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Impfung in Zahnarztpraxen

Ausgabe 4/2022

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ZBW<br />

ZAHNÄRZTEBLATT BADEN-WÜRTTEMBERG<br />

4/2022<br />

Politik<br />

Dialoggespräche<br />

mit Politikern<br />

Fortbildung<br />

Mikrobiom des oralen<br />

Biofilms bei Periimplantitis<br />

IMPFUNG IN<br />

ZAHNARZTPRAXEN


ZBW_4/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

3_EDITORIAL<br />

Foto: AdobeStock/David pix123<br />

Foto: AdobeStock/haidamac<br />

TITELTHEMA<br />

Bereits seit Ende 2020 wird diskutiert, ob die Zahnärzteschaft<br />

impfen darf. Dass sie es könnte, steht außer Zweifel und auch die<br />

Bereitschaft dazu, wurde schon mehrfach und auch bereits e<strong>in</strong>ige<br />

Wellen vor Omikron bekundet. Endlich brachte die Regierung<br />

im Dezember 2021 das „Gesetz zur Stärkung der Impfprävention<br />

gegen COVID-19“ auf den Weg – zum<strong>in</strong>dest rechtlich. Denn<br />

während <strong>in</strong> den Apotheken bereits Anfang Februar dieses Jahres<br />

mit den Schutzimpfungen begonnen wurde, erfüllt die Zahnärzteschaft<br />

zwar mittlerweile alle bürokratischen und abrechnungstechnischen<br />

Voraussetzungen und hat sich eigens für die <strong>Impfung</strong><br />

schulen lassen, alle<strong>in</strong> die Nadeln setzen darf sie (noch) nicht<br />

(Stand 17. März 2022). „Es bleibt sprichwörtlich zu hoffen, dass<br />

auch endlich gut wird, was lange währt“, wünscht sich Dr. Torsten<br />

Tomppert, Präsident der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg,<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Leitartikel zum Thema auf Seite 9.<br />

SOZIALES ENGAGEMENT<br />

Nach Russland ist die Ukra<strong>in</strong>e der flächenmäßig größte Staat<br />

Europas. 44 Millionen Menschen leben dort. Seit der Unabhängigkeitserklärung<br />

im Dezember 1991 steht die Präsidialrepublik<br />

vor enormen Herausforderungen. E<strong>in</strong>e Entwicklung, die <strong>in</strong> den<br />

vergangenen Jahren immer wieder zu <strong>in</strong>ternationaler Besorgnis<br />

führte. Seit der russischen Invasion am 24. Februar 2022 s<strong>in</strong>d<br />

hunderttausende Ukra<strong>in</strong>er*<strong>in</strong>nen auf der Flucht. Viele fliehen<br />

<strong>in</strong>nerhalb des Landes, doch e<strong>in</strong> enorm großer Teil auch <strong>in</strong>s Ausland.<br />

Laut dem Flüchtl<strong>in</strong>gshilfswerk der Vere<strong>in</strong>ten Nationen<br />

UNHCR s<strong>in</strong>d seit dem 24. Februar 2022 rund 3.169.897 Personen<br />

(stand 17. März 2022) aus der Ukra<strong>in</strong>e geflohen – und täglich<br />

werden es mehr.<br />

Die Solidarität – auch seitens der Zahnärzteschaft ist enorm: Sowohl<br />

die Bundeszahnärztekammer (BZÄK), wie auch die Kassenzahnärztliche<br />

Bundesvere<strong>in</strong>igung (KZBV) mit den e<strong>in</strong>zelnen<br />

KZVen und das Hilfswerk Deutscher Zahnärzte (HDZ) riefen angesichts<br />

des Krieges zur Solidarität mit den Menschen aus der Ukra<strong>in</strong>e<br />

auf. Alle Spendenaufrufe f<strong>in</strong>den Sie auf Seite 50 f.<br />

Der Zahnarzt Dimitri Schulz, niedergelassen <strong>in</strong> Stuttgart mit ukra<strong>in</strong>ischen<br />

Wurzeln, hat uns zudem über se<strong>in</strong>e Hilfsfahrten <strong>in</strong>s<br />

Kriegsgebiet und die aktuellen Nachrichten von se<strong>in</strong>er Familie aus<br />

der Ukra<strong>in</strong>e berichtet (S. 48 f.).<br />

FORTBILDUNG<br />

Dentale Implantationen stellen heutzutage e<strong>in</strong> wichtiges und<br />

rout<strong>in</strong>emäßiges Therapieverfahren <strong>in</strong> der Zahnmediz<strong>in</strong> dar, mit<br />

Zehn-Jahres-Implantatüberlebensraten von über 90 Prozent. Die<br />

häufigsten Komplikationen kommen allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> Form von<br />

periimplantären Entzündungen im Weich- und Hartgewebe vor<br />

und können sich um jedes Implantatsystem bilden. Durch<br />

Hochdurchsatz-Sequenziermethoden (NGS) wurde die Mikrobiomforschung<br />

der Periimplantitis deutlich verbessert. Das Experten*<strong>in</strong>nenteam,<br />

bestehend aus Prof. Dr. Tobias Fretwurst<br />

und Prof. Dr. Katja Nelson von der Kl<strong>in</strong>ik für Mund-, Kiefer- und<br />

Gesichtschirurgie/Translationale Implantologie, Department<br />

für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde am Universitätskl<strong>in</strong>ikum<br />

Freiburg sowie Prof. Dr. Johan Wölber, Prof. Dr. Elmar Hellwig<br />

und Prof. Dr Ali Al-Ahmad von der Kl<strong>in</strong>ik für Zahnerhaltungskunde<br />

und Parodontologie, Department für Zahn-, Mund- und<br />

Kieferheilkunde am Universitätskl<strong>in</strong>ikum Freiburg, haben die<br />

Ergebnisse zum Mikrobiom des oralen Biofilms bei Periimplantitis<br />

zusammengefasst (Seite 42 ff.).<br />

PRAXISTEAM AKTUELL<br />

Das Thema „e<strong>in</strong>richtungsbezogene Immunitätsnachweispflicht“<br />

sorgt derzeit für viele offene Fragen. Wie geht man arbeitsrechtlich<br />

mit Angestellten um, die sich nicht impfen lassen wollen und was<br />

passiert, wenn ke<strong>in</strong> Nachweis vorliegt? Welche Rolle übernimmt<br />

das Gesundheitsamt bei der Überprüfung und wird Novavax die<br />

erwartete Lösung se<strong>in</strong>? Antworten auf diese Fragen f<strong>in</strong>den Sie <strong>in</strong><br />

der aktuellen Ausgabe von Praxisteam aktuell, die diesem ZBW<br />

beigelegt ist.<br />

Cornelia Schwarz<br />

»


4_INHALT<br />

ZBW_4/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

INHALT<br />

LEITARTIKEL<br />

BERUFSPOLITIK<br />

20_Wählen – Warum das denn?<br />

Standpunkt<br />

09_Was lange währt ….<br />

Dr. Torsten Tomppert<br />

TITELTHEMA<br />

10_Der lange Weg zur <strong>Impfung</strong><br />

Zahnärzteschaft als Teil der Impfkampagne gegen<br />

COVID-19: die Vorgeschichte<br />

21_Informationen zur Wahl <strong>in</strong> 2022<br />

VV-Wahlen der KZV BW<br />

12_Gelungene Auftaktveranstaltung<br />

Praktische ärztliche Notfallschulung der LZK BW<br />

15_Wichtige organisatorische Grundlagen<br />

COVID-<strong>Impfung</strong>en <strong>in</strong> <strong>Zahnarztpraxen</strong><br />

22_Aus persönlicher Überzeugung<br />

Serie: Nachhaltigkeit <strong>in</strong> der Zahnarztpraxis<br />

PRO & CONTRA<br />

17_Blick <strong>in</strong> die Praxis<br />

Seit dem 15. März gilt die e<strong>in</strong>richtungsbezogene<br />

COVID-19-Impfpflicht<br />

24_„Das ist gut,<br />

was wir hier machen“<br />

Dr. Carmen Budau im<br />

Interview zum Notfalldienst<br />

BERUFSPOLITIK<br />

28_E<strong>in</strong> toller Benefit!<br />

Freiwillige Kammermitgliedschaft<br />

POLITIK<br />

18_Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen<br />

7. Landeskongress Gesundheit Baden-Württemberg<br />

30_Volle Unterstützung für die Zahnärzteschaft<br />

Das Dialoggespräch mit Florian Wahl MdL


ZBW_4/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

5_INHALT<br />

POLITIK IM BLICK<br />

46_Die bestmögliche<br />

<strong>in</strong>dividuelle Therapie<br />

anbieten<br />

Interview mit Prof. Dr. Dr.<br />

Benedicta Beck-Broichsitter<br />

33_Versorgung <strong>in</strong> den Regionen sicherstellen<br />

Das Dialoggespräch mit Dr. Michael Preusch MdL<br />

36_„Die Leute spritzen sich krank“<br />

Das Dialoggespräch mit Bernhard Eisenhut MdL<br />

SOZIALES ENGAGEMENT<br />

38_Unter Vorbehalt<br />

Gastkommentar von Roland Muschel zur<br />

Regierung Kretschmann III<br />

48_Mit Medikamenten h<strong>in</strong> – mit Geflüchteten zurück<br />

Zahnarzt Dimitri Schulz auf Hilfse<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> der Ukra<strong>in</strong>e<br />

50_Solidarität mit der Ukra<strong>in</strong>e<br />

Spendenaktion des HDZ<br />

39_Deutsche G7-Präsidentschaft<br />

Gesundheitspolitik auf <strong>in</strong>ternationaler Ebene<br />

INFORMATION UND SERVICES<br />

FORTBILDUNG<br />

03_Editorial<br />

41_ Term<strong>in</strong>e / Leserforum<br />

52_Praxis<br />

54_Personalia<br />

58_Amtliche Mitteilungen<br />

59_ Zu guter Letzt / Impressum<br />

Besuchen Sie auch die ZBW-Website. Neben der<br />

Onl<strong>in</strong>e-Ausgabe des ZBW gibt es zusätzliche Informationen<br />

sowie e<strong>in</strong> ZBW-Archiv.<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

InformationszentrumZahnundMundgesundheit<br />

izz_bw<br />

42_Mikrobiom des oralen Biofilms bei Periimplantitis<br />

Implantologie<br />

izzbadenwuerttemberg


6 _PERSPEKTIVEN<br />

ZBW_4/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

Foto: IMAGO/Pixsell


ZBW_4/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

PERSPEKTIVEN_7<br />

HILFSBEREITSCHAFT FÜR GEFLÜCHTETE AUS DER UKRAINE<br />

Seit dem Beg<strong>in</strong>n der russischen Invasion <strong>in</strong> der Ukra<strong>in</strong>e Ende Februar gibt es täglich neue Berichte über Angriffe auf<br />

ukra<strong>in</strong>ische Städte. Millionen Menschen s<strong>in</strong>d bereits geflüchtet, die meisten von ihnen Frauen und K<strong>in</strong>der. Viele<br />

suchen <strong>in</strong> Ungarn, Moldawien, der Slowakei, Rumänien und <strong>in</strong> Polen Schutz. Und auch <strong>in</strong> Deutschland treffen sie auf<br />

e<strong>in</strong>e breite Willkommenskultur.


Kursprogramm<br />

Mai 2022<br />

Jetzt onl<strong>in</strong>e<br />

anmelden unter<br />

fortbildung.kzvbw.de<br />

Die Assistenz <strong>in</strong> der konservierenden<br />

Zahnheilkunde<br />

Dr. Mathias Spraul, Freiburg<br />

• Kurs-Nr.: 22FKM30424<br />

• für Zahnmediz<strong>in</strong>ische<br />

Fachangestellte<br />

• € 145.-<br />

12.5.2022<br />

Social Media - Neue Wege Patienten zu<br />

gew<strong>in</strong>nen<br />

Sab<strong>in</strong>e Nemec, Langenselbold<br />

• 4 Fortbildungspunkte<br />

• Kurs-Nr.: 22FKT29910<br />

• für das Praxisteam<br />

• € 155.-<br />

13.5.2022<br />

Dental English - Fit for <strong>in</strong>ternational patients<br />

Sab<strong>in</strong>e Nemec, Langenselbold<br />

• 7 Fortbildungspunkte<br />

• Kurs-Nr.: 22FKT20111<br />

• für das Praxisteam<br />

• € 225.-<br />

14.5.2022<br />

Praxisgerechte zahnmediz<strong>in</strong>ische Versorgung<br />

von Patienten mit Beh<strong>in</strong>derung<br />

Prof. Dr. Andreas Schulte, Witten-Herdecke<br />

• 5 Fortbildungspunkte<br />

• Kurs-Nr.: 22FKT31412<br />

• für das Praxisteam<br />

• € 205.-<br />

18.5.2022<br />

Gestern Kolleg<strong>in</strong> - Heute<br />

Qualitätsmanagementbeauftragte (QMB)<br />

Iris Karcher, Ma<strong>in</strong>z<br />

• Kurs-Nr.: 22FKM20427<br />

• für Zahnmediz<strong>in</strong>ische<br />

Fachangestellte<br />

• € 225.-<br />

18.5.2022<br />

Strukturierte Fortbildung: ZAHNÄRZTLICHE<br />

CHIRURGIE und TRAUMATOLOGIE<br />

<strong>in</strong> Theorie & Praxis, Teil 1-4<br />

Prof. Dr. Andreas Filippi und weitere Dozenten, CH - Basel<br />

Strukturierte Fortbildung:<br />

ENDODONTIE, Teil 1-8<br />

Prof. Dr. David Sonntag und weitere Dozenten, Düsseldorf<br />

• 71 Fortbildungspunkte<br />

• Kurs-Nr.: 22FKZ40504<br />

• für Zahnärzt<strong>in</strong>nen / Zahnärzte<br />

• € 3.100.-<br />

• 163 Fortbildungspunkte<br />

• Kurs-Nr.: 22FKZ40101<br />

• für Zahnärzt<strong>in</strong>nen / Zahnärzte<br />

• 6.400.-<br />

01.-02.04.2022<br />

01.-02.07.2022<br />

22.-23.07.2022<br />

23.-24.09.2022<br />

13.-14.05.2022<br />

08.-09.07.2022<br />

04.-05.11.2022<br />

25.-26.11.2022<br />

27.-28.01.2023<br />

02.-04.03.2023<br />

05.-06.05.2023<br />

16.-17.06.2023<br />

Strukturierte Fortbildung: PARODONTOLOGIE<br />

& PERIIMPLANTÄRE THERAPIE, Teil 1-3<br />

Prof. Dr. Petra Ratka-Krüger und weitere Dozenten, Freiburg<br />

• 101 Fortbildungspunkte<br />

• Kurs-Nr.: 22FKZ40301<br />

• für Zahnärzt<strong>in</strong>nen / Zahnärzte<br />

• € 3.400.-<br />

30.11.-03.12.2022<br />

01.-04.02.2023<br />

10.-11.03.2023<br />

FFZ Fortbildungsforum<br />

Zahnärzte<br />

Merzhauser Straße 114-116<br />

79100 Freiburg<br />

Fon: 0761 4506-160/-161<br />

Fax: 0761 4506-460<br />

Mail: <strong>in</strong>fo@ffz-fortbildung.de<br />

Web: www.ffz-fortbildung.de


ZBW_4/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

9_LEITARTIKEL<br />

WAS LANGE WÄHRT ….<br />

Die Diskussion darüber, ob Zahnärzt<strong>in</strong>nen und Zahnärzte <strong>in</strong> ihren<br />

Praxen Schutzimpfungen gegen das Coronavirus durchführen dürfen,<br />

schwelt schon seit über e<strong>in</strong>em Jahr. Welche Voraussetzungen s<strong>in</strong>d dafür<br />

notwendig, wie unterstützt die Kammer die Kollegenschaft und welche<br />

Hürden gilt es noch zu überw<strong>in</strong>den?<br />

Dr. Torsten Tomppert<br />

Präsident der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg<br />

Angesichts diverser Coronawellen mit<br />

hohen Infektions- und Hospitalisierungszahlen<br />

haben sich schon Ende<br />

2020 Zahnärzt<strong>in</strong>nen und Zahnärzte im<br />

Land dazu bereit erklärt, an der Beschleunigung<br />

der baden-württembergischen<br />

Impfkampagne aktiv mitzuwirken<br />

und ihre ärztlichen Kolleg<strong>in</strong>nen<br />

und Kollegen zu unterstützen. Damals<br />

haben die zahnärztlichen Körperschaften<br />

dem M<strong>in</strong>isterium für Soziales, Gesundheit<br />

und Integration des Landes<br />

bereits e<strong>in</strong>e Liste mit über 600 freiwilligen<br />

Zahnärzt<strong>in</strong>nen und Zahnärzten<br />

übermittelt, die angeboten hatten, <strong>in</strong><br />

den Impfzentren mitzuarbeiten. Darüber<br />

h<strong>in</strong>aus besteht <strong>in</strong> der Kollegenschaft<br />

vor allem der Wunsch, ihre Patient<strong>in</strong>nen<br />

und Patienten <strong>in</strong> eigener Praxis<br />

selbstständig impfen zu dürfen.<br />

RECHTLICHE VORAUSSETZUNGEN<br />

Da das Impfen als re<strong>in</strong> ärztliche Leistung<br />

den Ärzt<strong>in</strong>nen und Ärzten vorbehalten<br />

ist, galt es, für die zahnärztliche<br />

Kollegenschaft zunächst die rechtlich<br />

notwendigen Voraussetzungen auf<br />

Bundesebene zu schaffen. Darauf haben<br />

KZV und Kammer <strong>in</strong> zahlreichen<br />

Gesprächen im Rahmen der Corona-<br />

Task-Force unter Leitung von Sozialm<strong>in</strong>ister<br />

Manfred Lucha immer wieder<br />

h<strong>in</strong>gewiesen. Das Sozialm<strong>in</strong>isterium<br />

hat unsere Bitte auf die Bundesebene<br />

getragen und mit außerordentlich begrüßenswertem<br />

Engagement dazu beigetragen,<br />

dort im Rahmen der Gesundheitsm<strong>in</strong>isterkonferenz<br />

die Weichen zu<br />

stellen. Denn auf dieser Grundlage wurde<br />

das neue Bundesgesetz zur „Stärkung<br />

der Impfprävention gegen CO-<br />

VID-19 und zur Änderung weiterer Vorschriften“<br />

<strong>in</strong>itiiert, das Mitte Dezember<br />

2021 <strong>in</strong> Kraft trat. Damit waren endlich<br />

die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen,<br />

damit auch Zahnärzt<strong>in</strong>nen<br />

und Zahnärzte bundesweit zeitlich begrenzt<br />

Schutzimpfungen gegen das<br />

Coronavirus SARS-CoV-2 durchführen<br />

können.<br />

UNTERSTÜTZUNG<br />

Gesetzlich geregelt wurde auch, dass<br />

vor Verabreichung der ersten Impfdosis<br />

die erfolgreiche Teilnahme an e<strong>in</strong>er theoretischen<br />

und praktischen ärztlichen<br />

Schulung nachgewiesen werden muss.<br />

Besonders aufwändig war die adm<strong>in</strong>istrative<br />

und organisatorische Gestaltung<br />

des praktischen Parts. Neben der Möglichkeit,<br />

diese Voraussetzung mittels<br />

Hospitation <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er ärztlichen Praxis<br />

oder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Impfzentrum zu erfüllen,<br />

wurden von Seiten der LZK-Verwaltung<br />

am 2. Februar auch ärztliche Notfall-<br />

Schulungen <strong>in</strong> Filderstadt angeboten.<br />

Diese im Eiltempo hervorragend organisierte<br />

Auftaktveranstaltung mit e<strong>in</strong>er<br />

Top-Referent<strong>in</strong> <strong>in</strong> zwei Kursen war e<strong>in</strong><br />

großer Erfolg und mit der Teilnahme<br />

von über 250 Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen<br />

restlos ausgebucht. Als Teilnehmer dieser<br />

Schulung habe ich <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Grußwort<br />

als Kammerpräsident die gute Gelegenheit<br />

genutzt, um den anwesenden<br />

Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen für ihr Engagement<br />

herzlich zu danken, auch weil es<br />

dazu beiträgt, dass der Zahnarztberuf<br />

als humanmediz<strong>in</strong>ischer Heilberuf <strong>in</strong><br />

Politik und Medien stärker und <strong>in</strong> gleichem<br />

Maße wie der ärztliche Beruf<br />

wahrgenommen wird. Ergänzt wurde<br />

diese Auftaktveranstaltung durch weitere,<br />

ebenfalls gut besuchte praktische<br />

Schulungen bei den BZKen <strong>in</strong> Stuttgart<br />

und Tüb<strong>in</strong>gen.<br />

PROBLEMLAGEN UND AUSSICHTEN<br />

Obwohl viele Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen<br />

alle Voraussetzungen zum Impfen gemäß<br />

Infektionsschutzgesetz erfüllen,<br />

s<strong>in</strong>d <strong>Impfung</strong>en <strong>in</strong> <strong>Zahnarztpraxen</strong> leider<br />

immer noch nicht möglich. Zum e<strong>in</strong>en<br />

führen retardierende Momente,<br />

verursacht durch <strong>in</strong>dividuelle standespolitische<br />

Fehle<strong>in</strong>schätzungen, zur Demotivation<br />

der Kollegenschaft und machen<br />

mich sprachlos.<br />

Zum anderen spielt auch die Impfverordnung<br />

des BMG e<strong>in</strong>e wichtige Rolle,<br />

weil dort die Zahnärzt<strong>in</strong>nen und Zahnärzte<br />

trotz dr<strong>in</strong>glicher Anmahnungen<br />

seitens der Körperschaften bisher noch<br />

nicht aufgenommen wurden. Des Weiteren<br />

bestehen klärungsbedürftige<br />

Punkte <strong>in</strong> Bezug auf die Anb<strong>in</strong>dung an<br />

die Impfsurveillance des Robert-Koch-<br />

Institutes, zur Impfstoffbestellung sowie<br />

zu Abrechnungswegen, an deren Lösung<br />

die KZVen arbeiten und die hoffentlich<br />

bei Ersche<strong>in</strong>en dieser ZBW-<br />

Ausgabe erledigt s<strong>in</strong>d.<br />

Es bleibt sprichwörtlich zu hoffen, dass<br />

auch endlich gut wird, was lange währt.<br />

Die genannten offenen Fragen zeigen<br />

me<strong>in</strong>es Erachtens sehr deutlich, wie<br />

langsam und bürokratisch die adm<strong>in</strong>istrativen<br />

Mühlen mahlen und dass dadurch<br />

die Umsetzung des verme<strong>in</strong>tlich<br />

simplen Ziels, von zahnärztlicher Seite<br />

durch <strong>Impfung</strong>en bei der Bekämpfung<br />

der Pandemie zu helfen, so stark ausgebremst<br />

wird, bis die Notwendigkeit dafür<br />

zeitlich überholt sche<strong>in</strong>t, weil das<br />

Impfgeschehen seit Januar stetig rückläufig<br />

ist und die aktuelle Coronawelle<br />

bereits abkl<strong>in</strong>gt.<br />

Bei allem Unmut über die derzeitig suboptimale<br />

Situation besteht für mich<br />

trotzdem Grund zum Optimismus. Ob<br />

im Herbst weitere Coronaimpfungen<br />

beispielsweise für vulnerable Gruppen<br />

notwendig werden oder für zukünftige<br />

Engpasssituationen bei neuen Virusvarianten:<br />

Der Grundste<strong>in</strong> für e<strong>in</strong>e schnelle<br />

„Zahnärztliche E<strong>in</strong>greiftruppe“ ist<br />

gelegt und wir stehen fachlich und technisch<br />

bereit.


10_TITELTHEMA<br />

ZBW_4/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

Zahnärzteschaft als Teil der Impfkampagne gegen COVID-19: die Vorgeschichte<br />

DER LANGE WEG<br />

ZUR IMPFUNG<br />

Foto: unsplash.com_MufidMajnun<br />

Eigentlich sollten Anfang April <strong>in</strong> Baden-Württemberg die ersten <strong>Impfung</strong>en gegen COVID-19 <strong>in</strong> den<br />

<strong>Zahnarztpraxen</strong> verabreicht werden können – gut 15 Monate nach Beg<strong>in</strong>n der Impfkampagne. Ob das<br />

so kommt, hängt von den f<strong>in</strong>alen politischen Weichenstellungen ab. Zum Redaktionsschluss war die<br />

Impfschutzverordnung immer noch nicht geändert. Hoffen wir, dass die Politik <strong>in</strong> der Zwischenzeit aktiv<br />

geworden ist und zum Ersche<strong>in</strong>en dieses Heftes die Zahnärzteschaft ihren Teil bei der <strong>Impfung</strong> gegen<br />

COVID-19 beitragen kann. Denn seitens der zahnärztlichen Körperschaften wurde schon früh die Bereitschaft<br />

zur Unterstützung der Kampagne betont und das Angebot immer wieder erneuert. E<strong>in</strong> str<strong>in</strong>gentes<br />

Vorgehen der Politik bei der Schaffung der gesetzlichen Grundlagen war dagegen selten feststellbar.<br />

START DER IMPFKAMPAGNE<br />

Am 31. Dezember 2019 wurde der Ausbruch<br />

e<strong>in</strong>er bis dah<strong>in</strong> unbekannten<br />

Lungenkrankheit <strong>in</strong> der ch<strong>in</strong>esischen<br />

Großstadt Wuhan bestätigt. Weniger<br />

als e<strong>in</strong> Jahr darauf waren die ersten<br />

Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 verfügbar<br />

– <strong>in</strong> Deutschland wurde am 27. Dezember<br />

2020 die erste <strong>Impfung</strong> verabreicht.<br />

Mit diesem Startschuss hat die<br />

Impfkampagne <strong>in</strong> Deutschland und<br />

auch <strong>in</strong> Baden-Württemberg Gestalt<br />

angenommen.<br />

Den Auftakt für die vielen Millionen<br />

<strong>Impfung</strong>en, die seitdem <strong>in</strong> Baden-Württemberg<br />

verabreicht wurden, machten<br />

die zentralen Impfzentren <strong>in</strong> Freiburg,<br />

Offenburg, Karlsruhe, Heidelberg,<br />

Stuttgart, Rot am See, Tüb<strong>in</strong>gen und<br />

Ulm. Wenig später haben die Kreisimpfzentren<br />

an 50 dezentralen Standorten<br />

ihre Arbeit aufgenommen. Der ambulante<br />

Sektor war <strong>in</strong> den ersten Monaten<br />

der Impfkampagne noch nicht <strong>in</strong>volviert.<br />

Erst im April 2020 wurden auch <strong>in</strong><br />

den Hausarztpraxen die ersten Spritzen<br />

gesetzt.<br />

BEREITSCHAFT ZUR MITARBEIT<br />

Von Beg<strong>in</strong>n an wurde seitens der Politik<br />

<strong>in</strong> Bund und Land um Unterstützung<br />

der Kampagne gebeten – etwa im Rahmen<br />

der Aufklärung der Bevölkerung<br />

über die <strong>Impfung</strong>. Die Zahnärzteschaft<br />

<strong>in</strong> Baden-Württemberg hat sich dieser<br />

Bitte gegenüber von Beg<strong>in</strong>n an aufgeschlossen<br />

gezeigt und ihren Willen erklärt,<br />

der Verantwortung für das Gesundheitswesen<br />

<strong>in</strong> Deutschland nachzukommen,<br />

<strong>in</strong> den Impfzentren und<br />

auch <strong>in</strong> den Praxen, und zu e<strong>in</strong>er hohen<br />

Impfbereitschaft <strong>in</strong> der Bevölkerung<br />

beizutragen.<br />

Bereits im Dezember 2020 starteten die<br />

Kassenzahnärztliche Vere<strong>in</strong>igung und<br />

die Landeszahnärztekammer über die<br />

Kassenzahnärztliche Vere<strong>in</strong>igung zudem<br />

e<strong>in</strong>en Aufruf, um die Bereitschaft<br />

der Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen, <strong>in</strong> den<br />

Impfzentren des Landes mitzuarbeiten,<br />

abzufragen. In e<strong>in</strong>er eigens e<strong>in</strong>gerichteten<br />

E-Mail-Datenbank „impfzahnaerzte@<br />

kzvbw.de“ s<strong>in</strong>d bereits über 550 Mitglieder<br />

gemeldet. Diese enorme Bereitschaft<br />

wurde umgehend gegenüber<br />

dem Sozialm<strong>in</strong>isterium kommuniziert,<br />

die Zahnärzt<strong>in</strong>nen und Zahnärzte hätten<br />

somit kurzfristig zur Unterstützung<br />

<strong>in</strong> die Impfkampagne e<strong>in</strong>gebunden werden<br />

können.<br />

IMPFSTOFFMANGEL<br />

Die erste Phase war jedoch geprägt von<br />

e<strong>in</strong>er allgeme<strong>in</strong>en Impfstoffknappheit,<br />

sodass zunächst nur die höchst priorisierten<br />

Personengruppen – Menschen<br />

ab 80 Jahren, Personal <strong>in</strong> Altenheimen<br />

und mediz<strong>in</strong>isches Personal <strong>in</strong> Notaufnahmen<br />

und Intensivstationen – geimpft<br />

werden konnten. Gleichzeitig<br />

gab es augensche<strong>in</strong>lich genügend personelle<br />

Kapazitäten <strong>in</strong> den Impfzentren.<br />

Für e<strong>in</strong>en breit aufgestellten E<strong>in</strong>satz<br />

der Zahnärzteschaft wurde von<br />

Seiten der Politik deshalb schlicht ke<strong>in</strong><br />

Bedarf gesehen. Bis zum Sommer des<br />

vergangenen Jahres konnte der anfängliche<br />

Mangel – auch durch die Zulassung<br />

weiterer Vakz<strong>in</strong>e – schließlich behoben<br />

und allen impfwilligen Erwachsenen<br />

e<strong>in</strong> Impfangebot unterbreitet<br />

werden. Während die Hausarztpraxen


ZBW_4/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

11_TITELTHEMA<br />

nun <strong>in</strong> die Impfkampagne e<strong>in</strong>gebunden<br />

waren, fehlten für die <strong>Impfung</strong><br />

durch die Zahnärzteschaft h<strong>in</strong>gegen<br />

weiterh<strong>in</strong> die gesetzlichen Voraussetzungen.<br />

ÖFFENTLICHKEITSARBEIT<br />

Neben der Bereitschaft, den Impffortschritt<br />

durch den E<strong>in</strong>satz der Zahnärzt<strong>in</strong>nen<br />

und Zahnärzte zu beschleunigen,<br />

legten die KZV BW und die LZK<br />

BW großen Wert darauf, auch die diversen<br />

öffentlichen Impfangebote von<br />

Bund, Land und Kommunen aktiv zu<br />

unterstützen. So wurde etwa der Aufruf<br />

des Bundesgesundheitsm<strong>in</strong>isteriums<br />

(BMG) für die Aktionswoche #Hier-<br />

WirdGeimpft über die verschiedenen<br />

medialen Kanäle verbreitet und damit<br />

für e<strong>in</strong>e stärkere Wahrnehmung der<br />

Impfangebote geworben.<br />

VIERTE WELLE<br />

Allen Bemühungen zum Trotz blieb die<br />

Impfquote <strong>in</strong> Deutschland bis zuletzt<br />

unter den Erwartungen. Vielmehr entwickelte<br />

die Pandemie im Herbst 2021<br />

durch die diversen Mutationen bis h<strong>in</strong><br />

zur deutlich ansteckenderen Omikron-<br />

Variante e<strong>in</strong>e bislang ungekannte Dynamik<br />

und wies Inzidenzen auf, die alle<br />

vorausgegangenen Wellen deutlich<br />

übertrafen. Ende November 2021 hatte<br />

die Gesundheitsm<strong>in</strong>isterkonferenz den<br />

Bundesgesetzgeber dazu aufgerufen,<br />

e<strong>in</strong>e gesetzliche Grundlage zu schaffen,<br />

um die Zahnärzt<strong>in</strong>nen und Zahnärzte<br />

wie auch Apotheker<strong>in</strong>nen und Apotheker<br />

sowie Tierärzt<strong>in</strong>nen und Tierärzte<br />

<strong>in</strong> die laufende Impfkampagne e<strong>in</strong>zubeziehen.<br />

Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender<br />

des Vorstands der Kassenzahnärztlichen<br />

Bundesvere<strong>in</strong>igung (KZBV), und<br />

Prof. Dr. Christoph Benz, Präsident der<br />

Bundeszahnärztekammer (BZÄK), erklärten<br />

daraufh<strong>in</strong>: „Angesichts der viel<br />

zu hohen Infektionszahlen […] steht die<br />

Zahnärzteschaft bereit, bei der dr<strong>in</strong>gend<br />

notwendigen Beschleunigung der<br />

Impfkampagne die ärztlichen Kolleg<strong>in</strong>nen<br />

und Kollegen zu unterstützen. Wir<br />

müssen […] alle verfügbaren Kräfte des<br />

Gesundheitssystems bündeln, um die<br />

vierte Coronawelle zu brechen.“ Zunächst<br />

wurde e<strong>in</strong>e Unterstützung der<br />

ärztliche Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen <strong>in</strong><br />

externen mobilen E<strong>in</strong>heiten, Arztpraxen<br />

und Impfzentren <strong>in</strong>s Auge gefasst.<br />

Perspektivisch sollten jedoch auch <strong>Impfung</strong>en<br />

<strong>in</strong> <strong>Zahnarztpraxen</strong> <strong>in</strong> Betracht<br />

gezogen werden.<br />

IMPFBERECHTIGUNG<br />

Mitte Dezember wurde schließlich das<br />

„Gesetz zur Stärkung der Impfprävention<br />

gegen COVID-19“ verabschiedet,<br />

das u. a. die Ausweitung der Berechtigung<br />

zum Impfen auf die Zahnärzteschaft<br />

formulierte. Voraussetzung war<br />

die erfolgreiche Teilnahme an e<strong>in</strong>er<br />

ärztlichen Schulung. Außerdem müssen<br />

geeignete Räumlichkeiten mit der<br />

für die Durchführung von Corona-<br />

Schutzimpfungen erforderlichen Ausstattung<br />

zur Verfügung stehen. Dazu<br />

konnten Zahnärzt<strong>in</strong>nen und Zahnärzte<br />

<strong>in</strong> andere geeignete Strukturen wie mobile<br />

Impfteams e<strong>in</strong>gebunden werden.<br />

ORGANISATION<br />

Für die ärztliche Schulung der Zahnärzteschaft<br />

entwickelte die BZÄK <strong>in</strong> Zusammenarbeit<br />

mit der Bundesärztekammer<br />

bis Jahresende e<strong>in</strong> Mustercurriculum,<br />

während die konkrete Durchführung<br />

der Schulungen maßgeblich<br />

über die Landeszahnärztekammern organisiert<br />

wurde.<br />

Gleichzeitig mussten die Voraussetzungen<br />

geschaffen werden, um die Datenerfassung<br />

und Dokumentation im Rahmen<br />

der Impfsurveillance des Robert-<br />

Koch-Instituts sowie die geordnete Abrechnung<br />

der erbrachten Impfleistungen<br />

über die KZVen zu regeln. Auch e<strong>in</strong>e<br />

EDV-gestützte Möglichkeit, um Impfstoffe<br />

zu bestellen und digitale Impfzertifikate<br />

erstellen zu können, mussten<br />

auf den Weg gebracht werden.<br />

IMPFVERORDNUNG<br />

Dass die Zahnärzteschaft dennoch nicht<br />

unmittelbar zur Unterstützung der Impfkampagne<br />

tätig werden konnte, war darauf<br />

zurückzuführen, dass ihre Aufnahme<br />

<strong>in</strong> die Impfverordnung seitens des Gesetzgebers<br />

immer wieder verzögert wurde.<br />

Gerade <strong>in</strong> der Phase wurde wiederholt<br />

deutlich, dass die Selbstverwaltung der<br />

Zahnärzteschaft kurzfristig und effektiv<br />

<strong>in</strong> der Lage ist, die nötigen Voraussetzungen<br />

zu schaffen und organisatorische Herausforderungen<br />

zu lösen, während sich<br />

die politischen Prozesse – unter der alten<br />

wie unter der neuen Bundesregierung –<br />

als sehr schwerfällig und angesichts der<br />

dramatischen pandemischen Lage unangemessen<br />

langsam erwiesen.<br />

Es bleibt <strong>in</strong>sofern zu hoffen, dass die<br />

Stimme der Selbstverwaltung im weiteren<br />

Verlauf der Pandemie bei allen drohenden<br />

Unwägbarkeiten und Entwicklungen<br />

bei den politischen Entscheidungsträgern<br />

Gehör f<strong>in</strong>den und die<br />

zahnärztliche Bereitschaft zum Impfen<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er folgenden Infektionswelle nicht<br />

erneut durch bürokratische H<strong>in</strong>dernisse<br />

unterlaufen wird.<br />

Dr. Holger Simon-Denoix<br />

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12_TITELTHEMA<br />

ZBW_4/2022<br />

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Praktische ärztliche Notfallschulung der LZK BW<br />

GELUNGENE<br />

AUFTAKTVERANSTALTUNG<br />

Von BioNTech soll e<strong>in</strong> neuer, an die Omikron-Variante angepasster Impfstoff kommen. Die<br />

von der Bundesregierung postulierte Zielsetzung ist, dass der Impfstoff dann <strong>in</strong>nerhalb von<br />

vier Wochen <strong>in</strong> der Bevölkerung verimpft wird. „Ich b<strong>in</strong> mir sicher, dass das kommt und ich<br />

würde mich freuen, wenn Sie dann dabei s<strong>in</strong>d und beim Impfen mithelfen“. Das sagte Referent<strong>in</strong><br />

Dr. Dr. Sandra Ketabi bei der von der Landeszahnärztekammer als Auftaktveranstaltung<br />

angebotenen praktischen ärztlichen Notfallschulung am 2. Februar 2022 <strong>in</strong> Filderstadt.<br />

Nach dem Infektionsschutzgesetz müssen Zahnärzt<strong>in</strong>nen und Zahnärzte unter anderem<br />

erfolgreich an e<strong>in</strong>er ärztlichen Schulung teilgenommen haben, damit sie impfen dürfen.<br />

Fotos: F. Kraufmann<br />

Die ärztliche Schulung unterteilt sich<br />

dabei <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en theoretischen und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en<br />

praktischen Teil. Die praktische<br />

ärztliche Schulung kann <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er<br />

Hospitation unter ärztlicher Aufsicht<br />

beispielsweise <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Impfzentrum, <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er Arztpraxis oder durch e<strong>in</strong>e praktische<br />

ärztliche Notfallschulung absolviert<br />

werden.<br />

Die Landeszahnärztekammer hat seit<br />

Beg<strong>in</strong>n der Pandemie mehrfach ihre politische<br />

Motivation unterstrichen, <strong>in</strong> der<br />

Landespolitik darauf h<strong>in</strong>zuwirken, dass<br />

auch Zahnärzt<strong>in</strong>nen und Zahnärzte<br />

impfen dürfen. Demzufolge war es e<strong>in</strong>e<br />

Selbstverständlichkeit, dass die Landeszahnärztekammer<br />

selbst e<strong>in</strong>e praktische<br />

ärztliche Notfallschulung anbietet.<br />

Am 2. Februar hat die Landeszahnärztekammer<br />

mit den ersten beiden Großveranstaltungen<br />

für alle Bezirke begonnen,<br />

betonte LZK-Präsident Dr. Torsten<br />

Tomppert <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Begrüßung. Er<br />

dankte der Kollegenschaft <strong>in</strong> der bis auf<br />

den letzten Platz gefüllten Filharmonie<br />

Filderstadt für ihre Bereitschaft zu impfen<br />

und der Bevölkerung während der<br />

Pandemie zu helfen.<br />

„Zwischen Proktologen und Bestattern“<br />

habe die Zahnärzteschaft während der<br />

Pandemie rangiert, beklagte LZK-Präsident<br />

Dr. Torsten Tomppert, „darunter<br />

hat die zahnmediz<strong>in</strong>ische Seele sehr gelitten“.<br />

Dass Zahnärzt<strong>in</strong>nen und Zahnärzte<br />

nun bald impfen dürfen, br<strong>in</strong>ge<br />

den Berufsstand auf Augenhöhe mit<br />

den Ärzten. „Wir s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> human-mediz<strong>in</strong>ischer<br />

Heilberuf.“<br />

IMPFVERORDNUNG<br />

Während allerd<strong>in</strong>gs die bundesweite<br />

Impfkampagne gegen Corona <strong>in</strong> Apotheken<br />

bereits gestartet ist, können<br />

Zahnärzt<strong>in</strong>nen und Zahnärzte, auch<br />

wenn sie alle Voraussetzungen erfüllen,


ZBW_4/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

13_TITELTHEMA<br />

noch nicht (Stand 17. März 2022) mit<br />

dem Impfen <strong>in</strong> der eigenen Praxis beg<strong>in</strong>nen.<br />

Der Grund ist, dass die Zahnärzteschaft<br />

noch nicht <strong>in</strong> der Impfverordnung<br />

genannt wird. Demzufolge<br />

fehlt die Anb<strong>in</strong>dung an die Impfsurveillance<br />

des Robert-Koch-Instituts, sodass<br />

ke<strong>in</strong>e Impfstoffbestellung möglich ist.<br />

Ebenfalls fehlen damit die rechtlichen<br />

Grundlagen für die Abrechnung über<br />

die Kassenzahnärztliche Vere<strong>in</strong>igung.<br />

„Ich hoffe, dass die <strong>in</strong>frastrukturelle<br />

Organisation bald steht und wir Zahnärzt<strong>in</strong>nen<br />

und Zahnärzte mit den <strong>Impfung</strong>en<br />

<strong>in</strong> eigener Praxis starten können“,<br />

so Dr. Tomppert.<br />

ERFAHRUNG<br />

Damit die baden-württembergische<br />

Zahnärzteschaft für die COVID-<br />

19-Schutzimpfungen <strong>in</strong> ihren Praxen<br />

gewappnet und bestens vorbereitet ist,<br />

sicherte sich die Landeszahnärztekammer<br />

mit der Mund-Kiefer-Gesichtschirurg<strong>in</strong><br />

Dr. Dr. Sandra Ketabi e<strong>in</strong>e ebenso<br />

erfahrene wie kompetente Referent<strong>in</strong><br />

für die praktische ärztliche Notfall-<br />

Schulung. Dr. Dr. Ketabi hat am Impfzentrum<br />

des Robert-Bosch-Krankenhauses<br />

<strong>in</strong> Stuttgart bereits über 15.000<br />

<strong>Impfung</strong>en selbst durchgeführt und<br />

über 120.000 <strong>Impfung</strong>en beaufsichtigt.<br />

„Was sollen Sie heute von dieser Schulung<br />

mitnehmen? Mir ist wichtig, dass<br />

Sie den richtigen Umgang mit den verschiedenen<br />

Impfstoffen lernen, wissen,<br />

wo Sie sich valide Informationen beschaffen<br />

können, bei welchen Patient<strong>in</strong>nen<br />

und Patienten Sie aufpassen müssen<br />

und wie das Management mediz<strong>in</strong>ischer<br />

Notfälle aussieht.“ Mit diesen e<strong>in</strong>führenden<br />

Worten fasste Dr. Dr. Ketabi<br />

die geplanten Inhalte ihrer e<strong>in</strong>e<strong>in</strong>halbstündigen<br />

Schulung zusammen.<br />

Erfahren. Mit 15.000 selbst durchgeführten <strong>Impfung</strong>en war Dr. Dr. Sandra<br />

Ketabi die perfekte Referent<strong>in</strong> für die praktische ärztliche Notfallschulung.<br />

DIVA<br />

Mit der „Diva unter den Impfstoffen“,<br />

dem mRNA-Impfstoff Comirnaty von<br />

BioNTech/Pfizer startete die Referent<strong>in</strong>.<br />

Diva, weil der Impfstoff sehr sensibel<br />

auf Erschütterung reagiert, nie<br />

geschüttelt werden darf und auch das<br />

Klopfen gegen die Spritze muss bei<br />

Comirnaty von BioNTech/Pfizer unter<br />

allen Umständen unterlassen werden.<br />

Dr. Dr. Ketabi <strong>in</strong>formierte über die<br />

unterschiedlichen Konzentrate und<br />

Dosen des Impfstoffs, den idealen Abstand<br />

zwischen den <strong>Impfung</strong>en und<br />

die Impfstoffzubereitung. Gleiches<br />

zeigte sie für den mRNA-Impfstoff<br />

von Moderna, der im Gegensatz zu<br />

Comirnaty nicht verdünnt werden<br />

muss, sondern direkt aufgezogen werden<br />

kann.<br />

Der Vektorimpfstoff Janssen des Herstellers<br />

Janssen-Cilag, e<strong>in</strong>er Tochter des<br />

US-Unternehmens Johnson & Johnson,<br />

wird „an e<strong>in</strong> spezielles Klientel verimpft“,<br />

erklärte Dr. Dr. Ketabi. „Wir haben<br />

den Impfstoff vor allem Personen<br />

geimpft, die Angst vor Spritzen haben“.<br />

Seit dem 17. Januar 2022 gelten Personen,<br />

die e<strong>in</strong>mal mit dem Impfstoff Janssen<br />

geimpft wurden, nicht mehr als vollständig<br />

geimpft. Dafür ist e<strong>in</strong>e zweite<br />

<strong>Impfung</strong> nötig.<br />

Der Impfstoff Nuvaxovid des Herstellers<br />

Novavax ist e<strong>in</strong> Prote<strong>in</strong>impfstoff. Er<br />

enthält Coronavirus-ähnliche Partikel<br />

mit dem Coronaeiweiß „Spike-Prote<strong>in</strong>“.<br />

Ende Februar s<strong>in</strong>d die ersten Lieferungen<br />

des Impfstoffs <strong>in</strong> Baden-Württemberg<br />

e<strong>in</strong>getroffen. Novavax ist von der<br />

Europäischen Arzneimittel-Agentur<br />

EMA für Personen ab 18 Jahren zugelassen.<br />

Er wird im Abstand von drei Wochen<br />

verimpft und ist bislang nicht für<br />

e<strong>in</strong>e Booster-<strong>Impfung</strong> zugelassen. „Vieles<br />

ändert sich schnell“, warnte Dr. Dr.<br />

Ketabi, deshalb sei es besonders wichtig,<br />

sich über die Steckbriefe der Impfstoffe<br />

auf der Webseite der Kassenärztlichen<br />

Bundesvere<strong>in</strong>igung KBV ständig auf<br />

dem Laufenden zu halten. Wichtig ist<br />

vor allem, wie lange der Impfstoff verimpft<br />

werden darf. „E<strong>in</strong>e Stunde nach<br />

dem Aufziehen geht das Haftungsrisiko<br />

auf den Behandler über“, mahnte Dr.<br />

Dr. Ketabi. Das erfordert <strong>in</strong> der Praxis<br />

e<strong>in</strong>e gewisse Logistik und Organisation.<br />

Injektion. Die Spritze wird muskulär <strong>in</strong> den Oberarm verabreicht. Davor sollte zweimal<br />

des<strong>in</strong>fiziert werden.<br />

GOLDSTANDARD<br />

Wem impfe ich was wieviel? Die <strong>in</strong> diesem<br />

Zusammenhang wichtigen Institutionen<br />

s<strong>in</strong>d die Europäische Arzneimit-


14_TITELTHEMA<br />

ZBW_4/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

» Ich hoffe, dass die<br />

<strong>in</strong>frastrukturelle Organisation<br />

bald steht und wir Zahnärzte<br />

mit den <strong>Impfung</strong>en <strong>in</strong> eigener<br />

Praxis starten können.«<br />

Dr. Torsten Tomppert<br />

Begrüßung. LZK-Präsident Dr. Torsten Tomppert dankte der Kollegenschaft für ihre<br />

Bereitschaft zu impfen und der Bevölkerung während der Pandemie zu helfen.<br />

tel-Agentur EMA, die Ständige Impfkommission<br />

STIKO, und das Paul-Ehrlich-Institut,<br />

die Empfehlungen aussprechen<br />

sowie das M<strong>in</strong>isterium für Soziales,<br />

Gesundheit und Integration<br />

Baden-Württemberg, das die Empfehlungen<br />

<strong>in</strong> Verordnungen gießt. Oftmals<br />

s<strong>in</strong>d die Empfehlungen der Institutionen<br />

allerd<strong>in</strong>gs nicht deckungsgleich.<br />

„Die Information wer, was, wieviel entnehmen<br />

Sie <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie dem Anamnesebogen“.<br />

Der Anamnesebogen gehört<br />

mit dem E<strong>in</strong>willigungs- und Aufklärungsbogen<br />

zu den erforderlichen<br />

Unterlagen bei jedem Impfterm<strong>in</strong>.<br />

Das Robert-Bosch-Krankenhaus hatte<br />

<strong>in</strong> der Hochphase der Pandemie sehr<br />

viele COVID-Geburten. „Die Hebammen<br />

berichteten uns von schwerwiegenden<br />

Veränderungen der Plazenta, die<br />

die Alphavariante verursachte“, erzählte<br />

Bereitschaft. Dr. Isabell Eckste<strong>in</strong> und ihr Vater Dr. Walter Eckste<strong>in</strong> führen e<strong>in</strong>e<br />

Praxis auf dem Land bei Schwäbisch-Hall und haben ständig Anfragen von<br />

Patient<strong>in</strong>nen und Patienten, die sich impfen lassen möchten. „Wir s<strong>in</strong>d überzeugt,<br />

dass man impfen muss“.<br />

Dr. Dr. Ketabi. Aus diesem Grund habe<br />

man am Impfzentrum des Robert-<br />

Bosch-Krankenhauses sehr früh begonnen,<br />

Schwangere zu impfen. Die STIKO<br />

empfiehlt <strong>in</strong>zwischen, Schwangere ab<br />

der 12. Woche zu impfen. Schwangere<br />

dürfen nur BioNTech bekommen. Stillende<br />

über 30 Jahren erhalten Moderna.<br />

„In jedem Fall der Goldstandard für<br />

alle, die impfen, um sich e<strong>in</strong>en aktuellen<br />

Überblick zu verschaffen, ist das<br />

Epidemiologische Bullet<strong>in</strong> des Robert-<br />

Koch-Instituts“, betonte Dr. Dr. Ketabi.<br />

HELDENPFLASTER<br />

Die Spritze wird muskulär <strong>in</strong> den Oberarm<br />

verabreicht. Davor sollte zweimal<br />

des<strong>in</strong>fiziert werden. „Nicht bis auf den<br />

Knochen, wie wir Zahnärzte es normalerweise<br />

gewohnt s<strong>in</strong>d“, erklärte Dr. Dr.<br />

Ketabi. Und Vorsicht bei Tattoos: „Spritzen<br />

Sie nicht <strong>in</strong> die Farbe, die gelangt<br />

sonst <strong>in</strong> den Muskel“. Bei e<strong>in</strong>er Ger<strong>in</strong>nungshemmung<br />

ist e<strong>in</strong>e dünne Nadel zu<br />

verwenden. Nach dem Piks zwei M<strong>in</strong>uten<br />

Kompression, 30 M<strong>in</strong>uten Beobachtung.<br />

Ängstliche bekommen bei Dr. Dr.<br />

Ketabi e<strong>in</strong> Heldenpflaster, Tätowierte<br />

das äußerst beliebte Totenkopfpflaster!<br />

Impfreaktionen können nach sechs<br />

Stunden mit Paracetamol oder Ibuprofen<br />

behandelt werden. Unbed<strong>in</strong>gt zum<br />

Arzt sollte man bei Schmerzen <strong>in</strong> der<br />

Brust, neurologischen Ausfällen oder<br />

starken Kopf- und Bauchschmerzen.<br />

IM ZWEIFEL ADRENALIN<br />

Sehr ausführlich widmete sich Dr. Dr.<br />

Ketabi abschließend dem Notfall-Management.<br />

E<strong>in</strong>e gewisse Infrastruktur<br />

mit eigenem „Saniraum“, Notfallequipment<br />

und e<strong>in</strong>gespieltem Ablauf beim<br />

Absetzen des Notrufs, s<strong>in</strong>d unerlässlich,<br />

wenn man <strong>in</strong> eigener Praxis impfen<br />

möchte. „Me<strong>in</strong> Saniraum ist erst mit<br />

den Lehrern und Polizisten voll geworden“,<br />

berichtete Dr. Dr. Ketabi und hatte<br />

die Lacher auf ihrer Seite. Sie erläuterte<br />

die erforderlichen Maßnahmen,<br />

die <strong>in</strong> der Praxis bei e<strong>in</strong>er vasovagalen<br />

Synkope/Ohnmacht ergriffen werden.<br />

„Respekt sollten Sie vor e<strong>in</strong>er Anaphylaxie<br />

haben“, mahnte Dr. Dr. Ketabi. E<strong>in</strong>e<br />

Anaphylaxie/Hautreaktion 1. Grades<br />

kommt e<strong>in</strong>mal auf 1.000 <strong>Impfung</strong>en<br />

vor. Schwere Anaphylaxien (Grad 2 bis<br />

4) s<strong>in</strong>d deutlich seltener (1:100.000),<br />

aber extrem gefährlich und werden laut<br />

AWMF mit e<strong>in</strong>er Letalität bis zu zwei<br />

Prozent angegeben. Hier ist die Therapie<br />

der Wahl Adrenal<strong>in</strong>. Der Verlauf e<strong>in</strong>er<br />

Anaphylaxie muss außerdem immer<br />

stationär überwacht werden.<br />

Andrea Mader


ZBW_4/2022<br />

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15_TITELTHEMA<br />

COVID-<strong>Impfung</strong>en <strong>in</strong> <strong>Zahnarztpraxen</strong><br />

WICHTIGE ORGANISATORISCHE<br />

GRUNDLAGEN<br />

Bundesweit haben sich viele Zahnärzt*<strong>in</strong>nen bereit erklärt, die Impfkampagne gegen COVID-19<br />

aktiv zu unterstützen und auch <strong>in</strong> der eigenen Praxis <strong>Impfung</strong>en durchzuführen. Der Weg, bis<br />

vonseiten des Gesetzgebers alle notwendigen Voraussetzungen geschaffen waren, war jedoch<br />

geprägt von zahlreichen Hürden und Verzögerungen. So wurden organisatorische und rechtliche<br />

Fragen, etwa zum Thema Abrechnung sowie die E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung der Praxen <strong>in</strong> die Impfsurveillance<br />

des Robert-Koch-Instituts, erst <strong>in</strong> den vergangenen Wochen geklärt. Zum Redaktionsschluss<br />

fehlte allerd<strong>in</strong>gs immer noch die notwendige Änderung der Impfverordnung durch die Politik.<br />

Foto: AdobeStock/Daniel<br />

Impfkampagne. Seit Anfang April 2022 s<strong>in</strong>d von Seiten der Körperschaften alle nötigen organisatorischen Voraussetzungen geschaffen, um COVID-<strong>Impfung</strong>en<br />

<strong>in</strong> den <strong>Zahnarztpraxen</strong> durchführen zu können.<br />

Indessen ist die weitere pandemische<br />

Entwicklung schwer abzusehen. Bei<br />

künftigen Mutationen des Virus und<br />

der perspektivisch zu erwartenden Entwicklung<br />

angepasster Impfstoffe könnte<br />

sich die Lage schnell ändern und die<br />

erweiterten Impf-Kapazitäten durch die<br />

<strong>Impfung</strong>en <strong>in</strong> den <strong>Zahnarztpraxen</strong> an<br />

Bedeutung gew<strong>in</strong>nen. Mit den nun geschaffenen<br />

Grundlagen s<strong>in</strong>d die Voraussetzungen<br />

gegeben, damit die Zahnärzteschaft<br />

die Aktivitäten gegen die<br />

Pandemie auch durch <strong>Impfung</strong>en <strong>in</strong><br />

den eigenen Praxen unterstützen kann.<br />

IMPFSURVEILLANCE<br />

Zu den wichtigen Bed<strong>in</strong>gungen im<br />

Rahmen der Impfkampagne gehört die<br />

Erfassung und Dokumentation, wie<br />

viele Personen vollständig geimpft<br />

s<strong>in</strong>d. In Deutschland gibt es jedoch<br />

ke<strong>in</strong> zentrales Impfregister, auch liegen<br />

Zahlen zur Inanspruchnahme von<br />

<strong>Impfung</strong>en über die Abrechnungsdaten<br />

der Krankenkassen im Regelfall<br />

erst mit e<strong>in</strong>er zeitlichen Verzögerung<br />

von e<strong>in</strong>igen Monaten vor. Daher wird<br />

die Erhebung der Daten über die CO-<br />

VID-19-<strong>Impfung</strong> mithilfe der von der<br />

Bundesdruckerei technisch umgesetzten<br />

Webanwendung DIM („Digitales<br />

Impfquotenmonitor<strong>in</strong>g“) durchgeführt,<br />

über das e<strong>in</strong>e tägliche Meldung<br />

der Impfdaten an das Robert-Koch-Institut<br />

(RKI) erfolgt. Diese Informationen<br />

werden dann tagesaktuell im bundesweiten<br />

Impfdashboard unter der<br />

URL https://impfdashboard.de/ anschaulich<br />

aufbereitet.<br />

Damit die <strong>Zahnarztpraxen</strong> die bei<br />

ihnen durchgeführten <strong>Impfung</strong>en<br />

im Rahmen des DIM melden können,<br />

müssen die entsprechenden Da-


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ZBW_4/2022<br />

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DURCHGEFÜHRTE COVID-19-IMPFUNGEN AUF BUNDESLANDEBENE IN PROZENT<br />

M<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>mal geimpft Grundimmunisiert Auffrischimpfungen<br />

Berücksichtigt wurden alle <strong>Impfung</strong>en, die bis e<strong>in</strong>schließlich 15.3.22 durchgeführt und dem RKI bis 16.3.22, 8:00 Uhr, gemeldet wurden.<br />

<strong>Impfung</strong>en. Impfquoten-Monitor<strong>in</strong>g des Robert-Koch-Instituts (Stand 15. März 2022).<br />

Quelle: Robert-Koch-Institut<br />

ten <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Webformular e<strong>in</strong>gegeben<br />

werden. Dafür können die Zahnärzt*<strong>in</strong>nen<br />

nach der Bekanntgabe<br />

der Impfbereitschaft an die KZV BW<br />

e<strong>in</strong>schließlich des Nachweises der<br />

nötigen Voraussetzungen e<strong>in</strong> eigens<br />

im Portal der KZV BW bereitgestelltes<br />

Formular als „Nachbau“ des RKI-<br />

Formulars verwenden. Dieses Formular<br />

ist im geschützten Bereich auf<br />

der KZV-Webseite h<strong>in</strong>terlegt, die Datensätze<br />

werden täglich von der KZV<br />

BW zusammengeführt und an das<br />

RKI gemeldet.<br />

Der Vorteil für die Zahnärzt*<strong>in</strong>nen<br />

besteht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er bürokratiearmen Lösung<br />

und der e<strong>in</strong>fachen Handhabung<br />

aufgrund der bekannten Umgebung<br />

im geschützten Bereich der<br />

KZV-Webseite. Auch s<strong>in</strong>d hier ke<strong>in</strong>e<br />

zusätzliche Registrierung und ke<strong>in</strong>e<br />

zusätzlichen Anmeldedaten nötig.<br />

Zudem entfällt mit der Verwendung<br />

des von der KZV BW bereitgestellten<br />

Formulars die nötige Installation e<strong>in</strong>es<br />

Zertifikats für den Zugriff auf<br />

das RKI-Portal.<br />

ABRECHNUNG<br />

Die zweite Aufgabe aus vertragszahnärztlicher<br />

Perspektive betrifft die Abrechnung<br />

der erbrachten Leistungen<br />

im Rahmen der <strong>Impfung</strong>. Hier wurde<br />

e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>heitliches Verfahren festgelegt.<br />

Die KZV BW stellt den <strong>Zahnarztpraxen</strong>,<br />

die selbst <strong>Impfung</strong>en durchführen,<br />

wie bereits dargestellt, e<strong>in</strong> Webformular<br />

zur normierten Erfassung<br />

der Impfdaten sowie der erbrachten<br />

Leistungen zur Verfügung. Anhand<br />

der erfassten Impfleistungen wird daraufh<strong>in</strong><br />

seitens der KZV BW e<strong>in</strong>e Impf-<br />

Abrechnungsdatei im csv-Format zusammengestellt,<br />

die an das Bundesamt<br />

für soziale Sicherung (BAS) übermittelt<br />

wird. Die Abrechnung erfolgt<br />

gegenüber dem BAS und die Vergütung<br />

der Leistungen wird <strong>in</strong>folgedessen<br />

über die KZV BW an die <strong>Zahnarztpraxen</strong><br />

ausgezahlt.<br />

IMPFZERTIFIKATE<br />

E<strong>in</strong> weiterer wichtiger Aspekt betrifft<br />

die Erstellung digitaler Impfzertifikate,<br />

die § 22 Abs. 5 des Infektionsschutzgesetzes<br />

zufolge entweder<br />

durch den impfenden Leistungserbr<strong>in</strong>ger<br />

(ggf. also auch durch die an<br />

der Impfkampagne teilnehmenden<br />

Zahnärzt*<strong>in</strong>nen) oder nachträglich<br />

durch die Ärzt<strong>in</strong>/den Arzt oder die<br />

Apotheker<strong>in</strong>/den Apotheker erfolgen<br />

kann. Die Erstellung der Zertifikate<br />

ist zum Zeitpunkt der Drucklegung<br />

dieses Zahnärzteblatts noch <strong>in</strong> Klärung,<br />

da sie softwareseitig nach aktuellem<br />

Stand nicht <strong>in</strong> den <strong>Zahnarztpraxen</strong><br />

durchführbar ist und dafür<br />

bisher auch ke<strong>in</strong>e Abrechnungsvoraussetzung<br />

besteht. Ebenso ist die Abrechenbarkeit<br />

e<strong>in</strong>er ausschließlichen<br />

Impfberatung noch nicht abschließend<br />

geregelt. Nach wie vor nötig ist<br />

zudem die Aufnahme <strong>in</strong> die Impfverordnung,<br />

damit die <strong>Impfung</strong>en <strong>in</strong> den<br />

<strong>Zahnarztpraxen</strong> Anfang April starten<br />

können. Diese war bis zum Zeitpunkt<br />

der Drucklegung noch nicht erfolgt.<br />

Sobald zu den bestehenden offenen<br />

Fragen Lösungen vorliegen, werden<br />

die Zahnärzt<strong>in</strong>nen und Zahnärzte<br />

zeitnah über das digitale Rundschreiben<br />

der KZV BW <strong>in</strong>formiert.<br />

INFO<br />

Dr. Holger Simon-Denoix<br />

Aktuelle Informationen zur <strong>Impfung</strong><br />

<strong>in</strong> den <strong>Zahnarztpraxen</strong> f<strong>in</strong>den Sie<br />

onl<strong>in</strong>e auf der Seite der KZV BW<br />

www.kzvbw.de. Der L<strong>in</strong>k zum Webformular<br />

zur Erfassung der Impfdaten<br />

wird rechtzeitig im Rundschreiben<br />

bekannt gegeben.<br />

Informationen zum<br />

Digitalen Impfquotenmonitor<strong>in</strong>g<br />

(DIM) bietet<br />

die Webseite des<br />

RKI unter https://bit.<br />

ly/3w8Rl56.


ZBW_4/2022<br />

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17_PRO & CONTRA<br />

Seit dem 15. März gilt die e<strong>in</strong>richtungsbezogene COVID-19-Impfpflicht<br />

BLICK IN DIE PRAXIS<br />

PRO &<br />

CONTRA<br />

Name ist der Redaktion bekannt<br />

Dentalhygieniker<strong>in</strong><br />

Melanie Staeven<br />

Zahnmediz<strong>in</strong>ische Fachangestellte<br />

Zwischen Impfpflicht und Impfverweigerung gibt es<br />

me<strong>in</strong>es Erachtens viele Wege und auch Möglichkeiten.<br />

Ich b<strong>in</strong> 36 Jahre alt und möchte mich nicht impfen<br />

lassen. Ich b<strong>in</strong> ke<strong>in</strong>e Coronaleugner<strong>in</strong> und glaube<br />

auch an den pr<strong>in</strong>zipiellen Schutz von <strong>Impfung</strong>en. Aber<br />

me<strong>in</strong> Bauchgefühl sagt mir, ich sollte diesen Impfstoff<br />

gegen Corona nicht <strong>in</strong> me<strong>in</strong>en Körper spritzen lassen.<br />

Sachlich begründen kann ich es ehrlich gesagt nicht,<br />

ne<strong>in</strong>. Und ich weiß auch, dass ich gegen den Trend argumentiere<br />

und vermutlich me<strong>in</strong>en Job verliere. Das<br />

bedaure ich, weil ich ihn sehr gerne ausübe und das<br />

Arbeiten <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Team auch sehr mag. Wenn ich<br />

mich doch impfen lasse, dann vermutlich auch nur, um<br />

me<strong>in</strong>en Job nicht zu verlieren. Doch alle<strong>in</strong> dieser Gedanke<br />

hält mich noch mehr von der <strong>Impfung</strong> ab und<br />

sagt mir, dass ich es nicht aus freien Stücken mache,<br />

sondern unter Zwang. Kann das gut für me<strong>in</strong>en Körper<br />

se<strong>in</strong>?<br />

In der Praxis und <strong>in</strong> der Familie b<strong>in</strong> ich die E<strong>in</strong>zige, die<br />

noch nicht geimpft ist. Natürlich gibt mir das auch das<br />

Gefühl des Ausgeschlossense<strong>in</strong>s, da b<strong>in</strong> ich ganz ehrlich.<br />

Doch was kann man gegen se<strong>in</strong> <strong>in</strong>nerstes Gefühl<br />

tun? Ich habe Angst vor möglichen Langzeitfolgen der<br />

<strong>Impfung</strong>, habe vielleicht auch zu wenig Wissen dazu,<br />

aber die Unsicherheit ist auch nach vielen Diskussionen<br />

und Überzeugungsversuchen me<strong>in</strong>es Umfelds<br />

immer noch da und zu groß. Ich hatte am Anfang im<br />

Mai 2020 Corona. Für mich war es nicht so schlimm.<br />

Ich denke, dass me<strong>in</strong> Körper sich nicht nochmals <strong>in</strong>fiziert<br />

und wenn doch, auch mit dieser Krankheit fertig<br />

wird.<br />

Das Argument, ich könnte zur Gefahr für die Patient*<strong>in</strong>nen<br />

werden, verstehe ich nicht, da ich permanent<br />

Maske trage und mich teste. Warum ich nicht<br />

offiziell zu me<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung stehe? Ich denke, Sie kennen<br />

die Antwort. Man wird fertiggemacht und die<br />

wenigsten Menschen versuchen, mich zu verstehen.<br />

Schräg f<strong>in</strong>de ich, dass wir nicht bei den Coronaprämien<br />

berücksichtigt werden, aber zur Impfpflicht verdonnert.<br />

Das passt me<strong>in</strong>es Erachtens auch nicht zusammen.<br />

Entweder ganz oder gar nicht.<br />

Als das damals mit Corona angefangen hat, hatten wir<br />

<strong>in</strong> unserer Clique eigentlich beschlossen, uns nicht<br />

impfen zu lassen. Wir waren der Me<strong>in</strong>ung: Brauchen<br />

wir nicht. Als wir die Entwicklung dann jedoch beobachtet<br />

und mitbekommen haben, wie schlimm die<br />

Verläufe bei den schwer Infizierten waren und wie<br />

hoch die Ansteckungsgefahr war, änderten wir unsere<br />

Me<strong>in</strong>ung recht schnell. Mir war klar, um sicher<br />

weiterzuarbeiten und auch leben zu können, ist die<br />

<strong>Impfung</strong> der e<strong>in</strong>zige Weg. Ich möchte ke<strong>in</strong>en schweren<br />

Verlauf bekommen und im Krankenhaus liegen<br />

müssen. Außerdem hoffe ich, dass ich durch die <strong>Impfung</strong><br />

auch me<strong>in</strong>e Virenlast senken kann, sodass ich<br />

weder me<strong>in</strong>e Eltern noch unsere Patient*<strong>in</strong>nen anstecke.<br />

Später kam dann auch der Nebeneffekt dazu, dass<br />

wenn man geimpft ist, es sich unkomplizierter reisen<br />

lässt und sich auch das gesamte Leben „normaler“<br />

gestalten lässt. Zudem: Je mehr Leute geimpft s<strong>in</strong>d,<br />

umso schneller können wir alle wieder zum normalen<br />

Leben zurückkehren. Also habe ich mich sozusagen<br />

auch für die Allgeme<strong>in</strong>heit mitgeimpft.<br />

Als es damals losg<strong>in</strong>g mit dem Impfen, hatten wir<br />

großes Glück, dass wir schon im Februar an die Reihe<br />

kamen. Ich bekam als erstes AstraZeneca und kam<br />

mit e<strong>in</strong>em Tag Ausruhen davon. Kurz darauf g<strong>in</strong>g<br />

dann die Diskussion über Astra los, doch da ich nur<br />

e<strong>in</strong>en Tag Nebenwirkungen und sonst nichts hatte,<br />

war klar, dass ich auch die zweite <strong>Impfung</strong> machen<br />

lasse. Ohne mich von den Medien bee<strong>in</strong>flussen zu<br />

lassen. Nach den zwei <strong>Impfung</strong>en habe ich mich<br />

dann schon sicherer gefühlt – sowohl im Umgang mit<br />

den Patient*<strong>in</strong>nen als auch mit der Familie. Die dritte<br />

<strong>Impfung</strong> gab es dann mit Biontech und ich denke<br />

durch die Mischung b<strong>in</strong> ich doch vor schweren Verläufen<br />

ganz gut geschützt.<br />

Jetzt hoffe ich, dass es langsam bergauf geht und wir<br />

das Virus kle<strong>in</strong>kriegen und die Normalität wieder zurückkommt.<br />

Ich würde mich auf den Fall wieder Erstimpfen<br />

lassen, ob ich das allerd<strong>in</strong>gs dauerhaft jedes<br />

halbe Jahr mache, weiß ich noch nicht.


18_BERUFSPOLITIK<br />

ZBW_4/2022<br />

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7. Landeskongress Gesundheit Baden-Württemberg<br />

NACHHALTIGKEIT<br />

IM GESUNDHEITSWESEN<br />

Der 7. Landeskongress Gesundheit Baden-Württemberg fand auch dieses Jahr wieder im<br />

hybriden Format statt und setzte sich mit dem Thema Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen<br />

ause<strong>in</strong>ander. Sämtliche Teilnehmenden, aber auch e<strong>in</strong>ige der Referent*<strong>in</strong>nen schalteten sich<br />

onl<strong>in</strong>e zu. Hauptreferenten waren Dr. Eckart von Hirschhausen, Arzt und Wissenschaftsjournalist,<br />

sowie Prof. Dr. Ingo Bode von der Uni Kassel, Experte für Sozialpolitik mit dem<br />

Schwerpunkt organisationale und gesellschaftliche Grundlagen. Vor dem H<strong>in</strong>tergrund<br />

der noch immer akuten Coronapandemie stand die Frage nach dem Zusammenhang von<br />

Erderwärmung, Umweltzerstörungen und Zoonosen im Mittelpunkt des Kongresses.<br />

Wohnzimmer. „Mutter Erde ist unser aller Wohnzimmer“, sagte Dr. Hirschhausen. Und deshalb dürfe die Atmosphäre nicht weiter durch Treibhausgase<br />

zerstört werden. Er forderte dazu auf, sich mehr zu engagieren und das eigene Verhalten zu ändern, um die Folgen abzumildern.<br />

Screenshots: Schwarz<br />

Auch der Gesundheitsm<strong>in</strong>ister von Baden-Württemberg<br />

Manne Lucha warnte<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Grußwort vor den langfristigen<br />

Folgen des Klimawandels, <strong>in</strong>sbesondere<br />

für K<strong>in</strong>der, „denn ihr Körper<br />

reagiert empf<strong>in</strong>dlicher auf Krankheiten<br />

und Schadstoffe“, weshalb sie mit allen<br />

Folgen länger kämpfen müssen. Vor allem<br />

auch deshalb sei es notwendig, gesundheitsförderliche<br />

und klimagerechte<br />

Lebensbed<strong>in</strong>gungen zu schaffen.<br />

Das Thema der gesundheitlichen Chancengleichheit<br />

erachte er h<strong>in</strong>sichtlich der<br />

drohenden Folgen des Klimawandels<br />

als immer wichtiger werdend. Zur Bekräftigung<br />

se<strong>in</strong>er Aussagen verwies er<br />

darauf, dass für Süddeutschland bis<br />

Ende des Jahrhunderts bis zu 30 Hitzewellen<br />

prognostiziert wurden. Man<br />

müsse stärker dafür sorgen, dass den<br />

Menschen im Land bewusst wird, dass<br />

die Umwelt, das Klima und die Gesundheit<br />

eng mite<strong>in</strong>ander zusammenhängen.<br />

GESUNDHEITSGEFAHR<br />

„Wenn die asiatische Tigermücke <strong>in</strong> Baden-Württemberg<br />

heimisch wird und<br />

Allergien durch <strong>in</strong>vasive Arten rasant<br />

zunehmen, dann s<strong>in</strong>d das Alarmsignale<br />

für das Gesundheitswesen“, machte Dr.<br />

Eckart von Hirschhausen se<strong>in</strong>em Auditorium<br />

mit klaren Worten und Beispielen<br />

deutlich. Dr. Hirschhausen, der<br />

auch Gründer und Geschäftsführer der<br />

Stiftungen „Gesunde Erde – Gesunde<br />

Menschen“ und „Humor Hilft Heilen“<br />

ist, betonte, dass „die Klimakrise mit<br />

Hitze, Extremwetterereignissen und<br />

neuen Infektionskrankheiten mit Abstand<br />

die größte Gesundheitsgefahr im<br />

21. Jahrhundert“ ist. Und dies nicht nur


ZBW_4/2022<br />

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BERUFSPOLITIK_19<br />

global betrachtet, sondern auch hier bei<br />

uns und ke<strong>in</strong>esfalls mehr e<strong>in</strong> abstraktes<br />

Phänomen, bei dem die Anschaulichkeit<br />

fehle.<br />

CASE-STUDIES<br />

Klimaschutz sei zugleich Gesundheitsschutz,<br />

so die These Dr. Hirschhausens.<br />

Bereits der Sommer 2018 habe<br />

20.000 Hitzetote gefordert. Laut Dr.<br />

Hirschhausens Prognosen ist auch<br />

künftig mit Hitzewellen zu rechnen.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs sei ke<strong>in</strong>er, weder Altenheime<br />

noch Krankenhäuser auf diese Situation<br />

vorbereitet. Daher, so Dr.<br />

Hirschhausens Anspruch, benötigen<br />

wir „Case Studies, die konkret aufzeigen,<br />

wo der Klimawandel die Gesundheit<br />

der Leute bee<strong>in</strong>trächtigt“.<br />

Koord<strong>in</strong>ationsprozesse. Herausforderungen bei der Bewältigung des Klimawandels h<strong>in</strong>sichtlich<br />

der Gesundheitsversorgung zeigen sich auf mehreren Ebenen: Im Bereich der Prävention und bei<br />

längerfristigen gesundheitlichen Bee<strong>in</strong>trächtigungen.<br />

GRENZWERTIG<br />

Die Bewältigung des Klimawandels<br />

setzt, gerade wenn es um die Gesundheitsversorgung<br />

geht, e<strong>in</strong>e problemsensible<br />

Organisation von Infrastrukturen<br />

voraus. Über diese Herausforderungen<br />

an die <strong>in</strong>stitutionelle Organisation des<br />

Gesundheitswesens h<strong>in</strong>sichtlich des<br />

Klimawandels sprach Prof. Dr. Ingo<br />

Bode von der Universität Kassel. Se<strong>in</strong><br />

Fazit war e<strong>in</strong>deutig, denn er betrachtete<br />

die Organisation der Nachhaltigkeit im<br />

Gesundheitswesen als „chaotisch und<br />

fragmentiert“. H<strong>in</strong>zu komme se<strong>in</strong>er Ansicht<br />

nach der Umstand, dass das Gesundheitspersonal<br />

vielerorts am Limit<br />

arbeite. Zur Bewältigung der Klimaproblematik<br />

brauche es daher e<strong>in</strong>e klare<br />

Führung, e<strong>in</strong>deutige Prozesse und auch<br />

e<strong>in</strong>e territorial abgestufte Koord<strong>in</strong>ation<br />

aus e<strong>in</strong>er Hand.<br />

ZUSAMMENHÄNGE<br />

Direkt nach der Mittagspause diskutierten<br />

Prof. Dr. Simone Sommer von<br />

der Universität Ulm und Dr. Robert M.<br />

Beyer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung<br />

den Zusammenhang<br />

von Erderwärmung, Umweltzerstörungen<br />

und Zoonosen und der Rolle<br />

des Klimawandels bei der Entstehung<br />

von SARS-CoV-1 und SARS-CoV-2.<br />

ZUKUNFTSFÄHIG<br />

Wie kann das Gesundheitswesen <strong>in</strong><br />

Deutschland und <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong><br />

Baden-Württemberg zukunftsfähig<br />

aufgestellt werden, um e<strong>in</strong>e mediz<strong>in</strong>ische<br />

Versorgung der Menschen<br />

langfristig sicherstellen zu können?<br />

Mit dieser Fragestellung befasste<br />

sich Prof. Dr. Ralf K<strong>in</strong>dervater von<br />

der Landesgesellschaft Biopro Baden-Württemberg.<br />

Insgesamt stellte<br />

er vier Zukunftsprojekte vor, die geme<strong>in</strong>sam<br />

mit dem Forum Gesundheitsstandort<br />

Baden-Württemberg<br />

ausgewählt worden waren. Fazit der<br />

Präsentation: Die ärztliche Behandlung<br />

muss nachhaltiger gestaltet<br />

werden.<br />

E<strong>in</strong>es dieser Zukunftsprojekte ist<br />

im Neckar-Odenwald-Kreis angesiedelt.<br />

Mit dem Ziel, die Versorgung<br />

mit Allgeme<strong>in</strong>mediz<strong>in</strong>ern im ländlichen<br />

Raum langfristig sicherzustellen,<br />

arbeiten hier M<strong>in</strong>isterien,<br />

Mediz<strong>in</strong>fakultäten und kommunale<br />

Ansprechpartner eng zusammen.<br />

Die Arbeitsgruppe vor Ort wurde<br />

repräsentiert vom Ärztlichen Leiter<br />

der Neckar-Odenwald-Kl<strong>in</strong>iken, PD<br />

Dr. Harald Genzwürker, und der<br />

Heidelberger Studiendekan<strong>in</strong> Prof.<br />

Dr. Sab<strong>in</strong>e C. Herpertz. Geme<strong>in</strong>sam<br />

trugen sie Details zum „Aufbau von<br />

Modellregionen für ärztliche Ausbildung“<br />

vor.<br />

Podiumsdiskussion. E<strong>in</strong>ig waren sich die Teilnehmer*<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Punkt: Umweltthemen braucht<br />

e<strong>in</strong>e stärkere Beachtung, denn Klimaschutz ist zugleich Gesundheitsschutz.<br />

FAZIT<br />

Abschließend waren sich alle Teilnehmer*<strong>in</strong>nen<br />

e<strong>in</strong>ig, dass es für unsere<br />

Gesundheit bedeutend ist, e<strong>in</strong>e<br />

gesunde Umwelt und e<strong>in</strong>e systematische<br />

Gesundheitsförderung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Konzept zusammen zu führen. Entsprechende<br />

Maßnahmen werden vielerorts<br />

bereits erprobt, s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sgesamt<br />

aber noch zu wenig. Dr. Eckart<br />

von Hirschhausen brachte das Thema<br />

mit e<strong>in</strong>em Satz auf den Punkt:<br />

„Wir müssen nicht das Klima retten,<br />

sondern uns“.<br />

Cornelia Schwarz


20_BERUFSPOLITIK<br />

ZBW_4/2022<br />

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Standpunkt<br />

WÄHLEN –<br />

WARUM DAS DENN?<br />

Foto: unsplash.com/GlenCarrie<br />

In diesem Jahr wählen wir e<strong>in</strong>e neue Vertreterversammlung der KZV BW, das oberste<br />

Selbstverwaltungsorgan der Vertragszahnärzt<strong>in</strong>nen und Vertragszahnärzte <strong>in</strong> Baden-<br />

Württemberg. Die Vertreter<strong>in</strong>nen und Vertreter erfüllen wichtige Aufgaben: Sie wählen,<br />

kontrollieren und beraten den Vorstand der Kassenzahnärztlichen Vere<strong>in</strong>igung Baden-<br />

Württemberg. Sie fassen politische Beschlüsse und begleiten die fachlichen Entwicklungen<br />

im Beruf. So können sie die berufspolitische Ausrichtung entscheidend mitgestalten.<br />

Wir möchten bereits an dieser Stelle alle<br />

Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen dazu aufrufen,<br />

sich an der Wahl zur Vertreterversammlung<br />

zu beteiligen. Sprechen Sie<br />

aktiv weitere Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen<br />

an und tragen Sie zu e<strong>in</strong>er hohen Wahlbeteiligung<br />

bei. Es zählt jede Stimme!<br />

Noch besser ist: Engagieren Sie sich<br />

selbst im vertragszahnärztlichen Ehrenamt.<br />

Die Vertreterversammlung ist Ausdruck<br />

des demokratischen Pr<strong>in</strong>zips der<br />

Selbstverwaltung der Zahnärzt<strong>in</strong>nen<br />

und Zahnärzte. Sie soll dementsprechend<br />

die ganze Bandbreite der Zahnärzteschaft<br />

abbilden. Alle Kolleg<strong>in</strong>nen<br />

und Kollegen, die Interesse zeigen, s<strong>in</strong>d<br />

als Kandidat<strong>in</strong> oder Kandidat willkommen.<br />

Mit Blick auf die Zukunft richtet sich<br />

unser Appell ganz bewusst auch an die<br />

jüngeren Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen.<br />

Die Vertretung der baden-württembergischen<br />

Zahnärzteschaft lebt auch von<br />

Ihrem Engagement! Br<strong>in</strong>gen Sie sich<br />

e<strong>in</strong>, nehmen Sie teil an der Gestaltung<br />

der Rahmenbed<strong>in</strong>gungen für die Berufsausübung<br />

und erfahren Sie, wie<br />

wichtig, wie spannend und wie vielfältig<br />

der standespolitische E<strong>in</strong>satz ist.<br />

Berufspolitik bedeutet für uns die<br />

persönliche Begegnung, der Austausch<br />

mit Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen<br />

und das Verfolgen e<strong>in</strong>es geme<strong>in</strong>samen<br />

politischen Ziels: e<strong>in</strong>er starken<br />

Vertretung unserer zahnärztlichen<br />

Interessen. E<strong>in</strong>e hohe Wahlbeteiligung<br />

signalisiert auch Stärke<br />

nach außen. Die zahnärztlichen<br />

Körperschaften haben sich <strong>in</strong> der<br />

Vergangenheit erfolgreich engagiert<br />

und viel für den Berufsstand im<br />

Land erreicht. Dies muss auch <strong>in</strong> Zukunft,<br />

<strong>in</strong> der neuen Amtsperiode sichergestellt<br />

werden.<br />

Tragen Sie dazu bei. Bitte wählen Sie.<br />

Dr. Dr. Alexander Raff<br />

Vorsitzender der Vertreterversammlung<br />

Dr. Ulrich Jeggle<br />

stellv. Vorsitzender der<br />

Vertreterversammlung<br />

Dr. Uwe Lückgen<br />

Sprecher des Landesbeirates<br />

Vorsitzender der Bezirksgruppe Karlsruhe<br />

Dr. Georg Bach<br />

Vorsitzender der Bezirksgruppe Freiburg<br />

Dr. Gudrun Kaps-Richter<br />

stellv. Sprecher<strong>in</strong> des Landesbeirates<br />

Vorsitzende der Bezirksgruppe Stuttgart<br />

Dr. Wilfried Forschner<br />

Vorsitzender der Bezirksgruppe Tüb<strong>in</strong>gen


ZBW_4/2022<br />

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BERUFSPOLITIK_21<br />

VV-Wahlen der KZV BW<br />

INFORMATIONEN ZUR WAHL<br />

IN 2022<br />

In diesem Jahr f<strong>in</strong>det die Neuwahl der Delegierten zur Vertreterversammlung der KZV BW<br />

für die vierte Wahlperiode 2023 – 2028 statt. Dieses höchste Ehrenamtsorgan repräsentiert<br />

die Vertragszahnärzteschaft <strong>in</strong> Baden-Württemberg und stellt die standespolitischen<br />

Weichen für die nächsten sechs Jahre. Über wichtige Grundlagen zum Wahlprozedere<br />

und den Zeitablauf der Wahlen <strong>in</strong>formieren wir Sie wie folgt:<br />

Foto: Stollberg<br />

Wahlen zur VV. Für e<strong>in</strong>e starke Selbstverwaltung der Zahnärzteschaft.<br />

WAHLVERFAHREN<br />

Die Vertreterversammlung der KZV BW<br />

setzt sich aus 50 Delegierten zusammen.<br />

Für die Wahl zur Vertreterversammlung<br />

s<strong>in</strong>d sowohl Listen- als auch<br />

E<strong>in</strong>zelwahlvorschläge zugelassen. Jede*r<br />

Wahlberechtigte hat max. 50 Stimmen.<br />

Werden mehr Stimmen abgegeben,<br />

ist die gesamte Stimmabgabe ungültig.<br />

Pro Bewerber*<strong>in</strong> kann nur e<strong>in</strong>e<br />

Stimme vergeben werden. Es können<br />

Bewerber*<strong>in</strong>nen aus verschiedenen<br />

Wahlvorschlägen gewählt werden.<br />

Wahlberechtigt und wählbar s<strong>in</strong>d alle<br />

KZV-Mitglieder.<br />

ZEITPLAN<br />

Wichtig s<strong>in</strong>d die Fristen zur E<strong>in</strong>reichung<br />

von Wahlvorschlägen. Diese können<br />

vom 4. Mai 2022 bis e<strong>in</strong>schließlich<br />

18. Mai 2022 e<strong>in</strong>gereicht werden. Über<br />

die Zulassung von Wahlvorschlägen<br />

entscheidet der Landeswahlausschuss.<br />

Nach Ablauf der Frist e<strong>in</strong>gehende Wahlvorschläge<br />

werden nicht zugelassen.<br />

Am Donnerstag, dem 23. Juni 2022,<br />

werden die Wahlunterlagen verschickt.<br />

Bis zum 11. Juli 2022 können die<br />

Stimmzettel zurückgesendet werden.<br />

Anschließend ermittelt der Landeswahlausschuss<br />

vom 12. bis 14. Juli 2022<br />

das Wahlergebnis. Die gewählten Vertreter*<strong>in</strong>nen<br />

werden vom Landeswahlleiter<br />

über ihre Wahl <strong>in</strong>formiert. Das<br />

amtliche Wahlergebnis wird am 26. Juli<br />

2022 bekanntgegeben. Für den 5. Oktober<br />

2022 ist die konstituierende Sitzung<br />

der Vertreterversammlung vorgesehen,<br />

<strong>in</strong> welcher der Vorstand für die Wahlperiode<br />

2023 – 2028 gewählt wird.<br />

Dr. Holger Simon-Denoix<br />

INFO<br />

Alle Regelungen <strong>in</strong> Bezug auf die<br />

Wahl s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Wahlordnung der<br />

KZV BW festgelegt. Diese können<br />

Sie auf der Webseite der KZV BW<br />

e<strong>in</strong>sehen:<br />

https://www.<br />

kzvbw.de/ueberuns/satzungordnungen-richtl<strong>in</strong>ien/


22_BERUFSPOLITIK<br />

ZBW_4/2022<br />

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Serie: Nachhaltigkeit <strong>in</strong> der Zahnarztpraxis<br />

AUS PERSÖNLICHER<br />

ÜBERZEUGUNG<br />

Nachhaltiges Praxisteam. Dr. Andreas Treichel, ZFA Sanela Kucevic, ZFA Sabr<strong>in</strong>a Joos, Auszubildende Laura Schneider und ZFA Laura Giannetta (v. l.).<br />

Foto: J. Oltersdorf<br />

ZFA Laura Giannetta geht die zwei Kilometer <strong>in</strong> die Praxis zu Fuß, ZFA Sanela Kucevic kommt mit<br />

dem Fahrrad oder sie bildet e<strong>in</strong>e Fahrgeme<strong>in</strong>schaft mit ihrer Kolleg<strong>in</strong> Sabr<strong>in</strong>a Joos. Auszubildende<br />

Laura Schneider kommt mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Praxis<strong>in</strong>haber Dr. Andreas Treichel hat<br />

gleich zwei private Elektroautos zur Auswahl. Heute steht das größere unten <strong>in</strong> der Tiefgarage und<br />

lädt gerade. Ich werde nach klimafreundlicher Anreise am Bahnhof <strong>in</strong> Friedrichshafen mit e<strong>in</strong>em<br />

e-Carshar<strong>in</strong>g-Auto abgeholt. Dabei wäre ich viel lieber mit dem kle<strong>in</strong>en Elektro-Zweisitzer mit<br />

Flügeltüren von Dr. Andreas Treichel abgeholt worden, <strong>in</strong> dem man h<strong>in</strong>tere<strong>in</strong>ander Platz nimmt.<br />

Unsere Mobilität heizt das Klima ordentlich<br />

auf. E<strong>in</strong> Fünftel aller Treibhausgasemissionen<br />

<strong>in</strong> Deutschland<br />

stammt aus dem Verkehrssektor – der<br />

größte Teil aus den Auspuffen von Pkw,<br />

Lkw und Bussen. Erste wissenschaftliche<br />

Daten aus der Zahnmediz<strong>in</strong> zeigen,<br />

dass sogar knapp 50 Prozent der Kohlenstoffemissionen<br />

der Mobilität geschuldet<br />

s<strong>in</strong>d. Geme<strong>in</strong>t s<strong>in</strong>d hier ganz<br />

konkret die Wege, die das Praxisteam,<br />

die Patient<strong>in</strong>nen und Patienten und das<br />

gewerbliche Dentallabor für Kurierfahrten<br />

zum Erreichen der Praxis zurücklegen.<br />

Bisher hat Dr. Treichel noch ke<strong>in</strong><br />

Dentallabor gefunden, welches die Arbeiten<br />

elektrisch ausliefert.<br />

MOBILITÄT ENTSCHEIDEND<br />

Um wie viel der CO 2<br />

-Fußabdruck <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />

Praxis durch die klimaneutrale Mobilität<br />

se<strong>in</strong>es Praxisteams reduziert wird,<br />

weiß Dr. Andreas Treichel gar nicht so<br />

genau. Auch auf Praxisschilder, die se<strong>in</strong>e<br />

Praxis als klimaneutral oder klimapositiv<br />

ausweisen, legt er ke<strong>in</strong>en Wert. Er beschäftigt<br />

sich lieber damit, welchen Beitrag<br />

er als nächstes leisten kann, um Klima<br />

und Umwelt zu schützen.<br />

„Mobilität ist e<strong>in</strong> entscheidender Faktor“,<br />

weiß auch Dr. Treichel. Er plant<br />

deshalb jetzt e<strong>in</strong>e Wallbox zum Laden<br />

von Elektroautos auf dem Patientenparkplatz.<br />

Während die Kreditanstalt<br />

für Wiederaufbau KfW die Zuschüsse<br />

für private Ladestationen e<strong>in</strong>gestellt<br />

hat, fördert sie Ladestationen für Betriebe<br />

e<strong>in</strong>malig mit 900 EUR. Bei der KfW<br />

gibt es e<strong>in</strong>e Liste, welche Ladestationen<br />

gefördert werden. Das ist herstellerabhängig.<br />

Dr. Treichel plant die Ladestation<br />

direkt an die Hauswand anzubr<strong>in</strong>gen.<br />

Der Strom für die geplante neue Ladestation<br />

auf dem Patientenparkplatz sowie<br />

die Ladestation für das private Elektroauto<br />

<strong>in</strong> der Garage kommt vom Dach.<br />

Hier produzieren die Module der 10-Kilowatt-Photovoltaik-Anlage<br />

nicht nur<br />

den Strom zum Laden der Elektrofahrzeuge,<br />

sondern decken nahezu den gesamten<br />

Strombedarf der Praxis. „Me<strong>in</strong>e<br />

Praxisräumlichkeiten s<strong>in</strong>d gemietet“, er-


ZBW_4/2022<br />

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23_BERUFSPOLITIK<br />

hält die elektrische Verdunkelung der<br />

Dachflächenfenster ebenfalls sehr viel<br />

Wärme ab“. Außerdem wird <strong>in</strong> der Praxis<br />

digital geröntgt und die Umwelt dadurch<br />

weniger mit schädlichen Chemikalien<br />

belastet.<br />

Klimaretter. Die Zahnarztpraxis Dr. Treichel hat den 2. Platz beim Klimaretter-Award<br />

2021 <strong>in</strong> der Kategorie Kle<strong>in</strong>stunternehmer und Praxen belegt.<br />

zählt Dr. Treichel, „ich habe vertraglich<br />

vere<strong>in</strong>bart, dass ich die Dachfläche für<br />

die Photovoltaik-Anlage nutzen darf. Sie<br />

ist schon seit Ende 2016 <strong>in</strong> Betrieb“. Er<br />

zückt se<strong>in</strong> Handy und zeigt mir die App,<br />

mit der er se<strong>in</strong>e Stromproduktion überwachen<br />

kann. Aktuell werden 1,43 kW<br />

produziert, aber 1,45 kW benötigt – den<br />

fehlenden Strom deckt Dr. Treichel über<br />

e<strong>in</strong>en Vertrag mit e<strong>in</strong>em Ökostromanbieter,<br />

e<strong>in</strong> W<strong>in</strong>denergiebetreiber aus<br />

Norddeutschland. Dr. Treichel überlegt<br />

aktuell, se<strong>in</strong>e Photovoltaik-Anlage zu erweitern.<br />

Er hatte sich 2016 für e<strong>in</strong>e 10<br />

kW-Anlage entschieden, um ke<strong>in</strong>e EEG-<br />

Umlage zu bezahlen, die zu diesem Zeitpunkt<br />

für Anlagen über 10 kW noch zu<br />

entrichten waren.<br />

Nachhaltige Lektüre. Statt „auto motor sport“<br />

lesen die Patienten von Dr. Andreas Treichel<br />

„elektro auto mobil“ während sie auf ihre<br />

Behandlung warten.<br />

Foto: A. Mader<br />

SCHON IMMER NACHHALTIG<br />

„Angefangen hat alles, als ich vor 13 Jahren<br />

e<strong>in</strong> Niedrig-Energiehaus gebaut<br />

habe“, erzählt mir Dr. Treichel als ich<br />

ihn auf die Beweggründe se<strong>in</strong>es Engagements<br />

zum Schutz von Umwelt und Klima<br />

anspreche. Auf dem Dach – selbstverständlich<br />

e<strong>in</strong>e Photovoltaik-Anlage.<br />

Von der Solarenergie ist Dr. Treichel<br />

nachhaltig überzeugt. Er engagiert sich<br />

deshalb auch seit längerem <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Interessengeme<strong>in</strong>schaft<br />

vor Ort für Photovoltaik-Anlagen.<br />

„Wir unternehmen geme<strong>in</strong>same<br />

Sonnenspaziergänge, um Interessierte<br />

von der Anschaffung e<strong>in</strong>er<br />

Photovoltaik-Anlage zu überzeugen“.<br />

Seit wann er elektrisch fährt, weiß er<br />

schon gar nicht mehr. Dafür aber, dass<br />

er erst zweimal <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Leben geflogen<br />

ist, das e<strong>in</strong>e Mal, um se<strong>in</strong> Elektroauto <strong>in</strong><br />

Hamburg abzuholen. „Das verursachte<br />

CO 2<br />

habe ich aber kompensiert“, ergänzt<br />

er sogleich.<br />

„Ich b<strong>in</strong> schon immer nachhaltig unterwegs,<br />

es fällt mir nicht schwer, weil ich<br />

persönlich überzeugt b<strong>in</strong>“, betont Dr.<br />

Treichel. Überzeugt s<strong>in</strong>d auch die Mitarbeiter<strong>in</strong>nen.<br />

Alle im Team stehen h<strong>in</strong>ter<br />

den Maßnahmen. „Nachhaltigkeit<br />

wird <strong>in</strong> der Praxis gelebt und neuen Mitarbeitern<br />

vorgelebt“, betont Laura Giannetta,<br />

die schon seit ihrer Ausbildung<br />

vor 17 Jahren <strong>in</strong> der Praxis von Dr. Treichel<br />

arbeitet. Und dann sprudelt es aus<br />

den Mitarbeiter<strong>in</strong>nen nur so heraus und<br />

sie berichten, was sie alles <strong>in</strong> der Praxis<br />

machen: Die Waschmasch<strong>in</strong>e und der<br />

Thermodes<strong>in</strong>fektor laufen immer möglichst<br />

voll, Müll wird getrennt und nur<br />

e<strong>in</strong>e volle Mülltüte kommt vor die Tür,<br />

alle Geräte, außer der Server, s<strong>in</strong>d mit<br />

Zeitschaltuhren versehen, beim Verlassen<br />

der Räume wird das Licht ausgeschaltet,<br />

die Mundspülbecher s<strong>in</strong>d<br />

Mehrwegbecher und können im RDG<br />

gere<strong>in</strong>igt werden, es gibt <strong>in</strong> der Praxis<br />

ausschließlich LED-Lampen und trotz<br />

großer Hitze <strong>in</strong> den Sommermonaten,<br />

da die Praxis sich im Dachgeschoss bef<strong>in</strong>det,<br />

gibt es ke<strong>in</strong>e Klimaanlage.<br />

„Der Vermieter hat teilweise Energiesparfenster<br />

e<strong>in</strong>gebaut, das br<strong>in</strong>gt sehr<br />

viel“, ergänzt Dr. Treichel, „im Labor<br />

Foto: G. Schulte-Hoppe, Schwäbische Zeitung<br />

KLIMARETTER-AWARD 2021<br />

Im Mai 2020 hat die ZBW- Redaktion<br />

erstmals e<strong>in</strong>e Titelstrecke zum Thema<br />

Nachhaltigkeit <strong>in</strong> der Zahnarztpraxis<br />

gemacht. In dieser Ausgabe hat Dr. Treichel<br />

zum ersten Mal von der Aktion<br />

„Klimaretter – Lebensretter“ der Viamedica<br />

Stiftung gehört, deren Arbeit der<br />

Vorsitzende des Vorstands, Prof. Daschner,<br />

ausführlich vorgestellt hat.<br />

„Wir haben uns daraufh<strong>in</strong> auf der Webseite<br />

für das Projekt angemeldet“, erzählt<br />

Dr. Treichel. Innerhalb kürzester<br />

Zeit hatte das Praxisteam so viele Punkte<br />

für ihre ergriffenen Maßnahmen zur<br />

CO 2<br />

-E<strong>in</strong>sparung gesammelt, dass e<strong>in</strong>es<br />

Tages e<strong>in</strong>e Urkunde <strong>in</strong> der Praxis e<strong>in</strong>traf,<br />

die zum 2. Platz beim Klimaretter-Award<br />

<strong>in</strong> der Kategorie Kle<strong>in</strong>stunternehmer<br />

und Praxen gratulierte. „Wir waren total<br />

überrascht, haben uns aber riesig gefreut“,<br />

sagt Sanela Kucevic. „Es gab zum<br />

Beispiel Punkte, wenn man auf e<strong>in</strong>e bestimmte<br />

Menge an Fleisch verzichtete,<br />

die Treppe statt des Aufzugs benutzte<br />

oder doppelseitig ausdruckte“, erzählt<br />

Sabr<strong>in</strong>a Joos. Motiviert durch die Auszeichnung<br />

der Viamedica Stiftung hat<br />

sich die Praxis aktuell für den Zukunftspreis<br />

des Stadtwerks am See beworben.<br />

Bewerben konnten sich alle Initiativen,<br />

die zu e<strong>in</strong>er lebenswerten Zukunft <strong>in</strong> der<br />

Region beitragen. Inzwischen steht die<br />

Entscheidung fest: Die Praxis Dr. Treichel<br />

hat den vierten Platz belegt.<br />

KLIMAZERTIFIKATE<br />

Zum Schluss frage ich Dr. Treichel noch,<br />

ob er se<strong>in</strong>e Emissionen mit Umweltzertifikaten<br />

kompensiert. „Ich b<strong>in</strong> am überlegen“.<br />

Aufgrund des Filmes, den die Landeszahnärztekammer<br />

über die erste klimaneutrale<br />

Praxis von Dr. Hans-Georg<br />

Rollny gedreht hat, ist er auf Fokus Zukunft,<br />

e<strong>in</strong>e Nachhaltigkeitsberatungsgesellschaft<br />

für mittelständische Unternehmen,<br />

aufmerksam geworden und hat bereits<br />

Kontakt aufgenommen. „Jetzt warte<br />

ich noch die Karlsruher Konferenz ab,<br />

bevor ich mich entscheide“. Die diesjährige<br />

Karlsruher Konferenz fand am 18.<br />

März zum Thema „Nachhaltige<br />

Zahnmediz<strong>in</strong> – von Prävention bis Klimaschutz“<br />

statt. Das Praxisteam von Dr.<br />

Treichel hatte sich vor langer Zeit schon<br />

geschlossen für die Konferenz angemeldet<br />

und das Onl<strong>in</strong>e-Event im Livestream<br />

geme<strong>in</strong>sam verfolgt. Andrea Mader


24_BERUFSPOLITIK<br />

ZBW_4/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

Dr. Carmen Budau im Interview zum Notfalldienst<br />

„DAS IST GUT,<br />

WAS WIR HIER MACHEN“<br />

Dr. Carmen Budau ist niedergelassene Zahnärzt<strong>in</strong> <strong>in</strong> Baienfurt im Landkreis Ravensburg. Im<br />

Interview berichtet sie über den Spagat, den der Notfalldienst für sie als alle<strong>in</strong>erziehende<br />

Mutter bedeutet, und äußert Wünsche, wie man den Notfalldienst familienfreundlicher<br />

gestalten könnte.<br />

Foto: privat<br />

Dr. Carmen Budau ist auch im Notfall für ihre Patient<strong>in</strong>nen und<br />

Patienten da.<br />

ZBW: Frau Dr. Budau, wir wollen heute<br />

über das Thema zahnärztlicher Notfalldienst<br />

sprechen. Der Notfalldienst ist ja<br />

Teil des Sicherstellungsauftrags der<br />

KZVen, womit die Vertragszahnärzt<strong>in</strong>nen<br />

und -zahnärzte dazu verpflichtet<br />

s<strong>in</strong>d, Notfalldienste zu übernehmen.<br />

Vielleicht können Sie zu Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>mal<br />

beschreiben, wie oft Sie für den Notfalldienst<br />

e<strong>in</strong>geteilt s<strong>in</strong>d, wie lange dieser<br />

geht und wie Sie diese Zeiten organisieren?<br />

Als Praxis s<strong>in</strong>d wir zwei bis drei Mal<br />

im Jahr für den Notdienst e<strong>in</strong>geteilt,<br />

die Anzahl der Dienste ist dabei je<br />

nach Kreis unterschiedlich.<br />

Bei uns im<br />

Kreis Ravensburg müssen<br />

wir nicht das komplette<br />

Wochenende abdecken<br />

wie <strong>in</strong> anderen<br />

Kreisen, sondern wir<br />

s<strong>in</strong>d entweder Samstag<br />

oder Sonntag oder für<br />

die Brückentage e<strong>in</strong>geteilt.<br />

Darüber s<strong>in</strong>d wir<br />

sehr glücklich, denn es<br />

gibt auch Kreise, die<br />

sehr viel öfter Notdienst<br />

haben.<br />

Worüber wir jedoch e<strong>in</strong><br />

wenig unglücklich<br />

s<strong>in</strong>d, s<strong>in</strong>d die Nachtnotfalldienste<br />

für die<br />

Praxen am Wochenende.<br />

In diesem Beruf<br />

s<strong>in</strong>d mittlerweile überwiegend<br />

Frauen tätig.<br />

Und die Nachtnotdienste<br />

s<strong>in</strong>d für uns<br />

Frauen schwieriger zu<br />

organisieren. Wir wissen<br />

ja nicht, wer<br />

kommt. Ich als Frau<br />

traue mich nicht, alle<strong>in</strong>e<br />

den Notdienst<br />

durchzuführen. Me<strong>in</strong>e<br />

Ex-Chefs waren alle Männer, die haben<br />

immer alle<strong>in</strong>e den Nachtnotdienst<br />

gemacht. Aber ich traue mich<br />

nicht alle<strong>in</strong>e <strong>in</strong> die Praxis zu fahren,<br />

muss ich ehrlich sagen. Denn bis me<strong>in</strong>e<br />

Mitarbeiter<strong>in</strong> da ist, die nicht gerade<br />

um die Ecke wohnt, und bis dann<br />

die Stühle vorbereitet s<strong>in</strong>d und die<br />

Technik hochgefahren ist, dauert es<br />

zwei Stunden. Ist das s<strong>in</strong>nvoll? Wir<br />

würden es begrüßen, wenn es die Möglichkeit<br />

gäbe, den Nachtnotdienst auf<br />

23 Uhr oder auch 24 Uhr zu begrenzen.<br />

Ich denke, da würde dann niemand<br />

etwas sagen. Und wenn es irgendwie<br />

die Möglichkeit gäbe, diese<br />

Nachtnotdienste ganz abzuschaffen,<br />

wäre das wunderbar.<br />

In der Notfalldienstordnung steht, dass<br />

es e<strong>in</strong>e feste Zeit gibt, <strong>in</strong> der <strong>in</strong> der Praxis<br />

behandelt werden muss, also beispielsweise<br />

von 10 bis 11 Uhr. Und<br />

während der restlichen Zeit hätte man<br />

telefonische Bereitschaft. Wie ist das<br />

bei Ihnen? S<strong>in</strong>d Sie rund um die Uhr <strong>in</strong><br />

der Praxis, wenn Sie Notfalldienst haben?<br />

Bis jetzt war es immer so, dass die Patienten<br />

nicht nur <strong>in</strong> dieser festgelegten<br />

Sprechstunde anrufen, sondern gleich<br />

um 8 Uhr morgens, also wenn me<strong>in</strong><br />

Dienst anfängt. Und es ist oft der Fall,<br />

dass sie den Notfall größer machen, als<br />

er eigentlich ist. Oft kommen am Wochenende<br />

Fälle <strong>in</strong> die Praxis, die ke<strong>in</strong><br />

wirklicher Notfall s<strong>in</strong>d und die nicht<br />

unmittelbar behandelt werden müssten.<br />

Da s<strong>in</strong>d dann Reta<strong>in</strong>er oder<br />

Schneidekanten abgebrochen und es<br />

kratzt etwas an der Lippe, das s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e<br />

Notfälle. Aber am Telefon s<strong>in</strong>d die<br />

Leute nicht ehrlich, da wird oft übertrieben.<br />

Von dem, was wir <strong>in</strong> der Praxis<br />

am Wochenende behandeln, s<strong>in</strong>d maximal<br />

50 Prozent wirkliche Notfälle.<br />

Aber wenn die Patienten da s<strong>in</strong>d, dann<br />

schicken wir sie <strong>in</strong> der Regel nicht nach<br />

Hause. Und das schaffen wir dann alles<br />

nicht <strong>in</strong> dieser e<strong>in</strong>en Stunde. Manchmal<br />

arbeiten wir wirklich durchgehend<br />

und kaum ist man dann Zuhause,<br />

kommt zu Ruhe und will mit der Familie<br />

zu Abend essen, dann ruft wieder jemand<br />

an und man fährt wieder <strong>in</strong> die<br />

Praxis.<br />

Wie viele Patient<strong>in</strong>nen und Patienten<br />

haben Sie ungefähr an e<strong>in</strong>em ganz normalen<br />

Notfalldiensttag?<br />

Das ist unterschiedlich. Ich hatte acht<br />

Patienten, aber ich hatte auch über 20


ZBW_4/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

25_BERUFSPOLITIK<br />

Patienten. Als angestellte Zahnärzt<strong>in</strong><br />

war ich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er größeren Praxis, da waren<br />

es auch mal 40 Patienten. Im<br />

Schnitt s<strong>in</strong>d es wohl acht Patienten<br />

vormittags und acht Patienten nachmittags.<br />

Sie haben gesagt, dass es für Sie als<br />

Frau nicht e<strong>in</strong>fach ist, abends oder<br />

nachts den Notfalldienst auszuführen.<br />

Wie lösen Sie dieses Problem?<br />

Ich gebe Ihnen e<strong>in</strong> Beispiel: Dieses Jahr<br />

b<strong>in</strong> ich am Heiligen Abend mit Notfalldienst<br />

dran. Ich b<strong>in</strong> alle<strong>in</strong>erziehende<br />

Mutter, me<strong>in</strong>e Tochter ist nicht mehr<br />

ganz kle<strong>in</strong>, trotzdem braucht sie noch<br />

ihre Mama. Es ist schwierig, gerade am<br />

Heiligen Abend nachts das K<strong>in</strong>d alle<strong>in</strong>e<br />

zu lassen. Das muss man gut organisieren.<br />

Manchmal kommt mir die<br />

Notfalldienste<strong>in</strong>teilung wie e<strong>in</strong> Lotteriespiel<br />

vor. Warum könnte man sich<br />

nicht überlegen, welche Zeiten für welche<br />

Kollegen am besten zu besetzen<br />

s<strong>in</strong>d? Für Eltern s<strong>in</strong>d die Schulferien<br />

e<strong>in</strong> Problem. Wir Eltern müssen immer<br />

e<strong>in</strong>en Plan B f<strong>in</strong>den und Kompromisse<br />

treffen. Das geht schon, aber es ist<br />

nicht immer leicht. Ich habe mich nicht<br />

beschwert, dass ich am Heiligen Abend<br />

Notdienst habe. Ich verstehe das, ich<br />

b<strong>in</strong> verpflichtet und ich muss auch mal<br />

dran se<strong>in</strong>. Und nur weil ich alle<strong>in</strong>erziehende<br />

Mutter b<strong>in</strong>, will ich auch ke<strong>in</strong>e<br />

Sonderbehandlung haben. Aber schön<br />

ist es nicht und Sie haben mich gefragt,<br />

wie ich mich als Frau und als Mutter<br />

fühle und dann sag ich Ihnen: Der Spagat<br />

zwischen Familie und Beruf ist hier<br />

besonders schwierig. Trotzdem liebe<br />

ich me<strong>in</strong>en Beruf.<br />

Haben Sie als Frau e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>e Situation<br />

im Notfalldienst erlebt, die für Sie<br />

bedrohlich war?<br />

Ja, das habe ich. Seitdem ich selbständig<br />

b<strong>in</strong>, gab es e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>e etwas gefährliche<br />

Situation, aber da war dann<br />

auch die Polizei dabei. Da kam e<strong>in</strong>er<br />

mit Handschellen aus dem Gefängnis<br />

zu mir <strong>in</strong> die Praxis. Da habe ich mich<br />

nicht wohlgefühlt, weil man ja nicht<br />

weiß, wie die Menschen reagieren. Der<br />

Mann ist gekommen, weil er höllische<br />

Schmerzen hatte, er hatte auch panische<br />

Angst vor Spritzen und wollte den<br />

Mund nicht aufmachen. Die Polizei<br />

wollte, dass ich ihn behandle. Aber ich<br />

kann ja niemanden zw<strong>in</strong>gen. Das war<br />

schon e<strong>in</strong>e Situation, bei der ich dachte:<br />

Oh Gott, am liebsten würde ich jetzt<br />

woanders se<strong>in</strong>. Und als angestellte<br />

Zahnärzt<strong>in</strong> hatte ich auch e<strong>in</strong>en Fall,<br />

da kam e<strong>in</strong> Drogensüchtiger und ich<br />

war unsicher, was ich sagen soll, damit<br />

er nicht überreagiert. Der Mann war<br />

wie <strong>in</strong> Trance und hatte zudem noch<br />

e<strong>in</strong>en großen Hund dabei. Und wir am<br />

Stuhl s<strong>in</strong>d ja alles Frauen – me<strong>in</strong>e Helfer<strong>in</strong>nen<br />

s<strong>in</strong>d alle noch sehr jung. Klar<br />

hat man dann Respekt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er solchen<br />

Situation. Aber sowas passiert auch<br />

tagsüber, zum Beispiel, dass Betrunkene<br />

<strong>in</strong> der Praxis anfangen zu schreien<br />

und zu randalieren, wenn sie kurz warten<br />

müssen. Wir erleben immer wieder<br />

Situationen, die mit Vorsicht zu genießen<br />

s<strong>in</strong>d.<br />

Bis jetzt habe ich aber nie e<strong>in</strong>en Patient<br />

abgelehnt. Zu me<strong>in</strong>em Lebensgefährten<br />

habe ich aber gesagt, wenn nachts<br />

jemand anruft und ich <strong>in</strong> die Praxis<br />

muss, dann muss er mitkommen, alle<strong>in</strong>e<br />

gehe ich nicht.<br />

Gibt es beim Notfalldienst auch schöne<br />

Aspekte? Situationen, die Sie positiv<br />

überrascht haben?<br />

Ja, selbstverständlich – und das gilt<br />

nicht nur für den Notdienst! Wenn<br />

man sieht, dass man helfen kann, dass<br />

man jemanden von Schmerzen befreien<br />

kann, dann sieht man die Dankbarkeit<br />

und das Glitzern <strong>in</strong> den Augen der<br />

Patienten. Das s<strong>in</strong>d unbezahlbare Momente.<br />

Das gibt uns Kraft, nach vorne<br />

zu schauen und zu sagen, das ist gut,<br />

was wir hier machen. Das ist immer e<strong>in</strong><br />

sehr schönes Erlebnis. Wir als Zahnärzte,<br />

die wir mit Menschen arbeiten,<br />

s<strong>in</strong>d privilegiert, weil wir immer dieses<br />

positive Feedback bekommen.<br />

Haben Sie e<strong>in</strong>e Idee, ob sich der Notfalldienst<br />

im ländlichen Bereich anders gestaltet<br />

als beispielsweise <strong>in</strong> der Stadt?<br />

Da b<strong>in</strong> ich etwas überfragt, aber ich<br />

denke, dass die Leute auf dem Land<br />

nicht wegen jeder Kle<strong>in</strong>igkeit nachts<br />

anrufen. Die halten mehr aus und gehen<br />

erst am Montag. Das ist me<strong>in</strong>e<br />

Empf<strong>in</strong>dung auf Grundlage der Gespräche<br />

mit Kollegen: Je größer die<br />

Stadt, desto mehr Notfälle.<br />

Und e<strong>in</strong> aktuelles Thema: Hat Corona<br />

den Notfalldienst verändert?<br />

Für uns hat sich gar nichts geändert,<br />

überhaupt nicht. Die Hygienemaßnahmen<br />

s<strong>in</strong>d dieselben, egal ob der Patient<br />

Hepatitis, Aids oder Corona hat. Unsere<br />

Hygienemaßnahmen s<strong>in</strong>d bei allen<br />

Patienten gleich hoch. Es ist auch richtig,<br />

dass wir Zahnärzte nicht zwischen<br />

geimpften und ungeimpften Patienten<br />

unterscheiden. Wir s<strong>in</strong>d Zahnärzte<br />

und ke<strong>in</strong>e Richter!<br />

Was ist, wenn Sie mal den Notfalldienst<br />

nicht übernehmen können? Wie helfen<br />

Sie sich dann weiter? S<strong>in</strong>d Sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Netzwerk organisiert?<br />

Zuerst schauen wir untere<strong>in</strong>ander, ob<br />

wir e<strong>in</strong>e andere Praxis f<strong>in</strong>den, die für<br />

uns e<strong>in</strong>spr<strong>in</strong>gen kann. Bei uns im Kreis<br />

Ravensburg wird ständig von anderen<br />

Praxen angerufen, um zu klären, ob jemand<br />

den Notfalldienst übernehmen<br />

oder tauschen kann. Und wenn das<br />

nicht klappt, dann melden wir uns bei<br />

der Bezirksdirektion Tüb<strong>in</strong>gen und fragen,<br />

ob die was wissen. Ich weiß aber<br />

zum Beispiel, dass am Heiligen Abend<br />

niemand tauschen will, da muss ich es<br />

erst gar nicht erst versuchen. Dann machen<br />

me<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d und ich dieses Jahr<br />

eben Bescherung <strong>in</strong> der Praxis (lacht).<br />

Halten Sie die Regelung, dass sich Zahnärzt<strong>in</strong>nen<br />

ab der Schwangerschaft bis<br />

zum vollendeten dritten Lebensjahr des<br />

K<strong>in</strong>des vom Notfalldienst befreien lassen<br />

können, für familientauglich? Gäbe<br />

es e<strong>in</strong>e Lösung, die der Vere<strong>in</strong>barkeit<br />

von Familie und Beruf besser entgegenkommen<br />

würde?<br />

Ja, es wäre wirklich e<strong>in</strong>e große Hilfe für<br />

Frauen mit kle<strong>in</strong>en K<strong>in</strong>dern, wenn sie<br />

länger als diese drei Jahre befreit wären.<br />

Wenn es so wäre, dass man zum<strong>in</strong>dest<br />

vom nächtlichen Notfalldienst befreit<br />

wäre, dann wäre das sicherlich schon<br />

e<strong>in</strong>e große Erleichterung. Denn tagsüber<br />

lässt sich gut e<strong>in</strong>e Betreuung organisieren,<br />

tags ist der Notdienst gut<br />

machbar. Aber nachts lasse ich me<strong>in</strong>e<br />

14-jährige Tochter immer noch nicht<br />

gerne alle<strong>in</strong>e.<br />

Haben Sie sich denn, als Sie schwanger<br />

waren und als Ihre Tochter kle<strong>in</strong> war,<br />

vom Notfalldienst befreien lassen?<br />

Ja, das habe ich gemacht. Das war richtig<br />

gut.<br />

Fühlen Sie sich von der KZV BW gut betreut<br />

bei der Durchführung des Notfalldiensts?<br />

Würden Sie sich etwas wünschen?<br />

Ich fühle mich sehr gut betreut. Wenn<br />

wir e<strong>in</strong>e Frage haben, dann ist die Bezirksdirektion<br />

die erste Station, bei der<br />

wir anrufen und nachfragen und da<br />

gibt es immer jemanden, der uns e<strong>in</strong>e<br />

Antwort gibt oder uns hilft, Dienste zu<br />

tauschen. Das ist schon sehr gut.


26_BERUFSPOLITIK<br />

ZBW_4/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

Was ich mir vielleicht wünschen würde,<br />

ist e<strong>in</strong>e andere Regelung, wer wann<br />

dran ist. Denn es gibt schon Kollegen,<br />

auf die immer wieder der Notfalldienst<br />

an den „ungeliebten“ Tagen<br />

fällt. Vielleicht könnte man bei der<br />

Verteilung der Notfalldienste darauf<br />

achten, dass gewisse Aspekte berücksichtigt<br />

werden, z. B. kle<strong>in</strong>e oder<br />

schulpflichtige K<strong>in</strong>der. Und wenn es<br />

um die Nächte geht, könnte man vielleicht<br />

eher die Männer fragen – obwohl,<br />

da wollen wir Frauen eigentlich<br />

schon auch gleichberechtigt se<strong>in</strong>!<br />

(lacht) Wir s<strong>in</strong>d ja selbstbewusste unabhängige<br />

Frauen, da müssen wir<br />

dann wohl durch.<br />

Wünschen würde ich mir auch, dass<br />

man sowohl die Kollegen als auch die<br />

Patienten darüber <strong>in</strong>formiert, was eigentlich<br />

e<strong>in</strong> Notfall ist und somit am<br />

Wochenende behandelt werden muss.<br />

Vielleicht könnte man dazu im Rundschreiben<br />

und <strong>in</strong> der Presse mal <strong>in</strong>formieren?<br />

Vielleicht würde auch e<strong>in</strong> Zuschlag<br />

helfen, wie bei den Apotheken<br />

oder Tierärzten am Wochenende, damit<br />

sich die Patienten überlegen, ob<br />

sie unbed<strong>in</strong>gt noch nachts um 2.00<br />

Uhr zum Zahnarzt müssen oder es<br />

vielleicht auch aushalten, bis sie am<br />

Montag zum eigenen Zahnarzt können.<br />

INFO<br />

Das Gespräch führte Jenny Dusche<br />

Dieses Interview wurde auch im<br />

KZV BW-Newsletter zu Praxisalltag<br />

und Familie „Alles unter e<strong>in</strong>en Hut“<br />

veröffentlicht. Der Newsletter ersche<strong>in</strong>t<br />

viermal jährlich und bietet<br />

aktuelle Infos und <strong>in</strong>teressante E<strong>in</strong>blicke<br />

zum Thema Vere<strong>in</strong>barkeit von<br />

Familie und vertragszahnärztlicher<br />

Tätigkeit. Wenn Sie den Newsletter<br />

künftig ebenfalls<br />

beziehen wollen,<br />

können Sie sich<br />

unter https://bit.<br />

ly/3Mz99wa anmelden.<br />

Term<strong>in</strong>: Samstag, den 21. Mai 2022, 9:30 Uhr,<br />

Ort: DENTAURUM GmbH & Co. KG Turnstr. 31<br />

75228 Ispr<strong>in</strong>gen<br />

1. Begrüßung<br />

2. Gastvortrag/Podiumsdiskussion:<br />

NN *<br />

3. Eröffnung der Sitzung gem. § 1<br />

der Geschäftsordnung<br />

4. Regularien<br />

5. Fragestunde<br />

(Die Fragen dürfen sich nicht auf<br />

Punkte der Tagesordnung beziehen<br />

und müssen gemäß § 5 der<br />

Geschäftsordnung m<strong>in</strong>destens 5<br />

Tage vor der Sitzung der Landesversammlung<br />

<strong>in</strong> der Landesgeschäftsstelle<br />

schriftlich e<strong>in</strong>gegangen<br />

se<strong>in</strong>.)<br />

6. Bericht des Landesvorsitzenden<br />

7. Diskussion<br />

8. Geschäftsbericht<br />

9. Bericht der Kassenprüfer<br />

10. Jahresrechnung 2021<br />

Dr. Joachim Härer<br />

Landesvorsitzender<br />

11. Entlastung des Landesvorstandes<br />

12. Haushaltsplan 2022<br />

13. Anträge<br />

Anträge, die die Tagesordnung<br />

verändern, s<strong>in</strong>d zwei Wochen vor<br />

der Landesversammlung schriftlich<br />

beim Landesvorstand über die Landesgeschäftsstelle<br />

e<strong>in</strong>zureichen.<br />

14. Verschiedenes<br />

* sobald das Thema und der Referent für den<br />

Gastvortrag bzw. die Durchführung der Podiumsdiskussion<br />

feststehen, wird die Tagesordnung auf<br />

der Homepage entsprechend aktualisiert<br />

(https://www.fvdz.de/term<strong>in</strong>e-bw.html)<br />

Freier Verband Deutscher Zahnärzte e. V. Tel. (0711) 780 30 90<br />

Landesverband Baden-Württemberg Fax: (0711) 780 30 92<br />

Albstadtweg 9, 70567 Stuttgart<br />

E-Mail: <strong>in</strong>fo@fvdz-bw.de


Landeszahnärztekammer BaWü Körperschaft des öffentlichen Rechts<br />

Akademie<br />

Fortbildungsangebot<br />

April 2022 | Mai 2022 | Juni 2022 | Juli 2022<br />

Team und ZFA<br />

Kurs Nr. 9310<br />

E<strong>in</strong>zelkurs | Bleach<strong>in</strong>g – Trend <strong>in</strong> der modernen Zahnheilkunde<br />

- für das Praxisteam!<br />

Referent: Prof. Dr. Thomas Wrbas, Freiburg<br />

Datum: 21.05.2022<br />

Kursgebühr: ZÄ/ZA 250 € | ZFA 200 €<br />

Kurs Nr. 9338 | 9 Punkte<br />

E<strong>in</strong>zelkurs | Erfolgreiche Prothetik im parodontal vorgeschädigtem<br />

Gebiss – e<strong>in</strong>e Teamleistung<br />

Referenten: Prof. Dr. Sven R<strong>in</strong>ke, M.Sc., M.Sc., Hanau<br />

Prof. Dr. Dirk Ziebolz, M.Sc., Leipzig<br />

Datum: 29.04.2022<br />

Kursgebühr: ZÄ/ZA 450 € | ZFA 300 €<br />

Kurs Nr. 9345<br />

E<strong>in</strong>zelkurs | Gelungene Patientenkommunikation<br />

Referent<strong>in</strong>: Brigitte Kühn, ZMV, Tutz<strong>in</strong>g<br />

Datum: 20.05.2022<br />

Kursgebühr: 180 €<br />

Kurs Nr. 9346<br />

E<strong>in</strong>zelkurs | Gelebtes Qualitätsmanagement: praktische<br />

Umsetzung für Mitarbeiter/-<strong>in</strong>nen<br />

Referent<strong>in</strong>: Brigitte Kühn, ZMV, Tutz<strong>in</strong>g<br />

Datum: 21.05.2022<br />

Kursgebühr: 180 €<br />

Kurs Nr. 9272 | 8 Punkte<br />

E<strong>in</strong>zelkurs | Update Abrechnung<br />

Referent<strong>in</strong>: Alexandra Pedersen, Bodman-Ludwigshafen<br />

Datum: 20.05.2022<br />

Kursgebühr: 250 €<br />

Onl<strong>in</strong>e-Sem<strong>in</strong>ar<br />

Kurs Nr. 9271 | 4 Punkte<br />

Hybrid | E<strong>in</strong>zelkurs onl<strong>in</strong>e | Erfolgreich behandeln, auch mit<br />

(zu) wenig Personal - wie führe ich me<strong>in</strong>e Praxis <strong>in</strong> Zeiten<br />

des Fachkräftemangels?<br />

Referent: Dr. Oliver Schäfer, Tambach-Dietharz<br />

Daten: 08.04.2022 | 14.00 – 18.00 Uhr<br />

Kursgebühr: 250 €<br />

E<strong>in</strong>zelkurse<br />

Kurs 9293 | 14 Punkte<br />

Curriculum | E<strong>in</strong>zelkurs | PAR 4: Parodontale Regeneration<br />

und mukog<strong>in</strong>givale Chirurgie<br />

Referent/-<strong>in</strong>: Prof. Dr. Christian Graetz, Kiel<br />

Dr. Sonja Sälzer (PhD), Hamburg<br />

Datum: 08.-09.04.2022<br />

Kursgebühr: Reihenbuchung 600 € | E<strong>in</strong>zelbuchung 650 €<br />

Kurs Nr. 9273 | 10 Punkte<br />

E<strong>in</strong>zelkurs | Bohren ist nicht alles - auch abrechnen will<br />

gelernt se<strong>in</strong> - e<strong>in</strong> Sem<strong>in</strong>ar für junge Zahnärzt<strong>in</strong>nen und<br />

Zahnärzte<br />

Referent<strong>in</strong>: Alexandra Pedersen, Bodman-Ludwigshafen<br />

Datum: 21.05.2022<br />

Kursgebühr: 300 €<br />

Kurs 9256 | 10 Punkte<br />

E<strong>in</strong>zelkurs | Vollkeramische Adhäsivbrücken – e<strong>in</strong>e bewährte<br />

Alternative zu E<strong>in</strong>zelzahnimplantaten<br />

Referent: Prof. Dr. Matthias Kern, Kiel<br />

Datum: 24.-25.06.2022<br />

Kursgebühr: 700 €<br />

Kurs Nr. 9274 | 14 Punkte<br />

E<strong>in</strong>zelkurs | Frontzahnästhetik <strong>in</strong> der Praxis: Komposit statt<br />

Keramik?<br />

Referent: Prof. Dr. Gabriel Krastl, Würzburg<br />

Datum: 08.-09.07.2022<br />

Kursgebühr: 800 €<br />

Startterm<strong>in</strong> Curriculum<br />

Kurs Nr. 9300 | 13 Punkte<br />

Curriculum | E<strong>in</strong>zelkurs | Craniomandibuläre Dysfunktion<br />

(CMD): pathophysiologische Grundlagen, Diagnostik, Therapie<br />

Referenten: Prof. Dr. Alfons Hugger, Düsseldorf<br />

Prof. Dr. Hans-Jürgen Sch<strong>in</strong>dler, Karlsruhe<br />

Datum: 24.-25.06.2022<br />

Kursgebühr: 650 €<br />

Start des Curriculums Funktion und Schmerz<br />

Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe | Lorenzstraße 7 | 76135 Karlsruhe | Fon +49 721 9181-200 | Fax + 49 721 9181-222 | fortbildung@za-karlsruhe.de


28_BERUFSPOLITIK<br />

ZBW_4/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

Freiwillige Kammermitgliedschaft<br />

EIN TOLLER BENEFIT!<br />

„Herzlich willkommen bei der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg! Sie s<strong>in</strong>d als<br />

Student<strong>in</strong> unser erstes freiwilliges Kammermitglied. Wir bedanken uns für Ihr Vertrauen<br />

und freuen uns über Ihr frühzeitiges Interesse an den Angeboten der Landeszahnärztekammer<br />

Baden-Württemberg. Bereits für freiwillige Mitglieder gilt: Die Kammer –<br />

Ihr Partner! Für Ihr weiteres Studium wünschen wir Ihnen viel Erfolg.“ So lautet der<br />

Text auf der Urkunde, den die Landeszahnärztekammer ihrem ersten freiwilligen Mitglied<br />

geschickt hat. Stefanie Hagspiel war ziemlich überrascht, als sie die Urkunde aus<br />

ihrem Briefkasten geholt hat. Noch überraschter war sie über unsere Interviewanfrage ….<br />

Liebe Frau Hagspiel, Sie s<strong>in</strong>d unser erstes<br />

freiwilliges Kammermitglied. Herzlichen<br />

Glückwunsch! Wie haben Sie erfahren,<br />

dass Sie bei der Landeszahnärztekammer<br />

freiwilliges Mitglied werden<br />

können? Und was waren die Gründe für<br />

Ihren Antrag?<br />

Vielen Dank! Ehrlicherweise war ich<br />

sehr überrascht, aber natürlich auch erfreut,<br />

als ich das Schreiben der LZK erhalten<br />

habe, dass ich das erste freiwillige<br />

Kammermitglied b<strong>in</strong>. Auf dieses Angebot<br />

für Studierende b<strong>in</strong> ich nämlich<br />

durch Zufall gestoßen, als ich auf der<br />

Foto: privat<br />

LZK-Website unterwegs war, um mich<br />

über Weiterbildungsmöglichkeiten<br />

nach dem Studium zu <strong>in</strong>formieren. Daraufh<strong>in</strong><br />

habe ich mich etwas mit den<br />

Leistungen der Mitgliedschaft beschäftigt<br />

und erkannt, dass ich sehr davon<br />

profitieren kann. Unter anderem sehe<br />

ich e<strong>in</strong>en großen Vorteil dar<strong>in</strong>, über Aktuelles<br />

auf dem Laufenden gehalten zu<br />

werden.<br />

Hatten Sie während Ihres Studiums bereits<br />

Berührungspunkte mit der Kammer?<br />

Wie s<strong>in</strong>d Ihre Erfahrungen?<br />

Zu Beg<strong>in</strong>n des Studiums waren die Berührungspunkte<br />

noch nicht so groß,<br />

aber nun, da sich me<strong>in</strong> Studium dem<br />

Ende entgegenneigt, lerne ich die Bedeutung<br />

der Kammer immer mehr kennen.<br />

Teil me<strong>in</strong>es aktuellen Kurses ist<br />

auch e<strong>in</strong>e Vorlesungsreihe zur Berufskunde<br />

unter anderem <strong>in</strong> Kooperation<br />

mit der BZK Karlsruhe, <strong>in</strong> der uns beispielsweise<br />

unter anderem die Funktionen<br />

der e<strong>in</strong>zelnen Gremien nahegebracht<br />

werden. Dies wird im Berufsalltag<br />

des Zahnarztes sehr bedeutend und<br />

ich f<strong>in</strong>de es gut, mich auch jetzt schon<br />

mit diesen Themen ause<strong>in</strong>anderzusetzen.<br />

Sie haben sich ja bereits über die Leistungen<br />

für freiwillige Kammermitglieder<br />

<strong>in</strong>formiert. Haben Sie auch schon von<br />

e<strong>in</strong>em Angebot Gebrauch gemacht?<br />

Ich f<strong>in</strong>de, die Leistungen der freiwilligen<br />

Kammermitgliedschaft s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> toller<br />

Benefit. Ich freue mich schon, an<br />

Veranstaltungen und Fortbildungen<br />

der BZKen und der LZK teilnehmen zu<br />

können und blättere gerne durch die<br />

Zeitschrift „Der junge Zahnarzt“, die<br />

ich im Rahmen der Mitgliedschaft regelmäßig<br />

erhalte. Für me<strong>in</strong> bevorstehendes<br />

Examen f<strong>in</strong>de ich auch die Möglichkeit<br />

der für sechs Monate kostenlosen<br />

Nutzung von ViaMedici <strong>in</strong> Kooperation<br />

mit Thieme besonders hilfreich,<br />

da hier die wichtigsten Lern<strong>in</strong>halte aufbereitet<br />

s<strong>in</strong>d und ich umfangreichen<br />

Zugriff auf Fachliteratur habe.<br />

Sie s<strong>in</strong>d auf der Zielgeraden Ihres Studiums<br />

der Zahnmediz<strong>in</strong> und werden demnächst<br />

Ihr Examen machen. Wie sehen<br />

Ihre Pläne aus, wenn Sie Ihr Staatsexamen<br />

bestanden haben? In der Kammer<br />

gibt es zahlreiche Möglichkeiten sich<br />

über e<strong>in</strong> Amt <strong>in</strong> der Standes- und Berufspolitik<br />

zu engagieren. Wäre das etwas<br />

für Sie?<br />

Nach dem Examen steht für mich erstmal<br />

die Assistenzzeit an, e<strong>in</strong>e hoffentlich<br />

nochmal sehr lehrreiche Zeit, auf<br />

die ich mich auch schon freue. Wo es<br />

mich hierfür genau h<strong>in</strong>treiben wird,<br />

weiß ich noch nicht, aber ich würde gerne<br />

<strong>in</strong> Baden-Württemberg bleiben. Im<br />

Studium ist besonders me<strong>in</strong>e Begeisterung<br />

für die Kieferorthopädie immer<br />

mehr gewachsen. Daher möchte ich anschließend<br />

die Weiterbildung zum<br />

Fachzahnarzt für Kieferorthopädie beg<strong>in</strong>nen.<br />

In me<strong>in</strong>er Jugend habe ich mich ehrenamtlich<br />

<strong>in</strong> mehreren Vere<strong>in</strong>en engagiert,<br />

durch den Wohnortswechsel und<br />

das zeit<strong>in</strong>tensive Studium ist dies <strong>in</strong><br />

den letzten Jahren weniger geworden.<br />

Ich könnte mir aber sehr gut vorstellen,<br />

wieder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e ehrenamtliche Tätigkeit<br />

e<strong>in</strong>zusteigen, gerne auch im Feld der<br />

Standes- und Berufspolitik. Ich denke,<br />

dies ist e<strong>in</strong>e tolle Chance sich e<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gen<br />

und viele nette Kollegen kennenzulernen.<br />

Das Gespräch führte Andrea Mader


ZBW_4/2022<br />

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29_BERUFSPOLITIK<br />

KOMMENTAR<br />

Die Landeszahnärztekammer Baden-<br />

Württemberg begrüßt ihr erstes<br />

freiwilliges Mitglied. Das ist e<strong>in</strong>e gute<br />

Nachricht. Denn die Kammer bef<strong>in</strong>det<br />

sich auf dem richtigen Weg, wenn sie<br />

angehende Zahnärzt<strong>in</strong>nen und<br />

Zahnärzte frühzeitig <strong>in</strong> ihre Reihen<br />

<strong>in</strong>tegriert.<br />

Möglich wurde das durch die Änderung<br />

des Heilberufe-Kammergesetzes,<br />

auf die wir dank unserer guten<br />

Kontakte zur Landesregierung<br />

zielgerichtet h<strong>in</strong>wirken konnten. Wenn<br />

sich nun junge Menschen zum E<strong>in</strong>tritt<br />

<strong>in</strong> die Kammer entscheiden, tragen<br />

unsere politischen Bemühungen<br />

endlich Früchte.<br />

E<strong>in</strong> Gew<strong>in</strong>n für alle: Die Landeszahnärztekammer<br />

als berufspolitische<br />

Vertretung öffnet sich noch stärker<br />

dem zahnärztlichen Nachwuchs mit<br />

frischen Ideen und Vorstellungen. Den<br />

langen Weg dah<strong>in</strong> hat sie entschlossen<br />

verfolgt und mit der Gründung der<br />

neuen Abteilung für Studierende,<br />

junge und angestellte Kammermitglieder<br />

e<strong>in</strong> solides Fundament sowie e<strong>in</strong>e<br />

W<strong>in</strong>-W<strong>in</strong>-Situation geschaffen.<br />

Nun profitiert auch der zahnärztliche<br />

Nachwuchs von unserem Engagement:<br />

Unseren freiwilligen Mitgliedern<br />

bieten wir e<strong>in</strong> auf ihre Bedürfnisse<br />

zugeschnittenes attraktives<br />

Paket mit Benefits für ihr Studium,<br />

aber auch für den privaten Bereich.<br />

Zugleich lernen sie die Strukturen der<br />

Kammer besser kennen und machen<br />

sich frühzeitig mit ihrer neuen<br />

beruflichen Heimat vertraut. Das ist<br />

e<strong>in</strong>e sehr gute Basis für den ehrenamtlichen<br />

Nachwuchs – und damit für<br />

die Kammer!<br />

Die Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg ist erstmals<br />

auf der Pflege PLUS vertreten! Besuchen Sie uns an unserem<br />

Messestand!<br />

Stand Nr. 4B51, täglich von 9 bis 17 Uhr!<br />

Gutsche<strong>in</strong>e für Gratis-Tageskarten erhalten Sie unter presse@lzk-bw.de!<br />

17.-19. Mai 2022<br />

Messe Stuttgart<br />

MAHLE Halle (Halle 4)


DEMOKRATISC<br />

30_POLITIK<br />

ZBW_4/2022<br />

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Das Dialoggespräch mit Florian Wahl MdL<br />

VOLLE UNTERSTÜTZUNG<br />

FÜR DIE ZAHNÄRZTESCHAFT<br />

Florian Wahl ist Sprecher für Gesundheit und Pflege der SPD und zudem Vorsitzender des<br />

Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration des Landtags von Baden-Württemberg. Im<br />

Dialoggespräch erklärte der SPD-Politiker nicht nur wie er zur allgeme<strong>in</strong>en Impfpflicht steht<br />

und ob er für e<strong>in</strong>e Corona-Sonderprämie für ZFAs wäre, sondern bezieht zudem Stellung zur<br />

Integration des Landesgesundheitsamtes <strong>in</strong> das Sozialm<strong>in</strong>isterium.<br />

SOZ<br />

Screenshot: C. Schwarz<br />

Onl<strong>in</strong>eformat. Coronabed<strong>in</strong>gt fand das Dialoggespräch nicht <strong>in</strong> Präsenz statt. Dem konstruktiven<br />

Austausch tat dieser Umstand jedoch ke<strong>in</strong>en Abbruch.<br />

PAR<br />

DEUTSCHLA<br />

Cornelia Schwarz: Herr Wahl, die Zahnärzteschaft<br />

im Land kennt Sie ja bereits<br />

als ehemaligen Leiter der Stabsstelle<br />

Kommunikation der KZV BW – doch<br />

nun würden wir gerne von Ihnen als gesundheitspolitischem<br />

Sprecher der SPD<br />

im Landtag von Baden-Württemberg<br />

wissen, wofür Sie <strong>in</strong> der Gesundheitspolitik<br />

stehen und welche expliziten Ziele<br />

Sie dort mit Ihrem Engagement verfolgen.<br />

Florian Wahl: Dass ich e<strong>in</strong>e gewisse Aff<strong>in</strong>ität<br />

zur Selbstverwaltung im Gesundheitswesen<br />

habe, ist ja h<strong>in</strong>länglich bekannt.<br />

Übrigens ja nicht nur e<strong>in</strong>e Aff<strong>in</strong>ität,<br />

sondern immerh<strong>in</strong> auch noch e<strong>in</strong>en<br />

ruhenden Arbeitsvertrag (lacht). Was<br />

uns umtreibt, ist die Sicherstellung der<br />

Versorgung, und dies sowohl im Land<br />

als auch <strong>in</strong> der Fläche [...]. Wir wollen,<br />

dass die Versorgung <strong>in</strong> der Fläche auch<br />

<strong>in</strong> Zukunft sichergestellt wird und zwar<br />

sowohl am Tag, als auch <strong>in</strong> der Nacht<br />

und an den Wochenenden.<br />

Aktuell ist die Hauptaufgabe für die Gesundheitspolitik<br />

im Land natürlich die<br />

Bewältigung der Coronapandemie und<br />

die Lehren, die man daraus ziehen kann.<br />

Hier s<strong>in</strong>d wir mit dem Management der<br />

Landesregierung sehr, sehr unzufrieden<br />

[...].<br />

Außerdem denke ich, dass wir uns auch<br />

die Vermessung zwischen dem stationären<br />

Bereich und dem ambulanten Bereich,<br />

[...] anschauen und auch ganz klar<br />

reflektieren, was funktioniert, was funktioniert<br />

nicht [...].<br />

E<strong>in</strong> weiterer wichtiger Punkt für die Zukunft<br />

ist für mich der Versorgungsauftrag.<br />

Was macht eigentlich das Land,<br />

wenn die Selbstverwaltung <strong>in</strong> bestimmten<br />

Punkten diesen Sicherstellungsauftrag<br />

nicht mehr erfüllt? [...] Das kann <strong>in</strong><br />

den nächsten Jahren e<strong>in</strong>e ganz wichtige<br />

Frage für uns werden [...].<br />

Cornelia Schwarz: Sie hatten es eben<br />

schon angesprochen, dass Sie h<strong>in</strong>sichtlich<br />

der Coronaverordnung sehr unzufrieden<br />

mit der Landesregierung s<strong>in</strong>d.<br />

Wo sehen Sie denn konkret das Hauptproblem<br />

h<strong>in</strong>sichtlich der gewünschten<br />

Verlässlichkeit und Planungssicherheit?<br />

Ja, da brauchen wir uns ja gar nicht gegenseitig<br />

konfirmieren, weil wir wissen<br />

ja alle noch, wie wir Ostern 2020 mite<strong>in</strong>ander<br />

verbracht haben. [...] Aber das<br />

Schlimme seither ist, dass manches <strong>in</strong>nerhalb<br />

von zwei Jahren nicht viel besser<br />

geworden ist, z. B. fortlaufend Verordnungen,<br />

die um 22 Uhr veröffentlicht<br />

werden, 0 Uhr gelten. [...] Es ist gegenüber<br />

allen Beteiligten ke<strong>in</strong> guter<br />

Stil. [...] Ich halte es für e<strong>in</strong> Managementproblem.<br />

Dr. Ute Maier: Das ist sicherlich richtig,<br />

dies erschwert natürlich auch die Umsetzung<br />

<strong>in</strong> der Selbstverwaltung. Man<br />

kann nicht kurzfristig etwas verabschieden<br />

und veröffentlichen und h<strong>in</strong>terher<br />

sagen, die Selbstverwaltung habe es<br />

nicht auf die Reihe gekriegt. Wobei sich


ZBW_4/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

das nicht nur auf Landesebene so verhält,<br />

sondern uns leider auch mit Gesetzgebungen<br />

von Bundesebene aus<br />

ebenso ergeht.<br />

[...] Es ist ja geplant, dass es e<strong>in</strong>e Enquete-Kommission<br />

„Krisenfeste Gesellschaft“<br />

geben soll. [...] Ich stehe der<br />

Enquete kritisch gegenüber, weil ich<br />

befürchte, dass es <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er zweijährigen<br />

Aufarbeitung, vielleicht e<strong>in</strong>en<br />

Tag für den Gesundheitsbereich geben<br />

wird. [...] Ich f<strong>in</strong>de, das müsste zielgerichteter<br />

für den Gesundheitsbereich<br />

organisiert werden. Aus me<strong>in</strong>er Sicht<br />

müsste das relativ zeitnah geschehen<br />

und dann auch <strong>in</strong>tensiv mit den Partnern<br />

im Gesundheitswesen erörtert<br />

werden. [...]<br />

Dr. Torsten Tomppert: Ich<br />

IAL-<br />

denke, die Problematik, ich<br />

spreche aber jetzt mal vom<br />

Bund und gehe zur großen<br />

Koalition zurück, war, dass<br />

versäumt wurde, e<strong>in</strong>en richtigen<br />

Krisenstab e<strong>in</strong>zurich-<br />

HE<br />

ten. Aus me<strong>in</strong>er Sicht hätte<br />

dieses Gremium viel breiter<br />

aufgestellt gehört. Zudem<br />

hätten dort natürlich Ökonomen<br />

h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gehört, dort hätte<br />

TEI<br />

die Industrie h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gehört,<br />

Psychologen, Virologen und<br />

auch Epidemiologen. Das<br />

verstehe ich persönlich nicht,<br />

ND<br />

dass die letzte Bundesregierung<br />

dies nicht getan hat. In<br />

e<strong>in</strong>em Diskurs an so e<strong>in</strong>em<br />

großen runden Tisch erarbeitet<br />

sich die Politik die verschiedenen Aspekte<br />

und Handlungsoptionen. Und das<br />

war mir damals deutlich zu e<strong>in</strong>seitig.<br />

Da stimme ich Ihnen gerne zu. Ich halte<br />

den Ansatz, den die jetzige Bundesregierung<br />

wählt, für absolut richtig. [...] In<br />

der alten Struktur wäre es nicht denkbar<br />

gewesen, dass man im Dezember 30<br />

Millionen <strong>Impfung</strong>en h<strong>in</strong>bekommt. Ich<br />

fand den Ansatz von M<strong>in</strong>ister Lucha<br />

immer richtig, dass er <strong>in</strong> die AG Corona,<br />

die Leute von der Front mit re<strong>in</strong>geholt<br />

hat. Ich glaube aber, dass das Sozialm<strong>in</strong>isterium<br />

mit dem Management der<br />

Coronakrise logistisch überfordert war<br />

[...].<br />

Cornelia Schwarz: 2021 sollte das Impfjahr<br />

werden – was wird das Jahr 2022?<br />

Ich hoffe auf jeden Fall, dass 2022 auch<br />

e<strong>in</strong> Impfjahr wird, denn sonst haben<br />

wir alle am Ende des Sommers e<strong>in</strong><br />

ziemliches Problem. [...] Wir können<br />

jetzt auch nicht mehr sagen, wir warten<br />

ab, bis die Pandemie vorbei ist, sondern<br />

müssen uns e<strong>in</strong> wenig anpassen.<br />

Das wird sicherlich im Fokus dieses<br />

Jahres stehen.<br />

Cornelia Schwarz: Sie haben eben das<br />

Impfjahr auch für das Jahr 2022 <strong>in</strong>s Feld<br />

geführt. Doch wie stehen Sie denn zur<br />

allgeme<strong>in</strong>en Impfpflicht?<br />

Also ich b<strong>in</strong> grundsätzlich jemand,<br />

der ke<strong>in</strong> großer Freund von Impfpflichten<br />

ist, weil ich e<strong>in</strong>en unerschütterlichen<br />

Optimismus <strong>in</strong> die rationalen<br />

Beweggründe der Menschen habe.<br />

Aber leider hilft alle<strong>in</strong> der Optimismus<br />

nichts. Wenn wir im Herbst nicht<br />

noch e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>e solche Situation wie<br />

2020 und 2021 erleben wollen, brauchen<br />

wir e<strong>in</strong>e Impfpflicht. Ich halte<br />

diese allgeme<strong>in</strong>e Impfpflicht auch aus<br />

anderen Gründen für wichtig, damit<br />

wir ke<strong>in</strong>e krassen Abwanderungstendenzen<br />

aus dem Gesundheitsbereich<br />

haben. Diese Möglichkeit fiele mit der<br />

Impfpflicht weg und andererseits ist<br />

es auch e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong>e Frage der Solidarität.<br />

Dr. Ute Maier: Das heißt Sie s<strong>in</strong>d für die<br />

allgeme<strong>in</strong>e Impfpflicht und alle s<strong>in</strong>d im<br />

Boot und nicht nur die Beschäftigten im<br />

Gesundheitswesen? Denn genau diese<br />

selektive Verpflichtung führt zu den Abwanderungsfällen<br />

aus bestimmten Berufszweigen.<br />

Hier müsste die Bundesregierung<br />

deutlich Kante zeigen.<br />

Es ist e<strong>in</strong>e große ethische Frage. Wir<br />

haben <strong>in</strong> Deutschland e<strong>in</strong>e gute Kultur<br />

h<strong>in</strong>sichtlich Gewissensfragen. [...]<br />

Das Pr<strong>in</strong>zip Regierung und Opposition<br />

hilft <strong>in</strong> solchen Fällen nicht weiter –<br />

das muss jede*r Abgeordnete nach<br />

dem eigenen Gewissen beantworten.<br />

E<strong>in</strong>fach weil das Thema <strong>Impfung</strong> sehr<br />

31_POLITIK<br />

» An dieser Stelle auch mal e<strong>in</strong><br />

herzlicher Dank, vor allem an die KZV<br />

und auch an die LZK, weil wir ja wissen<br />

und sehen, dass Sie als die Führungspersönlichkeiten<br />

immer an der Seite der<br />

Impfenden standen und das auch<br />

praktisch gefordert und pragmatisch<br />

unterstützt haben.«<br />

Florian Wahl MdL<br />

persönlich ist und mitunter den religiösen<br />

Bereich tangiert. Dennoch und<br />

ja, ich b<strong>in</strong> für e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e Impfpflicht<br />

und würde auch dafür stimmen<br />

[...].<br />

Cornelia Schwarz: Stichwort impfende<br />

Zahnärzteschaft. Aktuell s<strong>in</strong>d die bürokratischen<br />

Vorgaben hier noch nicht genommen…<br />

Ich persönlich hätte mich gefreut, wenn<br />

die Zahnärzte früher hätten impfen<br />

können. Allerd<strong>in</strong>gs muss man sagen,<br />

dass die bürokratischen Hürden, was<br />

das Impfen angeht, an vielen Stellen viel<br />

zu hoch waren. [...] Gerne nehmen wir<br />

hier auch noch weitere H<strong>in</strong>weise von Ihnen<br />

entgegen und gebe sie an die Landesregierung<br />

mit Nachdruck weiter.<br />

Daran darf es aus unserer Sicht auf ke<strong>in</strong>en<br />

Fall scheitern.<br />

Dr. Torsten Tomppert: Natürlich, und<br />

das muss ich ganz ehrlich sagen, ist der<br />

Zeitpunkt, die Zahnärzteschaft zum<br />

Impfen zuzulassen, etwas spät. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

freut es mich, dass die Bereitschaft<br />

der Zahnärzt<strong>in</strong>nen und Zahnärzte<br />

am Impfen teilzunehmen, noch so<br />

lange vital geblieben ist. [...] Die Ärztekammer<br />

und die KV Baden-Württemberg<br />

haben es <strong>in</strong> der AG Corona ja auch<br />

bereits gesagt, Zahnärzte können piksen.<br />

Und übrigens nicht nur das: Zahnärzte<br />

können auch Anamnese. Ich habe<br />

vorher mit der Geschäftsstelle der LZK<br />

telefoniert und dort fühlte man sich<br />

heute, ob der Bereitschaft der Zahnärzte<br />

zu impfen, niedergerannt. Ich f<strong>in</strong>de<br />

das bee<strong>in</strong>druckend [...], dass auch dieser<br />

Berufsstand der Politik verziehen hat,<br />

dass er <strong>in</strong> der vergangenen Zeit von der<br />

Bundespolitik nicht ganz so behandelt<br />

wurde, wie er sich das gewünscht hätte<br />

und trotzdem bereit ist, der Bevölkerung<br />

zu helfen. Das läuft me<strong>in</strong>es Erachtens


32_POLITIK<br />

ZBW_4/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

auch unter dem Motto Geme<strong>in</strong>wohlverpflichtung.<br />

Dr. Ute Maier: Ja, zumal Praxen auch<br />

räumliche Voraussetzungen gewährleisten<br />

müssen. Als es <strong>in</strong> der ersten Abfrage<br />

im W<strong>in</strong>ter 2020 um die Mitarbeit <strong>in</strong> den<br />

Impfzentren g<strong>in</strong>g, waren es bereits um<br />

die 600 Praxen, die sich bereit erklärten.<br />

Nun ist es aber e<strong>in</strong> Unterschied, ob man<br />

im Impfzentrum oder <strong>in</strong> der eigenen Praxis<br />

impft. Von daher f<strong>in</strong>de ich es klasse,<br />

wenn so viele Praxen bereit s<strong>in</strong>d, dieses<br />

Angebot <strong>in</strong> ihren Alltag zu <strong>in</strong>tegrieren.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs muss man sehen, wie es organisiert<br />

werden kann. Genialer wäre es<br />

natürlich, wenn die Arzneimittel auch<br />

als E<strong>in</strong>zelimpfdosen zur Verfügung stünden<br />

und nicht als Fläschchen mit 20<br />

Impfdosen, die <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es Tages<br />

verimpft werden müssen, sobald es offen<br />

ist.<br />

An dieser Stelle auch mal e<strong>in</strong> herzlicher<br />

Dank, vor allem an die KZV und auch<br />

an die LZK, weil wir ja wissen und sehen,<br />

dass Sie als die Führungspersönlichkeiten<br />

immer an der Seite der Impfenden<br />

standen und das auch praktisch<br />

gefordert und pragmatisch unterstützt<br />

haben. Das ist natürlich e<strong>in</strong> ganz, ganz<br />

großer Wert [...] und Ihr Verdienst [...]<br />

Also ich b<strong>in</strong> gerne bereit, me<strong>in</strong>e nächste<br />

Boosterimpfung – wenn sie denn notwendig<br />

ist – von e<strong>in</strong>em Ihrer Kollegen*<strong>in</strong>nen<br />

entgegenzunehmen.<br />

Foto: G. Billischek<br />

Austausch. Die Dialoggespräche schaffen (digitale) Räume für e<strong>in</strong>e gute Kommunikation<br />

zwischen Politik und Standespolitik.<br />

[...] Absolut unterstütze ich die Zahnärzteschaft<br />

an dieser Stelle. Ich f<strong>in</strong>de, das<br />

Land sollte hier unbed<strong>in</strong>gt aktiv werden.<br />

Wenn ich etwas <strong>in</strong> diese Richtung – auch<br />

als Ausschussvorsitzender – beschleunigen<br />

kann, lassen Sie es mich wissen. Ich<br />

b<strong>in</strong> da dabei. Das ist e<strong>in</strong>e gute Sache.<br />

Cornelia Schwarz: Wenden wir uns den<br />

<strong>in</strong>vestorengeführten Versorgungszentren<br />

zu. Inwieweit hat die Politik der SPD<br />

Interesse daran, dass sich diese Entwicklung<br />

nicht fortsetzt?<br />

Begrenzung dort, wo es möglich ist, ke<strong>in</strong>e<br />

Frage. [...] Sollte es Regelungsbedarf<br />

auf Landesebene geben, dann bitte ich<br />

um Rückmeldung. Gerne und jederzeit.<br />

können, um ihre Belange vorzubr<strong>in</strong>gen.<br />

[...]. Mit e<strong>in</strong>em präventiven Ansatz der<br />

Gesundheitsförderung, den man seit<br />

Jahren anvisiert, hat das h<strong>in</strong>gegen noch<br />

zu wenig zu tun. Dafür brauchen wir<br />

e<strong>in</strong>en Modernisierungsschub und da ist<br />

es mit der Digitalisierung nicht getan,<br />

sondern es braucht auch e<strong>in</strong>e verstärkte<br />

Dienstleistungskultur. [...]<br />

Cornelia Schwarz: Stichwort Entbürokratisierung.<br />

Die Zahnärzteschaft wurde<br />

zum Impfen zugelassen. Der Weg dorth<strong>in</strong><br />

ist jedoch weit und mit bürokratischen<br />

Vorgaben gepflastert. Welche<br />

Möglichkeiten sehen Sie für e<strong>in</strong>en Abbau<br />

von Bürokratie bei Themen, bei denen<br />

„es mal schneller gehen muss“?<br />

Cornelia Schwarz: Mir wäre es noch<br />

wichtig, Ihre Position zu den ausgebliebenen<br />

Corona-Sonderprämien für ZFAs<br />

zu erfahren.<br />

Me<strong>in</strong>er ganz persönlichen Me<strong>in</strong>ung<br />

nach hätte man diesen Kreis weiterziehen<br />

müssen. Die Pandemie hat uns gesamtgesellschaftlich<br />

so viele Mittel gekostet,<br />

sodass es fast kle<strong>in</strong>lich ersche<strong>in</strong>t,<br />

diesen Kreis zu eng zu ziehen. Deswegen<br />

fände ich auch, dass es sowohl für<br />

die ZFA aber auch für die MFAs absolut<br />

möglich se<strong>in</strong> sollte, Prämien zu bewilligen<br />

[...].<br />

Cornelia Schwarz: Stichwort Prävention<br />

bei K<strong>in</strong>dern. Hier hat unser Präsident<br />

Dr. Torsten Tomppert beim Tag der<br />

Zahngesundheit 2021 den Vorstoß gemacht,<br />

verb<strong>in</strong>dlich im K<strong>in</strong>derschutzgesetz<br />

des Landes Baden-Württemberg zu<br />

verankern, dass <strong>in</strong> den K<strong>in</strong>dergärten,<br />

Kitas und Grundschulen <strong>in</strong> Baden-Württemberg<br />

täglich mit fluoridierter Zahnpasta<br />

geputzt wird. Wie stehen Sie<br />

dazu? Könnten Sie sich vorstellen, so etwas<br />

zu unterstützen?<br />

Cornelia Schwarz: Ganz anderes Thema:<br />

Was erhofft sich die Regierung für die Integration<br />

des Landesgesundheitsamts<br />

im Sozialm<strong>in</strong>isterium?<br />

Ich halte diese Entscheidung für falsch.<br />

Me<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach sollte das Landesgesundheitsamt<br />

e<strong>in</strong>e unabhängige<br />

Expertenrolle, e<strong>in</strong> bisschen vergleichbar<br />

mit dem Robert-Koch-Institut, haben.<br />

Mit der Überführung des Landesgesundheitsamts<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e weisungsgebundene<br />

Abteilung des Sozialm<strong>in</strong>isteriums,<br />

schaffe ich jegliche Unabhängigkeit de<br />

facto ab.<br />

Cornelia Schwarz: Sollte Corona irgendwann<br />

zur Ruhe kommen, womit werden<br />

sich die Mitarbeiter*<strong>in</strong>nen des ÖGD beschäftigen?<br />

Grundsätzlich glaube ich, dass der öffentliche<br />

Gesundheitsdienst <strong>in</strong> Baden-<br />

Württemberg neu aufgestellt werden<br />

sollte. Er müsste mehr zu e<strong>in</strong>er Gesundheitsagentur<br />

werden, die e<strong>in</strong>e gewisse<br />

gesellschaftliche Barrierefreiheit hat, damit<br />

Leute dort e<strong>in</strong>fach re<strong>in</strong>marschieren<br />

Wir haben ja e<strong>in</strong>en Normenkontrollrat<br />

auf Landesebene. Natürlich f<strong>in</strong>de ich es<br />

phantastisch, dass sich die Verantwortlichen<br />

vier Jahre lang mit der Entbürokratisierung<br />

zum Beispiel von Vere<strong>in</strong>en ause<strong>in</strong>andergesetzt<br />

haben. Nichts dagegen<br />

zu sagen, aber ich glaube, man sollte sich<br />

nochmals verstärkt auf den Schwerpunkt<br />

des Gesundheitsbereichs konzentrieren.<br />

Dann kommen wir hoffentlich voran.<br />

Leider wurden seit 2016 die ersten sechs<br />

Jahre für e<strong>in</strong>e Entbürokratisierung im<br />

Gesundheitswesen verpasst.<br />

INFO<br />

Das Dialoggespräch ist im Textumfang<br />

gekürzt. Die gekürzten Stellen<br />

haben wir gekennzeichnet: [...].<br />

Sie f<strong>in</strong>den die<br />

Dialoggespräche<br />

<strong>in</strong> vollem<br />

Wortlaut unter<br />

www.izzbw.de/<br />

im-dialog.


ZBW_4/2022<br />

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33_POLITIK<br />

Das Dialoggespräch mit Dr. Michael Preusch MdL<br />

VERSORGUNG IN DEN<br />

REGIONEN SICHERSTELLEN<br />

Für Dr. Michael Preusch, Gesundheitspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Landtag von<br />

Baden-Württemberg, ist der Genossenschaftsverband e<strong>in</strong> möglicher Bauste<strong>in</strong> <strong>in</strong> Richtung Sicherstellung<br />

der flächendeckenden ärztlichen Versorgung. Darüber und auch über e<strong>in</strong>e mögliche Implementierung<br />

des täglichen Zähneputzens mit fluoridhaltiger Zahnpasta <strong>in</strong> Kitas tauschten wir uns aus.<br />

Cornelia Schwarz: Uns würde<br />

<strong>in</strong>teressieren Herr Dr.<br />

Preusch, wofür Sie <strong>in</strong> der<br />

Gesundheitspolitik stehen<br />

und welche Ziele Sie mit Ihrem<br />

Engagement verb<strong>in</strong>den?<br />

CHRISTLICH<br />

Dr. Michael Preusch: [...] Das<br />

e<strong>in</strong>e ist natürlich das Thema<br />

ärztliche Versorgung im<br />

ländlichen Raum. Das betrifft<br />

die hausärztliche, also<br />

die Basisversorgung, aber<br />

auch die fachärztliche Versorgung<br />

und [...] da gehört<br />

auch die zahnärztliche Versorgung<br />

mit dazu. Eng damit<br />

verbunden s<strong>in</strong>d Strukturdebatten<br />

zur ambulanten<br />

und stationären Versorgung,<br />

ebenso wie die pflegerische<br />

Versorgung [...]. Das<br />

heißt wir müssen darüber<br />

h<strong>in</strong>aus Strukturen schaffen,<br />

die frühzeitiger greifen. Konkret<br />

müssen wir für die ärztlichen Kolleg<strong>in</strong>nen<br />

und Kollegen Arbeitszeitmodelle mit<br />

der Vere<strong>in</strong>barkeit von Familie und Beruf ermöglichen.<br />

Hier bietet sich unter anderem<br />

das Modell e<strong>in</strong>es MVZ an, <strong>in</strong> dem die Ärzt<strong>in</strong><br />

oder der Arzt <strong>in</strong> (Teilzeit)-Anstellung tätig<br />

ist. Wir haben bereits e<strong>in</strong>ige MVZ im Lande<br />

sehr erfolgreich laufen. Ich b<strong>in</strong> der Me<strong>in</strong>ung,<br />

dass dieses Konzept besser publik gemacht<br />

bzw. die Beratung zum Thema gefördert<br />

werden muss. Die Struktur von Förderung,<br />

Erstellung und zum Betreiben e<strong>in</strong>es<br />

MVZs muss klar geregelt se<strong>in</strong>. Es gibt natürlich<br />

Regionen, <strong>in</strong> denen sich die niedergelassenen<br />

Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen gerne<br />

an e<strong>in</strong>em MVZ beteiligen, aber die Organisation<br />

nicht stemmen wollen. In diesen Fällen<br />

sehe ich auch die Kommunen als möglichen<br />

Akteur. Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund<br />

habe ich e<strong>in</strong> Gespräch mit dem baden-württembergischen<br />

Genossenschaftsverband<br />

der sich dem Thema Praxisgeme<strong>in</strong>schaft,<br />

DEMOKRATISCHE<br />

Screenshot: Dr. Maier<br />

UNION<br />

MVZ etc. bereits widmet, geführt. Ich sage<br />

Ihnen ganz ehrlich: Mir ist es lieber, die Geme<strong>in</strong>de<br />

oder Kommune hat dieses MVZ <strong>in</strong><br />

der Hand als irgende<strong>in</strong> privater Groß<strong>in</strong>vestor,<br />

auf den wir ke<strong>in</strong>en Zugriff haben [...].<br />

Cornelia Schwarz: Aber wäre es nicht besser,<br />

wenn die MVZ durch die Ärzteschaft<br />

selbst gestemmt werden würden?<br />

Das wäre die ideale Konstellation. Leider ist<br />

das Interesse <strong>in</strong> den strukturschwachen<br />

Regionen nicht so groß, dass dieses Modell<br />

zum Selbstläufer wird. Viele Ärzt<strong>in</strong>nen und<br />

Ärzte wollen ihre Patient<strong>in</strong>nen und Patienten<br />

behandeln, aber mit der Verwaltung<br />

und Organisation e<strong>in</strong>es MVZ wenig zu tun<br />

haben. Deshalb benötigen wir strukturelle<br />

Angebote, die bedarfsgerecht adaptiert vor<br />

Ort ausgerollt werden können.<br />

Kommunikation Im regen Austausch mit der Politik suchen Dr. Ute Maier,<br />

Vorsitzende des Vorstands der KZV BW und Dr. Torsten Tomppert, Präsident<br />

der LZK BW geme<strong>in</strong>same Positionen.<br />

Dr. Torsten Tomppert: [...] Ich gehe gerne<br />

auf den Punkt der freiberuflichen selbstständigen<br />

Niederlassungen e<strong>in</strong>. Sie haben<br />

genau den Punkt getroffen. Wir als<br />

Körperschaften fördern das und auch die<br />

Niederlassungen. Die große Problematik<br />

dabei ist genau die, die Sie ansprechen.<br />

Die jungen Leute gehen heute viel später<br />

<strong>in</strong> die Niederlassungen, als früher. Die<br />

Gründe, die sie abhalten s<strong>in</strong>d das f<strong>in</strong>anzielle<br />

Risiko, das im Gegenbereich nicht<br />

mehr durch adäquate Honorierung abgedeckt<br />

ist. Und die überbordende Bürokratie<br />

[...]. Und genau das ist der spr<strong>in</strong>gende<br />

Punkt, denn sie sagen [...]: Ich will<br />

behandeln! Und die Entwicklung, die ich<br />

auch <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Praxis, die ich geme<strong>in</strong>sam<br />

mit me<strong>in</strong>er Frau führe, sehe, ist genau<br />

diese Thematik. Die Gewichtung zwischen<br />

Bürokratie und Behandlung hat<br />

sich dramatisch verändert. Auch das<br />

Thema Prüfbürokratie, die wir im Land<br />

haben und die uns sehr belastet, wie<br />

beispielsweise die nicht anlassbezogen<br />

Praxisbegehungen.


34_POLITIK<br />

ZBW_4/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

Zum Thema Genossenschaftsverband<br />

möchte ich anmerken, dass dies natürlich<br />

e<strong>in</strong>em freien Markt widerspricht.<br />

Wenn es beispielsweise e<strong>in</strong> MVZ mit e<strong>in</strong>er<br />

vollumfänglichen zahnärztlichen Versorgung<br />

<strong>in</strong> der Region gibt, <strong>in</strong> dem von<br />

Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie über<br />

Kieferorthopäde alles abgedeckt ist, wird<br />

sich e<strong>in</strong> freiberuflich Selbstständiger natürlich<br />

dreimal überlegen, ob er sich an<br />

diesem Ort noch niederlässt [...].<br />

Dr. Ute Maier: Zu dem Genossenschaftsmodell:<br />

Wir sehen, dass es hierzu <strong>in</strong>zwischen<br />

e<strong>in</strong>ige Aktivitäten, auch im Bereich<br />

der Zahnmediz<strong>in</strong> gibt [...]. Hier ist es sicherlich<br />

aus Sicht der Kommunen e<strong>in</strong><br />

Problem, dass die Kommunen bislang<br />

wenig E<strong>in</strong>fluss auf die Bedarfsplanung<br />

hatten. Wobei sie <strong>in</strong>zwischen, im zahnärztlichen<br />

Bereich bei der Bedarfsplanung<br />

beratend mit dabei s<strong>in</strong>d.<br />

Das Thema Genossenschaft muss def<strong>in</strong>itiv<br />

ke<strong>in</strong>e Blaupause se<strong>in</strong>, die man landesweit<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em bestimmten Modell umsetzt.<br />

Wenn es e<strong>in</strong>e Struktur vor Ort gibt,<br />

<strong>in</strong> der die Versorgung nicht durch die<br />

Mediz<strong>in</strong>er selbst gestemmt werden kann,<br />

die Kommune e<strong>in</strong>en Handlungsbedarf<br />

sieht und e<strong>in</strong>e Unterversorgung existiert,<br />

dann könnte das Modell e<strong>in</strong>er Genossenschaft<br />

e<strong>in</strong>es se<strong>in</strong>, um die Attraktivität für<br />

Ärzt<strong>in</strong>nen und Ärzte zu steigern [...].<br />

Cornelia Schwarz: Die Pandemie hat das<br />

Vertrauen vieler Menschen <strong>in</strong> alle Parteien<br />

erschüttert. Kommunikationswissenschaftler<br />

Bernhard Pörksen sagte hierzu:<br />

Der Kampf gegen das Virus sei „das größte<br />

Parallelexperiment im vergleichenden<br />

Regieren, das es jemals gab“. Wie f<strong>in</strong>den<br />

Sie, hat Baden-Württemberg bei diesem<br />

„Experiment“ abgeschnitten?<br />

Das kann man vielleicht als die negativen<br />

Auswüchse des Föderalismus <strong>in</strong>terpretieren<br />

und für manchen bot sich die<br />

Chance der schnellen Schlagzeile.<br />

Schlussendlich und bei allen Schwierigkeiten,<br />

die das föderale System mit sich<br />

br<strong>in</strong>gt, beneidet man uns weltweit um<br />

die ger<strong>in</strong>ge coronabed<strong>in</strong>gte Mortalität,<br />

<strong>in</strong>sbesondere wenn man sich auf die Bevölkerungsdichte<br />

etc. bezieht. In dieser<br />

Rechnung spielt natürlich auch die Leistungsfähigkeit<br />

des deutschen Gesundheitssystems<br />

e<strong>in</strong>e wesentliche Rolle [...].<br />

Cornelia Schwarz: In e<strong>in</strong>er Plenarsitzung<br />

im Landtag kurz vor Weihnachten sagten<br />

Sie, die Impfpflicht sei e<strong>in</strong>er der letzten<br />

Pfeile im Köcher der Pandemiebekämpfung.<br />

Was sagen Sie heute zum Thema<br />

allgeme<strong>in</strong>e Impfpflicht?<br />

» Wir können die Impfpflicht nicht absetzen,<br />

aber die Ausgestaltung vor Ort ändern. Das<br />

wäre me<strong>in</strong> Wunsch und da muss es e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>heitlichkeit<br />

<strong>in</strong> Baden-Württemberg geben.<br />

«<br />

Dr. Michael Preusch MdL<br />

Unter Berücksichtigung von Omikron<br />

ist me<strong>in</strong>es Erachtens e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e<br />

Impfpflicht nicht mehr gerechtfertigt.<br />

[...] Ich weiß, das will nicht jeder hören,<br />

weder Teile der eigenen Partei noch der<br />

Regierung. [...] Wir haben e<strong>in</strong>e Pandemie,<br />

das ist e<strong>in</strong> dynamischer Prozess und es<br />

ist durchaus e<strong>in</strong>e Stärke, dass wir politisch<br />

immer wieder neu bewerten, wenn<br />

neuere Erkenntnisse vorliegen. [...] Es<br />

muss klar se<strong>in</strong>, ob wir e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e<br />

Impfpflicht rechtlich umsetzen können<br />

wenn diese mediz<strong>in</strong>isch geboten ist. E<strong>in</strong>e<br />

e<strong>in</strong>richtungsbezogene Impfpflicht, wie<br />

sie derzeit umgesetzt wird, hatte ich im<br />

E<strong>in</strong>klang mit vielen mediz<strong>in</strong>ischen Fachgesellschaften<br />

nie unterstützt [...].<br />

Dr. Torsten Tomppert: Man merkt, dass<br />

Sie Mediz<strong>in</strong>er s<strong>in</strong>d. Das macht das Ganze<br />

natürlich viel erfrischender für mich. E<strong>in</strong>e<br />

Impfpflicht sehe ich als sehr schwierig an,<br />

nicht nur verfassungsrechtlich, sondern<br />

auch <strong>in</strong> der Umsetzung. Aktuell kocht das<br />

Thema durch die e<strong>in</strong>richtungsbezogene<br />

Impfpflicht hoch, denn diese stellt doch<br />

viele Praxen vor gewisse Probleme [...].<br />

Dr. Ute Maier: Auch hier s<strong>in</strong>d die relativ<br />

kurzfristigen Ankündigungen das Problem,<br />

egal ob es um die Coronaverordnung,<br />

oder um das Impfen geht. [...] Deshalb<br />

e<strong>in</strong>e Bitte von unserer Seite an Sie<br />

als Vertreter der mitregierenden Partei:<br />

Geben Sie den Menschen die Gelegenheit<br />

D<strong>in</strong>ge zu verstehen und die Zeit diese<br />

auch umzusetzen. E<strong>in</strong> weiteres Beispiel<br />

ist die derzeitige Diskussion um die<br />

PCR-Tests nur für bestimmte Bevölkerungsgruppen,<br />

weil es aktuell davon zu<br />

wenig gibt. Das ist zwar e<strong>in</strong>e Angelegenheit<br />

der Bundesebene, aber lassen Sie es<br />

mich dennoch ansprechen. Und dann<br />

schaut man <strong>in</strong> andere europäische Länder<br />

und fragt sich, warum es dort funktioniert<br />

und bei uns schiefläuft.<br />

Manchmal fehlt es me<strong>in</strong>es Erachtens<br />

schlichtweg auch an kompetenten<br />

Ideen. Die Diskussion um die Verfügbarkeit<br />

von PCR-Testungen kenne ich.<br />

Teil des Problems war sicherlich auch<br />

die Folgetestung und Sequenzierung<br />

zur Beurteilung der Variante. Diese Testung<br />

macht bis auf wenige Fälle im S<strong>in</strong>ne<br />

e<strong>in</strong>es Monitor<strong>in</strong>gs bei 100 Prozent<br />

Omikron seit e<strong>in</strong>igen Wochen ke<strong>in</strong>en<br />

S<strong>in</strong>n mehr. Ich b<strong>in</strong> froh, dass diesem<br />

Gedanken Rechnung getragen wurde<br />

und derzeit wieder mehr Kapazitäten<br />

zur Verfügung stehen. Ferner macht es<br />

S<strong>in</strong>n und dazu gibt es bereits konkrete<br />

Überlegungen, den PCR-Test nicht<br />

mehr bei allen im Schnelltest positiv<br />

Getesteten e<strong>in</strong>zufordern [...].<br />

Cornelia Schwarz: Die Frage zur allgeme<strong>in</strong>en<br />

Impfpflicht ist für viele Zahnärzte*<strong>in</strong>nen<br />

im Land relevant, denn aufgrund<br />

der Impfpflicht für Gesundheitsberufe<br />

befürchten sie e<strong>in</strong>e Abwanderung<br />

ungeimpfter Angestellter <strong>in</strong> andere Berufe.<br />

Wie kann die Politik gegensteuern –<br />

auch mit Blick auf die flächendeckende<br />

mediz<strong>in</strong>ische Versorgung die hierdurch<br />

gefährdet werden könnte?<br />

Hier handelt es sich ja leider um e<strong>in</strong>e<br />

Bundesregelung. Ich hatte bereits erwähnt,<br />

dass ich von e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>richtungsbezogenen<br />

Impfpflicht nichts halte. Hier<br />

besteht tatsächlich das von Ihnen erwähnte<br />

Risiko der Abwanderung von<br />

Angestellten, vielleicht auch zunächst<br />

e<strong>in</strong>mal nur <strong>in</strong> benachbarte Bundesländer,<br />

die diese Pflicht anders umsetzen<br />

wollen. Die f<strong>in</strong>ale Entscheidung obliegt<br />

der E<strong>in</strong>schätzung des jeweiligen Gesundheitsamtes.<br />

Wir werden hier erneut e<strong>in</strong>en<br />

Flickenteppich <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Stadtund<br />

Landkreisen und wohl auch den<br />

Bundesländern erleben.<br />

Cornelia Schwarz: Stichwort Corona<br />

Sonderprämie, die nicht erfolgt ist für die<br />

MFA und ZFA. Wie stehen Sie zu dieser<br />

Entwicklung?<br />

Grundsätzlich haben viele mediz<strong>in</strong>ische<br />

und pflegerische Berufe <strong>in</strong> unterschiedlichem<br />

Maße unter Corona gelitten. Für<br />

die Intensivpflegekräfte s<strong>in</strong>d Prämien<br />

von Bund und Land bezahlt worden.<br />

Die Frage wer diese bekommt und wer<br />

nicht hat <strong>in</strong> den Kl<strong>in</strong>iken für erhebliche<br />

Diskussionen gesorgt. Ich habe das als<br />

Personalrat hautnah mitbekommen.<br />

[...] Leider sehe ich hier im Moment aus


ZBW_4/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

35_POLITIK<br />

f<strong>in</strong>anziellen Aspekten ke<strong>in</strong>e Möglichkeit,<br />

aus öffentlicher Hand e<strong>in</strong>e Prämie<br />

[...] locker zu machen. [...] Auch wenn<br />

mir die Wertschätzung weiterer Berufsgruppen<br />

wichtig ist.<br />

Dr. Torsten Tomppert: Ich sage das<br />

auch und deswegen würde ich an dieser<br />

Stelle gerne die Karte GOZ-Erhöhung<br />

spielen. Gerne würde ich me<strong>in</strong>e<br />

Mitarbeiter<strong>in</strong>nen adäquat bezahlen<br />

und da tun wir uns heute schon<br />

schwer, vor allem, wenn ich die Azubi-Gehälter<br />

aus der Industrie sehe,<br />

mit denen wir konkurrieren. Also, ich<br />

würde da lieber die GOZ-Variante<br />

wählen und me<strong>in</strong>e Leute direkt besser<br />

bezahlen.<br />

Foto: M. Schwarz<br />

Digital. Trotz der Vielfalt an Kanälen und Formaten steht der persönliche Kontakt und<br />

die Begegnung mit den Politiker*<strong>in</strong>nen noch immer deutlich im Fokus.<br />

Cornelia Schwarz: Wir hatten es ja<br />

bereits beim CDU-Landesparteitag <strong>in</strong><br />

Mannheim kurz von der Prävention<br />

bei K<strong>in</strong>dern und Jugendlichen <strong>in</strong> Baden-Württemberg.<br />

Unterstützen Sie<br />

den Gedanken das tägliche Zähneputzen<br />

mit fluoridierter Zahnpasta <strong>in</strong><br />

K<strong>in</strong>dergärten, Kitas und Grundschulen<br />

verb<strong>in</strong>dlich im K<strong>in</strong>derschutzgesetz<br />

des Landes Baden-Württemberg zu<br />

verankern?<br />

Als Kardiologe weiß ich um den Zusammenhang<br />

von Zahnstatus und<br />

kardiovaskulären Erkrankungen. Bezüglich<br />

des Zähneputzens <strong>in</strong> K<strong>in</strong>dergärten,<br />

Kitas und Schulen haben Sie<br />

me<strong>in</strong>e volle Unterstützung. Vielleicht<br />

ließe sich an der Umsetzung noch das<br />

e<strong>in</strong> oder andere optimieren. Hier<br />

könnte der öffentliche Gesundheitsdienst<br />

noch aktiver mit e<strong>in</strong>gebunden<br />

werden.<br />

Dr. Torsten Tomppert: Es wäre sehr<br />

schön, wenn man es im K<strong>in</strong>derschutzgesetz<br />

Baden-Württemberg<br />

unterbr<strong>in</strong>gen könnte. [...] Das verpflichtende<br />

Zähneputzen wäre sicher<br />

s<strong>in</strong>nvoll. Und da werbe ich auch um<br />

Unterstützung.<br />

Cornelia Schwarz: Widmen wir uns<br />

noch dem Thema der Integration des<br />

Landesgesundheitsamtes <strong>in</strong>s Sozialm<strong>in</strong>isterium.<br />

Da würde uns Ihre Sicht <strong>in</strong>teressieren.<br />

Ich muss zugeben, dass ich überrascht<br />

war, als das Thema im Rahmen e<strong>in</strong>er<br />

Kab<strong>in</strong>ettsvorlage präsentiert wurde. Ich<br />

hätte mir die bisherige Struktur des<br />

Landesgesundheitsamt auch durchaus<br />

weiterh<strong>in</strong> vorstellen können und erkenne<br />

aktuell noch ke<strong>in</strong>en „Mehrwert“ der<br />

neuen Regelung.<br />

Dr. Torsten Tomppert: Die Frage ist,<br />

was all diese ÖGDler machen, denn die<br />

müssen ja irgendwie beschäftigt werden.<br />

Da haben wir teilweise e<strong>in</strong> bisschen<br />

Bauchweh. Werden die bei K<strong>in</strong>dern<br />

<strong>in</strong> der Prävention e<strong>in</strong>gesetzt, dann<br />

ist das wunderbar. Wenn sie sich aber<br />

noch <strong>in</strong>tensiver um e<strong>in</strong>e Praxis, Stichwort<br />

Prüfbürokratie, kümmern, s<strong>in</strong>d<br />

wir, glaube ich, nicht ganz so begeistert.<br />

Cornelia Schwarz: Zum Schluss geht es<br />

noch um die Bürokratie, die immer und<br />

überall zu bewältigen ist. Welche Möglichkeiten<br />

sehen Sie, bei Themen, bei<br />

denen man nicht so viel Zeit hat, wo<br />

man e<strong>in</strong>fach sagt, jetzt kommen wir zügig<br />

zu e<strong>in</strong>er Entscheidung. Gibt es da<br />

Anhaltspunkte, die Sie konkret <strong>in</strong> Worte<br />

fassen können?<br />

Da ist die große und oft beschworene<br />

Hoffnung, dass mit der Digitalisierung<br />

alles besser wird. Mittlerweile b<strong>in</strong> ich<br />

mir nicht so sicher, ob all me<strong>in</strong>e Hoffnungen<br />

diesbezüglich erfüllt werden.<br />

Die beg<strong>in</strong>nende Digitalisierung im<br />

Krankenhaus hat nach me<strong>in</strong>er persönlichen<br />

E<strong>in</strong>schätzung noch zu ke<strong>in</strong>er<br />

großen Entlastung geführt. Personell<br />

g<strong>in</strong>g diese eher mit e<strong>in</strong>em Stellenaufwuchs<br />

e<strong>in</strong>her. Ich hoffe und denke, dass<br />

sich die technischen Entwicklungen im<br />

Laufe der Jahre auszahlen werden und<br />

wir mediz<strong>in</strong>isch und pflegerisch Tätigen<br />

e<strong>in</strong>e echte Entlastung spüren. Sie<br />

sprechen e<strong>in</strong>en weiteren wichtigen<br />

Punkt an: Ke<strong>in</strong> Politiker kann <strong>in</strong> jedem<br />

Fachbereich e<strong>in</strong> Experte se<strong>in</strong>. Wir s<strong>in</strong>d<br />

auf unsere Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen,<br />

Berater und weiteres Fachpersonal als<br />

Basis unserer Entscheidungen angewiesen.<br />

Es entb<strong>in</strong>det mich aber nicht von<br />

me<strong>in</strong>er Pflicht, mich <strong>in</strong> die wesentlichen<br />

Themen e<strong>in</strong>zuarbeiten.<br />

Dr. Ute Maier: Die Telematik sollte dazu<br />

beitragen, dass die Wege kürzer werden<br />

und man [...] auch Erleichterungen hat.<br />

Aber [...] letztendlich kämpfen die Kolleg<strong>in</strong>nen<br />

und Kollegen mit der geforderten<br />

überbordenden Dokumentation und mit<br />

den Konnektoren. [...] Junge Kollegen*<strong>in</strong>nen<br />

sagen an diesen Stellen [...], eigentlich<br />

wollen sie nur ihren Beruf ausüben,<br />

das heißt behandeln. Ältere Kollegen*<strong>in</strong>nen<br />

[...] hören früher auf, [...] weil ihnen<br />

die [...] ausufernde Bürokratie auf den<br />

Geist geht. Ich denke, hier müssen wir<br />

e<strong>in</strong>fach [...] wieder die Balance f<strong>in</strong>den.<br />

Wenn etwas Neues e<strong>in</strong>führt wird, darf es<br />

nicht mit Bürokratie, Regelungen, Verwaltungskram<br />

überlastet se<strong>in</strong>. [...]<br />

Manchmal wünschte ich uns mehr Mut,<br />

wieder etwas mehr zu wagen, ohne alles<br />

regeln zu müssen, das fände ich auch <strong>in</strong><br />

der Politik klasse.<br />

Dr. Torsten Tomppert: Genau. Die Politik<br />

müsste sich über die Abschaffung von<br />

Gesetzen def<strong>in</strong>ieren und nicht über<br />

neue Gesetze und Forderungen. Das ist<br />

doch das ch<strong>in</strong>esische Modell: Der Arzt<br />

sollte sich nicht über Kranke, sondern<br />

über Gesunde def<strong>in</strong>ieren. Das wäre e<strong>in</strong>e<br />

ganz schöne Geschichte [...].<br />

INFO<br />

Das Dialoggespräch ist im Textumfang<br />

gekürzt. Die gekürzten Stellen<br />

haben wir gekennzeichnet: [...].<br />

Sie f<strong>in</strong>den die<br />

Dialoggespräche<br />

<strong>in</strong> vollem<br />

Wortlaut unter<br />

www.izzbw.de/<br />

im-dialog.


36_POLITIK<br />

ZBW_4/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

Das Dialoggespräch mit Bernhard Eisenhut MdL<br />

„DIE LEUTE SPRITZEN SICH KRANK“<br />

Die Coronapandemie habe ihm gezeigt, dass wir e<strong>in</strong>e Regierung und Länderchefs haben,<br />

die völlig wirre Beschränkungen erlassen, die niemand nachvollziehen kann, sagt Bernhard<br />

Eisenhut, gesundheitspolitischer Sprecher der AfD im Landtag von Baden-Württemberg. Im<br />

Dialoggespräch wurden unterschiedliche Sichtweisen ausgetauscht.<br />

Cornelia Schwarz: Zu Beg<strong>in</strong>n unseres Dialogs<br />

würden wir gerne über die Gesundheitspolitik<br />

sprechen, für die Sie stehen und über<br />

die Ziele, die Sie damit verfolgen?<br />

Bernhard Eisenhut: Nun, andere wie die<br />

jetzige Regierung. Also diesen Trend zu diesen<br />

Superkrankenhäusern, das sehen wir<br />

mit gemischten Gefühlen. 27 Prozent der<br />

Krankenhäuser <strong>in</strong> Baden-Württemberg<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>solvenzbedroht. Das ist e<strong>in</strong> ganz<br />

schwieriges Thema. Diesen Hang zum<br />

Zentralisieren betrachten wir als ungut.<br />

Cornelia Schwarz: In den vergangenen Monaten<br />

hatte Baden-Württemberg viele Coronaverstorbene<br />

zu beklagen. E<strong>in</strong> Großteil<br />

davon hat sich nicht impfen lassen. Sehen<br />

Sie es, wie viele Ihrer Parteikolleg<strong>in</strong>nen und<br />

-kollegen als „Panikmache“, wenn es um die<br />

Bekämpfung der Coronapandemie geht?<br />

Screenshot: C. Schwarz<br />

ALTERNAT<br />

DEUTSCHLA<br />

Positionen. Das Dialoggespräch mit Bernhard Eisenhut MdL war e<strong>in</strong> Austausch der Sichtweisen<br />

zu den Themen Impfen, Corona und Prävention von K<strong>in</strong>desbe<strong>in</strong>en an.<br />

Naja, von unserer Partei s<strong>in</strong>d die Standpunkte<br />

ja klar. Aber wenn ich schon höre,<br />

dass da sehr viele ungeimpft waren, dann<br />

frage ich mich natürlich, wer die Statistik<br />

erstellt hat und unter welchen Kriterien?<br />

E<strong>in</strong>fach geimpft gilt als ungeimpft. Mit<br />

zwei verschiedenen Impfstoffen geimpft,<br />

gilt als ungeimpft. Also, ich habe das leichte<br />

Gefühl, dass die Zahlen nicht stimmen<br />

oder dass wir ke<strong>in</strong>e richtigen Zahlen geliefert<br />

kriegen [...].<br />

Dr. Ute Maier: Wobei mir die Tatsache neu<br />

wäre, dass jemand, der mit zwei verschiedenen<br />

Impfstoffen geimpft wurde, als ungeimpft<br />

gilt.<br />

[...] Ich sage Ihnen mal ganz provokativ, wir<br />

haben ke<strong>in</strong>e Pandemie. Vor allem jetzt haben<br />

wir ke<strong>in</strong>e mehr. In me<strong>in</strong>em Wahlkreis,<br />

<strong>in</strong> Konstanz, liegen auf den Intensivstationen<br />

null Coronakranke. Null. Und da kann<br />

ich nicht erkennen, warum Kretschmann<br />

die Maßnahmen verlängert. Kann ich nicht<br />

nachvollziehen, tut mir leid. Es liegen uns<br />

ke<strong>in</strong>e sicheren oder klaren Zahlen vor. Entschuldigen<br />

Sie den Ausdruck, aber wir eiern<br />

irgendwie durch diese Zeit. Und so verhält<br />

es sich auch mit den Verordnungen:<br />

Jetzt gilt das und nun gilt jenes [...].<br />

Cornelia Schwarz: Aber nochmals ganz<br />

konkret: Wie stehen Sie denn dann zu<br />

den aktuellen Coronamaßnahmen? Sagen<br />

Sie, das ist alles irgendwie, wie Sie<br />

auch sagen, Rumgeeiere oder hat es auch<br />

aus Ihrer Sicht Substanz? Sie sagten, Sie<br />

sehen, wir haben ke<strong>in</strong>e Pandemie, aber<br />

die Situation ist ja wie sie ist. Das heißt,<br />

wie stehen Sie da dazu?<br />

Wie ich dazu stehe? Wenn wir ke<strong>in</strong>e Pandemie<br />

haben, dann können wir alles e<strong>in</strong>fach<br />

se<strong>in</strong> lassen.<br />

Cornelia Schwarz: Das heißt, Corona ist<br />

nicht existent?<br />

Heben sie die Maskenpflicht auf, machen sie<br />

die Geschäfte auf, lassen sie die Leute e<strong>in</strong>fach<br />

leben und ich garantiere Ihnen, es wird nicht<br />

mehr passieren als wie jetzt passiert. [...] Me<strong>in</strong>er<br />

Me<strong>in</strong>ung nach spritzen sie die Leute<br />

krank. Ich habe jetzt bei mir im Landkreis<br />

Familien, die s<strong>in</strong>d geboostert und jetzt s<strong>in</strong>d<br />

alle coronapositiv und liegen im Bett [...].<br />

Cornelia Schwarz: Wie stehen Sie denn generell<br />

zur angestrebten Impfpflicht? Sagen<br />

Sie im Grunde brauchen wir gar ke<strong>in</strong>e Strategie<br />

zur Bekämpfung der Pandemie oder<br />

zum Schutz der Bevölkerung, denn Sie s<strong>in</strong>d<br />

davon überzeugt, dass diese Pandemie eigentlich<br />

gar nicht existiert?<br />

Da fällt es mir schwer, [...] ruhig zu bleiben.<br />

Natürlich darf oder muss das jeder für sich<br />

selber entscheiden dürfen, ob und mit was<br />

er sich impfen lassen möchte oder nicht.<br />

Diese Impfpflicht ist jedoch e<strong>in</strong> Zwang, der<br />

über die arbeitsrechtliche Geschichte h<strong>in</strong>aus<br />

aufgebaut wird. Also me<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung<br />

nach driften wir ab und für mich ist dann<br />

auch nicht mehr erklärbar, wenn es <strong>in</strong> Zukunft<br />

rechtens se<strong>in</strong> soll, dass Ungeimpfte<br />

nicht mehr e<strong>in</strong>gestellt werden dürfen oder<br />

können. Wenn ich für mich entscheide, ich<br />

möchte mich nicht impfen lassen, dann hat<br />

die Gesellschaft das zu akzeptieren. Vor allem<br />

<strong>in</strong> dieser, ich sage es mal <strong>in</strong> Anführungsstrichen,<br />

„Pandemie“, weil die Überträger<br />

s<strong>in</strong>d ja auch die Geimpften. [...] Auch die Erf<strong>in</strong>dung<br />

des Term<strong>in</strong>us „symptomlos krank“<br />

müssen Sie mir erklären. Also ich gehe jetzt<br />

zu me<strong>in</strong>em Hausarzt und sage, ich möchte


ZBW_4/2022<br />

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37_POLITIK<br />

gern zwei Wochen krankgeschrieben werden.<br />

Er fragt, was ich habe, ich entgegne, ich<br />

b<strong>in</strong> symptomlos krank und da sagt er, ich<br />

brauchen e<strong>in</strong>en Term<strong>in</strong> beim Psychiater [...].<br />

Dr. Torsten Tomppert: Dann spielen wir<br />

das ganze Spiel doch e<strong>in</strong>mal durch: Ich b<strong>in</strong><br />

anderer Me<strong>in</strong>ung als Sie, was die Pandemie<br />

angeht, dass das Virus ungefährlich<br />

ist und das Ganze e<strong>in</strong>e Grippe ist. Ohne<br />

jetzt <strong>in</strong> die Tiefen der Verschwörungstheorien<br />

e<strong>in</strong>zusteigen, wer<br />

hat Ihre Ansicht nach<br />

IVE<br />

denn e<strong>in</strong> Interesse so<br />

e<strong>in</strong>e, ich nenne das jetzt<br />

mal salopp, Show abzuziehen?<br />

FÜR<br />

ND<br />

Also ich weiß nicht, ob<br />

ich mich jetzt darauf e<strong>in</strong>lassen<br />

soll, aber, ja. Wenn<br />

Milliardengew<strong>in</strong>ne erzielt<br />

werden, ist immer<br />

Vorsicht geboten.<br />

Cornelia Schwarz: 2021<br />

sollte ja das Impfjahr werden,<br />

das wir Ihrer Ansicht<br />

nach eigentlich gar nicht<br />

gebraucht hätten, aber was wird 2022,<br />

Herr Eisenhut?<br />

Da werden Sie die Leute, die sich bis jetzt<br />

nicht impfen haben lassen, auch nicht<br />

mehr dazu bekommen. Nehmen Sie mal<br />

an diesen Montagsspaziergängen teil, reden<br />

Sie mal mit den Leuten. Die kommen<br />

sich alle verschaukelt vor. Da laufen nicht<br />

nur Ungeimpfte und Reichsbürger mit.<br />

Das wird nur von der Presse so dargestellt.<br />

[...] Das s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>fach Bürger auf der Straße,<br />

da laufen Familien mit K<strong>in</strong>dern, die der Politik<br />

nicht mehr vertrauen und sich h<strong>in</strong>ters<br />

Licht geführt fühlen. Diese Menschen kriegen<br />

ke<strong>in</strong>e Antworten, weder von der Politik,<br />

noch von den Mediz<strong>in</strong>ern oder Virologen.<br />

Cornelia Schwarz: Me<strong>in</strong>er Ansicht verhält<br />

es sich gerade <strong>in</strong> der Virologie häufig so,<br />

dass sich Strategien ändern müssen. Unsere<br />

Wissenschaft ist momentan mit e<strong>in</strong>er<br />

Pandemie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Ausmaß konfrontiert,<br />

die es <strong>in</strong> der Form <strong>in</strong> der jüngsten Vergangenheit<br />

nicht gab. Dass man auf immer<br />

neueren Erkenntnissen und Entwicklungen<br />

aufbaut, ist für mich e<strong>in</strong>e nachvollziehbare<br />

Sache. Das heißt, Sie glauben<br />

generell nicht an die Wissenschaft?<br />

Ob ich an die Wissenschaft glaube oder<br />

nicht glaube, spielt für mich ke<strong>in</strong>e Rolle.<br />

Was mich ganz furchtbar stört ist, dass alle<br />

kritischen Me<strong>in</strong>ungen, auch von wirklich<br />

hochrangigen Leuten, geblockt werden.<br />

Menschen, die plötzlich entlassen werden<br />

oder die man dann irgendwo versucht persönlich<br />

zu beschädigen. Es herrscht nur<br />

noch e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>heitsme<strong>in</strong>ung und das f<strong>in</strong>de<br />

ich sehr bedenklich [...].<br />

Cornelia Schwarz: Zwar ist das ke<strong>in</strong>e Antwort<br />

auf me<strong>in</strong>e Frage, aber vielleicht richten<br />

wir unseren Blick lieber auf die Zahnmediz<strong>in</strong>:<br />

Laut Sab<strong>in</strong>e Dittmar, Parlamentarische<br />

Staatssekretär<strong>in</strong> beim Bundesgesundheitsm<strong>in</strong>isterium,<br />

ist ke<strong>in</strong>e Corona-Sonderprämie<br />

für MFA und ZFA geplant. Wie stehen<br />

Sie zu dieser Äußerung?<br />

Ich frage andersrum, warum sollte e<strong>in</strong>e<br />

Sonderprämie ausbezahlt werden?.<br />

Cornelia Schwarz: Sie glauben nicht an die<br />

Pandemie. Wir glauben an die Pandemie,<br />

wir sehen es im Grunde täglich: Die Zahnärzt<strong>in</strong>nen<br />

und Zahnärzte mit ihren Teams,<br />

die <strong>in</strong> den Praxen mit der erhöhten Ansteckungsgefahr<br />

konfrontiert s<strong>in</strong>d und zugleich<br />

die aufwändigeren Hygienemaßnahmen<br />

durchführen müssen, die sie e<strong>in</strong>kalkulieren<br />

müssen, sowohl monetär als auch zeitlich.<br />

Die besonderen Hygienemaßnahmen s<strong>in</strong>d<br />

doch <strong>in</strong> der Zahnarztpraxis sowieso schon<br />

gegeben, oder?<br />

Cornelia Schwarz: Dann wenden wir uns<br />

mal den <strong>in</strong>vestorengeführten Versorgungszentren<br />

zu. Inwieweit hat die Politik<br />

der AfD Interesse, dass sich diese Entwicklung<br />

nicht fortsetzt?<br />

[...] In dem Moment, <strong>in</strong> dem Gesundheit<br />

zum Geschäft wird – aber eigentlich war die<br />

Gesundheit schon immer e<strong>in</strong> Geschäft –,<br />

Grenzen zu ziehen. Das ist ganz schwierig.<br />

Cornelia Schwarz: Ok. Sehen Sie dann<br />

auch e<strong>in</strong> Geschäft bei der Prävention bei<br />

K<strong>in</strong>dern und Jugendlichen? Unterstützen<br />

Sie den Gedanken, das tägliche Zähneputzen<br />

mit fluoridierter Zahnpasta <strong>in</strong> K<strong>in</strong>dergärten<br />

Kitas und Grundschulen, verb<strong>in</strong>dlich<br />

im K<strong>in</strong>derschutzgesetz des Landes<br />

Baden-Württemberg zu verankern?<br />

Das hat, me<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Gesetz nichts verloren. [...] Wir s<strong>in</strong>d doch<br />

schon übergeregelt. Vielleicht auch noch<br />

die Borstenanzahl auf der Bürste regeln?<br />

Also, ne<strong>in</strong>.<br />

Cornelia Schwarz: Wenn es zielführend<br />

wäre, dann auch das, aber ich denke, das ist<br />

schon so e<strong>in</strong>gerichtet, dass das passt. Aber<br />

noch e<strong>in</strong> anderes Thema: Die Zahnärzteschaft<br />

wird jetzt zum Impfen zugelassen.<br />

Der Weg dorth<strong>in</strong> ist jedoch weit und mit bürokratischen<br />

Vorgaben gepflastert. Welche<br />

Möglichkeiten sehen Sie für e<strong>in</strong>en Abbau<br />

von Bürokratie bei Themen bei denen „es<br />

mal schneller gehen muss“?<br />

Ich frage jetzt andersrum, warum sollen<br />

denn Zahnärzte impfen?<br />

Cornelia Schwarz: Me<strong>in</strong>e Frage g<strong>in</strong>g eigentlich<br />

eher <strong>in</strong> Richtung Bürokratieabbau und<br />

weniger, ob Zahnärzt<strong>in</strong>nen oder Zahnärzte<br />

impfen sollten, weil dieses Thema ist ja<br />

schon durch, da brauchen wir uns ja nicht<br />

mehr darüber unterhalten. Allerd<strong>in</strong>gs beim<br />

Bürokratieabbau sehe ich Ansätze.<br />

Bürokratieabbau, [...] das ist ja nicht me<strong>in</strong><br />

D<strong>in</strong>g. Dafür müssen sie regieren. Wir sehen<br />

da viele Felder [...]. Wenn Sie den parlamentarischen<br />

Betrieb hier betrachten und<br />

ich von der AfD irgende<strong>in</strong>en Gesetzesentwurf<br />

e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>ge, wird er abgelehnt. Nur weil<br />

ich von der AfD b<strong>in</strong>. Ich habe jetzt e<strong>in</strong> Gesetzesentwurf<br />

e<strong>in</strong>gebracht zum Nachtangelverbot.<br />

Ich sage es Ihnen ganz ehrlich,<br />

wir haben ihn von der FDP kopiert. Ja, die<br />

FDP hat gepennt und wir waren schneller.<br />

Jetzt mussten sie den eigenen Entwurf<br />

schlecht reden und ihren eigenen Entwurf<br />

ablehnen, weil ich von der AfD b<strong>in</strong> [...].<br />

Dr. Ute Maier: Wo sehen Sie, als Vertreter im<br />

gesundheitspolitischen Bereich, Ihre Chancen<br />

etwas zu verändern oder zu bewirken?<br />

Ke<strong>in</strong>e. [...] Das E<strong>in</strong>zige was wir tun können,<br />

ist auf Missstände aufmerksam machen.<br />

Unsere Me<strong>in</strong>ungen äußern, dass<br />

wir diese Superkrankenhäuser nicht gut<br />

f<strong>in</strong>den [...]. Aber wir als kle<strong>in</strong>ste Partei im<br />

Landtag f<strong>in</strong>den da ke<strong>in</strong> Gehör. Die Parteien<br />

machen ja auch ke<strong>in</strong>e Sachpolitik<br />

mehr. Und das ist leider schade. Gesundheit<br />

hat nichts mit dem Parteibuch zu<br />

tun, wie auch immer man das sehen<br />

mag. Aber gut ist das nicht. Die Regierenden<br />

ziehen natürlich ihr Programm<br />

durch, das ist ganz klar. Ich me<strong>in</strong>e, andersrum<br />

würden wir das Gleiche tun,<br />

wenn wir regieren. Als Opposition oder<br />

sowas, da können Sie gar nichts tun, das<br />

ist nun mal so.<br />

INFO<br />

Das Dialoggespräch ist im Textumfang<br />

gekürzt. Die gekürzten Stellen<br />

haben wir gekennzeichnet: [...].<br />

Sie f<strong>in</strong>den die<br />

Dialoggespräche<br />

<strong>in</strong> vollem<br />

Wortlaut unter<br />

www.izzbw.de/<br />

im-dialog.


38_POLITIK<br />

ZBW_4/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

E<strong>in</strong>-Jahres-Bilanz der Regierung Kretschmann III<br />

UNTER VORBEHALT<br />

Die Pandemie-Bekämpfung hat die grün-schwarze Regierungsbildung vor e<strong>in</strong>em Jahr<br />

begleitet. Nach dem ersten Jahr der dritten Amtszeit von M<strong>in</strong>isterpräsident W<strong>in</strong>fried<br />

Kretschmann (Grüne) fordern die Folgen des Ukra<strong>in</strong>e-Krieges die Landesregierung.<br />

Klassische Gesundheits- und Sozialpolitik steht daher im Schatten der großen Krisen,<br />

obwohl der Koalitionsvertrag viele Vorhaben auflistet. Der Haken: Sie stehen alle unter<br />

F<strong>in</strong>anzierungsvorbehalt.<br />

„Klimaschutz, Klimaschutz, Klimaschutz“<br />

hat sich Baden-Württembergs<br />

grüner M<strong>in</strong>isterpräsident<br />

W<strong>in</strong>fried Kretschmann, 73, für se<strong>in</strong>e<br />

dritte und erklärtermaßen letzte<br />

Regierungszeit als zentrales Motto<br />

auserkoren. Die Tagespolitik hat<br />

seit dem Wahlsieg am 14. März<br />

2021 und der Vereidigung der dritten<br />

Regierung Kretschmann am<br />

12. Mai 2021 <strong>in</strong>des weniger der<br />

Kampf gegen Erderwärmung und<br />

Ressourcenverbrauch bestimmt.<br />

Vielmehr hat über weite Strecken die Coronapandemie<br />

die Agenda dom<strong>in</strong>iert, nun s<strong>in</strong>d es die Folgen der<br />

Ukra<strong>in</strong>e-Krise fürs Land.<br />

LUCHA KOMMT ZENTRALE ROLLE ZU<br />

Dem M<strong>in</strong>ister für Soziales, Gesundheit und Integration,<br />

Manfred Lucha, 61, kommt damit e<strong>in</strong>e zentrale<br />

Rolle zu. Obwohl der Grünen-Politiker seit 2016 im<br />

Amt ist, galt se<strong>in</strong>e Wiederberufung vor e<strong>in</strong>em Jahr<br />

nicht als gesetzt. Zu Beg<strong>in</strong>n der Pandemie hatte der<br />

ausgebildete Krankenpfleger und Diplom-Sozialarbeiter<br />

mit e<strong>in</strong>em Masterabschluss <strong>in</strong> „Management im<br />

Sozial- und Gesundheitswesen“ nicht immer sattelfest<br />

gewirkt, die Opposition hatte ihm wegen des Kaufs<br />

veralteter Beatmungsgeräte und von Masken zweifelhafter<br />

Qualität Missmanagement vorgeworfen. Zur<br />

Wahrheit gehört aber, dass er mit e<strong>in</strong>em relativ kle<strong>in</strong>en<br />

Ressort plötzlich e<strong>in</strong>e große Krise managen musste<br />

– und die Coronapandemie für alle Neuland war.<br />

Inzwischen ist Lucha aus der Schussl<strong>in</strong>ie, dafür hat<br />

auch e<strong>in</strong> Wechsel an der Amtsspitze des M<strong>in</strong>isteriums<br />

gesorgt: Kretschmann selbst hat den Verwaltungsprofi<br />

Uwe Lahl im März 2021 als Feuerwehrmann vom<br />

Verkehr- <strong>in</strong>s Sozialm<strong>in</strong>isterium gelotst. Der <strong>in</strong>zwischen<br />

71-jährige „Amtschef Pandemiebekämpfung“<br />

genießt auch bei den Kommunen und über Parteigrenzen<br />

h<strong>in</strong>weg den Ruf des Problemlösers.<br />

Roland Muschel<br />

Redaktionsleiter<br />

Büro Stuttgart<br />

Südwest Presse<br />

PANDEMIE BINDET VIELE KRÄFTE<br />

Die Pandemie-Bekämpfung steht im<br />

Kapitel „Gesundheit und Soziales“<br />

im grün-schwarzen Koalitionsvertrag<br />

zwar am Anfang, ist aber e<strong>in</strong><br />

Thema unter vielen. Auf die Fahnen<br />

geschrieben hat sich die Koalition<br />

etwa, Baden-Württemberg „zum<br />

Vorreiter der Digitalisierung im Gesundheitswesen“<br />

zu machen. Die<br />

flächendeckende E<strong>in</strong>richtung von<br />

<strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>ären Primärversorgungszentren<br />

soll genauso erfolgen<br />

wie die Förderung des weiteren Aufbaus von Telemediz<strong>in</strong>.<br />

Den Gesundheitsstandort will Grün-Schwarz <strong>in</strong>sgesamt<br />

stärken und e<strong>in</strong>e Fachkräfteoffensive für Sozial-<br />

und Gesundheitsberufe starten.<br />

Vollzug kann das Ressort e<strong>in</strong> Jahr nach Unterzeichnung<br />

der ambitionierten Vorhaben <strong>in</strong> den wenigsten<br />

Fällen melden. Dafür gibt es zwei zentrale Gründe: Erstens,<br />

die Pandemie b<strong>in</strong>det noch immer viele Kräfte,<br />

haus<strong>in</strong>tern gibt es weiterh<strong>in</strong> massive Umschichtungen<br />

des Personals zugunsten der Coronateams und zulasten<br />

der klassischen Fachreferate. Zweitens, alle Vorhaben<br />

im Koalitionsvertrag, die zusätzliche Kosten verursachen,<br />

stehen unter e<strong>in</strong>em F<strong>in</strong>anzierungsvorbehalt.<br />

Nach den durch die Corona-Hilfsmaßnahmen bed<strong>in</strong>gten<br />

Rekordschulden im Doppelhaushalt 2020/21 hat<br />

die Landesregierung für 2022 zwar wieder e<strong>in</strong>en ausgeglichenen<br />

Jahresetat vorgelegt. Große Sprünge waren<br />

unter den Bed<strong>in</strong>gungen der Schuldenbremse und den<br />

f<strong>in</strong>anziellen Lasten der Coronakrise aber nicht dr<strong>in</strong>.<br />

Die Hoffnungen der Gesundheitspolitiker ruhten daher<br />

auf dem anstehenden Doppelhaushalt 2023/24. Die<br />

Folgen der Ukra<strong>in</strong>ekrise dürften die Spielräume <strong>in</strong>des<br />

weiter limitieren. Die Unterf<strong>in</strong>anzierung des Gesundheitssektors<br />

wird damit absehbar anhalten.<br />

Roland Muschel


ZBW_4/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

39_POLITIK<br />

Gesundheitspolitik auf <strong>in</strong>ternationaler Ebene<br />

DEUTSCHE<br />

G7-PRÄSIDENTSCHAFT<br />

Seit dem 1. Januar 2022 hat Deutschland die G7-Präsidentschaft <strong>in</strong>ne – im dritten Jahr<br />

der Coronapandemie. Doch nicht nur mit Blick auf die aktuelle Krisenbekämpfung nimmt die<br />

Zusammenarbeit beim Thema Gesundheit e<strong>in</strong>en zentralen Schwerpunkt während der<br />

deutschen G7-Präsidentschaft e<strong>in</strong>. Gleichermaßen möchte man sich auf die Bekämpfung von<br />

Antibiotikaresistenzen (AMR) konzentrieren und sich mit dem Zusammenhang zwischen<br />

Klimawandel und Gesundheit befassen. Im ZBW werfen wir für Sie e<strong>in</strong>en Blick auf die großen<br />

Themen dieser Zusammenarbeit.<br />

Gesundheitsm<strong>in</strong>ister Lauterbach. „Globale Gesundheitspolitik ist mehr als Pandemiebekämpfung. Antibiotikaresistenzen bedrohen zunehmend<br />

die Therapiechancen von Patient<strong>in</strong>nen und Patienten weltweit. Und wir werden von neuen Gesundheitsrisiken durch den Klimawandel bedroht.“<br />

Foto: BMG/Thomas Ecke<br />

Die Bundesregierung betont die besondere<br />

Verantwortung der führenden Industrienationen<br />

„für die Gestaltung e<strong>in</strong>er<br />

lebenswerten Zukunft aller Menschen<br />

auf e<strong>in</strong>er gesunden Erde“. Zu ihren<br />

fünf großen Zielen im Rahmen der<br />

derzeitigen G7-Präsidentschaft zählt<br />

demnach auch e<strong>in</strong>e „starke Vorsorge für<br />

e<strong>in</strong> gesundes Leben“. Sie stellt fest, dass<br />

die Coronapandemie und deren soziale<br />

und wirtschaftliche Auswirkungen <strong>in</strong><br />

bisher nicht gekanntem Ausmaß die<br />

„Bedeutung und Aktualität globaler<br />

Gesundheitsfragen“ deutlich mache. In<br />

der offiziellen Kommunikation des<br />

Bundesgesundheitsm<strong>in</strong>isteriums werden<br />

verschiedene zentrale Schwerpunkte<br />

genannt, die <strong>in</strong> diesem Feld im Rahmen<br />

der G7-Präsidentschaft angegangen<br />

und vertieft werden sollen.<br />

Bundesgesundheitsm<strong>in</strong>ister Prof. Dr.<br />

Karl Lauterbach: „Gesundheit ist zentrales<br />

Thema der deutschen G7-Präsidentschaft.<br />

Damit setzt die Bundesregierung<br />

e<strong>in</strong> wichtiges Zeichen. Gerade<br />

<strong>in</strong> Zeiten der Pandemie wird deutlich,<br />

dass Gesundheitsfragen <strong>in</strong>ternationale<br />

Lösungen erfordern. Wir wollen zusammen<br />

die Pandemie bekämpfen und<br />

gleichzeitig Lehren daraus ziehen.“<br />

PANDEMIE(N)<br />

Bis Mitte des Jahres sollen nach dem<br />

Willen der Weltgesundheitsorganisation<br />

(WHO) 70 Prozent der Weltbevölkerung<br />

gegen COVID-19 geimpft se<strong>in</strong>.<br />

Um dieses Ziel zu erreichen, sollen die<br />

G7-Staaten <strong>in</strong>sbesondere ärmere Länder<br />

<strong>in</strong> ihrer Impfkampagne unterstützen,<br />

<strong>in</strong>dem die multilaterale Initiative<br />

COVAX sowie die lokale Impfstoffproduktion<br />

<strong>in</strong> Entwicklungsländern gestärkt<br />

werden. Auch der Koalitionsvertrag<br />

der Bundesregierung sieht e<strong>in</strong>e „gerechte<br />

Impfstoffverteilung“ und e<strong>in</strong>e<br />

Unterstützung von COVAX vor, hier


40_POLITIK<br />

s<strong>in</strong>d sich die Regierungsparteien e<strong>in</strong>ig.<br />

„Zur Prävention zukünftiger Pandemien<br />

ist es von großer Bedeutung, dass<br />

wir die Internationalen Gesundheitsvorschriften<br />

überarbeiten. Dieses Thema<br />

spielt im Rahmen der Formulierung<br />

e<strong>in</strong>es Internationalen Pandemievertrags<br />

e<strong>in</strong>e Rolle, den wir bis 2024 verhandelt<br />

haben wollen“, betont die Göpp<strong>in</strong>ger<br />

Bundestagsabgeordnete Heike Baehrens,<br />

Gesundheitspolitische Sprecher<strong>in</strong><br />

der SPD-Fraktion, auf Anfrage des<br />

ZBW.<br />

Neben der Coronapandemie gelte es,<br />

der „leisen, bereits laufenden Pandemie“<br />

antimikrobieller Resistenzen beizukommen<br />

und entsprechende mediz<strong>in</strong>ische<br />

Gegenmaßnahmen zu entwickeln.<br />

Dafür solle u. a. der unnötige<br />

E<strong>in</strong>satz von Antibiotika reduziert und<br />

die Forschung und Entwicklung von<br />

neuen Antibiotika gefördert werden.<br />

GESUNDHEITSARCHITEKTUR<br />

Die Globale Gesundheitsarchitektur<br />

soll nach dem „One-Health“-Ansatz,<br />

also der Verknüpfung von Klimawandel,<br />

Biodiversität und globalen Gesundheitsfragen<br />

ausgerichtet werden. So will<br />

die Bundesregierung im Rahmen der<br />

G7-Präsidentschaft die weitere F<strong>in</strong>anzierung<br />

zu globaler Gesundheit auf die<br />

Tagesordnung nehmen, wobei <strong>in</strong>sbesondere<br />

die Stärkung der leitenden und<br />

koord<strong>in</strong>ierenden Rolle der WHO von<br />

Bedeutung sei. Dieser Ansatz folgt e<strong>in</strong>er<br />

bereits im Koalitionsvertrag der Ampel-<br />

Parteien festgehaltenen Vere<strong>in</strong>barung<br />

im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Reform und Stärkung<br />

der WHO. „Die COVID-Pandemie hat<br />

noch e<strong>in</strong>mal bestätigt, wie wichtig belastbare<br />

Gesundheitssysteme weltweit<br />

s<strong>in</strong>d. Ihre bessere Ausf<strong>in</strong>anzierung werden<br />

wir im Rahmen der G7 <strong>in</strong>tensiv diskutieren.<br />

Zudem muss die Weltgesundheitsorganisation<br />

(WHO) von der Staatengeme<strong>in</strong>schaft<br />

strukturell und f<strong>in</strong>anziell<br />

besser ausgestattet werden, damit<br />

sie den Anforderungen, die wir an sie<br />

haben, besser gerecht werden kann“, erläutert<br />

die SPD-Gesundheitsexpert<strong>in</strong><br />

Baehrens.<br />

INTERNATIONALER AUSTAUSCH<br />

Auch für die Opposition im Deutschen<br />

Bundestag ist e<strong>in</strong>e vertiefte <strong>in</strong>ternationale<br />

Zusammenarbeit der Schlüssel für<br />

e<strong>in</strong>e bessere Vorsorge und Abwehr künftiger<br />

Krisen. Diana Stöcker (CDU) ist<br />

Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis<br />

Lörrach-Müllheim und Mitglied<br />

im Gesundheitsausschuss. Sie betont:<br />

„Mit der Weltgesundheitsorganisation,<br />

den Vere<strong>in</strong>ten Nationen und der EU haben<br />

wir auch bereits die Foren, die global<br />

hohe Akzeptanz genießen. Innerhalb<br />

dieser Foren muss die Kommunikation<br />

verbessert werden, um die Transparenz<br />

zu erhöhen. Die WHO muss strukturell<br />

und f<strong>in</strong>anziell auch künftig verlässlich<br />

gestärkt werden. Der Austausch wissenschaftlicher<br />

Erkenntnisse muss besser<br />

werden. Hier müssen auch wissenschaftliche<br />

Institutionen <strong>in</strong> Entwicklungsländern<br />

gestärkt werden.“<br />

Es gebe <strong>in</strong> Europa e<strong>in</strong>en weitreichenden<br />

Konsens, dass auch die Pandemiebekämpfung<br />

auf Dauer nur geme<strong>in</strong>sam<br />

geht, so MdB Stöcker weiter. „Dennoch<br />

gab es gerade <strong>in</strong> Momenten der Medikamentenknappheit<br />

Länder, die nationale<br />

Interessen nach vorn gestellt haben.<br />

Entscheidend wird se<strong>in</strong>, das Vertrauen<br />

und den Informationsaustausch weiter<br />

zu stärken.“ Viele Innovationen entstünden<br />

gerade durch die <strong>in</strong>ternationale<br />

Zusammenarbeit und Vernetzung,<br />

wie am Beispiel der Entwicklung der<br />

COVID-19-Impfstoffe zu sehen sei.<br />

KLIMASCHUTZ<br />

E<strong>in</strong> weiterer Schwerpunkt betrifft die<br />

Wirkung von Umwelte<strong>in</strong>flüssen auf die<br />

Gesundheit. Die Weltgesundheitsorganisation<br />

hat Luftverschmutzung und<br />

Erderwärmung als größte Gesundheitsgefahren<br />

weltweit identifiziert. Daher<br />

spielen der Umwelt- und Klimaschutz<br />

für die globale Gesundheit e<strong>in</strong>e entscheidende<br />

Rolle, die auch <strong>in</strong> der Agenda der<br />

deutschen G7-Präsidentschaft deutlich<br />

wird. Geme<strong>in</strong>sam mit den G7-Partnern<br />

ZBW_4/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

» Wir werden unsere G7-<br />

Präsidentschaft nutzen, damit dieser<br />

Staaten-Kreis zum Vorreiter wird.<br />

Zum Vorreiter für klimaneutrales<br />

Wirtschaften und e<strong>in</strong>e gerechte Welt.«<br />

Bundeskanzler Olaf Scholz<br />

will sich die Bundesregierung dafür e<strong>in</strong>setzen,<br />

die Klimaresilienz des Gesundheitssektors<br />

zu verbessern. Gleichzeitig<br />

müsse dieser selbst e<strong>in</strong>en Beitrag zur Bekämpfung<br />

des Klimawandels leisten, wie<br />

Heike Baehrens MdB betont: „Der Gesundheitssektor<br />

hat e<strong>in</strong>en viel zu großen<br />

ökologischen Fußabdruck. Unser Ziel<br />

muss es se<strong>in</strong>, diesen zu verr<strong>in</strong>gern und<br />

wirkungsvolle Maßnahmen mit dem<br />

Ziel der Klimaneutralität auf den Weg zu<br />

br<strong>in</strong>gen. Mehr Ressourceneffizienz im<br />

Gesundheitswesen senkt nicht nur die<br />

gesundheitlichen Risikofaktoren, sondern<br />

reduziert mittelfristig auch Kosten.<br />

Handlungsoptionen <strong>in</strong>nerhalb des Sektors<br />

reichen von effizienten Gebäuden<br />

und klimafreundlichem Beschaffungswesen<br />

über die Reduktion unnötiger<br />

Mehrfachleistungen und Überverschreibungen<br />

h<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>er stärkeren Priorisierung<br />

von Prävention und Gesundheitsförderung.“<br />

Alexander Messmer,<br />

Dr. Holger Simon-Denoix<br />

INFO<br />

WER SIND DIE G7?<br />

Unter den G7-Staaten versteht man<br />

die sieben führenden Industrienationen,<br />

zu denen die USA, Großbritannien,<br />

Frankreich, Italien, Japan,<br />

Kanada und Deutschland gehören.<br />

Diese Staaten treffen sich e<strong>in</strong>mal im<br />

Jahr zum Gipfeltreffen und beraten<br />

sich zu weltweiten Herausforderungen<br />

wie etwa der Klimakrise oder<br />

der Pandemie. Dazu kommen verschiedene<br />

Konsultationen auf Fachebene.<br />

Auch die EU nimmt an den<br />

Beratungen teil. Die Schwerpunkte<br />

der deutschen G7-Präsidentschaft<br />

können Sie auf der<br />

Seite der Bundesregierung<br />

unter https://<br />

bit.ly/3hwzwEz nachlesen.


ZBW_4/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

41_LESERFORUM<br />

ZBW<br />

ZAHNÄRZTEBLATT BADEN-WÜRTTEMBERG<br />

2-3/2022<br />

Titelthema<br />

Aus der Geschichte<br />

lernen<br />

Fortbildung<br />

Ergonomie <strong>in</strong> der<br />

Zahnarztpraxis<br />

ZAHNMEDIZIN IM<br />

NATIONALSOZIALISMUS<br />

ZBW-AUSGABE 2-3/2022, S. 10 FF.<br />

TITELTHEMA: ZAHNMEDIZIN IM<br />

NATIONALSOZIALISMUS<br />

Als Angehöriger e<strong>in</strong>es Opfers bedeutet<br />

es mir sehr viel, e<strong>in</strong> solches Werk <strong>in</strong><br />

Händen zu halten. Es erfordert auch<br />

heute noch Mut und Können, e<strong>in</strong>e solche<br />

Arbeit zu veröffentlichen. Sie haben<br />

herausragend gearbeitet und die Gestaltung<br />

des Heftes unterstreicht das geschriebene<br />

Wort. Dafür sage ich Ihnen<br />

Dank. Sie können stolz auf diese Redaktion<br />

se<strong>in</strong>. Eberhard Schwarz, Konstanz<br />

Mit großem Interesse habe ich Ihren Artikel<br />

über die Zahnärzteschaft <strong>in</strong> der Nazizeit<br />

gelesen. Vielen Dank für den sehr<br />

gut recherchierten Bericht, der viele E<strong>in</strong>blicke<br />

<strong>in</strong> die Schicksale der Opfer und<br />

Täter gegeben hat. Es ist wichtig dass<br />

wir diese schlimme Zeit nicht vergessen.<br />

Silke Schöfisch, Amstetten<br />

Heute habe ich die aktuelle Ausgabe<br />

des ZBW erhalten, die ich sehr gelungen<br />

f<strong>in</strong>de. Herzlichen Glückwunsch<br />

dazu! Matthis Krischel, Düsseldorf<br />

E<strong>in</strong>drucksvoll, was Sie zusammengetragen<br />

und wie Sie es gestaltet haben, vielen<br />

Dank für diese Arbeit!<br />

Ra<strong>in</strong>er Redies, Stuttgart<br />

Das haben Sie sehr gut gemacht!<br />

Prof. Dr. Dr. Aleida Assmann, Tüb<strong>in</strong>gen<br />

ZBW-AUSGABE 2-3/2022, S. 27 FF.<br />

ERGONOMIE UND ÖKONOMIE<br />

Dass es Zeit wird, das Thema Ergonomie<br />

wieder mal aufzunehmen, ist sicher<br />

gut, dann aber nicht so. Wenn<br />

jemand die Zweihandtechnik als<br />

wirtschaftlich und fachlich gut propagiert,<br />

dann stimmt etwas nicht.<br />

Wenn ich permanent e<strong>in</strong>e App brauche,<br />

die mir den nächsten Arbeitsschritt<br />

vorsagt, warum brauche ich<br />

dann überhaupt e<strong>in</strong> Studium zum<br />

Zahnarztberuf oder e<strong>in</strong>e dreijährige<br />

Ausbildung zur ZFA, und was tue ich,<br />

wenn es nicht so läuft? Professor<br />

Schön und andere drehten sich im<br />

Grab um, wenn sie dies lesen könnten.<br />

Gleiche E<strong>in</strong>heiten und E<strong>in</strong>richtungen<br />

<strong>in</strong> allen Zimmern, kurze<br />

Griffwege, alles an se<strong>in</strong>em Platz, Reduktion<br />

an Werkzeug und Materialien,<br />

ke<strong>in</strong> Suchen und Rennen von<br />

Zimmer zu Zimmer oder zum Vorratsschrank,<br />

Gleiches gleichbehandeln<br />

und besonders e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>gespieltes<br />

abgestimmtes partnerschaftliches<br />

Team. Wenn dazu noch e<strong>in</strong>e entspannte<br />

abwechselnde Arbeitshaltung<br />

kommt und auch Rücksicht auf<br />

die besonders bei älteren Patienten<br />

vorhandenen Beweglichkeitse<strong>in</strong>schränkungen<br />

genommen wird, steht e<strong>in</strong>er<br />

guten ergonomisch und ökonomisch<br />

erfolgreichen Behandlung nichts im<br />

Wege, auch nicht <strong>in</strong> der Kassenpraxis.<br />

Dr. Jörg Augenste<strong>in</strong>, Pforzheim<br />

TERMINE<br />

LANDESARBEITSGEMEINSCHAFT FÜR ZAHNGESUNDHEIT BADEN-WÜRTTEMBERG E. V.<br />

Entstehung der Karies und Zahnbetterkrankungen, Prävention durch Mundhygiene (1. Teil)<br />

Mittwoch, 6. April 2022, 14 - 16 Uhr<br />

Die Wirkung der Ernährung auf die Zähne, Prophylaxe durch Fluoride (2. Teil)<br />

Dienstag, 10. Mai 2022, 9 - 11 Uhr<br />

Entstehung der Karies und Zahnbetterkrankungen, Prävention durch Mundhygiene (1. Teil)<br />

Donnerstag, 9. Juni 2022, 14 - 16 Uhr (2. Teil im September 2022)<br />

Ort: Web-Sem<strong>in</strong>are<br />

Zahngesundheits-Tipps für Kids – so bleiben (K<strong>in</strong>der-)Zähne gesund<br />

Dienstag, 26. April 2022, 9 - 16 Uhr<br />

Dienstag, 17. Mai 2022, 9 - 16 Uhr<br />

Dienstag, 14. Juni 2022, 9 - 16 Uhr<br />

Ort: Zahnärztehaus Stuttgart-Möhr<strong>in</strong>gen, Albstadtweg 9, 70567 Stuttgart<br />

Die Teilnahme am Sem<strong>in</strong>ar ist kostenlos.<br />

Bitte geben Sie diese Term<strong>in</strong>e an Erzieher*<strong>in</strong>nen Ihres Bekannten- und<br />

Patientenkreises weiter.<br />

Information und Anmeldung:<br />

Landesarbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

für Zahngesundheit<br />

Baden-Württemberg e. V.<br />

Heßbrühlstr. 7<br />

70565 Stuttgart<br />

Telefon 07 11 22 29 66-18<br />

E-Mail: <strong>in</strong>fo@lagz-bw.de<br />

Internet: www.lagz-bw.de


42_FORTBILDUNG<br />

ZBW_4/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

Implantologie<br />

MIKROBIOM DES<br />

ORALEN BIOFILMS<br />

BEI PERIIMPLANTITIS<br />

Foto: AdobeStock/Design Cells<br />

Dentale Implantationen stellen heutzutage e<strong>in</strong> wichtiges und rout<strong>in</strong>emäßiges Therapieverfahren<br />

<strong>in</strong> der Zahnmediz<strong>in</strong> dar, mit Zehn-Jahres-Implantatüberlebensraten von über<br />

90 Prozent (Morasch<strong>in</strong>i et al. 2015). Die häufigsten Komplikationen kommen <strong>in</strong> Form von<br />

periimplantären Entzündungen im Weich- und Hartgewebe vor und können sich um jedes<br />

Implantatsystem bilden.<br />

Als periimplantäre Mukositis werden Schleimhautentzündungen<br />

ohne progredienten Knochenverlust def<strong>in</strong>iert,<br />

während es bei der Periimplantitis bereits zum Knochenabbau<br />

gekommen ist (Berglundh al. 2018) (Abb. 1). Als<br />

Krankheitsursache wird der Biofilm an der Implantatoberfläche<br />

angesehen, welcher e<strong>in</strong>e Mukositis <strong>in</strong>duziert, die im<br />

weiteren Verlauf <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Periimplantitis mit Knochenabbau<br />

mündet (Al-Ahmad et al. 2018, Berglundh et al. 2018).<br />

Im Rahmen der Diskussion um den Pathomechanismus<br />

der Periimplantitis werden allerd<strong>in</strong>gs auch chirurgische,<br />

prothetische und biomechanische Ursachen angeführt<br />

(Fretwurst et al. 2016, Fretwurst et al. 2018, Nelson et al.<br />

2020).<br />

Ob sich die Prävalenz und Krankheitsk<strong>in</strong>etik der Periimplantitis<br />

um Keramikimplantate im Vergleich zu Titanimplanaten<br />

unterscheidet, ist unbekannt (Cionca et al. 2017,<br />

Fretwurst et al. 2021). Allerd<strong>in</strong>gs zeigen erste humane Biopsien<br />

des Entzündungsgewebes um Titan- und Keramikimplantate<br />

zum Zeitpunkt der Implantatentfernung ke<strong>in</strong>e<br />

Unterschiede <strong>in</strong> der zellulären Immunologie (Abb. 2). Jedoch<br />

konnten patienten<strong>in</strong>dividuelle Unterschiede festgestellt<br />

werden, welche spezifische Risikofaktoren auf Patientenebene<br />

nahelegen (Fretwurst et al. 2021, Fretwurst & Nelson<br />

2021, Wölber & Fretwurst 2022).<br />

Als patienten<strong>in</strong>dividuelle Risikofaktoren werden e<strong>in</strong>e bestehende<br />

Parodontitis, Plaque und e<strong>in</strong>geschränkte Mund-


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43_FORTBILDUNG<br />

hygiene sowie fehlende Adhärenz des Patienten im Nachsorgeverhalten,<br />

fehlende befestigte G<strong>in</strong>giva, Rauchen, pro<strong>in</strong>flammatorische<br />

Ernährung, Diabetes und e<strong>in</strong>e mögliche<br />

genetische Prädisposition des Patienten diskutiert. Dabei<br />

ist <strong>in</strong>teressant, dass nicht alle Risikofaktoren gleichermaßen<br />

für die Periimplantitis und die Parodontitis evidenzbasiert<br />

s<strong>in</strong>d. Während Diabetes und Rauchen e<strong>in</strong>deutig als<br />

Risikofaktoren für die Parodontitis ausgemacht werden<br />

konnten, s<strong>in</strong>d die diesbezüglichen Studien zur Periimplantitis<br />

zum Teil heterogen (Berglundh et al. 2018, Sanz et al.<br />

2021). Für die Risikofaktoren akute Parodontitis, erhöhte<br />

Plaquewerte und e<strong>in</strong>geschränktes Nachsorgeverhalten ist<br />

die Evidenz für die Periimplantitis allerd<strong>in</strong>gs robust.<br />

DIAGNOSTIK<br />

Für die Diagnostik der Periimplantitis wird die periimplantäre<br />

Taschentiefenmessung und der radiologische<br />

marg<strong>in</strong>ale Knochenverlust laut S3-Leitl<strong>in</strong>ie empfohlen<br />

(Schwarz et al. 2016). Diese Leitl<strong>in</strong>ie bef<strong>in</strong>det sich aktuell <strong>in</strong><br />

Überarbeitung. E<strong>in</strong>e Periimplantitis liegt def<strong>in</strong>itionsgemäß<br />

bei periimplantären Taschentiefen ≥ 6 mm mit nachweisbarem<br />

radiologischen Knochenabbau vor (Berglundh<br />

et al. 2018). Weitere kl<strong>in</strong>ische Symptome wie Mobilität des<br />

Implantates, Schmerzen und/oder Pus zeigen sich nicht<br />

zwangsläufig bei jeder Periimplantitis und können daher<br />

nicht als Standarddiagnostik herangezogen werden<br />

(Schwarz et al. 2016). Als radiologische Bildgebung können<br />

sowohl das Orthopantomogramm (OPG) als auch Zahnfilme<br />

<strong>in</strong> der Rechtw<strong>in</strong>keltechnik genutzt werden (Fretwurst<br />

et al. 2020).<br />

Aufgrund der limitierten Diagnostikmöglichkeiten wird <strong>in</strong><br />

der Periimplantitisforschung e<strong>in</strong> Schwerpunkt auf die Etablierung<br />

von mikrobiologischen und immunologischen<br />

Diagnostikmethoden gelegt (Duarte et al. 2016, Ghassib et<br />

al. 2019, Sahrmann et al. 2020). Mikrobiologische oder immunologische<br />

Tests sollten allerd<strong>in</strong>gs aufgrund der begrenzten<br />

Aussagekraft noch nicht zur Diagnostik e<strong>in</strong>er Periimplantitis<br />

herangezogen werden.<br />

MIKROBIOM<br />

Der gesamte menschliche Körper beherbergt ca. 1 Billion<br />

Mikroorganismen. Unter dem Mikrobiom versteht man die<br />

Gesamtheit aller Bakterien e<strong>in</strong>es Organismus, e<strong>in</strong>er Körperregion<br />

oder e<strong>in</strong>es Organs, welche komplexe bakterielle<br />

Ökosysteme darstellen (Rajpoot et al. 2018). Im Rahmen<br />

des humanen Mikrobiom-Projekts wurden <strong>in</strong> den letzten<br />

Dekaden vorrangig das Mikrobiom des gastro<strong>in</strong>test<strong>in</strong>alen<br />

Traktes, der Haut, der Schleimhäute der Geschlechtsorgane<br />

und der Mundhöhle auf ihre Biodiversität untersucht (Guarner<br />

et al. 2003, Rajpoot et al. 2018). Humane Mikrobiomstudien<br />

haben gezeigt, dass sich das Mikrobiom nicht nur<br />

von unterschiedlichen Körperregionen sowie von gesunden<br />

und kranken Patienten unterscheidet, sondern dass auch<br />

ganz beträchtliche <strong>in</strong>ter<strong>in</strong>dividuelle Unterschiede zwischen<br />

gesunden Patienten bestehen (Huttenhower et al. 2012).<br />

Hierfür werden bee<strong>in</strong>flussende Faktoren wie Gesundheitsstatus,<br />

Medikamentene<strong>in</strong>nahme, Lebensstil und Ernährung<br />

diskutiert (Scott et al. 2013). So ist die Mikrobiomforschung<br />

e<strong>in</strong> Forschungsschwerpunkt im Bereich der personalisierten<br />

Mediz<strong>in</strong> geworden, um Krankheitsursache und<br />

-entstehung, sowie Krankheitsverlauf <strong>in</strong> verschiedenen Organsystemen<br />

zu erklären.<br />

In der Zahnmediz<strong>in</strong> wird für diese Mikrobiomforschung<br />

auf Speichel, subg<strong>in</strong>givale Plaque, Zahnste<strong>in</strong> und parodontales<br />

bzw. periimplantäres Sulkusfluid zurückgegriffen.<br />

1a<br />

1b<br />

1c<br />

Kl<strong>in</strong>ik. Das Orthopantomogramm zeigt e<strong>in</strong>en ausgeprägten periimplantären<br />

Knochenverlust regio 13 – 23 mit z. T. > 50 Prozent Knochenverlust an den Implantaten<br />

(1a). Kl<strong>in</strong>ische, <strong>in</strong>traoperative Darstellung der ausgeprägten Periimplantitis<br />

<strong>in</strong> regio 13 – 23 nach Entfernung des periimplantären Entzündungsgewebes<br />

(1b). OP-Situs nach Explantation der Implantate. Die Kieferhöhle imponiert <strong>in</strong><br />

regio 13 punktförmig eröffnet (1c).


44_FORTBILDUNG<br />

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2<br />

Immunologie. Histologische Auswertungen von periimplantärem Entzündungsgewebe um Titanimplantate (oben) und Keramikimplantate (unten)<br />

zeigen bei der Explantation ke<strong>in</strong>e signifikanten Unterschiede <strong>in</strong> der zellulären Immunologie beider Materialien, allerd<strong>in</strong>gs patienten<strong>in</strong>dividuelle Unterschiede.<br />

Immunhistologischen Färbungen: Immunantikörper gegen CD 3 (T-Lymphozyten), CD 20 (B-Lymphozyten), CD 68 (Makrophagen) und<br />

CD 138 (Plasmazellen). Aus Fretwurst et al. 2021, mit freundlicher Genehmigung von Wiley & Sons.<br />

Insgesamt umfasst das orale Mikrobiom ca. 700 Spezies,<br />

davon s<strong>in</strong>d über die Hälfte <strong>in</strong> den parodontalen Taschen lokalisiert.<br />

Auch hier zeigen sich erhebliche <strong>in</strong>ter<strong>in</strong>dividuelle<br />

Unterschiede <strong>in</strong> Bezug auf Spezies und Anzahl (Paster et al.<br />

2006). Klassische kulturabhängige Techniken können aufgrund<br />

ihrer Selektivität nur maximal die Hälfte der tatsächlich<br />

vorhandenen oralen Mikroorganismen nachweisen<br />

und verfehlen so den Ansatz, das gesamte Mikrobiom<br />

darzustellen (Abb. 3) (Aas et al. 2005). Durch metagenomische<br />

Methoden wie den E<strong>in</strong>satz von Hochdurchsatz-Sequenziermethoden<br />

(Sequenzierung der nächsten Generation,<br />

next generation sequenc<strong>in</strong>g „NGS“) kann die Mikrobiomanalyse<br />

der mit Parodontitis und Periimplantitis assoziierten<br />

Biofilme umfassender und effizienter durchgeführt<br />

werden (Liu et al. 2012, Belibasakis und Manoil 2021).<br />

MIKROBIOM DER PERIIMPLANTITIS<br />

Mittels NGS und der kulturunabhängigen Klonierungstechnik<br />

konnten gezeigt werden, dass der mit Periimplantitis<br />

assoziierte orale Biofilm e<strong>in</strong>e unterschiedliche mikrobielle<br />

Zusammensetzung im Vergleich zu dem auf gesunden<br />

Implantaten nachgewiesenen Biofilm hat (Al-Ahmad et al.<br />

2018, Belibasakis und Manoil 2021). Kumar et al. (2012) haben<br />

mittels NGS nachgewiesen, dass die Mikrobiota bei Periimplantitis<br />

e<strong>in</strong>e niedrigere Diversität und e<strong>in</strong>e dist<strong>in</strong>kte<br />

Zusammensetzung hat als im Parodontitis-Biofilm. Ferner<br />

zeigten die Autoren, dass die Gattungen Butyrivibrio, Campylobacter,<br />

Eubacterium, Prevotella, Selenomonas, Streptococcus,<br />

Act<strong>in</strong>omyces, Leptotrichia, Propionibacterium, Peptococcus,<br />

Lactococcus und Treponema vorherrschend mit<br />

der Periimplantitis assoziiert waren. In e<strong>in</strong>er NGS-Untersuchung<br />

an benachbarten Periimplantitis- und Parodontitis-<br />

Nischen konnte gezeigt werden, dass die Diversität der periimplantären<br />

Mikrobiota niedriger und die Abundanz von<br />

Staphylococcus pettenkoferi und Staphylococcus hom<strong>in</strong>is<br />

höher im Vergleich zum Parodotontitis-Biofilm war (Dabdoub<br />

et al. 2013, Belibasakis und Manoil 2021).<br />

Insgesamt lässt sich beim Vergleich zwischen dem Mikrobiom<br />

von Periimplantitis und der Mikrobiota gesunder Implantate<br />

feststellen, dass es geme<strong>in</strong>same sowie charakteristische<br />

Taxa für beide Zustände gibt (Belibasakis und Manoil<br />

2021). Zu den geme<strong>in</strong>samen Bakterienspezies und Gat-


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www.zahnaerzteblatt.de<br />

45_FORTBILDUNG<br />

3a<br />

3b<br />

Fotos: Prof. Dr. Al-Ahmad<br />

Mikroorganismen. Rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen des Biofilms an Implantatoberflächen zum Zeitpunkt der Explantation bei<br />

Periimplantitis. Spirochätenförmige Bakterien (3a, Pfeile) und diverse Bakterienspezies e<strong>in</strong>gebettet <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Biofilmmatrix (3b, Pfeile).<br />

tungen gehören Fusobacterium, Veillonella parvula, Veillonella<br />

dispar, Neisseria, Campylobacter gracilis, Rothia dentocariosa,<br />

Streptococcus und Anaerococcus. Zu den<br />

Mikroorganismen, die bei Periimplantitis dom<strong>in</strong>ieren, zählen<br />

Eubacterium, Campylobacter, Treponema denticola,<br />

Fretibacterium fastidiosum, Porphyromonas g<strong>in</strong>givalis,<br />

Porphyromonas endodontalis, Treponema socranskii, Treponema<br />

lecith<strong>in</strong>olyticum, Anaeroglobus gem<strong>in</strong>atus, Tannerella<br />

forsythia, Mogibacterium, Peptococcus, Act<strong>in</strong>omyces,<br />

Butyrivibrio und Filifactor alocis.<br />

FAZIT<br />

Die Mikrobiomforschung der Periimplantitis ist durch<br />

Hochdurchsatz-Sequenziermethoden (NGS) deutlich verbessert<br />

worden. In der Periimplantitis s<strong>in</strong>d die Gattungen<br />

Prevotella, Selenomonas, Streptococcus, Act<strong>in</strong>omyces, Leptotrichia,<br />

Propionibacterium, Peptococcus, Lactococcus<br />

und Treponema u. a. vorherrschend. Es zeigen sich allerd<strong>in</strong>gs<br />

erhebliche <strong>in</strong>ter<strong>in</strong>dividuelle Unterschiede. Immunologische<br />

und mikrobiologische Tests s<strong>in</strong>d für die Diagnostik<br />

der Periimplantitis aufgrund der begrenzten Aussagekraft<br />

aktuell nicht zu empfehlen.<br />

Prof. Dr. Tobias Fretwurst, Prof. Dr. Katja Nelson,<br />

Kl<strong>in</strong>ik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie/Translationale<br />

Implantologie, Department für Zahn-,<br />

Mund- und Kieferheilkunde, Universitätskl<strong>in</strong>ikum Freiburg<br />

Prof. Dr. Johan Wölber, Prof. Dr. Elmar Hellwig, Prof. Dr Ali Al-Ahmad,<br />

Kl<strong>in</strong>ik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie, Department<br />

für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Universitätskl<strong>in</strong>ikum<br />

Freiburg, Albert-Ludwig Universität<br />

Das Literaturverzeichnis kann beim IZZ bestellt werden unter<br />

Tel: 0711/222966-14 oder E-Mail: <strong>in</strong>fozahnarzteblatt.de.<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

0711/222966-14<br />

<strong>in</strong>fo@zahnaertzeblatt.de<br />

Prof. Dr. Tobias Fretwurst<br />

Fachzahnarzt für Oralchirurgie<br />

Universitätskl<strong>in</strong>ikum Freiburg<br />

Jahresbericht 2021 der LZK BW<br />

Nachhaltig <strong>in</strong> die Zukunft<br />

Die Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg legt<br />

jedes Jahr e<strong>in</strong>en Jahresbericht mit Informationen<br />

über berufspolitische Ziele und Entscheidungen der<br />

Kammerorgane, der Ausschüsse und Arbeitskreise<br />

sowie der Fortbildungs<strong>in</strong>stitute vor.<br />

Blättern Sie sich durch den Jahresbericht ….


46_IM BLICK<br />

ZBW_4/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

Interview mit Prof. Dr. Dr. Benedicta Beck-Broichsitter<br />

DIE BESTMÖGLICHE INDIVIDUELLE<br />

THERAPIE ANBIETEN<br />

Prof. Dr. Dr. Benedicta Beck-Broichsitter ist seit Januar dieses Jahres Ärztliche Direktor<strong>in</strong><br />

der Kl<strong>in</strong>ik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, plastisch-ästhetische Operationen,<br />

Zentrum für Implantologie am Kl<strong>in</strong>ikum Stuttgart. Die 40-jährige gebürtige Ostholste<strong>in</strong>er<strong>in</strong><br />

hat damit die Leitung der größten außeruniversitären Fachkl<strong>in</strong>ik für Mund-, Kiefer- und<br />

Gesichtschirurgie <strong>in</strong> Deutschland <strong>in</strong>ne. Im ZBW-Interview spricht sie über ihren Werdegang,<br />

ihre fachlichen Schwerpunkte und ihre Ziele <strong>in</strong> ihrer neuen Aufgabe.<br />

ZBW: Frau Prof. Beck-Broichsitter, Sie<br />

waren bis Ende 2021 an der Charité <strong>in</strong><br />

Berl<strong>in</strong> als Oberärzt<strong>in</strong> tätig, die letzten<br />

zwei Jahre als stellvertretende Direktor<strong>in</strong><br />

der Kl<strong>in</strong>ik für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie.<br />

Was hat Sie zu dem aktuellen<br />

Karriereschritt und dem Ortswechsel<br />

bewogen?<br />

Es s<strong>in</strong>d sicherlich mehrere D<strong>in</strong>ge, die<br />

hier für mich zusammengekommen<br />

s<strong>in</strong>d: Zum e<strong>in</strong>en hat sich über die Jahre<br />

me<strong>in</strong>er Aus- und Weiterbildung und<br />

letztendlich dann auch <strong>in</strong> der stellvertretenden<br />

Leitungsfunktion an der<br />

Charité me<strong>in</strong> Wunsch verfestigt, e<strong>in</strong>e<br />

Kl<strong>in</strong>ik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie<br />

zu leiten, den Patient*<strong>in</strong>nen<br />

moderne Therapiekonzepte<br />

anzubieten und sie danach zu behandeln.<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus habe ich viel<br />

Freude an der Ausbildung ärztlicher<br />

Kolleg*<strong>in</strong>nen. Als Ärztliche Direktor<strong>in</strong><br />

habe ich den hierfür notwendigen Freiraum<br />

e<strong>in</strong>e Abteilung nach me<strong>in</strong>en Vorstellungen<br />

zu gestalten und diese zu<br />

verwirklichen. Das ist für mich persönlich<br />

e<strong>in</strong>e sehr schöne aber auch herausfordernde<br />

Aufgabe.<br />

Zum anderen spielt selbstverständlich<br />

die Reputation der Kl<strong>in</strong>ik e<strong>in</strong>e große<br />

Rolle. Das Kl<strong>in</strong>ikum Stuttgart ist als<br />

Maximalversorger überregional bekannt<br />

und genießt – <strong>in</strong>sbesondere die<br />

Kl<strong>in</strong>ik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie<br />

– e<strong>in</strong>en hervorragenden Ruf,<br />

sodass es für mich neben all den Herausforderungen<br />

auch e<strong>in</strong>e große Ehre<br />

und Freude ist, die Nachfolge e<strong>in</strong>er so<br />

großen Persönlichkeit unseres Faches<br />

wie Prof. Dieter We<strong>in</strong>gart <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er so renommierten<br />

Kl<strong>in</strong>ik anzutreten.<br />

Neben dem Doppelstudium Humanund<br />

Zahnmediz<strong>in</strong> haben Sie e<strong>in</strong>en<br />

Prof. Dr. Dr. Benedicta Beck-Broichsitter<br />

„Master of Hospital Management“ abgelegt.<br />

Zudem absolvieren Sie den<br />

Masterstudiengang Implantologie<br />

und Parodontologie und die Weiterbildung<br />

zum Tätigkeitsschwerpunkt<br />

Ästhetische Gesichtschirurgie. Was<br />

treibt Sie beruflich am stärksten an:<br />

Die eigene Behandlungstätigkeit und<br />

die Gewissheit, Patient*<strong>in</strong>nen <strong>in</strong>dividuell<br />

helfen zu können, die vielfältigen<br />

organisatorischen Aufgaben <strong>in</strong><br />

der Leitungsfunktion e<strong>in</strong>es großen<br />

Kl<strong>in</strong>ikums oder der wissenschaftliche<br />

Fortschritt im weiten Feld der Mediz<strong>in</strong><br />

und Zahnmediz<strong>in</strong>?<br />

Ich denke, dass es von allem e<strong>in</strong> bisschen<br />

ist. Me<strong>in</strong>e persönliche Sichtweise<br />

und Hauptmotivation besteht dar<strong>in</strong>,<br />

dass es immer die Möglichkeit zur Verbesserung<br />

und zur Erweiterung des eigenen<br />

Wissenshorizont gibt. Ich sehe<br />

me<strong>in</strong>e persönliche Aus- und Weiterbildung<br />

nicht als abgeschlossen an, sondern<br />

als e<strong>in</strong>en kont<strong>in</strong>uierlichen, lebenslangen<br />

Lernprozess. Hieraus ergibt<br />

sich automatisch me<strong>in</strong> Anspruch,<br />

Patient*<strong>in</strong>nen die bestmögliche <strong>in</strong>dividuelle<br />

Therapie anzubieten, neue Behandlungsspektren<br />

zu erschließen und<br />

natürlich auch die Prozesse <strong>in</strong> der Kli-<br />

Foto: privat


ZBW_4/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

47_IM BLICK<br />

nik zu optimieren. Diese Herausforderungen<br />

münden darüber h<strong>in</strong>aus häufig<br />

<strong>in</strong> wissenschaftlichen Fragestellungen,<br />

bei denen ich mich und me<strong>in</strong>e Behandlungsergebnisse<br />

auswerte oder nach<br />

Lösungsansätzen suche.<br />

Sie haben zum Thema „Endokultivierung,<br />

quo vadis? – Auf den Spuren der<br />

natürlichen Knochenheilung“ habilitiert.<br />

Welches Potential sehen Sie <strong>in</strong><br />

diesem Bereich für konkrete Fortschritte<br />

<strong>in</strong> der Versorgung der Patient*<strong>in</strong>nen?<br />

Me<strong>in</strong> Habilitationsthema ergab sich<br />

aus e<strong>in</strong>er dieser konkreten Herausforderungen<br />

unseres Fachgebiets, nämlich<br />

der Entwicklung alternativer<br />

Möglichkeiten zur Wiederherstellung<br />

der knöchernen Kont<strong>in</strong>uität bzw. der<br />

Form des Kiefers. Die Gewebezüchtung<br />

(Tissue Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g) ist e<strong>in</strong>e weiterh<strong>in</strong><br />

sehr vielversprechende Technik,<br />

<strong>in</strong> die ich zu der Zeit sehr gute E<strong>in</strong>blicke<br />

gew<strong>in</strong>nen konnte. Die Weiterentwicklung<br />

von dreidimensionalen<br />

Druckverfahren ist mittlerweile so<br />

weit gelangt, dass Zellen und Wirkstoffe<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong> biokompatibles Trägermaterial,<br />

<strong>in</strong> so genannten Biopr<strong>in</strong>t<strong>in</strong>g-<br />

Verfahren, gedruckt werden können.<br />

Das stellt me<strong>in</strong>es Erachtens die Grundvoraussetzung<br />

und zugleich e<strong>in</strong>en<br />

Meilenste<strong>in</strong> <strong>in</strong> der Weiterentwicklung<br />

bisheriger etablierter Modelle dar, gerade<br />

wenn sie um Kenntnisse aus der<br />

knöchernen Regeneration erweitert<br />

werden. In diesem Bereich wird sehr<br />

viel getan, sodass ich mir durchaus<br />

vorstellen kann, dass die Hürde <strong>in</strong> den<br />

kl<strong>in</strong>ischen Bereich zukünftig überwunden<br />

werden könnte. In naher Zukunft<br />

halte ich es allerd<strong>in</strong>gs nicht für<br />

realistisch, da vor e<strong>in</strong>er rout<strong>in</strong>emäßigen<br />

Durchführung <strong>in</strong> der Kl<strong>in</strong>ik kritisch<br />

geprüft werden muss, ob neue<br />

Verfahren im Vergleich zu den etablierten<br />

Techniken gleichwertig anzuwenden<br />

oder gar überlegen s<strong>in</strong>d. Bis zu<br />

diesem Zeitpunkt s<strong>in</strong>d wir angehalten,<br />

unsere Techniken zu verbessern, zu <strong>in</strong>dividualisieren<br />

und m<strong>in</strong>imal<strong>in</strong>vasiver<br />

zu gestalten, um die Belastung des Patienten/der<br />

Patient<strong>in</strong> so ger<strong>in</strong>g wie<br />

möglich zu halten.<br />

Der Fokus <strong>in</strong> Ihrer neuen Tätigkeit soll<br />

auf der Anwendung personalisierter<br />

Therapieansätze <strong>in</strong>nerhalb der Mund-,<br />

Kiefer- und Gesichtschirurgie liegen.<br />

Bitte erläutern Sie uns, welche fachlichen<br />

Schwerpunkte Sie hier sehen und<br />

welche Ziele Sie sich für das Versorgungsangebot<br />

im Kl<strong>in</strong>ikum Stuttgart<br />

setzen.<br />

Unser Fachgebiet hat die besondere<br />

Herausforderung, dass wir an dem<br />

immerzu sichtbaren Gesicht tätig<br />

s<strong>in</strong>d und unsere E<strong>in</strong>griffe sich direkt<br />

auf das Ersche<strong>in</strong>ungsbild oder auf die<br />

Sprech-, Kau- und Schluckfunktion<br />

auswirken. Deutlich erwünscht ist<br />

dies natürlich <strong>in</strong> der operativen Korrektur<br />

von Fehlbildungen und Fehlbissen,<br />

möglichst unauffällig soll es<br />

nach Entfernung von Neubildungen<br />

der Haut, der Mundhöhle oder nach<br />

der Versorgung von Knochenbrüchen<br />

im Gesicht se<strong>in</strong>. Allen diesen Konstellationen<br />

ist geme<strong>in</strong>, dass sie zwar als<br />

Krankheitsbild übergreifend beschrieben<br />

s<strong>in</strong>d, aber sehr <strong>in</strong>dividuell<br />

ausgeprägt se<strong>in</strong> können. Jeder E<strong>in</strong>griff<br />

hat daher se<strong>in</strong>e besonderen Herausforderungen.<br />

Genau hier haben<br />

wir die Möglichkeit auf diese Besonderheiten<br />

e<strong>in</strong>zugehen und mit Hilfe<br />

von computerassistierten Verfahren<br />

E<strong>in</strong>griffe zu simulieren, zu planen<br />

und patientenspezifische Implantate<br />

herstellen zu lassen, die für die <strong>in</strong>dividuelle<br />

Situation genau passend<br />

s<strong>in</strong>d. Der Vorteil liegt vor allem dar<strong>in</strong>,<br />

dass man sich als Behandler vorher<br />

virtuell mit dem Ablauf vertraut<br />

macht, mögliche Herausforderungen<br />

erkennt und direkt löst. Hierdurch<br />

kann der E<strong>in</strong>griff <strong>in</strong> der Regel <strong>in</strong> kürzerer<br />

Zeit, ggf. mit kle<strong>in</strong>eren chirurgischen<br />

Zugängen durchgeführt und<br />

die Erholungszeit vom E<strong>in</strong>griff <strong>in</strong> der<br />

Regel verkürzt werden. Außerdem<br />

können wir mit hoher Präzision <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em gewissen Korridor der Genauigkeit<br />

im Millimeterbereich Ergebnisse<br />

vorhersagen. Dies ist gerade für<br />

verlagernde E<strong>in</strong>griffe am Kiefer im<br />

Rahmen komb<strong>in</strong>ierter kieferorthopädisch-kieferchirurgischer<br />

E<strong>in</strong>griffe,<br />

der so genannten Dysgnathie- oder<br />

orthognathen Chirurgie, von großer<br />

Bedeutung, kommt natürlich aber<br />

auch unseren onkologischen Patient*<strong>in</strong>nen<br />

zugute, denen wir teilweise<br />

Anteile des Ober- oder Unterkiefers<br />

nach Entfernung bösartiger Tumore<br />

wieder herstellen und mit dentalen<br />

Implantaten bzw. Zahnersatz versorgen<br />

wollen. Das Spektrum möglicher<br />

Anwendungen ist sehr breit und der<br />

Nutzen für unsere Patient*<strong>in</strong>nen entsprechend<br />

groß.<br />

Zwischen Kiel und Stuttgart liegen gut<br />

750 Kilometer. Wie s<strong>in</strong>d Sie als Nordlicht<br />

im Schwabenland angekommen?<br />

In me<strong>in</strong>er Assistenzzeit <strong>in</strong> Kiel war ich<br />

bereits kollegial von Schwaben umz<strong>in</strong>gelt<br />

und b<strong>in</strong> aus dieser Zeit mit<br />

„Röhrle“, „Schräuble“ und „Plättle“ <strong>in</strong><br />

me<strong>in</strong>er chirurgischen Weiterbildung<br />

aufgewachsen. Diesen schwäbischen<br />

M<strong>in</strong>imalwortschatz habe ich mir über<br />

die Jahre erhalten. Das gelegentliche<br />

„Mo<strong>in</strong>“, das mir zur Begrüßung (noch)<br />

über die Lippen kommt, wird mir zugestanden<br />

und ich denke auch verziehen.<br />

Ich b<strong>in</strong> <strong>in</strong> der Kl<strong>in</strong>ik ausgesprochen<br />

herzlich aufgenommen worden und<br />

fühle mich <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em neuen Umfeld<br />

sehr wohl.<br />

Zum Schluss: Wissen Sie, was<br />

„Breschdl<strong>in</strong>gsgsälz“ ist?<br />

(lacht). Ne<strong>in</strong>, ich musste es <strong>in</strong> der Tat<br />

nachschlagen. Dabei habe ich e<strong>in</strong>e große<br />

Schwäche für Erdbeermarmelade.<br />

INFO<br />

Die Fragen stellte<br />

Dr. Holger Simon-Denoix<br />

Die Kl<strong>in</strong>ik für Mund-, Kiefer- und<br />

Gesichtschirurgie, Plastischästhetische<br />

Operationen, Zentrum<br />

für Implantologie des Kl<strong>in</strong>ikums<br />

Stuttgart, ist die größte<br />

deutsche außeruniversitäre Fachkl<strong>in</strong>ik<br />

für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie.<br />

Das Leistungsspektrum<br />

umfasst die Maximalversorgung<br />

und entspricht dem<br />

vieler universitärer Abteilungen.<br />

Die Spezialisierungen s<strong>in</strong>d der<br />

Wiederaufbau von hochgradig zurückgebildeten<br />

Kieferknochen als<br />

Folge des Verlustes der natürlichen<br />

Zähne, um Kaufähigkeit,<br />

Sprachfunktion und Gesichtsästhetik<br />

wiederherzustellen. Die Kl<strong>in</strong>ik<br />

wurde dafür vom International<br />

Team of Implantology (ITI) zum<br />

„Center of Excellence“ ernannt.<br />

Zudem ist sie auf die Verwendung<br />

patienten<strong>in</strong>dividueller Implantate<br />

zur Wiederherstellung von Gesichtsschädelknochen<br />

spezialisiert<br />

(CAD-CAM-Technologie).


48_SOZIALES ENGAGEMENT<br />

ZBW_4/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

Zahnarzt Dimitri Schulz auf Hilfse<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> der Ukra<strong>in</strong>e<br />

MIT MEDIKAMENTEN HIN –<br />

MIT GEFLÜCHTETEN ZURÜCK<br />

Seit mehr als sieben Jahren gibt es e<strong>in</strong>en bewaffneten Konflikt zwischen der Ukra<strong>in</strong>e und<br />

Russland. Viele Jahre schwelte dieser Krieg, nun lassen die russischen Angriffe auf die Ukra<strong>in</strong>e<br />

alte Ängste wieder aufflammen. Was nun auf dem Spiel steht, reicht weit über die Grenzen der<br />

Ukra<strong>in</strong>e h<strong>in</strong>aus. Das ZBW sprach mit Dimitri Schulz, <strong>in</strong> der Ukra<strong>in</strong>e geboren und als Zahnarzt<br />

<strong>in</strong> Stuttgart tätig, der bereits bei mehreren Hilfse<strong>in</strong>sätzen tätig war.<br />

ZBW: Herr Schulz, Sie<br />

wurden <strong>in</strong> Dnipro geboren,<br />

e<strong>in</strong> Ort, der heute <strong>in</strong><br />

der Ukra<strong>in</strong>e liegt, früher<br />

aber zur Sowjetunion gehörte.<br />

Können Sie uns e<strong>in</strong><br />

wenig über Ihren familiären<br />

H<strong>in</strong>tergrund berichten,<br />

damit wir e<strong>in</strong> Gefühl<br />

für Ihre persönliche Situation<br />

bekommen?<br />

Natürlich gerne. Me<strong>in</strong>e<br />

Mutter ist Deutsche,<br />

me<strong>in</strong> Vater Ukra<strong>in</strong>er. Der<br />

deutsche Stammbaum<br />

lässt sich bis auf das 18.<br />

Jahrhundert zurückverfolgen.<br />

Damals zogen<br />

unsere Vorfahren aus<br />

Großbottwar bei Ludwigsburg<br />

<strong>in</strong> die Ukra<strong>in</strong>e,<br />

wo sie Land von den Kosaken<br />

pachteten und als<br />

Bauern lebten. Belegt<br />

s<strong>in</strong>d auch deren Wohnort<br />

„Neu Stuttgart“ bei<br />

Berdjansk am Asowschen<br />

Meer. Nach Deportationen<br />

<strong>in</strong> den beiden Weltkriegen nach Kasachstan<br />

kehrte man immer wieder <strong>in</strong><br />

die Ukra<strong>in</strong>e zurück.<br />

Väterlicherseits stammt die Familie aus<br />

Zaporizhzhia, wo ich auch e<strong>in</strong>ige Jahre<br />

me<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>dheit verbrachte.<br />

Me<strong>in</strong>e Eltern lernten sich <strong>in</strong> der mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Akademie <strong>in</strong> Dnipro kennen.<br />

Beide studierten Zahnmediz<strong>in</strong>.<br />

Wann beschloss Ihre Familie, <strong>in</strong><br />

Deutschland zu leben?<br />

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion<br />

zog der deutsche Teil der Familie<br />

zurück nach Ludwigsburg. Von 2005 bis<br />

2010 studierte ich, entsprechend unserer<br />

Familientradition, Zahnmediz<strong>in</strong> an<br />

E<strong>in</strong>satz. Mit dem Privatauto, vollbepackt mit Medikamenten, Lebensmitteln und Hilfsgütern machte sich ZA Dimitri<br />

Schulz bereits mehrfach auf den Weg zur ukra<strong>in</strong>isch-polnischen Grenze.<br />

der Akademie <strong>in</strong> Dnipro. Anschließend<br />

legte ich nach e<strong>in</strong>er Vorbereitungs- und<br />

Assistenzzeit me<strong>in</strong>e Gleichwertigkeitsprüfung<br />

<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> an der Charité ab.<br />

Ich arbeitete noch e<strong>in</strong>ige Jahre mit me<strong>in</strong>er<br />

Mutter zusammen <strong>in</strong> Neckarsulm<br />

und entschloss mich im Jahr 2015 <strong>in</strong><br />

Stuttgart Fuß zu fassen, was wunderbar<br />

gelang, da ich das beste Team gefunden<br />

habe, das ich mir vorstellen kann.<br />

Haben Sie noch Verb<strong>in</strong>dungen <strong>in</strong> die<br />

alte Heimat?<br />

Ja, ich habe nach wie vor viele Verb<strong>in</strong>dungen<br />

<strong>in</strong> die Ukra<strong>in</strong>e: Familie, Freunde,<br />

Bekannte, Geschäftspartner. Wir<br />

s<strong>in</strong>d bislang nahezu jährlich dort gewesen.<br />

Haben unseren Urlaub am Meer<br />

verbracht und Freunde besucht.<br />

Es fällt uns schwer zusehen zu müssen,<br />

wie unsere Freunde jetzt auf der Flucht<br />

s<strong>in</strong>d, bewaffnet auf E<strong>in</strong>sätze warten<br />

oder sogar bereits <strong>in</strong> Gefechte verwickelt<br />

s<strong>in</strong>d. Mit dieser Entwicklung hat<br />

niemand von uns gerechnet. Selbst Politikwissenschaftler<br />

s<strong>in</strong>d überrascht.<br />

Was ist die Ukra<strong>in</strong>e für e<strong>in</strong> Land?<br />

Man kämpft mit der eigenen sowjetischen<br />

Vergangenheit und versucht den<br />

sowjetischen Ballast wie Korruption<br />

und Misswirtschaft abzuschütteln. Hier<br />

ist me<strong>in</strong>es Erachtens <strong>in</strong> den letzten Jahren<br />

viel passiert und man konnte gut<br />

Fotos: Schulz


ZBW_4/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

49_SOZIALES ENGAGEMENT<br />

Unterstützung. Die nicht abreißende Flüchtl<strong>in</strong>gsströme mit entkräfteten, erkrankten und psychisch stark belasteten Menschen<br />

f<strong>in</strong>den <strong>in</strong> Warenlagern wie diesem Lebensmittel und auch Medikamente.<br />

beobachten, dass die jungen Ukra<strong>in</strong>er<br />

Europäer geworden s<strong>in</strong>d.<br />

Die Konflikte der letzten Jahre haben<br />

den Nationalstolz und Zusammenhalt,<br />

aber auch die Identität des ukra<strong>in</strong>ischen<br />

Volks gestärkt. Der Großteil sehnt sich<br />

nach e<strong>in</strong>em ruhigen und guten Leben<br />

nach europäischem Vorbild. Russland<br />

ist für die Mehrheit h<strong>in</strong>gegen e<strong>in</strong> Symbol<br />

der alten Ordnung.<br />

Die Ukra<strong>in</strong>er s<strong>in</strong>d für mich warmherzige<br />

Menschen. Man kann offen sprechen,<br />

sich umarmen, fröhlich se<strong>in</strong>. So<br />

war es beispielsweise nie e<strong>in</strong> Problem,<br />

am selben oder nächsten Tag nach Ankunft<br />

noch mit Freunden etwas auszumachen,<br />

feiern zu gehen oder sich zu<br />

Hause zu treffen. Ich empfand es immer<br />

als unkompliziert. In Deutschland h<strong>in</strong>gegen<br />

brauchen wir oft wochenlange<br />

Planung, bis wir e<strong>in</strong>en Term<strong>in</strong> f<strong>in</strong>den,<br />

um uns zu treffen. Es macht mich oft<br />

traurig, wie verplant wir hier alle s<strong>in</strong>d.<br />

Sie sprechen russisch, haben aber ukra<strong>in</strong>ische<br />

Wurzeln. Birgt dieser Umstand<br />

für Sie Konfliktpotential?<br />

Obwohl ich persönlich nur russisch spreche,<br />

fühle ich mich als Ukra<strong>in</strong>er. Me<strong>in</strong>e<br />

Frau wuchs ebenfalls <strong>in</strong> Dnipro auf, allerd<strong>in</strong>gs<br />

zweisprachig. Dies war jedoch<br />

nie e<strong>in</strong> Diskrim<strong>in</strong>ierungsgrund, wie so<br />

oft <strong>in</strong> russischen Medien verbreitet wird.<br />

Ich b<strong>in</strong> <strong>in</strong> Deutschland schon <strong>in</strong> den<br />

K<strong>in</strong>dergarten gegangen. Me<strong>in</strong>e Eltern<br />

brachten mir zu Hause Russisch lesen<br />

und schreiben bei. Gesprochen wurde<br />

schon immer Russisch zu Hause. In<br />

Dnipro sprechen nach wie vor viele Russisch.<br />

Willkommen heißt man Russland<br />

dort aber dennoch nicht.<br />

Die ukra<strong>in</strong>ischen Armee und Bürgerwehren<br />

s<strong>in</strong>d bewaffnet und s<strong>in</strong>d entschlossen,<br />

sich zu verteidigen. Die Russen<br />

haben, geblendet durch die Staatspropaganda,<br />

diese Gegenwehr nicht erwartet.<br />

Ich denke viele wollen auch<br />

nicht gegen die Ukra<strong>in</strong>er kämpfen. Aber<br />

was bleibt ihnen übrig? Desertieren und<br />

lebenslang <strong>in</strong> Schande und im Gulag leben?<br />

Es ist e<strong>in</strong>e Zwickmühle.<br />

Er<strong>in</strong>nern Sie sich, wo Sie waren, als Sie<br />

vom russischen Überfall auf die Ukra<strong>in</strong>e<br />

erfuhren?<br />

Als der Krieg begann, war ich gerade <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er Besprechung mit Architekten,<br />

Vermietern und me<strong>in</strong>en Ansprechpartnern<br />

me<strong>in</strong>er neuen Praxis. Der<br />

Umzug ist für den 1. September dieses<br />

Jahres geplant. Ich weiß noch gut, wie<br />

ich unter Tränen machtlos am Tisch<br />

saß, da ich begriff, was da auf die Ukra<strong>in</strong>e<br />

zurollte. Welches Leid da kommt.<br />

Es war pures Unverständnis – wir s<strong>in</strong>d<br />

doch im Jahr 2022. Wir s<strong>in</strong>d doch <strong>in</strong><br />

Europa!<br />

Wie empf<strong>in</strong>den Sie die Solidarität Europas<br />

mit der Ukra<strong>in</strong>e?<br />

Es ist wirklich erstaunlich, was hier bereits<br />

gestemmt wurde und wie solidarisch<br />

unsere Mitmenschen <strong>in</strong> Deutschland Hilfe<br />

anbieten. Ich kriege von Kollegen aus<br />

ganz Deutschland Pakete mit Medikamenten<br />

zugeschickt. Es rührt uns sehr.<br />

Beschreiben Sie uns Ihren E<strong>in</strong>satz.<br />

Wir organisieren Hilfstransporte mit<br />

Medikamenten, Erste-Hilfe-Sets, OP-<br />

Bedarf, beschaffen Hilfsgüter, verteilen<br />

diese, fahren an die Grenzen und br<strong>in</strong>gen<br />

auf der Rückfahrt Geflüchtete mit<br />

nach Deutschland.<br />

Erhalten Sie Nachrichten aus der<br />

Ukra<strong>in</strong>e?<br />

Wir haben täglich Kontakt zu Freunden<br />

und zu Familienangehörigen. E<strong>in</strong>e Bekannte<br />

aus Kiew berichtete uns an Tag 4<br />

des Krieges, am 27. Februar 2022: „Wir<br />

hatten e<strong>in</strong>en schweren Tag. Wie überall<br />

<strong>in</strong> der Ukra<strong>in</strong>e wird hier hart gekämpft.<br />

Es ist schrecklich. Ich f<strong>in</strong>de nicht die<br />

Worte, um es zu beschreiben. Ich b<strong>in</strong><br />

mit me<strong>in</strong>er Schwester und den K<strong>in</strong>dern<br />

gerade im Keller unseres Hochhauses.<br />

Wir s<strong>in</strong>d gesund. Wir leben. Wir helfen<br />

wo wir können. Den Soldaten und Bedürftigen.<br />

Wir haben all unsere Medikamente,<br />

warme Kleidung etc. weggegeben.<br />

Nahrungsmittel werden knapp.<br />

Die Supermärkte s<strong>in</strong>d geschlossen. Wir<br />

haben noch für zirka vier Tage zu Essen.<br />

Wasser ist noch genug da. Möge der<br />

Himmel über uns friedlich bleiben.“<br />

Nur fünf Tage später, am 4. März<br />

schrieb sie <strong>in</strong> Großbuchstaben: „SIE<br />

BRINGEN UNS ALLE UM!“<br />

Zu dieser Zeit wurde Irp<strong>in</strong>, ihr Heimatort<br />

nahezu vollständig zerstört. Mittlerweile<br />

ist sie mit Ihren K<strong>in</strong>dern bei München<br />

angekommen. Ihr Mann ist geblieben<br />

um bei der Verteidigung Kyivs zu helfen.<br />

Können Sie uns e<strong>in</strong> Abbild von der Situation<br />

geben, wie Sie sie von hier aus erleben?<br />

Unsere Freunde organisieren sich <strong>in</strong><br />

Bürgerwehren oder treten <strong>in</strong> die Armee<br />

e<strong>in</strong>, um das Land zu verteidigen. E<strong>in</strong>e<br />

unbeschreibliche Kampfmoral hat das<br />

Land erfasst. Geflüchtete werden untergebracht,<br />

Bedürftige versorgt. Restaurants<br />

kochen kostenfrei für die Bürger.<br />

Lieferdienste beliefern kostenlos<br />

Bedürftige. Blut wird gespendet. Ob-


50_SOZIALES ENGAGEMENT<br />

ZBW_4/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

» Flüchtl<strong>in</strong>ge werden untergebracht,<br />

Bedürftige versorgt. Restaurants kochen<br />

kostenfrei für die Bürger [...] Blut wird<br />

gespendet. Obdachlose sammeln<br />

Flaschen für Molotow-Cocktails [...]<br />

Dann heulen die Sirenen, die Menschen<br />

rennen <strong>in</strong> die Bunker, Keller und Metros,<br />

harren aus, wenn die Bomben fallen [...]<br />

Die Mütter s<strong>in</strong>gen ihren K<strong>in</strong>dern vor.«<br />

Dimitri Schulz<br />

dachlose sammeln Flaschen für Molotow-Cocktails,<br />

Erste-Hilfe-Kurse werden<br />

organisiert, <strong>in</strong> der Nachbarschaft<br />

geholfen, Stellungen befestigt. Dann<br />

heulen die Sirenen, die Menschen rennen<br />

<strong>in</strong> die Bunker, Keller und Metros,<br />

harren aus, wenn die Bomben fallen,<br />

man hört Detonationen, Die Mütter<br />

s<strong>in</strong>gen ihren K<strong>in</strong>dern vor.<br />

Sogar solche banalen Sachen wie Tierfutter,<br />

das knapp wird, führt zu kle<strong>in</strong>en<br />

Katastrophen, weil man das geliebte<br />

Haustier nicht mehr versorgen kann.<br />

Auf den Bahnhöfen stehen volle Koffer<br />

und Transportboxen mit Tieren dar<strong>in</strong>.<br />

Man musste vieles zurücklassen. Die<br />

Züge s<strong>in</strong>d überfüllt. Es ist stockf<strong>in</strong>ster.<br />

Beleuchtung bleibt aus. Mobiltelefone<br />

müssen ausgeschaltet se<strong>in</strong>. Man fürchtet<br />

sich vor Ortung und Beschuss.<br />

Viele sitzen auf dem Boden, <strong>in</strong> den Fluren,<br />

es gibt kaum Platz. Alle s<strong>in</strong>d verängstigt.<br />

Die K<strong>in</strong>der traumatisiert. Die<br />

Sirenen und Detonationen werden<br />

noch lange Albträume verursachen.<br />

Das ist herzzerreißend.<br />

Me<strong>in</strong> Onkel läuft jeden Abend zusammen<br />

mit bewaffneten Nachbarn durch<br />

die Straßen se<strong>in</strong>es Viertels, um Plünderer<br />

und Diebe abzuwehren. Auch das<br />

gehört zu den Schattenseiten dieser<br />

Zeit.<br />

Andernorts stellen sich Menschen unbewaffnet<br />

vor russische Panzer, um sie<br />

an der Weiterfahrt zu h<strong>in</strong>dern. Sie blockieren<br />

Straßen, beschimpfen russische<br />

Soldaten. Welch e<strong>in</strong> Mut!<br />

All diese Bilder, Nachrichten und Telefonate<br />

wühlen uns täglich auf und wir<br />

vergießen Tränen der Verzweiflung, des<br />

Stolzes, der Wut und auch der Hoffnung.<br />

All diese Menschen s<strong>in</strong>d für<br />

mich Helden.<br />

Als die Sowjetunion damals unterg<strong>in</strong>g,<br />

sprach man von Russland und der Ukra<strong>in</strong>e<br />

als Brudervölker. Was macht der<br />

Konflikt mit den persönlichen Beziehungen?<br />

An diesem Krieg zerbrechen auch viele<br />

ukra<strong>in</strong>isch-russische Freundschaften.<br />

Ich habe viele russische Bekannte und<br />

Freunde. Aber nur wenige äußern ihre<br />

Bestürzung. Manche verteidigen sogar<br />

das Vorgehen. Sie alle sprechen wie aus<br />

e<strong>in</strong>em Mund. Dieselben irren Thesen<br />

aus dem russischen Staatsfernsehen.<br />

Die Trollfabriken Put<strong>in</strong>s haben ganze<br />

Arbeit geleistet. Wenn wir mit Bekannten<br />

aus Russland telefonieren und<br />

vom Krieg berichten, glauben sie uns<br />

nicht. Es gibt für sie ke<strong>in</strong>en Krieg. Nur<br />

e<strong>in</strong>e „Spezialoperation“. E<strong>in</strong> paar<br />

Schläge gegen militärische E<strong>in</strong>richtungen.<br />

Man befreit die Ukra<strong>in</strong>e von<br />

Faschisten. Wenn das alles vorbei ist,<br />

wird die Enttäuschung über das<br />

Schweigen unserer russischen Freunde<br />

bleiben und Freunde werden wir wohl<br />

nie wieder se<strong>in</strong>.<br />

INFO<br />

Das Gespräch führte Cornelia Schwarz<br />

Wollen Sie das Netzwerk des<br />

Stuttgarter<br />

Zahnarztes<br />

unterstützen,<br />

f<strong>in</strong>den Sie unter<br />

www.uaks.de<br />

weitere Informationen.<br />

Spendenaktion des HDZ<br />

SOLIDARITÄT<br />

MIT DER<br />

UKRAINE<br />

Die ganze Welt blickt auf die<br />

Ukra<strong>in</strong>e. Die Menschen dort s<strong>in</strong>d<br />

auf unsere Solidarität und Hilfsbereitschaft<br />

angewiesen. Deshalb hat<br />

die humanitäre Hilfe für die ukra<strong>in</strong>ische<br />

Bevölkerung jetzt oberste<br />

Priorität. Um möglichst schnell und<br />

zielgerichtet Hilfsgüter aller Art<br />

und sichere Unterkünfte bereitzustellen,<br />

hat das Hilfswerk Deutscher<br />

Zahnärzte (HDZ) zu e<strong>in</strong>er<br />

Spendenaktion aufgerufen. BZÄK,<br />

KZBV und die KZVen unterstützen<br />

diesen Aufruf und bitten alle<br />

Zahnärzt<strong>in</strong>nen, Zahnärzte und die<br />

Praxisteams darum, mit e<strong>in</strong>er<br />

Spende den Menschen <strong>in</strong> der<br />

Ukra<strong>in</strong>e zu helfen.<br />

BZÄK<br />

Mit dem Überfall auf die Ukra<strong>in</strong>e<br />

s<strong>in</strong>d Hunderttausende dort ohne<br />

Strom und Wasser, es werden zudem<br />

Hilfsgüter, Nahrungsmittel, Medikamente,<br />

mediz<strong>in</strong>ische Materialien<br />

und vieles mehr gebraucht. „Wir alle<br />

s<strong>in</strong>d erschüttert über den aggressiven<br />

Angriff auf die Ukra<strong>in</strong>e. Unsere Solidarität<br />

ist bei allen Menschen dort“,<br />

so der Präsident der Bundeszahnärztekammer<br />

(BZÄK), Prof. Dr. Christoph<br />

Benz. „Neben den europäischen<br />

und <strong>in</strong>ternationalen strategischen<br />

und politischen Maßnahmen ist nun<br />

auch schnelle konkrete Hilfe für die<br />

Menschen wichtig. Vor Ort – und<br />

auch für die Menschen, die zu uns<br />

flüchten.“<br />

„Wir haben Kontakt zu unseren Partnern<br />

vor Ort, den Salesianern Don<br />

Boscos, aufgenommen. Sie s<strong>in</strong>d <strong>in</strong><br />

vier Großstädten <strong>in</strong> der Ukra<strong>in</strong>e vertreten.<br />

Auch <strong>in</strong> der schwer umkämpften<br />

Hauptstadt Kiew s<strong>in</strong>d sie präsent.<br />

Unsere Partner brauchen dr<strong>in</strong>gend


ZBW_4/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

51_SOZIALES ENGAGEMENT<br />

sundheitssystem gerät mit jedem Tag,<br />

den dieser Krieg andauert, an se<strong>in</strong>e Belastungsgrenzen.<br />

Auch der VDDS als Vertreter der Hersteller<br />

von Dentalsoftware <strong>in</strong> Deutschland<br />

schließt sich diesem Aufruf an –<br />

Slava Ukray<strong>in</strong>a! („Ehre der Ukra<strong>in</strong>e“).<br />

KZBV<br />

WEITERE HILFSORGANISATIONEN<br />

Mit Ärzte ohne Grenzen e.V.<br />

Bank für Sozialwirtschaft<br />

IBAN: DE72 3702 0500 0009 7097 00<br />

Aktion Deutschland Hilft<br />

Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft<br />

IBAN: DE62 3702 0500 0000 1020 30<br />

Stichwort: Nothilfe Ukra<strong>in</strong>e<br />

Foto: AdobeStock/haidamac<br />

Unterstützung bei der Versorgung<br />

der Flüchtl<strong>in</strong>ge und Menschen <strong>in</strong><br />

Not. Wir wollen helfen! Und haben<br />

dafür bereits 10.000 Euro Soforthilfe<br />

bereitgestellt“, so der Vorsteher der<br />

Stiftung Hilfswerk Deutscher Zahnärzte<br />

(HDZ), Dr. Klaus Sürmann.<br />

Die Bundeszahnärztekammer ist<br />

Schirmherr<strong>in</strong> der Stiftung Hilfswerk<br />

Deutscher Zahnärzte. BZÄK und<br />

HDZ rufen dazu auf, mit e<strong>in</strong>er Spende<br />

für die Ukra<strong>in</strong>e zu helfen.<br />

BZÄK<br />

INFO<br />

ZAHNBEHANDLUNG<br />

FÜR GEFLÜCHTETE<br />

Die Vertragszahnärzteschaft steht<br />

bereit, Flüchtl<strong>in</strong>ge aus der Ukra<strong>in</strong>e<br />

schnell und unbürokratisch <strong>in</strong><br />

Deutschland zu versorgen. Auf e<strong>in</strong>er<br />

Sonderseite unter https://www.kzbv.<br />

de/zahnbehandlung-fluechtl<strong>in</strong>geukra<strong>in</strong>e<br />

hat die Kassenzahnärztliche<br />

Bundesvere<strong>in</strong>igung (KZBV) hilfreiche<br />

Informationen für <strong>Zahnarztpraxen</strong><br />

zusammengefasst. Das Angebot wird<br />

<strong>in</strong> den kommenden Wochen und Monaten<br />

bei Bedarf fortlaufend ergänzt<br />

und aktualisiert.<br />

KZBV<br />

Die Kassenzahnärztliche Bundesvere<strong>in</strong>igung<br />

(KZBV) und die Kassenzahnärztlichen<br />

Vere<strong>in</strong>igungen (KZVen) erklären<br />

sich im Namen der gesamten<br />

Vertragszahnärzteschaft <strong>in</strong> Deutschland<br />

solidarisch mit allen Bürger<strong>in</strong>nen<br />

und Bürgern der Ukra<strong>in</strong>e. Dies gilt<br />

nicht zuletzt auch für Heil- und Pflegeberufe,<br />

die derzeit vor Ort häufig unter<br />

E<strong>in</strong>satz des eigenen Lebens den Opfern<br />

des russischen Angriffskriegs helfen<br />

und Zugang zur Gesundheitsversorgung<br />

ermöglichen. Zugleich bekennt<br />

sich der Berufsstand e<strong>in</strong>mal<br />

mehr ausdrücklich zu Werten wie Freiheit,<br />

Demokratie, Rechtsstaatlichkeit<br />

und Menschlichkeit und verurteilt<br />

den Krieg <strong>in</strong> der Ukra<strong>in</strong>e auf das<br />

Schärfste. Die schrecklichen Bilder aus<br />

dem Kriegsgebiet erschüttern uns und<br />

machen uns tief betroffen. Präsident<br />

Put<strong>in</strong> und die russische Staatsführung<br />

s<strong>in</strong>d aufgerufen, den völkerrechtswidrigen<br />

Angriffskrieg sofort zu<br />

stoppen.<br />

Die Kampfhandlungen verursachen<br />

unvorstellbar großes Leid und zerstören<br />

auf Jahre die Lebensgrundlage der<br />

Menschen <strong>in</strong> der Ukra<strong>in</strong>e. Viele benötigen<br />

jetzt dr<strong>in</strong>gend Unterstützung und<br />

mediz<strong>in</strong>ische Versorgung, Hunderttausende<br />

s<strong>in</strong>d bereits auf der Flucht <strong>in</strong><br />

die Nachbarländer und auch nach<br />

Deutschland. Das ukra<strong>in</strong>ische Ge-<br />

Aktionsbündnis Katastrophenhilfe<br />

Spendenkonto: Commerzbank<br />

IBAN: DE65 100 400 600 100 400 600<br />

Stichwort: Nothilfe Ukra<strong>in</strong>e<br />

Bündnis Entwicklung Hilft<br />

Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft<br />

IBAN: DE29 100 20 5000 100 20 5000<br />

Stichwort: Nothilfe Ukra<strong>in</strong>e<br />

Ukra<strong>in</strong>e-Hilfe Berl<strong>in</strong> e.V.<br />

c/o Kuzm<strong>in</strong>a<br />

Bundesallee 187<br />

10717 Berl<strong>in</strong><br />

www.ukra<strong>in</strong>e-hilfe-berl<strong>in</strong>.de<br />

www.facebook.com/Ukra<strong>in</strong>eHilfeBerl<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong>fo@ukra<strong>in</strong>e-hilfe-berl<strong>in</strong>.de<br />

Spendenkonto: Deutsche Skatbank<br />

IBAN: DE24 8306 5408 0004 8722 15<br />

BIC: GENODEF1SLR<br />

PAYPAL: ukra<strong>in</strong>e.hilfe@gmail.com<br />

Stichwort: Nothilfe Ukra<strong>in</strong>e<br />

SPENDEN<br />

Hilfswerk Deutscher Zahnärzte<br />

Deutsche Apotheker- und Ärztebank<br />

IBAN: DE28 300 60601 000 4444<br />

000<br />

BIC: DAAEDEDD<br />

Stichwort: Ukra<strong>in</strong>e<br />

E<strong>in</strong>e Spendenbesche<strong>in</strong>igung wird<br />

bei genauer Adressangabe ausgestellt.<br />

Zur Steuerbegünstigung bis<br />

300 Euro kann als vere<strong>in</strong>fachter Zuwendungsnachweis<br />

nach § 50 Abs.<br />

2 EStDV der Kontoauszug vorgelegt<br />

werden.


52_PRAXIS<br />

ZBW_4/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

Aufbereitung von Mediz<strong>in</strong>produkten<br />

WARTUNG UND<br />

PROZESSVALIDIERUNG<br />

Die Praxis kauft e<strong>in</strong> neues Gerät zur Aufbereitung<br />

von Mediz<strong>in</strong>produkten und<br />

was ist die Beigabe: E<strong>in</strong>e umfangreiche<br />

Gebrauchsanweisung des Geräteherstellers.<br />

Wer hat <strong>in</strong> der Praxis ernsthaft die<br />

Zeit <strong>in</strong> Summe tausende Seiten an zu beachtenden<br />

Informationen zu lesen? Diese<br />

Frage bleibt am besten unbeantwortet<br />

und <strong>in</strong> der Praxis bestehen weiterh<strong>in</strong> Umsetzungsschwierigkeiten.<br />

E<strong>in</strong>s ist klar,<br />

der Wartungsumfang und die Wartungs<strong>in</strong>tervalle<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der gerätespezifischen<br />

Gebrauchsanweisung des Herstellers<br />

festgeschrieben. Normen und mitgeltende<br />

Leitl<strong>in</strong>ien legen die Durchführung<br />

und Intervalle der Leistungsqualifikationen<br />

(Validierungen) der Aufbereitungsprozesse<br />

fest. Besteht darüber h<strong>in</strong>aus<br />

auch noch e<strong>in</strong> zeitlicher Zusammenhang<br />

zwischen der Geräte-Wartung und der<br />

Prozessvalidierung? Der folgende Beitrag<br />

liefert nicht nur hierzu die Antworten.<br />

REINIGUNGS-<br />

UND DESINFEKTIONSGERÄT<br />

Norm: DIN EN ISO 15883. Die erste<br />

Leistungsqualifikation (Erstvalidierung)<br />

erfolgt nach Geräteaufstellung und<br />

durchgeführter Installations- und Betriebsqualifikation<br />

(also vor dem ersten<br />

Rout<strong>in</strong>ebetrieb). Das Intervall der erneuten<br />

Leistungsqualifikationen (Revalidierungen)<br />

beträgt grundsätzlich e<strong>in</strong> Jahr.<br />

Zeitlicher Zusammenhang: Die aktuelle<br />

Validierungsleitl<strong>in</strong>ie legt ke<strong>in</strong>e zeitliche<br />

Verknüpfung zwischen Wartung und<br />

Prozessvalidierung fest. Die RDG-Wartung<br />

erfolgt nach den aktuellen Vorgaben<br />

<strong>in</strong> der Gebrauchsanweisung (z. B.<br />

„Periodische Wartungen müssen nach<br />

1.000 Betriebsstunden oder spätestens<br />

alle 24 Monate erfolgen“) und die RDG-<br />

Prozessvalidierung erfolgt jährlich.<br />

KOMBINATIONSGERÄT<br />

Normen: DIN EN ISO 15883 und DIN<br />

EN ISO 17665. Bei Geräten, die Re<strong>in</strong>igung,<br />

Des<strong>in</strong>fektion und Sterilisation<br />

mite<strong>in</strong>ander komb<strong>in</strong>ieren, erfolgt die erste<br />

Leistungsqualifikation (Erstvalidierung)<br />

nach Geräteaufstellung und<br />

durchgeführter Installations- und Betriebsqualifikation<br />

(also vor dem ersten<br />

Rout<strong>in</strong>ebetrieb). Die <strong>in</strong> Baden-Württemberg<br />

aufsichtsführenden Behörden (Regierungspräsidien)<br />

akzeptieren für die erneuten<br />

Leistungsqualifikationen (Revalidierungen)<br />

e<strong>in</strong> Intervall von e<strong>in</strong>em Jahr.<br />

SIEGELGERÄT<br />

Norm: DIN EN ISO 11607. Die erste<br />

Leistungsqualifizierung (Erstvalidierung)<br />

erfolgt nach Geräteaufstellung<br />

und durchgeführter Installations- und<br />

Funktionsqualifizierung (also vor dem<br />

ersten Rout<strong>in</strong>ebetrieb). Das Intervall<br />

der erneuten Leistungsqualifizierungen<br />

(Revalidierungen) beträgt e<strong>in</strong> Jahr.<br />

Validierungsh<strong>in</strong>weis: Die baden-württembergischen<br />

Regierungspräsidien akzeptieren<br />

alternativ zu den Leistungsqualifizierungen<br />

die jährliche Durchführung<br />

e<strong>in</strong>es Siegelnahtfestigkeitstests<br />

(DIN EN 868-5) pro Folienhersteller.<br />

Zeitlicher Zusammenhang: Die aktuelle<br />

Validierungsleitl<strong>in</strong>ie beschreibt e<strong>in</strong>e<br />

zeitliche Verknüpfung zwischen Wartung/Kalibrierung<br />

(sofern der Gerätehersteller<br />

diese vorschreibt) und Prozessvalidierung<br />

(unmittelbar).<br />

AUTOKLAV<br />

Normen: DIN EN ISO 17665, DIN<br />

58946-7 und DIN SPEC 58929. Die<br />

erste Leistungsbeurteilung (Erstvalidierung)<br />

erfolgt nach Geräteaufstellung<br />

und durchgeführter Abnahmeund<br />

Funktionsbeurteilung (also vor<br />

dem ersten Rout<strong>in</strong>ebetrieb). Das Intervall<br />

der erneuten Leistungsbeurteilungen<br />

(Revalidierungen) beträgt e<strong>in</strong> Jahr.<br />

E<strong>in</strong>e Ausweitung des Intervalls auf 2<br />

Jahre ist auf Basis e<strong>in</strong>er Begründung/<br />

Dokumentation gemäß Tabelle 5 DIN<br />

58946-7 (E<strong>in</strong>flussfaktoren und Bewertungskriterien<br />

zur Fristfestlegung)<br />

möglich.<br />

Zeitlicher Zusammenhang: Die aktuelle<br />

Validierungsleitl<strong>in</strong>ie legt e<strong>in</strong>e zeitliche<br />

Verknüpfung zwischen Wartung und<br />

Prozessvalidierung fest (12 Wochen).<br />

Ihre LZK-Geschäftsstelle


ZBW_4/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

53_PRAXIS<br />

Abbildung: AdobeStock/Ruth Black, nikelser<br />

Wir gratulieren Dir zum 34. Geburtstag! Zum 1.1.1988 bist Du mit 11 Pfennigen zur Welt<br />

gekommen und Du lebst heute noch völlig unverändert mit 5,62421 Cent.<br />

Im Jahr 1988, die Älteren unter uns<br />

können sich noch gut er<strong>in</strong>nern:<br />

François Mitterand wird Staatspräsident<br />

<strong>in</strong> Frankreich, die Russen ziehen<br />

aus Afghanistan ab. Was ist seit 1988 alles<br />

passiert? E<strong>in</strong> Mauerfall, e<strong>in</strong>e Wiedervere<strong>in</strong>igung<br />

und e<strong>in</strong>e neue Währung,<br />

neun Gesundheitsm<strong>in</strong>ister, fünf US-<br />

Präsidenten und sogar drei Päpste haben<br />

wir seit 1988 erlebt.<br />

Geblieben ist lediglich der GOZ-Punktwert<br />

für die Bewertung privatzahnärztlicher<br />

Leistungen, der seit 1988 unverändert<br />

bei 11 Pfennig liegt.<br />

ZAHNHEILKUNDEGESETZ<br />

In § 15 Zahnheilkundegesetz ist geregelt,<br />

dass die Bundesregierung ermächtigt<br />

wird, die Entgelte für die zahnärztliche<br />

Tätigkeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gebührenordnung<br />

festzulegen. Dabei ist den berechtigten<br />

Interessen der Zahnärzte und der<br />

zur Zahlung der Entgelte Verpflichtete,<br />

also der Patienten, Rechnung zu tragen.<br />

Dieser dort vorgegebenen Verpflichtung<br />

zur Anpassung des Punktwertes ist der<br />

Gesetzgeber seit mehr als 34 Jahren<br />

nicht nachgekommen. Der GOZ-Punktwert<br />

liegt immer noch bei 11 Pfennig.<br />

Zahlen Sie noch die gleiche Miete, die<br />

gleichen Versicherungsbeiträge wie<br />

1988? Die Kosten für Strom s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> dieser<br />

Zeit um 117,3 Prozent gestiegen, für<br />

Nahrungsmittel um 50,6 Prozent, für<br />

Kraftstoff um 119,7 Prozent, ja sogar<br />

das Gehalt von Azubis zur ZFA im 1.<br />

Lehrjahr hat <strong>in</strong> dieser Zeit um rund 144<br />

Prozent zugelegt. Der GOZ-Punktwert<br />

liegt immer noch bei 11 Pfennig!<br />

GKV<br />

Die kont<strong>in</strong>uierliche Anhebung des<br />

BEMA-Punktwerts im Zeitraum von<br />

1991 bis 2019 hat im Bereich Kons-Chirurgie,<br />

Kieferbruch und PAR dazu geführt,<br />

dass das Honorar um 56,1 Prozent,<br />

im Bereich Prothetik um 39,9 Prozent<br />

gestiegen ist. Durch die Nichtanhebung<br />

des GOZ-Punktwerts bei gleichzeitiger<br />

jährlicher Erhöhung des durchschnittlichen<br />

Punktwerts im BEMA hat<br />

sich e<strong>in</strong>e erhebliche Verschiebung <strong>in</strong> der<br />

Vergütung von Leistungen ergeben,<br />

sodass viele Leistungen im BEMA deutlich<br />

besser honoriert s<strong>in</strong>d, als beim<br />

2,3-fachen Satz der GOZ. Mittlerweile<br />

s<strong>in</strong>d m<strong>in</strong>destens 93 von 204 GOZ-Leistungen<br />

im BEMA besser honoriert als<br />

bei der vergleichbaren GOZ-Leistung<br />

zum 2,3-fachen Satz.<br />

REALITÄT<br />

Durch die seit Jahren überfällige<br />

Punktwertanpassung <strong>in</strong> der GOZ ergibt<br />

sich sogar die groteske Situation,<br />

dass man bei zahlreichen Positionen<br />

mit dem PKV-Patienten e<strong>in</strong>e Honorarvere<strong>in</strong>barung<br />

nach § 2 GOZ<br />

schließen muss, um e<strong>in</strong> GKV-Honorar<br />

zu erzielen. E<strong>in</strong> Zustand, der<br />

Konfliktpotential enthält und den<br />

PKV-Patienten zunehmend nachdenklich<br />

als Wettbewerbsnachteil<br />

zur Kenntnis nehmen. Werden die<br />

ehemalige Besservergütung und die<br />

Möglichkeiten <strong>in</strong>novativer, moderner<br />

Behandlungsmaßnahmen <strong>in</strong> der<br />

GOZ bald ganz der Vergangenheit<br />

angehören?<br />

FAZIT<br />

Es lohnt sich, sich mit den zahlreich<br />

vorhandenen Tabellen zum Vergleich<br />

von Leistungen aus dem BEMA und<br />

der GOZ zu beschäftigen (z. B. https://<br />

www.bzaek.de/ fileadm<strong>in</strong>/PDFs/GOZ/<br />

BEMA_GOZ_.pdf, „Wo der BEMA besser<br />

ist“ www. zahnaerzte-wl.de). Man<br />

ist immer wieder überrascht, welcher<br />

GOZ-Leistungsfaktor <strong>in</strong> Ansatz gebracht<br />

werden müsste, um e<strong>in</strong>e der<br />

GKV vergleichbare Vergütung zu realisieren.<br />

Autorenteam des<br />

GOZ-Ausschusses der LZK BW


58_AMTLICHE MITTEILUNGEN<br />

ZBW_4/2022<br />

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SOMMER-ABSCHLUSSPRÜFUNG<br />

FÜR ZFA<br />

Die schriftliche Abschlussprüfung für<br />

Zahnmediz<strong>in</strong>ische Fachangestellte<br />

wird landese<strong>in</strong>heitlich durchgeführt<br />

und f<strong>in</strong>det für alle Kammerbereiche an<br />

folgenden Term<strong>in</strong>en statt:<br />

Montag, 9. Mai 2022<br />

8.30 – 9.30 Uhr:<br />

Geme<strong>in</strong>schaftskunde<br />

10.00 – 12.00 Uhr:<br />

Deutsch<br />

Dienstag, 10. Mai 2022<br />

8.30 – 9.30 Uhr:<br />

Wirtschafts- und Sozialkunde<br />

10.00 – 11.45 Uhr:<br />

Teil 1 (Behandlungsassistenz, Abrechnungswesen;<br />

schwerpunktmäßig Lernfelder<br />

1 – 8)<br />

Mittwoch, 11. Mai 2022<br />

8.30 – 10.45 Uhr:<br />

Teil 2 (Behandlungsassistenz,<br />

Abrechnungswesen, Praxisorganisation<br />

und –verwaltung; schwerpunktmäßig<br />

Lernfelder 9 – 13)<br />

11.15 – 11.45 Uhr:<br />

Röntgenklausur (Erwerb Kenntnisse<br />

Strahlenschutz)<br />

Die Term<strong>in</strong>e der mündlichen Abschlussprüfung<br />

werden von den e<strong>in</strong>zelnen<br />

Bezirkszahnärztekammern durch<br />

Kammerrundschreiben mitgeteilt.<br />

EINLADUNG ZUR<br />

VERTRETERVERSAMMLUNG<br />

Die Sitzung der Vertreterversammlung<br />

der BZK Tüb<strong>in</strong>gen f<strong>in</strong>det am Samstag,<br />

9. April 2022, Beg<strong>in</strong>n 10:00 Uhr, im<br />

Kultur- und Kongresszentrum Graf-<br />

Zeppel<strong>in</strong>-Haus, „Theodor-Kober-Saal“,<br />

Olgastraße 20, 88045 Friedrichshafen<br />

statt.<br />

Die Sitzung ist für Kammermitglieder<br />

öffentlich.<br />

Bei e<strong>in</strong>er Teilnahme bitten wir – aus<br />

organisatorischen Gründen – um Ihre<br />

schriftliche Anmeldung per Mail unter<br />

susanne.ried<strong>in</strong>ger@bzk-tueb<strong>in</strong>gen.de<br />

oder per Fax 07071 911-209.<br />

Dr. Wilfried Forschner<br />

Vorsitzender der BZK Tüb<strong>in</strong>gen<br />

IRAK: Unsere jordanische<br />

K<strong>in</strong>derärzt<strong>in</strong> Tanya Haj-Hassan<br />

untersucht e<strong>in</strong> Neugeborenes<br />

<strong>in</strong> Mossul. © Peter Bräunig<br />

SPENDEN SIE GEBORGENHEIT<br />

FÜR SCHUTZLOSE MENSCHEN<br />

Mit Ihrer Spende rettet ÄRZTE OHNE GRENZEN Leben:<br />

Mit 50 Euro ermöglichen Sie z. B. das sterile Material<br />

für fünf Geburten. Ohne dieses erleiden Frauen häufig<br />

lebensbedrohliche Infektionen.<br />

Private Spender*<strong>in</strong>nen ermöglichen unsere unabhängige Hilfe –<br />

jede Spende macht uns stark!<br />

Spendenkonto:<br />

Bank für Sozialwirtschaft<br />

IBAN: DE 72 3702 0500 0009 7097 00<br />

BIC: BFSWDE33XXX<br />

www.aerzte-ohne-grenzen.de / spenden


ZBW_4/2022<br />

www.zahnaerzteblatt.de<br />

59_ZU GUTER LETZT<br />

Karikatur: Feicke<br />

IMPRESSUM<br />

IMPRESSUM<br />

_Herausgeber:<br />

Dr. Torsten Tomppert, Präsident der<br />

Landeszahnärztekammer Baden-<br />

Württemberg (LZK BW),<br />

Albstadtweg 9, 70567 Stuttgart, und<br />

Dr. Ute Maier, Vorsitzende des<br />

Vorstands der Kassenzahnärztlichen<br />

Vere<strong>in</strong>igung Baden-Württemberg (KZV<br />

BW), Albstadtweg 9, 70567 Stuttgart,<br />

für das Informationszentrum<br />

Zahn- und Mundgesundheit Baden-<br />

Württemberg<br />

E<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>richtung der LZK BW und<br />

KZV BW<br />

_Redaktion:<br />

Cornelia Schwarz (Cos) (ChR, verantw.)<br />

E-Mail: cornelia.schwarz@izzbw.de<br />

Telefon: 0711/222 966-10<br />

Gabriele Billischek (Bi),<br />

E-Mail: gabriele.billischek@izzbw.de<br />

Telefon: 0711/222 966-14<br />

Andrea Mader (am),<br />

Landeszahnärztekammer Baden-<br />

Württemberg<br />

Telefon: 0711/228 45-29<br />

E-Mail: mader@lzk-bw.de<br />

Dr. Holger Simon-Denoix (hsd),<br />

Kassenzahnärztliche Vere<strong>in</strong>igung<br />

Baden-Württemberg<br />

Telefon: 0711/78 77-229<br />

E-Mail: holger.simon-denoix@kzvbw.de<br />

_Anschrift der Redaktion:<br />

Informationszentrum Zahn- und<br />

Mundgesundheit Baden-Württemberg<br />

Heßbrühlstr. 7, 70565 Stuttgart<br />

Telefon: 0711/222 966-14<br />

Telefax: 0711/222 966-21<br />

E-Mail: <strong>in</strong>fo@zahnaerzteblatt.de<br />

_Redaktionsassistenz:<br />

Gabriele Billischek<br />

_Layout:<br />

Arm<strong>in</strong> Fischer, Gabriele Billischek<br />

_Autoren dieser Ausgabe:<br />

Prof. Dr Ali Al-Ahmad, Jenny Dusche,<br />

Prof. Dr. Tobias Fretwurst, Prof. Dr.<br />

Elmar Hellwig, Andrea Mader, Alexander<br />

Messmer, Roland Muschel, Prof. Dr.<br />

Katja Nelson, Cornelia Schwarz, Dr.<br />

Holger Simon-Denoix, Dr. Torsten<br />

Tomppert, Prof. Dr. Johan Wölber<br />

_Titelseite:<br />

Foto: AdobeStock/Valerii<br />

_Rubrik Titelthema:<br />

Abbildungen: AdobeStock/palau83<br />

_Verantwortlich für Amtliche<br />

Mitteilungen der Kassenzahnärztlichen<br />

Vere<strong>in</strong>igung Baden-<br />

Württemberg (KZV BW):<br />

Dr. Ute Maier, Vorsitzende des<br />

Vorstands der Kassenzahnärztlichen<br />

Vere<strong>in</strong>igung Baden-Württemberg (KZV<br />

BW), KdöR<br />

_Verantwortlich für Amtliche<br />

Mitteilungen der Landeszahnärztekammer<br />

Baden-Württemberg<br />

(LZK BW):<br />

Dr. Torsten Tomppert, Präsident der<br />

Landeszahnärztekammer Baden-<br />

Württemberg (LZK BW), KdöR<br />

_H<strong>in</strong>weise:<br />

Die Redaktion behält sich vor,<br />

Leserbriefe gekürzt zu veröffentlichen.<br />

E<strong>in</strong> Anspruch auf Veröffentlichung<br />

besteht nicht. Bei E<strong>in</strong>sendungen an<br />

die Redaktion wird der vollen oder<br />

auszugsweisen Veröffentlichung<br />

zugestimmt.Unaufgefordert<br />

e<strong>in</strong>gegangene Fortbildungsmanuskripte<br />

können nicht veröffentlicht<br />

werden, da die Redaktion nur mit<br />

wissenschaftlichen Autoren vere<strong>in</strong>barte<br />

Fort bildungsbeiträge veröffentlicht.<br />

Alle Rechte an dem Druckerzeugnis,<br />

<strong>in</strong>sbesondere Titel-, Namens- und<br />

Nutzungsrechte etc., stehen<br />

ausschließlich den Herausgebern zu.<br />

Mit Annahme des Manuskripts zur<br />

Publikation erwerben die Herausgeber<br />

das aus schließliche Nutzungsrecht,<br />

das die Erstellung von Fort- und<br />

Sonderdrucken, auch für Auftraggeber<br />

aus der Industrie, das E<strong>in</strong>stellen des<br />

ZBW <strong>in</strong>s Internet, die Übersetzung <strong>in</strong><br />

andere Sprachen, die Erteilung von<br />

Abdruckgenehmigungen für Teile,<br />

Abbildungen oder die gesamte Arbeit<br />

an andere Verlage sowie Nachdrucke<br />

<strong>in</strong> Medien der Herausgeber, die<br />

fotomechanische sowie elektronische<br />

Vervielfältigung und die Wiederverwendung<br />

von Abbildungen umfasst.<br />

Dabei ist die Quelle anzugeben.<br />

Änderungen und H<strong>in</strong>zufügungen<br />

zu Orig<strong>in</strong>alpublikationen bedürfen<br />

der Zustimmung des Autors und der<br />

Herausgeber.<br />

Bei Änderungen der Lieferanschrift<br />

(Umzug, Privatadresse) wenden Sie sich<br />

bitte an die Mitgliederverwaltung Ihrer<br />

zuständigen Bezirkszahnärztekammer<br />

_Bezugspreis:<br />

Jahresabonnement <strong>in</strong>kl. MwSt. € 60,-<br />

E<strong>in</strong>zelverkaufspreis <strong>in</strong>kl. MwSt. € 7,50<br />

Bestellungen werden von der W.<br />

Kohlhammer Druckerei GmbH +<br />

Co. KG entgegengenommen. Die<br />

Kündigungsfrist für Abonnements<br />

beträgt 6 Wochen zum Ende des<br />

Bezugszeitraumes. Für die Mitglieder<br />

der Landeszahnärztekammer Baden-<br />

Württemberg ist der Bezugspreis mit<br />

dem Mitgliedsbeitrag abgegolten.<br />

_Druck:<br />

W. Kohlhammer Druckerei GmbH + Co. KG<br />

Augsburger Straße 722, 70329 Stuttgart<br />

Stefan Leicht, Tel. 0711 3272-232<br />

E-Mail: stefan.leicht@kohlhammerdruck.de<br />

www.kohlhammerdruck.de<br />

ISSN: 0340-3017


Louise Bourgeois x Jenny Holzer<br />

Louise Bourgeois, Garment from Performance “She lost it”, 1992 © The Easton Foundation / 2022, ProLitteris Zurich and VAGA at Artists Rights Society (ARS), NY<br />

19.2. — 15.5.2022

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