STADTBLATT Oktober 2022
Das STADTBLATT ist die führende und verkaufsstärkste Stadtillustrierte für Osnabrück und Umgebung. #stadtblattosnabrück #stadtblatt #osnabrück www.stadtblatt-osnabrueck.de
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kunst<br />
Kruzifix und Fernsehzeitung<br />
Hier nehmen uns Menschen mit hinein in ihren Alltag: Für die Ausstellung „Mein Reich“<br />
hat Fotografin Angela von Brill mit Teilnehmenden des KunstContainers<br />
der Heilpädagogischen Hilfe gearbeitet.<br />
wer eine Ausstellung „Mein<br />
Reich“ nennt, muss Mut<br />
mitbringen. Unterwerfungsfreudige<br />
Hardcore-Christen werden<br />
das mögen: Dein Reich komme, dein<br />
Wille geschehe! Unterwerfungsfreu -<br />
dige Neo-Rechte sicher auch: Heim ins<br />
Reich! Alle anderen werden denken:<br />
Warum???<br />
Fotografin Angela von Brill hat diesen<br />
Mut aufgebracht. Sie hat eine Ausstellung<br />
„Mein Reich“ genannt. Teilnehmer:innen<br />
des KunstContainers<br />
der Heilpädagogischen Hilfe Osnabrück,<br />
Menschen mit Assistenzbedarf,<br />
haben in einem dreiwöchigen Fotoworkshop<br />
dafür ihre eigenen Wohnungen<br />
fotografiert, ihre „kleinen Reiche“,<br />
so von Brill, zudem die aller anderen.<br />
Das Resultat, anonymisiert, ist nun<br />
hier zu sehen, mit Patafix als Ausdruck<br />
auf die Wand improvisiert.<br />
Auch die Fotograf:innen sind zu<br />
sehen, aber wer erahnen will, wer von<br />
ihnen zu welcher Wohnung gehört,<br />
stößt schnell an Grenzen, und das mit<br />
Absicht. Auch von Brill selbst hat den<br />
Blick in ihre Räume zugelassen. Auch<br />
Christoph Peter Seidel, der den Kunst-<br />
Container betreut. Dass der Ausstellungstitel<br />
problematisch ist, ist von<br />
Brill bewusst: „Der soll aber nicht ver -<br />
unsichern“, sagt sie. „Der spiegelt wirk -<br />
lich einfach nur eine Rede wendung.“<br />
Blicke ins Private: Menschen mit Assistenzbedarf haben in einem Fotoworkshop<br />
ihre eigenen Wohnungen fotografiert<br />
Inszeniertes und Spontanes ist zu<br />
sehen, Minimalismus und Überladenheit,<br />
Details und Gesamtansichten,<br />
Schärfe mischt sich mit Unschärfe,<br />
manchmal wiederholen Motive sich,<br />
manchmal sind sie, bei aller Heimeligkeit,<br />
unfreiwillig ein bisschen creepy.<br />
Hier eine Wand voller Kruzifixe, dort<br />
ein Sofa voller Puppen. Hier ein Buch<br />
„Maximale Rendite“, dort ein Tisch mit<br />
einer Fernsehzeitung. Hier ein Monitor<br />
mit einem KiKa-Comic drauf, dort ein<br />
Kühlschranksticker, auf dem steht<br />
„Eating animals is not very nice“.<br />
Manches ist stylish sparsam, wie<br />
dieser Garderobenständer in monochromem<br />
Grau und dieser rote Sessel<br />
vor türkiser Wand. Manches ist ein<br />
chaotisches Gewühle. Wir sehen eine<br />
Deutschlandflagge und einen Handy -<br />
liegestuhl, ein knallrotes „I love you“-<br />
Herzchenkissen und eine Türmatte,<br />
auf der steht: „Einbrechen lohnt sich<br />
hier nicht! Versuchs beim Nachbarn“.<br />
Was Menschen eben so zuhause haben.<br />
Manches ist schockhaft, wie dieser<br />
düstere Gang, der stark nach Zombie-<br />
Apokalypse aussieht. Manches ist<br />
skurril, wie diese silberne, aufblasbare<br />
Geburtstags-41, daneben eine OP-<br />
Maske. Hier nehmen uns Menschen<br />
mit hinein in ihren Alltag. Auch das<br />
bedeutet Mut.<br />
Eine Schau, in der es zugleich um<br />
das Grundrecht Wohnen geht, um einen<br />
„Schutzraum vor der Natur, der Welt<br />
im Allgemeinen, aber auch vor der<br />
Öffentlichkeit“, um Identität, um Indi -<br />
vidualität. Da sich niemand in seinem<br />
Reich abbildet, gehe es um eine „Anwesenheit<br />
in der Abwesenheit“, so von<br />
Brill. Aber auf einem der Fotos liegt ein<br />
adressierter Briefumschlag. Da wird<br />
die Anonymität dann brüchig.<br />
Die 60 Digitalfotos der Schau sind<br />
eine Auswahl aus 1.500. Der Workshop<br />
war also produktiv. Und nicht nur<br />
das: „Der Austausch untereinander<br />
war t otal herzlich“, sagt Angela von<br />
Brill. „Sehr wertschätzend.“<br />
Nein, Kunst ist das nicht. Aber auch<br />
nicht nur Therapie.<br />
HARFF-PETER SCHÖNHERR<br />
P bis 20.11.<strong>2022</strong>, Stadtgalerie Café<br />
FOTO: FABIAN HEINZ & SEA-EYE.ORG<br />
kunst und ausstellungen<br />
Osnabrück<br />
Atelier Trieb. „Wir sind Nachbarn“, Skulpturen,<br />
bis auf weiteres<br />
BBK-KunstQuartier. Open Call zum Thema<br />
„Schwein“, bis 8.10.<br />
Diözesanmuseum. „Jedes Leben zählt“,<br />
Sea-Eye-Ausstellung zur Flüchtlingsrettung im<br />
Mittelmeer, bis 16.10.<br />
Erich Maria Remarque-Friedenszentrum.<br />
„Bilderbücher – Bücherbilder“, Bilder aus<br />
den Büchern von Gaby von Borstel und Peter<br />
Eickmeyer, bis 3.10.; Amsterdam, Zufluchtsort<br />
– Friedrich Vordemberge.Gildewart<br />
und Ilse leda, ihr Leben im Exil 1938–1950;<br />
20.10.<strong>2022</strong>–8.1.2023<br />
Hasefriedhof/Kapelle. Jahresausstellung<br />
<strong>2022</strong> von Sylke Sonnenfeld und Annette<br />
Hanekamp, 8./9., 15./16., 22./23.10.<br />
„Jedes Leben zählt“, Sea-Eye-Flüchtlingsrettung<br />
im Mittelmeer, Diözesanmusuem,<br />
bis 16.10.<br />
Innenstadt Osnabrück. FamOS – Festival<br />
für urbane Kunst, Neumarkt/Johannis -<br />
straße, 14.–22.10.<br />
Klinikum Osnabrück. „DENKmal – Der besondere<br />
Blick“, Fotofreunde Münsterland<br />
zeigen Burgen, Schlösser und Denkmäler,<br />
bis 29.10.<br />
Kunsthalle Osnabrück. Ausstellungs- und<br />
Vermittlungsprogramm „Romantik“ mit<br />
Arbeiten von Forum DCCA, Hannah Quinlan<br />
& Rosie Hastings (jeweils bis 16.10.), Anna<br />
Haifisch, Gabriella Hirst, Irène Mélix (jeweils<br />
bis 5.3.2023), Andrzej Steinbach, Cemile<br />
Sahin (jeweils vom 5.11.<strong>2022</strong>–5.3.2023)<br />
Kunstraum hase29. IDIOCRISI – skulpturale<br />
Performances des Kunstduos bankleer<br />
in einer Installationslandschaft, bis 1.10.;<br />
Schrittweise – Ausstellungs- und Performanceprojekt<br />
mit Arbeiten von Daniela<br />
Georgieva, Anett Frontzek und Kati Gausmann,<br />
21.10.–19.11.<strong>2022</strong><br />
Kunstzelle, Koksche Str. 79. Alois Thomas<br />
„CoronaKnäuel“, bis 26.2.2023<br />
Leiser Speicher im Hafen. „Polar“ – Arbeiten<br />
von 11 Kunststudierenden im Rahmen des<br />
LVO-Projekts „Kunst im Speicher“, bis Mai<br />
2023<br />
Museum Industriekultur. „Future Food.<br />
Essen für die Welt von morgen”, bis 13.11.;<br />
FOKUS ESSEN – Arbeiten der Fotografischen<br />
Gesellschaft Osnabrück, bis 21.12.<br />
Museumsquartier Osnabrück (MQ4). „Im<br />
Angesicht: Elfriede Lohse-Wächtler und<br />
Felix Nussbaum“, bis 16.10.; Mounira Al<br />
Solh – Gast in der Reihe „Gegenwärtig.<br />
Zeitgenössische Künstler:innen begegnen<br />
Felix Nussbaum“, bis 13.11.; „Black faces<br />
in white? space” multidisziplinäre künst -<br />
lerische Intervention von thabo thindi,<br />
bis 4.12.<br />
Piesberger Gesellschaftshaus. „AUF-<br />
BRUCH“, Fotos von Angela von Brill, Harald<br />
Keller, Eva Güse, Ulrich Greiten u. a., bis<br />
Ende <strong>2022</strong><br />
Skulptur-Galerie. „Wachstumsversuche“,<br />
plastische und zeichnerische Arbeiten von<br />
Caro Enax, bis 29.10.<br />
Stadtgalerie Café. „Mein Reich“, Fotografien<br />
eines inklusiven Fotoworkshops mit der<br />
Fotografin Angela von Brill, bis 20.11.<br />
Umland<br />
BAD ESSEN<br />
Schafstall. Abstrakte, informelle Kunst und<br />
Papierfaltungen von Karin Bliefernich und<br />
Ingolf Heinemann, 8.10.–6.11.<br />
BIELEFELD<br />
Kunsthalle. „Dem Wasser folgen“, bis 16.10.<br />
Kunstverein Bielefeld. SoiL Thornton<br />
„Decomposition Evaluatio“, bis 30.10.<br />
Kunstforum Hermann Stenner. Alexander<br />
Camaro „Die Welt des Scheins“, 2.10.<strong>2022</strong>-<br />
26.2.2023<br />
Venner Moor in Schwarz-Weiß-Fotografien<br />
von Joachim Kakau, Kloster Malgarten,<br />
bis 31.10.<br />
BRAMSCHE<br />
Hof Igel – Igel Gartenkultur. „Mit Möser<br />
in den Garten“ zur Gartengeschichte des<br />
Osnabrücker Landes, bis 31.10.<br />
Kloster Malgarten/Galerie im Kreuzgang.<br />
Venner Moor in Schwarz-Weiß-Fotografien<br />
von Joachim Kakau, bis 31.10.<br />
Tuchmacher Museum. „Dem roten Faden<br />
nach“ textile Arbeiten von Ana Streng, bis<br />
30.10.<br />
Varusschlacht im Osnabrücker Land.<br />
„Pompeji – Pracht und Tod unter dem<br />
Vulkan“, bis 6.11.<br />
GM-HÜTTE<br />
Forsthaus Oesede. Malerei von Elisabeth<br />
Voß und Monika Grießhammer, bis auf<br />
weiteres<br />
HERFORD<br />
Marta Herford. Ausgezeichnete Ideen –<br />
10. RecyclingDesignpreis, 23.10.<br />
<strong>STADTBLATT</strong> 10.<strong>2022</strong> 27