HANSA 11-2022
Rostocker Großmotorentagung | Tankmessung | Bunkermarkt & Kraftstoffe | Makler & Eisbeinessen | Russland-Sanktionen | MSC | Chinese Leasing | HANSA-FORUM 2022
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HÄFEN | PORTS<br />
Häfen-Appell gegen Reeder-»Oligopole«<br />
Mit deutlichen Worten hat der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe ZDS die<br />
Europäische Kommission aufgefordert, das »Gebaren« von Linienschifffahrtsunternehmen<br />
in Allianzen und Konsortien einzugrenzen. Währenddessen kauft Hapag-Lloyd weiter zu<br />
Die Debatte um die Regeln für Linienreedereien, offiziell<br />
Gruppenfreistellungsverordnung genannt, ist schon mehrere<br />
Jahre alt, wird aber weiterhin sehr intensiv geführt. Aktuell ist<br />
das Thema bei der EU wieder auf der Agenda. In einer zum<br />
jüngsten Stichtag bei den EU-Wettbewerbsbehörden eingereichten<br />
Stellungnahme fordert der ZDS ein ausdrückliches Verbot<br />
des gemeinsamen Einkaufs von Umschlag- und Hafendienstleistungen<br />
und eindeutige Einschränkungen bei den »kartellähnlichen<br />
Absprachen« beziehungsweise Oligopolen unter<br />
Linienschifffahrtsunternehmen.<br />
Hauptgeschäftsführer Daniel Hosseus kritisierte, dass die großen<br />
internationalen Linienschifffahrtsunternehmen ihre Angebote<br />
abstimmen und untereinander absprechen dürfen, welche<br />
Schiffe wie häufig welche Häfen und Umschlagbetriebe anlaufen.<br />
Dazu kämen dauerhafte enorme Steuervorteile. »Mit dieser<br />
Marktmacht im Rücken gehen diese Linienreedereien in die Verhandlungen<br />
mit den einzelnen Umschlagbetrieben vor Ort oder<br />
versuchen gleich direkt, ihr Geschäft auf weitere Teile der Lieferkette<br />
auszudehnen und andere Unternehmen zu verdrängen. Fairer<br />
Wettbewerb sieht anders aus. Die Europäische Kommission<br />
muss dieses Mal handeln«, fordert Hosseus.<br />
Die aktuelle Gruppenfreistellungsverordnung läuft am<br />
25. April 2024 aus. Die Europäische Kommission hat im August<br />
ein Nachprüfungsverfahren zur umstrittenen Rechtsgrundlage<br />
für Konsortien in der Linienschifffahrt angestrengt. In einem vorangegangenen<br />
Verfahren war die Behörde über die aus allen Teilen<br />
der Wirtschaft geforderten Änderungswünsche hinweggegangen.<br />
Industrie, Handel, Spediteure, Transportunternehmen<br />
aller Verkehrsträger und Hafendienstleister hatten bereits im Jahr<br />
2018 dringend Reformen angemahnt.<br />
»EU-Kommission erfüllt ihren Auftrag nicht«<br />
Hosseus weiter: »Die EU lässt die dramatischen Marktentwicklungen<br />
seit 2014 unbeachtet. Das schadet europäischen Verbrauchern<br />
ebenso wie der Logistikbranche. Die Europäische<br />
Kommission erfüllt ihren Auftrag nicht.«<br />
Gab es früher mehr als ein Dutzend größerer<br />
Konsortialverbünd e und unabhängige Linienreedereien, bestimmen<br />
nach Ansicht der Hafenbranche nun drei große Allianzen<br />
von Linienschifffahrtsunternehmen (2M, THE Alliance und<br />
Ocean Alliance) das Marktgeschehen. »Darüber hinaus treffen in<br />
vielen Fahrtgebieten Mitglieder von Allianzen Absprachen mit<br />
Mitgliedern anderer Allianzen«, so der ZDS. Diese vielfältigen<br />
Verflechtungen durchschaue kaum noch einer. »Die Generaldirektion<br />
Wettbewerb schaut aber auch gar nicht hin. Wir erwarten die<br />
Durchsetzung von bestehendem Linienschifffahrtsrecht und für<br />
die Zukunft einen klaren und spezifischen EU-Rechtsrahmen für<br />
Konsortien und Allianzen, der zwischen Aktivitäten auf dem Wasser<br />
und an Land unterscheidet«, sagte Hosseus.<br />
Hapag-Lloyds Terminal-Engagement<br />
Die Hamburger Containerlinienreederei Hapag-Lloyd baut unterdessen<br />
ihr Engagement im Terminalgeschäft aus und steigt in den<br />
Markt in Nord- und Südamerika ein. Über einen Anteilsverkauf<br />
übernimmt Hapag-Lloyd 100 % der Anteile an SAAM Ports S.A.<br />
und SAAM Logistics S.A.. Die Transaktion umfasst das gesamte<br />
Terminalgeschäft ebenso wie damit verbundene Logistikdienstleistungen.<br />
Der Kaufpreis wird mit »rund 1 Mrd. $« angegeben. Der<br />
Abschluss der Transaktion steht unter Vorbehalt der Genehmigung<br />
durch die zuständigen Kartellbehörden.<br />
Die 1960 in Chile gegründete und seit 2012 in Santiago an der<br />
Börse gelistete SM SAAM ist ein Terminalbetreiber, Logistikdienstleister<br />
und Schlepperunternehmen und in mehreren Ländern<br />
Nord-, Zentral- und Südamerikas tätig. Das Terminalgeschäft<br />
von SM SAAM umfasst zehn Terminals in sechs Ländern<br />
mit rund 3,5 Mio. TEU Umschlag in 2021. »Investitionen in Terminalinfrastruktur<br />
sind ein wesentlicher Baustein unserer strategischen<br />
Agenda Die Übernahme wird uns dabei unterstützen, ein<br />
robustes Portfolio aufzubauen«, sagte CEO Rolf Habben Jansen.<br />
Zuletzt hatte die Reederei ihr Engagement im Terminalbereich<br />
mit der angekündigten Minderheitsbeteiligung an der italienischen<br />
Spinelli-Gruppe ausgebaut. Zudem gibt es eine Beteiligung<br />
am JadeWeserPort in Wilhelmshaven sowie am Neubau des<br />
Terminal 2 im ägyptischen Damietta. Darüber hinaus ist Hapag-<br />
Lloyd am Containerterminal Altenwerder in Hamburg beteiligt<br />
ebenso wie am Terminal TC3 im marokkanischen Tanger. RD<br />
Linienreeder und die Terminals – ein hartes<br />
Geschäft. Hier im Bild das größte Containerschiff<br />
der Welt, die »Ever Alot«, in Hamburg<br />
© Hafen Hamburg Marketing<br />
56 <strong>HANSA</strong> – International Maritime Journal <strong>11</strong> | <strong>2022</strong>