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HANSA 11-2022

Rostocker Großmotorentagung | Tankmessung | Bunkermarkt & Kraftstoffe | Makler & Eisbeinessen | Russland-Sanktionen | MSC | Chinese Leasing | HANSA-FORUM 2022

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VERSICHERUNGEN | INSURANCE<br />

Erholung im P&I-Segment<br />

steht auf der Kippe<br />

Der Wertverfall bei den Kapitalanlagen droht die Clubs dieses<br />

Jahr erneut in die roten Zahlen zu reißen. Der Druck zu<br />

weiteren Prämienerhöhungen steigt. Von Michael Hollmann<br />

Nach einigen schwierigen Jahren scheint sich der P&I-Sektor allmählich<br />

zu berappeln, das lassen zumindest die Schadenquoten<br />

einiger Clubs zur Halbzeit des Geschäftsjahres erkennen. Insgesamt<br />

bleibt die finanzielle Lage vieler Schiffshaftpflichtversicherer<br />

jedoch angespannt. Grund dafür sind die Turbulenzen an den Aktien-<br />

und Anleihemärkten, in denen die Versicherer einen Großteil<br />

ihrer Ersparnisse angelegt haben, in Folge des Kriegs in der Ukraine.<br />

Der Aktienindex S&P 500 für die Titel der 500 größten börsennotierten<br />

US-Unternehmen büßte seit Jahresanfang knapp ein<br />

Viertel ein. Die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P Global)<br />

erwartet nun, dass »fast alle« Clubs innerhalb der International<br />

Group das laufende Jahr erneut mit einem Verlust abschließt. Der<br />

Wertverfall bei den Kapitalanlagen werde voraussichtlich so beträchtlich<br />

sein, dass ihn die meisten P&I Clubs nicht durch bessere<br />

Ergebnisse im Underwriting werden ausgleichen können,<br />

schreibt die Agentur in ihrem neuesten Report. Damit wäre die<br />

Situation quasi spiegelverkehrt zum letzten Jahr (2021/22), als die<br />

meisten Versicherer massive technische Verluste einfuhren, die<br />

nur zu einem sehr kleinen Teil durch positive Kapitalerträge<br />

kompensiert werden konnten. Alles in allem beliefen sich die<br />

Fehlbeträge unter den 13 IG Clubs im Vorjahr laut dem britischen<br />

Versicherungsmakler Tysers auf 231 Mio. $. Ohne erhebliche<br />

Nachschussforderungen seitens des London P&I Clubs wäre<br />

das Finanzloch noch größer gewesen.<br />

Nach den ersten Zwischenberichten aus der Branche und auf Basis<br />

aktueller Daten zu Großschadenlagen rechnet S&P Global dieses<br />

Jahr mit einer durchschnittlichen kombinierten Schaden-Kosten-<br />

Quote (Verhältnis von Schäden/Kosten zu Prämieneinnahmen) zwischen<br />

95 % und 100 % unter den IG Clubs. Im Vorjahr lag der Wert<br />

bei <strong>11</strong>5 %, bedeutet: Die Gesamtkosten übertrafen die Prämienerlöse<br />

um 15 %. Eine durchschnittliche Quote von nur 95 % ergibt sich bereits<br />

für die ersten sechs Monate aus den Zwischenberichten von vier<br />

Clubs: Skuld, Shipowners‘, Swedish und West of England.<br />

Ein wichtiger Faktor für das bessere technische Abschneiden<br />

sind die stark gesunkenen Großschäden. Bei besonders teuren<br />

Schäden über 10 Mio. $, die unter allen Clubs der IG »gepoolt«<br />

werden, gab es per Ende September noch keinen neuen Fall – eine<br />

völlig Trendumkehr gegenüber den vergangenen Jahren, als<br />

die Kosten in diesem Segment immer weiter anwuchsen und bei<br />

über 450«Mio.«$ pro Jahr gipfelten.<br />

Die Angaben zu den Kapitalerträgen im bisherigen Jahresverlauf<br />

sind hingegen sehr lückenhaft. Swedish und West of England<br />

nennen gar keine genauen Zahlen. Bei Skuld ist das Bild unscharf,<br />

weil die Investmenterlöse in diesem Fall durch den Verkauf<br />

eines Lloyd’s-Managers sehr positiv verwässert werden. Nur<br />

die Zwischenbilanz des kleinen Shipowners‘ Clubs gestattet einen<br />

vollen Durchblick, das Ergebnis ist verheerend: So schmolzen die<br />

freien Reserven aufgrund hoher Wertberichtigungen auf Kapitalanlagen<br />

um rund 60 Mio. auf 335,5 Mio. $ zusammen. Zu einer<br />

Abstract: Investment losses fuel premium hikes<br />

Rating agency Standard & Poor’s (S&P Global) warns that<br />

»nearly all« IG P&I clubs might record record overall bottomline<br />

losses this year due to write-downs on investments. As a<br />

result, capital adequacy and rating levels might be challenged.<br />

To improve their balance sheets, clubs are expected to ask for<br />

general increases averaging +7 % next year, S&P says.<br />

Prognose, wie hoch die Verluste bei den Clubs für das Gesamtjahr<br />

ausfallen könnten, lässt sich S&P Global nicht hinreißen. Allerdings<br />

wird eine Mahnung ausgesprochen, dass die Bonitätsnoten<br />

der Clubs weiter unter Druck kommen könnten. Von den 13<br />

Mitgliedern der International Group seien bereits acht mit einem<br />

»negativen Ausblick« versehen, fünf werden als »stabil« eingestuft.<br />

Bei einer Herabstufung des Ratings würden sich die Refinanzierungs-<br />

und Rückversicherungskosten erhöhen.<br />

S&P geht davon aus, dass die Clubs bei den nächsten »Renewals«<br />

im Februar dazu gezwungen sind, die Prämien um durchschnittlich<br />

7 % anzuheben, um zurück in sicheres Fahrwasser zu<br />

kommen. Zum Vergleich: Für das laufende Jahr waren es durchschnittlich<br />

+<strong>11</strong>,5 %. Da sich gleichzeitig die Ertragslage der Reeder<br />

in zahlreichen Segmenten verschlechtere, sei mit schwierigeren<br />

Prolongationsverhandlungen zu rechnen. Eine ähnliche Einschätzung<br />

vertritt Tysers in seinem neuen P&I-Report: Für die Clubs<br />

gehe es auch in diesem Jahr eher darum, »Verluste zu begrenzen<br />

statt Gewinne zu maximieren«. Tysers rechnet mit Prämienanhebungen<br />

zwischen +5 und 15 % bei den nächsten Renewals. <br />

Kaskoversicherer NHC erzielt<br />

noch bessere Schadenquote<br />

Beim Norwegian Hull Club (NHC) läuft es versicherungstechnisch<br />

weiterhin wie geschmiert. Dank höherer Prämienraten und geringer<br />

Schäden lag das technische Ergebnis im ersten Halbjahr mit<br />

49,4 Mio. $ um mehr als 50 % höher als im entsprechenden Vorjahreszeitraum.<br />

Die kombinierte Schaden-Kosten-Quote verbesserte<br />

sich noch einmal von 71 % auf 64 %. Aufgrund der Verwerfungen<br />

an den Kapitalmärkten verzeichnet der NHC allerdings einen Investment-Verlust<br />

von 28,6 Mio. $. Das operative Gesamtergebnis<br />

fällt daher mit 20,8 Mio. $ nur halb so hoch aus wie im ersten Halbjahr<br />

des Vorjahres (39,5 Mio. $). Die Eigenkapitalbasis verbessert<br />

sich auf 384 Mio. $. Gleichzeitig kann der Club aus Bergen seinen<br />

Mitgliedern deutliche Kosteneinsparungen in Betrieb und Verwaltung<br />

präsentieren. Die Betriebsausgaben (netto) sanken trotz<br />

Ausweitung des Geschäftsvolumens von 12 auf gut <strong>11</strong> Mio. $. <br />

14 <strong>HANSA</strong> – International Maritime Journal <strong>11</strong> | <strong>2022</strong>

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