Steinanalyse hinsichtlich der Zusammensetzung<br />

sollte mindestens einmal<br />

erfolgen. Wiederholte Analysen sind sinnvoll,<br />

da sich die Zusammensetzung der<br />

Steine im Laufe der Zeit verändern kann.<br />

Ein Urinsediment ist Bestandteil einer<br />

metabolischen Abklärung. Das Vorhandensein<br />

von Kristallen im Urin sediment<br />

gibt Aufschluss über die vorliegende Störung<br />

des Metabolismus, welcher zur Steinbildung<br />

führen könnte (z. B. im Falle einer<br />

Cystinurie mit typischen hexagonalen<br />

Kristallen im Urin, Abbildung 3), über die<br />

Prognose und das Rezidivrisiko, sowie zur<br />

Kontrolle der Einhaltung von Diät- und<br />

Medikamenteninterventionen [9]. Die Abklärung<br />

einer Kristallurie sollte am besten<br />

im Morgenurin erfolgen.<br />

Wie sind die Ergebnisse<br />

zu interpretieren?<br />

Es wird oft der Eindruck erweckt, dass<br />

der 24 h-Sammelurin schwierig zu interpretieren<br />

ist. Dies ist richtig und falsch<br />

zugleich. Einige Parameter sind leicht zu<br />

interpretieren, wobei andere einiges an<br />

Erfahrung voraussetzen. In Kombination<br />

können die Messwerte auf das Risiko einer<br />

Salzausfällung hin beurteilt werden, indem<br />

das Löslichkeitsprodukt berechnet<br />

wird. Diese Indizes sind eine Hilfe bei der<br />

Überwachung des Therapieerfolges oder<br />

des Managements der Patienten im Verlauf.<br />

Als Prädiktor des langfristigen Rezidivrisikos<br />

eines bestimmten Patienten<br />

sind die Indizes jedoch nie validiert worden.<br />

Darüber hinaus deutet die grosse<br />

Zahl der mathematischen Berechnungen<br />

des Löslichkeitsproduktes (Equil2, JESS,<br />

Tiselius index, BONN risk index, Robertson<br />

Risk Factor Algorithm, Lithorisk, …)<br />

darauf hin, dass es nach wie vor schwierig<br />

ist, diese als Mass für die Prognose und das<br />

Langzeitrisiko zu verwenden.<br />

Der erste Schritt bei der Interpretation<br />

der metabo lischen Abklärung eines Steinbildners<br />

ist die Überprüfung der Vollständigkeit<br />

der Urinsammlung. Die 24 h-Kreatinin-Clearance<br />

wird als Marker für die Vollständigkeit<br />

der Sammlung verwendet. Der<br />

Wert sollte von einer Sammlung zur anderen<br />

nicht variieren (ausser wenn der Patient<br />

im Vergleich zum Gesamtkörpergewicht<br />

signifikant an Muskelmasse verliert<br />

oder zunimmt). Die Variationsbreite der<br />

24 h-Kreatinin-Clearance pro Kilogramm<br />

Körpergewicht der Schweizer Bevölkerung<br />

wurde untersucht und kann somit auch zur<br />

Beurteilung bei Steinbildnern herangezogen<br />

werden [10].<br />

Das Urinvolumen ist der zweite Parameter,<br />

der leicht zu interpretieren ist. Das<br />

über 24 Stunden vollständig gesammelte<br />

Urinvolumen ist ein genauer Marker für<br />

die Flüssigkeitsmenge, die während desselben<br />

Zeitraums eingenommen wurde,<br />

sofern keine anderweitigen Verluste vorliegen.<br />

Eine in Italien durchgeführte,<br />

longitudinale randomisierte kontrollierte<br />

Studie zeigte, dass bei einem Urinvolumen<br />

von > 2 L / Tag das Risiko eines Steinrezidivs<br />

nach 5 Jahren erheblich reduziert<br />

ist [11]. Aus diesem Grund wird den Patienten<br />

empfohlen, ausreichend und regelmässig<br />

zu trinken, um mindestens 2 L<br />

Urin pro Tag auszuscheiden. Wichtig ist,<br />

nicht Empfehlungen zur Gesamtmenge<br />

der zu trinkenden Flüssigkeit zu machen,<br />

sondern die Aufmerksamkeit des Patienten<br />

auf das Urinvolumen zu lenken. Es<br />

sollte ein verdünnter, klarer Urin über<br />

den ganzen Tag angestrebt werden. Die<br />

Urinfarbe kann vom Patienten selber gut<br />

beobachtet und gesteuert werden. Wenn<br />

das Urinvolumen trotz der wiederholten<br />

Empfehlung, tagsüber mehr Wasser zu<br />

trinken, kontinuierlich niedrig ist, sollten<br />

zugrundeliegende Ursachen für eine niedrige<br />

Aufnahme oder eine Urininkontinenz<br />

gesucht werden.<br />

Die übrigen Urinparameter werden in<br />

der Regel nicht durch einen Cut-off definiert,<br />

da das Risiko der Steinbildung in einem<br />

linearen Verhältnis zu der jeweiligen<br />

Variablen steht. Hyperkalziurie zum Beispiel<br />

wird oft als > 7,5 mmol/24 h für Männer<br />

und > 6,25 mmol / 24 h für Frauen oder<br />

> 0,1 mmol / Kg Körpergewicht / 24 h definiert.<br />

Allerdings ist eine Kalziurie von bis<br />

zu 3,75 mmol / Tag bereits mit einem erhöhten<br />

Risiko der Steinbildung asso ziiert<br />

[12] und sollte zusammen mit anderen<br />

lithogenen Risikofaktoren interpretiert<br />

werden. Darüber hinaus ist nicht nur die<br />

Ausscheidungsrate von Kalzium pro 24 h<br />

von Bedeutung, sondern auch dessen Konzentration<br />

im Urin. Ist die Kalzium-Konzentration<br />

höher als 3,125 mmol / L, liegt<br />

eine relevante Erhöhung des Steinbildungsrisikos<br />

vor. Hilfe bei der Interpretation<br />

der Befunde kann der mit Nephrolithiasis<br />

vertraute Nephrologe geben.<br />

Wann wird eine metabolische<br />

Abklärung durchgeführt und<br />

was bringt sie?<br />

Fachgesellschaften (EAU und AUA) empfehlen<br />

eine metabolische Beurteilung<br />

nach dem ersten Nierensteinabgang. Studien<br />

haben jedoch gezeigt, dass nur bei<br />

7 % der Erststeinbildner mit erhöhtem<br />

Rezidivrisiko und nur bei 13 % der Zweitsteinbildner<br />

eine metabolische Abklärung<br />

durchgeführt wird [13, 14]. Dieser Anteil ist<br />

sehr gering und es sollten alle Anstrengungen<br />

unternommen werden, um diesen<br />

zu erhöhen. Grosse Erhebungen über die<br />

Praxis urologischer und nephrologischer<br />

Zentren in Europa bezüglich der metabolischen<br />

Abklärung von Steinpatienten<br />

zeigten, dass dies zwischen den Zentren<br />

unterschiedlich gehandhabt wird [15, 16].<br />

Ein standardisiertes Vorgehen wäre erstrebenswert.<br />

Im Jahr 2019 wurde eine<br />

Konsensus-Konferenz dazu durchgeführt,<br />

aber auch Forschungsprojekte vorgeschlagen,<br />

um bestehende Wissens-Lücken zu<br />

schliessen [17].<br />

Die Relevanz der metabolischen Abklärung<br />

wurde nur in einer einzigen prospektiven<br />

Studie untersucht, in der eine<br />

umfassende Abklärung (24 h-Sammelurin<br />

und Blutentnahmen) mit einem minimalen<br />

metabolischen Screen ing verglichen<br />

wurde. 242 Kalziumoxalat-Steinbildnern<br />

wurden identische Ernährungsempfehlungen<br />

abgegeben und 3 Jahre lang in den<br />

beiden Interventionsarmen beobachtet.<br />

Patienten, die einer umfassenden Abklärung<br />

unterzogen wurden, hatten im Vergleich<br />

zu denjenigen mit einem minimalen<br />

metabolischen Screening weniger Rezidive<br />

[18].<br />

Kürzlich haben Song et al. die Aufzeichnungen<br />

von 130 489 Patienten, welche<br />

zwischen 2007 und 2013 in Spitälern der<br />

Veterans Health Administration in den<br />

USA betreut wurden, analysiert [14]. Sie<br />

verglichen Patienten, bei denen eine metabolische<br />

Abklärung mit 24 h-Sammelurin<br />

durchgeführt worden war (nur 13 % aller<br />

Steinbildner), mit solchen ohne metabolische<br />

Aufarbeitung (87 %). Patienten, die<br />

von einer metabolischen Abklärung mit<br />

24 h-Sammelurin profitiert hatten, wurden<br />

im Vergleich zur Population ohne 24 h-<br />

Sammelurinsammlung häufiger mit einer<br />

medikamentösen Prophylaxe behandelt:<br />

Mehr Thiazide bei Hyperkalziurie, mehr<br />

Allopurinol bei Hyperurikosurie und mehr<br />

Citrat bei Hypocitraturie. Darüber hinaus<br />

passten die behandelnden Ärzte die Therapie<br />

auf der Grund lage der 24 h-Urinsammlung<br />

an, indem sie die Verschreibung von<br />

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