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Swissmechanic_Journal_2023-01

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Messen Blick in die Zukunft<br />

33<br />

Tastings oder Wissensvermittlung, etwa<br />

in Form von nächtlichen Taschenlampenführungen<br />

oder den legendären «Lates»<br />

der Londoner Museen, die Drag Art<br />

präsentieren und politische Statements<br />

setzen. Die Pandemie hat diese «entertainigen»<br />

Zugänge zu Wissen und Kultur<br />

aber noch einmal stark erweitert, durch<br />

neue Layer und Verzahnungen zwischen<br />

real und digital sowie ein fortführendes<br />

Storytelling, das mehrere Ebenen und<br />

Orte übergreift. So können Besucherinnen<br />

und Besucher der Ausstellung «Monets<br />

Garten» im Berliner Museum Alte<br />

Münze in das Werk und die Lebensgeschichte<br />

des französischen Malers Claude<br />

Monet eintauchen – Installationen<br />

und interaktive 360-Grad-Projektionen<br />

machen die Gemälde des Impressionisten<br />

auf neue Weise «immersiv» erlebbar.<br />

Interaktion<br />

Auch das Museum Utopie und Alltag in<br />

Eisenhüttenstadt verknüpft verschiedene<br />

Beobachtungs- und Erfahrungsebenen<br />

miteinander – und erweitert das reale<br />

Museum durch ein digitales und interaktives<br />

Archiv zur Alltagskultur in der<br />

DDR: Beide Räume bilden Alltagsobjekte<br />

ab, die gleichzeitig individuelle Geschichten<br />

und kollektive Erfahrungen<br />

rund um die DDR transportieren. Auf der<br />

digitalen Plattform können Besucherinnen<br />

und Besucher persönliche Erzählungen,<br />

Kommentare und Fotografien zu<br />

den Sammlungsobjekten hinzufügen,<br />

und durch Veranstaltungen wie Stadtführungen,<br />

Workshops, Depotführungen<br />

oder Schulprojekte lädt auch der reale<br />

Museumsort zur Interaktion ein.<br />

Neue Formen<br />

Im Kontext der Krise erprobten auch<br />

Ausstellungen und Theateraufführungen<br />

neue Formen von Performances. So<br />

reflektierte die digitale Ausstellung «Reimagine<br />

Public Arts» die Folgen der Pandemie<br />

für die Kunst im öffentlichen<br />

Raum – und lenkte zugleich den Blick auf<br />

die Rolle der Kunst als Sprachrohr sozialer<br />

Veränderungen. Andere Online-<br />

Events liessen die Reaktionen des Publikums<br />

direkt in die Performance einfliessen,<br />

und auch Präsenzveranstaltungen<br />

eroberten sich den öffentlichen Raum<br />

neu. So inszenierte das Staatstheater<br />

Kassel den Roman «Tausend deutsche<br />

Diskotheken» als 18-teilige Serie in Bars,<br />

Clubs und Kneipen – das Publikum konnte<br />

von Ort zu Ort folgen.<br />

Grenzen lösen sich auf<br />

Die kreativen Event-Impulse aus der<br />

Kunst- und Kulturszene eröffnen auch anderen<br />

Branchen neue Perspektiven für<br />

die Gestaltung mehrdimensionaler<br />

Events. In diesem Prozess lösen sich alte<br />

Grenzen zunehmend auf: Das Museum<br />

wird zum Festival, das Festival zum politischen<br />

Event, das politische Event zum sozialen<br />

Happening, das soziale Happening<br />

zum Teil des wissenschaftlichen Arbeitens.<br />

Die Event-Kultur wird komplexer –<br />

so wie die vernetzte Gesellschaft selbst.<br />

Wissensdurst<br />

An das Event der Zukunft werden deshalb<br />

vor allem zwei neue Erwartungen<br />

gestellt. Zum einen wird von Events<br />

künftig zunehmend Orientierung erwartet.<br />

Dieses neue Bedürfnis nach Visionen<br />

und Transformationserfahrungen spiegelt<br />

sich auch in einem stark wachsenden<br />

Interesse an Events aus dem Bereich<br />

Citizen Science: Veranstaltungen, die<br />

Begegnungen mit wissenschaftlichen<br />

Themen und Objekten sowie den Forschenden<br />

selbst ermöglichen.<br />

Ein Beispiel ist das Projekt «Undercover-<br />

EisAgenten» des Alfred-Wegener-Instituts:<br />

Mithilfe von Drohnen sammeln Citizen<br />

Scientists sowie Schülerinnen und<br />

Schüler im kanadischen Inuvik aktuelle<br />

Daten über das Auftauen des Permafrosts<br />

und werten sie anschliessend in<br />

Deutschland aus. Die Bandbreite dieser<br />

Events und Projekte ist so gross wie das<br />

Lerninteresse der Teilnehmenden, die<br />

sich aktiv an der Forschung beteiligen.<br />

Sei es, indem sie Vögel zählen oder indem<br />

sie ihr Wissen beim Citizen-Science-<br />

Pub-Quiz «Pub forscht» unter Beweis<br />

stellen und erweitern.<br />

Wunsch nach Abschalten<br />

Zum anderen zeichnet sich ein Gegentrend<br />

zu dieser neuen Wissenslust ab:<br />

der Wunsch nach einem grösstmöglichen<br />

Abschalten angesichts der hyperkomplexen<br />

Veränderungen und Herausforderungen<br />

unserer Zeit – das Aufgehen<br />

in der Masse, das temporäre Ausblenden<br />

der unaufhörlichen Arbeit an der eigenen<br />

Individualität. Hier wird der Event-<br />

Raum zu einem Zufluchtsort für unkontrollierten<br />

Lustgewinn, jenseits der alltäglichen<br />

Selbstdisziplin und Bedingtheiten.<br />

Es geht darum, für einen Moment<br />

das Ich zu vergessen.<br />

Passgenaue Event-Formate<br />

Die Zukunft der Events manifestiert sich<br />

im Umgang mit diesen diversen, einander<br />

teilweise sogar diametral entgegengesetzten<br />

Bedürfniskulturen. Wer als<br />

Veranstalter künftig erfolgreich sein will,<br />

muss die Kunst beherrschen, auf verschiedenste<br />

Bedürfnisse – von Information<br />

und Austausch bis zu Spass und Ablenkung<br />

– mit passgenau zugeschnittenen<br />

Event-Formaten zu antworten: exklusiv<br />

oder inklusiv, analog, digital oder<br />

hybrid. Und stets mit dem Fokus auf die<br />

Event-Währung von morgen: Resonanzerfahrungen.<br />

Die vollständige Studie «Valuetainment<br />

– Die transformative Kraft<br />

der Unterhaltung» kann erworben<br />

werden über<br />

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