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Lehrbuch des Surmeirischen

Dies ist zwar nicht das erste und auch nicht das umfangreichste Lehrbuch für das Surmeirische, das in Mittelbünden nur noch von knapp 2'000 Menschen gesprochen wird und damit die zweitkleinste romanische Sprache ist - die kleinste ist das noch von wenigen Hundert gesprochene Sutselvische in den beiden westlichen Seitentälern -, aber das modernste, also auf dem heutigen Stand.

Dies ist zwar nicht das erste und auch nicht das umfangreichste Lehrbuch für das Surmeirische, das in Mittelbünden nur noch von knapp 2'000 Menschen gesprochen wird und damit die zweitkleinste romanische Sprache ist - die kleinste ist das noch von wenigen Hundert gesprochene Sutselvische in den beiden westlichen Seitentälern -, aber das modernste, also auf dem heutigen Stand.

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werden, ist die Gesamtlage nicht einmal für Einheimische<br />

übersichtlich. Im einzigen dreisprachigen Kanton der Schweiz,<br />

wie es immer wieder offiziell heisst, sind eigentlich acht<br />

verschiedene Schriftsprachen im Umlauf: Neben Deutsch und<br />

Italienisch nicht weniger als sechs rätoromanische<br />

Schriftsprachen, von denen fünf streng genommen nur<br />

Schriftdialekte sind.<br />

Während diese aber immerhin noch gesprochen werden, hat es<br />

die seit gut vierzig Jahren bestehende Kunstsprache Rumantsch<br />

Grischun, die heute nicht nur in kantonalen, sondern auch in<br />

eidgenössischen Dokumenten als Amtssprache verwendet wird,<br />

nie geschafft, wirklich in die Herzen der Menschen einzudringen;<br />

dementsprechend wird sie noch heute nirgendwo und von<br />

niemandem gesprochen. Was seinerzeit Dante Alighieri mit<br />

seiner "La Divina Commedia" und später Martin Luther mit seiner<br />

Bibelübersetzung ins Deutsche geschafft haben, ist dem gut<br />

gesinnten Zürcher Romanistik-Professor Heinrich Schmid, der<br />

diese Sprache zusammengeschustert hat, verwehrt geblieben:<br />

Durch ein epochales Werk gleichsam eine neue Sprache zu<br />

erschaffen, die von allen Seiten als eine überregionale Sprache<br />

<strong>des</strong> Herzens anerkannt wird. Daran wird sich wohl auch nicht viel<br />

ändern, wenn Rumantsch Grischun, das ich für ein geniales<br />

Werk halte, weil Heinrich Schmid alle rätoromanischen Dialekte<br />

besser als alle anderen kannte, in der Primarschule die bisher<br />

unterrichteten Schriftdialekte ersetzen soll - gegen den heftigen<br />

Widerstand der meisten Einheimischen. Ausgerechnet in den<br />

neunzehn Dörfern, in denen noch Surmeirisch gesprochen wird,<br />

haben die kantonalen Behörden den Machtkampf jedoch<br />

gewonnen, weil dort nach meinem Wissen nur noch Rumantsch<br />

Grischun unterrichtet wird - auch <strong>des</strong>halb, weil dieses dem<br />

<strong>Surmeirischen</strong> am nächsten steht. Immerhin wird es jetzt ohne<br />

weitere Diskussionen schon in den Gymnasien unterrichtet und<br />

es ist bereits erlaubt, die Matura- bzw. Abiturprüfungen auch in<br />

dieser Sprache abzulegen.<br />

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