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277.TIROL - Juli 2022

Ausgabe 7, Juli 2022

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24 tirol.modern und innovativ<br />

tirol.modern und innovativ<br />

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ZUKUNFT GEMEINDE - Agenda 2030<br />

Starke Vernetzung als Alternative zu Fusionen<br />

Mit dem Strategieprozess „ZUKUNFT GEMEINDE – Agenda 2030“ wurde erstmals versucht, einen<br />

schlüssigen Weg für die kommunale Zukunft zu definieren, der ohne Fusionen auskommt. Der Sukkus:<br />

Insbesondere für die Kleingemeinden braucht es eine zweite Ebene, auf der das unverzichtbare<br />

Spezialwissen mit effizienten Arbeitsprozessen verbunden wird.<br />

ZUM AUTOR<br />

GEORG KEUSCHNIGG<br />

Georg Keuschnigg war Abgeordneter<br />

im Nationalrat und Bundesrat. Nach seinem<br />

Ausscheiden aus dem Bundesrat<br />

wechselte er zum Institut für Föderalismus,<br />

wo er für Politik und Kommunikation<br />

zuständig war. In der GemNova<br />

Dienstleistungs GmbH ist er für die<br />

Durchführung des Strategieprozesses<br />

“ZUKUNFT GEMEINDE - Agenda 2030”<br />

verantwortlich.<br />

Kontakt: g.keuschnigg@gemnova.at<br />

In allen Bundesländern wird die Weiterentwicklung<br />

der Gemeindestrukturen<br />

intensiv diskutiert. Der Druck auf die Kommunen<br />

ist in den vergangenen Jahrzehnten<br />

enorm gestiegen. Die zunehmende<br />

Komplexität vieler Materien sowie die<br />

Verrechtlichung sämtlicher Bereiche<br />

stellt vor allem die Kleingemeinden vor<br />

enorme Herausforderungen. Während<br />

die Leistungen der Daseinsvorsorge über<br />

Gemeindeverbände sowie eine enge<br />

organisatorische und finanzielle Verzahnung<br />

mit der Landesverwaltung flächendeckend<br />

angeboten werden können, sind<br />

die Gemeinden bei der Verwaltung sowie<br />

in der Vor-Ort-Organisation weitgehend<br />

auf sich gestellt. Interkommunale Modelle<br />

sind hier dünn gesät.<br />

Beauftragt wurde der Strategieprozess<br />

vom Land Tirol, dem Tiroler Gemeindeverband,<br />

der GemNova Dienstleistungs<br />

GmbH, der Standortagentur und dem<br />

Management Center Innsbruck. Aufgrund<br />

der umfassenden Bandbreite kommunaler<br />

Aufgaben wurde eine Eingrenzung auf<br />

sechs Bereiche vorgenommen:<br />

1. Politische Gemeinde / Moderne<br />

Bürger*innengemeinde<br />

2. Gemeindeverwaltung<br />

3. Gesundheit und Pflege<br />

4. Kinderbildung und -betreuung<br />

5. Raumordnung und (Wirtschafts-)<br />

Standort<br />

6. Regionale Mobilität<br />

Coronabedingt mussten alle größeren<br />

Diskussionsveranstaltungen abgesagt<br />

werden. An ihre Stelle rückte eine große<br />

Zahl von Einzelgesprächen, in denen<br />

Hintergründe, Alltagssituationen, Pushund<br />

Hemmfaktoren der interkommunalen<br />

Zusammenarbeit, aber auch psychologische<br />

Argumente analysiert wurden. Herzstück<br />

des Prozesses waren die jeweils<br />

drei Workshops der thematischen Arbeitskreise,<br />

an denen Bürgermeister*innen und<br />

Amtsleiter*innen sowie Fachleute aus der<br />

Landesverwaltung, der Wissenschaft und<br />

aus Interessenvertretungen teilnahmen.<br />

Die Ergebnisse wurden im Rahmen eines<br />

Expert*innenbeirats unter dem Vorsitz<br />

von Univ.-Prof. Dr. Peter Bußjäger überprüft.<br />

Moderne Bürger*innengemeinde und<br />

Gemeindeverwaltung<br />

In einer von der GemNova durchgeführten<br />

Umfrage mit einem Rücklauf von rund<br />

11.000 Fragebögen wurde vorab die<br />

Zufriedenheit der Bürger*innen erhoben.<br />

Die Ergebnisse attestierten den Gemeinden<br />

in den Sachbereichen eine gute Performance.<br />

Aufholbedarf besteht aber bei<br />

den weichen Faktoren wie Information,<br />

Beteiligung und Transparenz. Damit ist<br />

auch schon der wunde Punkt erreicht:<br />

Die Gemeinden versinken in der ständig<br />

steigenden Verwaltungsflut. Es wird<br />

immer schwieriger, Kapazitäten für an<br />

den Bürger*innen orientierte Prozesse<br />

freizu spielen. Dazu kommt, dass sich in<br />

Klein gemeinden alles auf ganz wenige<br />

Personen, vielfach in Teilzeit, konzen triert.<br />

Sie sollten neben der Verwaltung die<br />

Einbindung der Bürger*innen garantieren,<br />

komplexe Kommunikationstätigkeiten, aktuell<br />

anstehende Projekte und auch noch<br />

das Ad-Hoc-Management zur Bekämpfung<br />

der Coronapandemie oder zur Unterbringung<br />

von Flüchtlingen übernehmen.<br />

Das Herzstück einer an Bürger*innen<br />

orientierten Gemeindearbeit ist eine<br />

schnelle und serviceorientierte Kommunikation.<br />

Das für die digitalen Kanäle<br />

erforderliche Know-how könnte, wie sich<br />

in den Beratungen im Arbeitskreis herauskristallisierte,<br />

über eine interkommunale<br />

Bündelung der Kräfte aufgebracht<br />

werden. Generell braucht es Unterstützungsstrukturen<br />

– bevorzugt auf regionaler<br />

Ebene – die wie ausgelagerte Gemeindeämter<br />

funktionieren und in denen das<br />

unverzichtbare Spezialwissen mit ef ­<br />

fizienten Abwicklungsprozessen kombiniert<br />

wird.

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