1/2004 - Aktuell - Selbsthilfe Lebertransplantierter Deutschland e.V.
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Anmerkung der Redaktion zu den beiden folgenden Artikeln:<br />
Um neue, hilfreiche Erkenntnisse zu Wirkungen und Nebenwirkungen von Medikamenten zu erhalten, ist Forschung notwendig.<br />
Hierzu müssen Studien durchgeführt werden. Es ist uns wichtig, unsere Leser über solch neue Ergebnisse zu informieren. Erkenntnisse<br />
hieraus können Hinweise auf neue Therapieansätze geben. So wird angestrebt, in Zukunft jedem Patienten eine individuell<br />
angepasste Immunsuppression unter Ausnutzung der angebotenen Präparate, z.T. auch in Kombination, anzubieten.<br />
Einzelne Aspekte aus neuen Studien sind aber nicht die einzigen Entscheidungskriterien für oder gegen eine bestimmte Medikation.<br />
Hier betrachten die behandelnden Ärzte im Ltx-Zentrum die Gesamtsituation des einzelnen Patienten. Die Gestaltung der<br />
immunsuppressiven Therapie wird immer individuell von Seiten des Zentrums mit dem Patienten besprochen und festgelegt.<br />
Auch dahingehende Vorschläge des Hausarztes sollten immer mit dem Zentrum abgestimmt werden.<br />
Fortschritte in der immunsuppressiven Therapie<br />
Die Lebertransplantation hat sich in den letzten Jahren als effektive Therapiemaßnahme bei Menschen mit Leberversagen<br />
etabliert. Derzeit werden in <strong>Deutschland</strong> jährlich etwa 750 Lebern oder Lebersegmente transplantiert. Die Erfolge der<br />
Lebertransplantation können sich mittlerweile sehen lassen: Nach einem Jahr funktionieren noch etwa 75 Prozent und<br />
nach fünf Jahren 62 Prozent der Ersttransplantate. Doch damit geben sich die Wissenschaftler natürlich nicht zufrieden –<br />
deshalb wird auch weiterhin nach Verbesserungen gesucht, um die Funktion möglichst vieler Organe möglichst lange<br />
erhalten zu können.<br />
Während sich die operative Technik<br />
seit den Anfängen der Lebertransplantation<br />
kaum verändert<br />
hat, konnte die immunsuppressive Therapie<br />
deutlich verbessert werden – einerseits<br />
durch die Einführung neuer Immunsuppressiva,<br />
andererseits aber auch durch<br />
die Optimierung des Basismedikamentes<br />
Ciclosporin, das auch heute immer noch<br />
das am häufigsten eingesetzte Immunsuppressivum<br />
in der Therapie von Organtransplantierten<br />
ist. So konnte zum Beispiel<br />
durch die Entwicklung einer verbesserten<br />
Darreichungsform, in der Ciclosporin<br />
in einer Mikroemulsion vorliegt,<br />
die Aufnahme der Substanz in den Körperkreislauf<br />
zuverlässiger und vorhersagbarer<br />
gemacht werden.<br />
Generell ist die immunsuppressive Therapie<br />
immer eine Gratwanderung: Einerseits<br />
gilt es, das Immunsystem so weit zu<br />
blockieren, dass es das transplantierte Organ<br />
nicht abstößt, andererseits aber auch<br />
die Immunabwehr so wenig wie möglich<br />
zu unterdrücken, damit noch ein ausreichender<br />
Schutz gegen Infektionen und<br />
Krebs gegeben ist. Zudem haben fast alle<br />
Immunsuppressiva auch unerwünschte<br />
Nebenwirkungen, die mit steigender Dosis<br />
zunehmen. Um diese Nebenwirkungen<br />
durch eine niedrige Dosierung möglichst<br />
gering zu halten, besteht die immunsuppressive<br />
Therapie meist aus der Kombination<br />
mehrerer Immunsuppressiva. Deshalb<br />
ist aber auch eine möglichst exakte<br />
Dosierung sehr wichtig.<br />
Da es sowohl von Mensch zu Mensch als<br />
auch bei einer Person im Verlauf Unterschiede<br />
im Stoffwechsel und damit in der<br />
Aufnahme solcher Medikamente gibt, werden<br />
vor allem potente Immunsuppressiva<br />
wie die Calcineurinhemmer, zu denen auch<br />
Ciclosporin gehört, anhand der Blutspiegel<br />
dosiert. Bei dieser Blutspiegelmessung<br />
wurde über Jahre der so genannte Talblutspiegel<br />
herangezogen – das ist die Konzentration<br />
im Blut unmittelbar vor der Einnahme<br />
der nächsten Dosis. Doch in den letzten<br />
Jahren wurde deutlich, dass die tatsächliche<br />
Substanzexposition und damit<br />
auch der Effekt von Ciclosporin besser mit<br />
dem so genannten C 2-Wert, der genau<br />
zwei Stunden nach der Einnahme bestimmt<br />
wird und in etwa den maximalen<br />
Blutspiegel widerspiegelt, korreliert.<br />
Diese Erkenntnis ist vor allem dem Team<br />
um den kanadischen Transplantationsexperten<br />
Dr. Gary Levy von der Universitätsklinik<br />
von Toronto zu verdanken. Levy leitete<br />
auch eine große Multizenterstudie,<br />
in der erstmals bei einer größeren Zahl von<br />
Lebertransplantierten – insgesamt 307 –<br />
gezeigt werden konnte, dass eine Einstellung<br />
der Ciclosporin-Dosis nach dem C 2-<br />
Wert zu besseren klinischen Resultaten<br />
führt als eine Einstellung nach dem Talblutspiegel:<br />
Bioptisch gesicherte akute<br />
Abstoßungsreaktionen wurden in den<br />
ersten 12 Wochen nach Transplantation<br />
bei 21,6% der Patienten aus der C 2-Gruppe,<br />
verglichen mit 30,4% aus der C 0-<br />
Gruppe registriert. Somit konnte mit dem<br />
C-2-Monitoring eine Senkung der Abstoßungsrate<br />
um 25% erzielt werden. In<br />
der Häufigkeit unerwünschter Wirkungen<br />
waren beide Gruppen vergleichbar, obwohl<br />
in der C 2-Gruppe durchschnittlich<br />
höhere Ciclosporin-Dosierungen gegeben<br />
wurden. Dies lässt darauf schließen, dass<br />
durch das C-2-Monitoring eher Patienten<br />
mit einer schlechten Resorption (Wirkstoffaufnahme<br />
in das Blut) erkannt werden<br />
und einer adäquaten Substanzexposition<br />
zugeführt werden können. So kann<br />
letztlich das Nutzen-Risiko-Verhältnis einer<br />
auf Ciclosporin basierenden Therapie<br />
verbessert werden.<br />
Neue Studie bestätigt gute Steuerbarkeit<br />
der Ciclosporin-Therapie<br />
durch C-2-Monitoring<br />
Mit dieser Erkenntnis wurde aber auch<br />
eine Neubewertung von Ciclosporin gegenüber<br />
Tacrolimus notwendig. In einigen<br />
Vergleichsstudien hatte Tacrolimus im<br />
Vergleich zu Ciclosporin Vorteile gezeigt.<br />
Allerdings wurde in diesen Studien die<br />
Ciclosporin-Dosis anhand des Talblutspiegels<br />
eingestellt. Um einen direkten<br />
Vergleich einer Tacrolimus-basierten Therapie<br />
gegenüber einer anhand des C 2-<br />
Wertes eingestellten Ciclosporin-Therapie<br />
zu erhalten, wurde die Studie mit dem<br />
Akronym LIS2T (Liver International Studie<br />
of Neoral C2 versus Tacrolimus) initiiert.<br />
Auf dem diesjährigen Jahreskongress der<br />
Deutschen Transplantationsgesellschaft<br />
(DTG) in Münster wurden die Ergebnisse<br />
LEBENSLINIEN 1/<strong>2004</strong> | TRANSPLANTATIONS-MEDIZIN 11