Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
„Die Hoffnung lebt“<br />
Wie das GKI zum Erhalt der Biodiversität und zu einer gesunden Fischpopulation beitragen könnte<br />
Der Bau des Gemeinschaftskraftwerks Inn (GKI) war an zahlreiche<br />
Renaturierungsmaßnahmen gebunden. Teilweise während des Baus<br />
umgesetzt und nach Beendigung fortgeführt, könnten die Maßnahmen<br />
in Kombination mit den konstanten Fließmengen während der<br />
Laichzeit der Fische zum Erhalt der Biodiversität und zu einer gesunden<br />
Fischpopulation im Oberen Gericht führen.<br />
Von Attila Haidegger<br />
Fischaufstiegshilfen, Ersatzlaichgewässer,<br />
Innaufweitungen, Aufforstungen,<br />
Sandlinsen für Wildtiere und<br />
eine abwechslungsreiche Auenlandschaft<br />
im Bereich Maria Stein/Pfunds<br />
– um nur einige zu nennen – werden<br />
und wurden von der GKI GmbH<br />
bis 2024 umgesetzt und betreut. Mit<br />
der Fischaufstiegshilfe beim Wehr<br />
in Ovella/Schweiz belaufen sich die<br />
Kosten dafür auf rund 15,5 Millionen<br />
Euro. Die vorgeschriebene Aufbesserung<br />
der Niederwasserabflüsse<br />
auf mindestens 5,5 m³/s wird bereits<br />
erfüllt, sie gilt für die Zeit 16. September<br />
bis 30. April. Ab 1. Mai findet zusätzlich<br />
eine sogenannte Restschwallminderung<br />
statt, bei der bis 15. Mai<br />
mindestens 7 m³/s, ab dem 16. Mai<br />
bis zum 15. Juli mindestens 10 m³/s<br />
abgegeben werden. „Restschwallminderung<br />
bedeutet, dass praktisch das<br />
gesamte Stauvolumen in Ovella für<br />
eine möglichst gleichmäßige Wasserführung<br />
im Inn verwendet wird“,<br />
so Christof Mergl, Pressereferent der<br />
Tiwag. Auf dem Papier sind dies optimale<br />
Bedingungen für einen Anstieg<br />
der Fischpopulation: „Ich hoffe,<br />
dass sich die Situation verbessert. In<br />
zwei bis drei Jahren schauen wir, was<br />
passiert“, so Herbert Schaffenrath,<br />
Fischereipächter und Obmann des<br />
Fischer-Clubs in Pfunds.<br />
JAHRZEHNTE<strong>LA</strong>NGE BESAT-<br />
ZUNG DER FISCHE IN PFUNDS.<br />
Seit der Inbetriebnahme des Kraftwerks<br />
Pradella im Engadin/Schweiz<br />
1970 und dem damit verbundenen<br />
Schwall und Sunk des Inns reduzierten<br />
sich die einst gesunden Bestände<br />
der Fische drastisch. „Damals<br />
konnte man so viele Äschen sehen,<br />
dass der Inn schwarz war“, so der<br />
Fischereipächter. Die regionalen Fischer<br />
erhielten daraufhin eine fischereirechtliche<br />
Ausnahmegenehmigung,<br />
die es ihnen erlaubte, Äschen<br />
innerhalb der Schonzeit zu entnehmen.<br />
Alljährlich werden Elterntiere<br />
entnommen und der Laich durch<br />
mühevolle Handarbeit befruchtet.<br />
Ab einer gewissen Größe werden<br />
die Setzlinge wieder in den Inn besetzt.<br />
„Wir können froh sein, dass es<br />
so viele Idealisten gibt, die sich für<br />
die Artenerhaltung einsetzen“, so<br />
Schaffenrath. Spielen künftig all diese<br />
Maßnahmen zur Renaturierung des<br />
Inns zusammen, könnte eine künstliche<br />
Besatzung überflüssig werden:<br />
„Schon jetzt lässt sich mehr Futter in<br />
Form von Sandkäfern und Steinbeißern<br />
am Inn entdecken“, so Franco<br />
Schaffenrath, Sohn des Pächters. Ab<br />
Herbst könne man die Situation besser<br />
beurteilen. Können dann wieder<br />
einsömmrige (das Fischalter wird in<br />
erlebten Sommern bestimmt) Fische<br />
am Inn-Ufer entdeckt werden – was<br />
seit Jahrzehnten nicht mehr der Fall<br />
sei –, wäre das ein Erfolg.<br />
DEN WIDRIGKEITEN TROT-<br />
ZEN. Doch weitere Faktoren spielen<br />
eine Rolle: wie etwa die Wassertemperatur,<br />
Sedimente im Inn oder<br />
fischfressende Wasservögel. Mittlerweile<br />
sind bezirksweit jährlich zehn<br />
Kormorane, drei Gänsesäger sowie<br />
<strong>12</strong> Graureiher zum Abschuss freige<br />
Nierenerkrankung beeinträchtigt Fischpopulation<br />
(ahai) Bei Bach- und Regenbogenforellen<br />
im Inn bei Ebbs/Oberaudorf, bei<br />
Rotholz und bei Telfs sowie in der Weißache<br />
im Tiroler Unterland, im Ziller, in<br />
der Sill, an der Großache bei Kössen und<br />
Kitzbühel sowie der Aschauer Ache und<br />
dem Loferbach und im Lech bei Musau<br />
wurde die Proliferative Nierenkrankheit<br />
der Fische (PKD) bei Bachforellen nachgewiesen,<br />
mit der sich der Rückgang der<br />
Population begründen lässt. Der oberste<br />
Untersuchungsabschnitt des PKD-Projektes<br />
liegt im Inn bei Telfs, weiter flussaufwärts<br />
wurden im Inn keine Fische<br />
gefangen und untersucht. Es liegt somit<br />
kein Nachweis des Krankheitserregers<br />
bei Pfunds/Tösens/Ried/Prutz vor, eine<br />
Verbreitung des Erregers bis in diesen<br />
Gewässerabschnitt des Inns könne aber<br />
nicht ausgeschlossen werden. Der Befall<br />
eines Fisches alleine löst die Krankheit<br />
PKD noch nicht aus, erst wenn die Wassertemperatur<br />
längere Zeit über 15 °C<br />
liegt, steigt der physiologische Stress<br />
für den Fisch an und PKD kann ausbrechen.<br />
Dabei kann nicht ausgeschlossen<br />
werden, dass auch andere Stressauslöser<br />
den Ausbruch der Krankheit bewirken.<br />
Bisher ist nur der Einfluss des Faktors<br />
Wassertemperatur fachlich belegt.<br />
Herbert Schaffenrath (l.) mit seinem Sohn Franco: Der Fischereipächter und Obmann<br />
des Fischer-Clubs in Pfunds setzt sich zusammen mit anderen Fischern<br />
seit Jahrzehnten für die Artenerhaltung im Inn ein. <br />
Fotos: Fischerei Pfunds<br />
Im Bereich Maria Stein in Pfunds soll ein Seitenarm des Inns mit einer abwechslungsreichen<br />
Auenlandschaft samt Schilfzonen, Auwald u. ä. entstehen.<br />
<br />
RS-Foto: Haidegger<br />
geben. Nicht abzusehen ist, wie sich<br />
die zunehmende Verlandung und<br />
Veralgung durch die geringere Fließmenge<br />
auf den Fischbestand auswirkt.<br />
Vor allem die Wassertemperatur<br />
ist ein wichtiger Faktor. „Sie darf<br />
nicht in den Bereich von 15 Grad °C<br />
gelangen, das wäre für die Äsche bereits<br />
kritisch“, so Schaffenrath. Auch<br />
Hochwasser lassen sich nicht vermeiden<br />
– wenngleich der bisher geringe<br />
Niederschlag im Winter zu weniger<br />
Schmelzwasser führen dürfte. Doch<br />
die hat es immer schon gegeben und<br />
laut Schaffenrath sind die heimischen<br />
Forellen, Äschen und andere Fische<br />
äußerst widerstandsfähig: „Die Hoffnung<br />
lebt.“<br />
Laut Franco Schaffenrath lassen sich<br />
bereits jetzt mehr Steinbeißer, Sandkäfer<br />
etc. am Inn-Ufer entdecken.<br />
RUNDSCHAU Seite 10 22./23. März 2023