Impfung in Zahnarztpraxen
Ausgabe 4/2022
Ausgabe 4/2022
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ZBW<br />
ZAHNÄRZTEBLATT BADEN-WÜRTTEMBERG<br />
4/2022<br />
Politik<br />
Dialoggespräche<br />
mit Politikern<br />
Fortbildung<br />
Mikrobiom des oralen<br />
Biofilms bei Periimplantitis<br />
IMPFUNG IN<br />
ZAHNARZTPRAXEN
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
3_EDITORIAL<br />
Foto: AdobeStock/David pix123<br />
Foto: AdobeStock/haidamac<br />
TITELTHEMA<br />
Bereits seit Ende 2020 wird diskutiert, ob die Zahnärzteschaft<br />
impfen darf. Dass sie es könnte, steht außer Zweifel und auch die<br />
Bereitschaft dazu, wurde schon mehrfach und auch bereits e<strong>in</strong>ige<br />
Wellen vor Omikron bekundet. Endlich brachte die Regierung<br />
im Dezember 2021 das „Gesetz zur Stärkung der Impfprävention<br />
gegen COVID-19“ auf den Weg – zum<strong>in</strong>dest rechtlich. Denn<br />
während <strong>in</strong> den Apotheken bereits Anfang Februar dieses Jahres<br />
mit den Schutzimpfungen begonnen wurde, erfüllt die Zahnärzteschaft<br />
zwar mittlerweile alle bürokratischen und abrechnungstechnischen<br />
Voraussetzungen und hat sich eigens für die <strong>Impfung</strong><br />
schulen lassen, alle<strong>in</strong> die Nadeln setzen darf sie (noch) nicht<br />
(Stand 17. März 2022). „Es bleibt sprichwörtlich zu hoffen, dass<br />
auch endlich gut wird, was lange währt“, wünscht sich Dr. Torsten<br />
Tomppert, Präsident der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg,<br />
<strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Leitartikel zum Thema auf Seite 9.<br />
SOZIALES ENGAGEMENT<br />
Nach Russland ist die Ukra<strong>in</strong>e der flächenmäßig größte Staat<br />
Europas. 44 Millionen Menschen leben dort. Seit der Unabhängigkeitserklärung<br />
im Dezember 1991 steht die Präsidialrepublik<br />
vor enormen Herausforderungen. E<strong>in</strong>e Entwicklung, die <strong>in</strong> den<br />
vergangenen Jahren immer wieder zu <strong>in</strong>ternationaler Besorgnis<br />
führte. Seit der russischen Invasion am 24. Februar 2022 s<strong>in</strong>d<br />
hunderttausende Ukra<strong>in</strong>er*<strong>in</strong>nen auf der Flucht. Viele fliehen<br />
<strong>in</strong>nerhalb des Landes, doch e<strong>in</strong> enorm großer Teil auch <strong>in</strong>s Ausland.<br />
Laut dem Flüchtl<strong>in</strong>gshilfswerk der Vere<strong>in</strong>ten Nationen<br />
UNHCR s<strong>in</strong>d seit dem 24. Februar 2022 rund 3.169.897 Personen<br />
(stand 17. März 2022) aus der Ukra<strong>in</strong>e geflohen – und täglich<br />
werden es mehr.<br />
Die Solidarität – auch seitens der Zahnärzteschaft ist enorm: Sowohl<br />
die Bundeszahnärztekammer (BZÄK), wie auch die Kassenzahnärztliche<br />
Bundesvere<strong>in</strong>igung (KZBV) mit den e<strong>in</strong>zelnen<br />
KZVen und das Hilfswerk Deutscher Zahnärzte (HDZ) riefen angesichts<br />
des Krieges zur Solidarität mit den Menschen aus der Ukra<strong>in</strong>e<br />
auf. Alle Spendenaufrufe f<strong>in</strong>den Sie auf Seite 50 f.<br />
Der Zahnarzt Dimitri Schulz, niedergelassen <strong>in</strong> Stuttgart mit ukra<strong>in</strong>ischen<br />
Wurzeln, hat uns zudem über se<strong>in</strong>e Hilfsfahrten <strong>in</strong>s<br />
Kriegsgebiet und die aktuellen Nachrichten von se<strong>in</strong>er Familie aus<br />
der Ukra<strong>in</strong>e berichtet (S. 48 f.).<br />
FORTBILDUNG<br />
Dentale Implantationen stellen heutzutage e<strong>in</strong> wichtiges und<br />
rout<strong>in</strong>emäßiges Therapieverfahren <strong>in</strong> der Zahnmediz<strong>in</strong> dar, mit<br />
Zehn-Jahres-Implantatüberlebensraten von über 90 Prozent. Die<br />
häufigsten Komplikationen kommen allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> Form von<br />
periimplantären Entzündungen im Weich- und Hartgewebe vor<br />
und können sich um jedes Implantatsystem bilden. Durch<br />
Hochdurchsatz-Sequenziermethoden (NGS) wurde die Mikrobiomforschung<br />
der Periimplantitis deutlich verbessert. Das Experten*<strong>in</strong>nenteam,<br />
bestehend aus Prof. Dr. Tobias Fretwurst<br />
und Prof. Dr. Katja Nelson von der Kl<strong>in</strong>ik für Mund-, Kiefer- und<br />
Gesichtschirurgie/Translationale Implantologie, Department<br />
für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde am Universitätskl<strong>in</strong>ikum<br />
Freiburg sowie Prof. Dr. Johan Wölber, Prof. Dr. Elmar Hellwig<br />
und Prof. Dr Ali Al-Ahmad von der Kl<strong>in</strong>ik für Zahnerhaltungskunde<br />
und Parodontologie, Department für Zahn-, Mund- und<br />
Kieferheilkunde am Universitätskl<strong>in</strong>ikum Freiburg, haben die<br />
Ergebnisse zum Mikrobiom des oralen Biofilms bei Periimplantitis<br />
zusammengefasst (Seite 42 ff.).<br />
PRAXISTEAM AKTUELL<br />
Das Thema „e<strong>in</strong>richtungsbezogene Immunitätsnachweispflicht“<br />
sorgt derzeit für viele offene Fragen. Wie geht man arbeitsrechtlich<br />
mit Angestellten um, die sich nicht impfen lassen wollen und was<br />
passiert, wenn ke<strong>in</strong> Nachweis vorliegt? Welche Rolle übernimmt<br />
das Gesundheitsamt bei der Überprüfung und wird Novavax die<br />
erwartete Lösung se<strong>in</strong>? Antworten auf diese Fragen f<strong>in</strong>den Sie <strong>in</strong><br />
der aktuellen Ausgabe von Praxisteam aktuell, die diesem ZBW<br />
beigelegt ist.<br />
Cornelia Schwarz<br />
»
4_INHALT<br />
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
INHALT<br />
LEITARTIKEL<br />
BERUFSPOLITIK<br />
20_Wählen – Warum das denn?<br />
Standpunkt<br />
09_Was lange währt ….<br />
Dr. Torsten Tomppert<br />
TITELTHEMA<br />
10_Der lange Weg zur <strong>Impfung</strong><br />
Zahnärzteschaft als Teil der Impfkampagne gegen<br />
COVID-19: die Vorgeschichte<br />
21_Informationen zur Wahl <strong>in</strong> 2022<br />
VV-Wahlen der KZV BW<br />
12_Gelungene Auftaktveranstaltung<br />
Praktische ärztliche Notfallschulung der LZK BW<br />
15_Wichtige organisatorische Grundlagen<br />
COVID-<strong>Impfung</strong>en <strong>in</strong> <strong>Zahnarztpraxen</strong><br />
22_Aus persönlicher Überzeugung<br />
Serie: Nachhaltigkeit <strong>in</strong> der Zahnarztpraxis<br />
PRO & CONTRA<br />
17_Blick <strong>in</strong> die Praxis<br />
Seit dem 15. März gilt die e<strong>in</strong>richtungsbezogene<br />
COVID-19-Impfpflicht<br />
24_„Das ist gut,<br />
was wir hier machen“<br />
Dr. Carmen Budau im<br />
Interview zum Notfalldienst<br />
BERUFSPOLITIK<br />
28_E<strong>in</strong> toller Benefit!<br />
Freiwillige Kammermitgliedschaft<br />
POLITIK<br />
18_Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen<br />
7. Landeskongress Gesundheit Baden-Württemberg<br />
30_Volle Unterstützung für die Zahnärzteschaft<br />
Das Dialoggespräch mit Florian Wahl MdL
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
5_INHALT<br />
POLITIK IM BLICK<br />
46_Die bestmögliche<br />
<strong>in</strong>dividuelle Therapie<br />
anbieten<br />
Interview mit Prof. Dr. Dr.<br />
Benedicta Beck-Broichsitter<br />
33_Versorgung <strong>in</strong> den Regionen sicherstellen<br />
Das Dialoggespräch mit Dr. Michael Preusch MdL<br />
36_„Die Leute spritzen sich krank“<br />
Das Dialoggespräch mit Bernhard Eisenhut MdL<br />
SOZIALES ENGAGEMENT<br />
38_Unter Vorbehalt<br />
Gastkommentar von Roland Muschel zur<br />
Regierung Kretschmann III<br />
48_Mit Medikamenten h<strong>in</strong> – mit Geflüchteten zurück<br />
Zahnarzt Dimitri Schulz auf Hilfse<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> der Ukra<strong>in</strong>e<br />
50_Solidarität mit der Ukra<strong>in</strong>e<br />
Spendenaktion des HDZ<br />
39_Deutsche G7-Präsidentschaft<br />
Gesundheitspolitik auf <strong>in</strong>ternationaler Ebene<br />
INFORMATION UND SERVICES<br />
FORTBILDUNG<br />
03_Editorial<br />
41_ Term<strong>in</strong>e / Leserforum<br />
52_Praxis<br />
54_Personalia<br />
58_Amtliche Mitteilungen<br />
59_ Zu guter Letzt / Impressum<br />
Besuchen Sie auch die ZBW-Website. Neben der<br />
Onl<strong>in</strong>e-Ausgabe des ZBW gibt es zusätzliche Informationen<br />
sowie e<strong>in</strong> ZBW-Archiv.<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
InformationszentrumZahnundMundgesundheit<br />
izz_bw<br />
42_Mikrobiom des oralen Biofilms bei Periimplantitis<br />
Implantologie<br />
izzbadenwuerttemberg
6 _PERSPEKTIVEN<br />
ZBW_4/2022<br />
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Foto: IMAGO/Pixsell
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
PERSPEKTIVEN_7<br />
HILFSBEREITSCHAFT FÜR GEFLÜCHTETE AUS DER UKRAINE<br />
Seit dem Beg<strong>in</strong>n der russischen Invasion <strong>in</strong> der Ukra<strong>in</strong>e Ende Februar gibt es täglich neue Berichte über Angriffe auf<br />
ukra<strong>in</strong>ische Städte. Millionen Menschen s<strong>in</strong>d bereits geflüchtet, die meisten von ihnen Frauen und K<strong>in</strong>der. Viele<br />
suchen <strong>in</strong> Ungarn, Moldawien, der Slowakei, Rumänien und <strong>in</strong> Polen Schutz. Und auch <strong>in</strong> Deutschland treffen sie auf<br />
e<strong>in</strong>e breite Willkommenskultur.
Kursprogramm<br />
Mai 2022<br />
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Die Assistenz <strong>in</strong> der konservierenden<br />
Zahnheilkunde<br />
Dr. Mathias Spraul, Freiburg<br />
• Kurs-Nr.: 22FKM30424<br />
• für Zahnmediz<strong>in</strong>ische<br />
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12.5.2022<br />
Social Media - Neue Wege Patienten zu<br />
gew<strong>in</strong>nen<br />
Sab<strong>in</strong>e Nemec, Langenselbold<br />
• 4 Fortbildungspunkte<br />
• Kurs-Nr.: 22FKT29910<br />
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13.5.2022<br />
Dental English - Fit for <strong>in</strong>ternational patients<br />
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Praxisgerechte zahnmediz<strong>in</strong>ische Versorgung<br />
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Prof. Dr. Andreas Filippi und weitere Dozenten, CH - Basel<br />
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• Kurs-Nr.: 22FKZ40101<br />
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01.-02.07.2022<br />
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23.-24.09.2022<br />
13.-14.05.2022<br />
08.-09.07.2022<br />
04.-05.11.2022<br />
25.-26.11.2022<br />
27.-28.01.2023<br />
02.-04.03.2023<br />
05.-06.05.2023<br />
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Strukturierte Fortbildung: PARODONTOLOGIE<br />
& PERIIMPLANTÄRE THERAPIE, Teil 1-3<br />
Prof. Dr. Petra Ratka-Krüger und weitere Dozenten, Freiburg<br />
• 101 Fortbildungspunkte<br />
• Kurs-Nr.: 22FKZ40301<br />
• für Zahnärzt<strong>in</strong>nen / Zahnärzte<br />
• € 3.400.-<br />
30.11.-03.12.2022<br />
01.-04.02.2023<br />
10.-11.03.2023<br />
FFZ Fortbildungsforum<br />
Zahnärzte<br />
Merzhauser Straße 114-116<br />
79100 Freiburg<br />
Fon: 0761 4506-160/-161<br />
Fax: 0761 4506-460<br />
Mail: <strong>in</strong>fo@ffz-fortbildung.de<br />
Web: www.ffz-fortbildung.de
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
9_LEITARTIKEL<br />
WAS LANGE WÄHRT ….<br />
Die Diskussion darüber, ob Zahnärzt<strong>in</strong>nen und Zahnärzte <strong>in</strong> ihren<br />
Praxen Schutzimpfungen gegen das Coronavirus durchführen dürfen,<br />
schwelt schon seit über e<strong>in</strong>em Jahr. Welche Voraussetzungen s<strong>in</strong>d dafür<br />
notwendig, wie unterstützt die Kammer die Kollegenschaft und welche<br />
Hürden gilt es noch zu überw<strong>in</strong>den?<br />
Dr. Torsten Tomppert<br />
Präsident der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg<br />
Angesichts diverser Coronawellen mit<br />
hohen Infektions- und Hospitalisierungszahlen<br />
haben sich schon Ende<br />
2020 Zahnärzt<strong>in</strong>nen und Zahnärzte im<br />
Land dazu bereit erklärt, an der Beschleunigung<br />
der baden-württembergischen<br />
Impfkampagne aktiv mitzuwirken<br />
und ihre ärztlichen Kolleg<strong>in</strong>nen<br />
und Kollegen zu unterstützen. Damals<br />
haben die zahnärztlichen Körperschaften<br />
dem M<strong>in</strong>isterium für Soziales, Gesundheit<br />
und Integration des Landes<br />
bereits e<strong>in</strong>e Liste mit über 600 freiwilligen<br />
Zahnärzt<strong>in</strong>nen und Zahnärzten<br />
übermittelt, die angeboten hatten, <strong>in</strong><br />
den Impfzentren mitzuarbeiten. Darüber<br />
h<strong>in</strong>aus besteht <strong>in</strong> der Kollegenschaft<br />
vor allem der Wunsch, ihre Patient<strong>in</strong>nen<br />
und Patienten <strong>in</strong> eigener Praxis<br />
selbstständig impfen zu dürfen.<br />
RECHTLICHE VORAUSSETZUNGEN<br />
Da das Impfen als re<strong>in</strong> ärztliche Leistung<br />
den Ärzt<strong>in</strong>nen und Ärzten vorbehalten<br />
ist, galt es, für die zahnärztliche<br />
Kollegenschaft zunächst die rechtlich<br />
notwendigen Voraussetzungen auf<br />
Bundesebene zu schaffen. Darauf haben<br />
KZV und Kammer <strong>in</strong> zahlreichen<br />
Gesprächen im Rahmen der Corona-<br />
Task-Force unter Leitung von Sozialm<strong>in</strong>ister<br />
Manfred Lucha immer wieder<br />
h<strong>in</strong>gewiesen. Das Sozialm<strong>in</strong>isterium<br />
hat unsere Bitte auf die Bundesebene<br />
getragen und mit außerordentlich begrüßenswertem<br />
Engagement dazu beigetragen,<br />
dort im Rahmen der Gesundheitsm<strong>in</strong>isterkonferenz<br />
die Weichen zu<br />
stellen. Denn auf dieser Grundlage wurde<br />
das neue Bundesgesetz zur „Stärkung<br />
der Impfprävention gegen CO-<br />
VID-19 und zur Änderung weiterer Vorschriften“<br />
<strong>in</strong>itiiert, das Mitte Dezember<br />
2021 <strong>in</strong> Kraft trat. Damit waren endlich<br />
die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen,<br />
damit auch Zahnärzt<strong>in</strong>nen<br />
und Zahnärzte bundesweit zeitlich begrenzt<br />
Schutzimpfungen gegen das<br />
Coronavirus SARS-CoV-2 durchführen<br />
können.<br />
UNTERSTÜTZUNG<br />
Gesetzlich geregelt wurde auch, dass<br />
vor Verabreichung der ersten Impfdosis<br />
die erfolgreiche Teilnahme an e<strong>in</strong>er theoretischen<br />
und praktischen ärztlichen<br />
Schulung nachgewiesen werden muss.<br />
Besonders aufwändig war die adm<strong>in</strong>istrative<br />
und organisatorische Gestaltung<br />
des praktischen Parts. Neben der Möglichkeit,<br />
diese Voraussetzung mittels<br />
Hospitation <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er ärztlichen Praxis<br />
oder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Impfzentrum zu erfüllen,<br />
wurden von Seiten der LZK-Verwaltung<br />
am 2. Februar auch ärztliche Notfall-<br />
Schulungen <strong>in</strong> Filderstadt angeboten.<br />
Diese im Eiltempo hervorragend organisierte<br />
Auftaktveranstaltung mit e<strong>in</strong>er<br />
Top-Referent<strong>in</strong> <strong>in</strong> zwei Kursen war e<strong>in</strong><br />
großer Erfolg und mit der Teilnahme<br />
von über 250 Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen<br />
restlos ausgebucht. Als Teilnehmer dieser<br />
Schulung habe ich <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Grußwort<br />
als Kammerpräsident die gute Gelegenheit<br />
genutzt, um den anwesenden<br />
Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen für ihr Engagement<br />
herzlich zu danken, auch weil es<br />
dazu beiträgt, dass der Zahnarztberuf<br />
als humanmediz<strong>in</strong>ischer Heilberuf <strong>in</strong><br />
Politik und Medien stärker und <strong>in</strong> gleichem<br />
Maße wie der ärztliche Beruf<br />
wahrgenommen wird. Ergänzt wurde<br />
diese Auftaktveranstaltung durch weitere,<br />
ebenfalls gut besuchte praktische<br />
Schulungen bei den BZKen <strong>in</strong> Stuttgart<br />
und Tüb<strong>in</strong>gen.<br />
PROBLEMLAGEN UND AUSSICHTEN<br />
Obwohl viele Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen<br />
alle Voraussetzungen zum Impfen gemäß<br />
Infektionsschutzgesetz erfüllen,<br />
s<strong>in</strong>d <strong>Impfung</strong>en <strong>in</strong> <strong>Zahnarztpraxen</strong> leider<br />
immer noch nicht möglich. Zum e<strong>in</strong>en<br />
führen retardierende Momente,<br />
verursacht durch <strong>in</strong>dividuelle standespolitische<br />
Fehle<strong>in</strong>schätzungen, zur Demotivation<br />
der Kollegenschaft und machen<br />
mich sprachlos.<br />
Zum anderen spielt auch die Impfverordnung<br />
des BMG e<strong>in</strong>e wichtige Rolle,<br />
weil dort die Zahnärzt<strong>in</strong>nen und Zahnärzte<br />
trotz dr<strong>in</strong>glicher Anmahnungen<br />
seitens der Körperschaften bisher noch<br />
nicht aufgenommen wurden. Des Weiteren<br />
bestehen klärungsbedürftige<br />
Punkte <strong>in</strong> Bezug auf die Anb<strong>in</strong>dung an<br />
die Impfsurveillance des Robert-Koch-<br />
Institutes, zur Impfstoffbestellung sowie<br />
zu Abrechnungswegen, an deren Lösung<br />
die KZVen arbeiten und die hoffentlich<br />
bei Ersche<strong>in</strong>en dieser ZBW-<br />
Ausgabe erledigt s<strong>in</strong>d.<br />
Es bleibt sprichwörtlich zu hoffen, dass<br />
auch endlich gut wird, was lange währt.<br />
Die genannten offenen Fragen zeigen<br />
me<strong>in</strong>es Erachtens sehr deutlich, wie<br />
langsam und bürokratisch die adm<strong>in</strong>istrativen<br />
Mühlen mahlen und dass dadurch<br />
die Umsetzung des verme<strong>in</strong>tlich<br />
simplen Ziels, von zahnärztlicher Seite<br />
durch <strong>Impfung</strong>en bei der Bekämpfung<br />
der Pandemie zu helfen, so stark ausgebremst<br />
wird, bis die Notwendigkeit dafür<br />
zeitlich überholt sche<strong>in</strong>t, weil das<br />
Impfgeschehen seit Januar stetig rückläufig<br />
ist und die aktuelle Coronawelle<br />
bereits abkl<strong>in</strong>gt.<br />
Bei allem Unmut über die derzeitig suboptimale<br />
Situation besteht für mich<br />
trotzdem Grund zum Optimismus. Ob<br />
im Herbst weitere Coronaimpfungen<br />
beispielsweise für vulnerable Gruppen<br />
notwendig werden oder für zukünftige<br />
Engpasssituationen bei neuen Virusvarianten:<br />
Der Grundste<strong>in</strong> für e<strong>in</strong>e schnelle<br />
„Zahnärztliche E<strong>in</strong>greiftruppe“ ist<br />
gelegt und wir stehen fachlich und technisch<br />
bereit.
10_TITELTHEMA<br />
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
Zahnärzteschaft als Teil der Impfkampagne gegen COVID-19: die Vorgeschichte<br />
DER LANGE WEG<br />
ZUR IMPFUNG<br />
Foto: unsplash.com_MufidMajnun<br />
Eigentlich sollten Anfang April <strong>in</strong> Baden-Württemberg die ersten <strong>Impfung</strong>en gegen COVID-19 <strong>in</strong> den<br />
<strong>Zahnarztpraxen</strong> verabreicht werden können – gut 15 Monate nach Beg<strong>in</strong>n der Impfkampagne. Ob das<br />
so kommt, hängt von den f<strong>in</strong>alen politischen Weichenstellungen ab. Zum Redaktionsschluss war die<br />
Impfschutzverordnung immer noch nicht geändert. Hoffen wir, dass die Politik <strong>in</strong> der Zwischenzeit aktiv<br />
geworden ist und zum Ersche<strong>in</strong>en dieses Heftes die Zahnärzteschaft ihren Teil bei der <strong>Impfung</strong> gegen<br />
COVID-19 beitragen kann. Denn seitens der zahnärztlichen Körperschaften wurde schon früh die Bereitschaft<br />
zur Unterstützung der Kampagne betont und das Angebot immer wieder erneuert. E<strong>in</strong> str<strong>in</strong>gentes<br />
Vorgehen der Politik bei der Schaffung der gesetzlichen Grundlagen war dagegen selten feststellbar.<br />
START DER IMPFKAMPAGNE<br />
Am 31. Dezember 2019 wurde der Ausbruch<br />
e<strong>in</strong>er bis dah<strong>in</strong> unbekannten<br />
Lungenkrankheit <strong>in</strong> der ch<strong>in</strong>esischen<br />
Großstadt Wuhan bestätigt. Weniger<br />
als e<strong>in</strong> Jahr darauf waren die ersten<br />
Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 verfügbar<br />
– <strong>in</strong> Deutschland wurde am 27. Dezember<br />
2020 die erste <strong>Impfung</strong> verabreicht.<br />
Mit diesem Startschuss hat die<br />
Impfkampagne <strong>in</strong> Deutschland und<br />
auch <strong>in</strong> Baden-Württemberg Gestalt<br />
angenommen.<br />
Den Auftakt für die vielen Millionen<br />
<strong>Impfung</strong>en, die seitdem <strong>in</strong> Baden-Württemberg<br />
verabreicht wurden, machten<br />
die zentralen Impfzentren <strong>in</strong> Freiburg,<br />
Offenburg, Karlsruhe, Heidelberg,<br />
Stuttgart, Rot am See, Tüb<strong>in</strong>gen und<br />
Ulm. Wenig später haben die Kreisimpfzentren<br />
an 50 dezentralen Standorten<br />
ihre Arbeit aufgenommen. Der ambulante<br />
Sektor war <strong>in</strong> den ersten Monaten<br />
der Impfkampagne noch nicht <strong>in</strong>volviert.<br />
Erst im April 2020 wurden auch <strong>in</strong><br />
den Hausarztpraxen die ersten Spritzen<br />
gesetzt.<br />
BEREITSCHAFT ZUR MITARBEIT<br />
Von Beg<strong>in</strong>n an wurde seitens der Politik<br />
<strong>in</strong> Bund und Land um Unterstützung<br />
der Kampagne gebeten – etwa im Rahmen<br />
der Aufklärung der Bevölkerung<br />
über die <strong>Impfung</strong>. Die Zahnärzteschaft<br />
<strong>in</strong> Baden-Württemberg hat sich dieser<br />
Bitte gegenüber von Beg<strong>in</strong>n an aufgeschlossen<br />
gezeigt und ihren Willen erklärt,<br />
der Verantwortung für das Gesundheitswesen<br />
<strong>in</strong> Deutschland nachzukommen,<br />
<strong>in</strong> den Impfzentren und<br />
auch <strong>in</strong> den Praxen, und zu e<strong>in</strong>er hohen<br />
Impfbereitschaft <strong>in</strong> der Bevölkerung<br />
beizutragen.<br />
Bereits im Dezember 2020 starteten die<br />
Kassenzahnärztliche Vere<strong>in</strong>igung und<br />
die Landeszahnärztekammer über die<br />
Kassenzahnärztliche Vere<strong>in</strong>igung zudem<br />
e<strong>in</strong>en Aufruf, um die Bereitschaft<br />
der Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen, <strong>in</strong> den<br />
Impfzentren des Landes mitzuarbeiten,<br />
abzufragen. In e<strong>in</strong>er eigens e<strong>in</strong>gerichteten<br />
E-Mail-Datenbank „impfzahnaerzte@<br />
kzvbw.de“ s<strong>in</strong>d bereits über 550 Mitglieder<br />
gemeldet. Diese enorme Bereitschaft<br />
wurde umgehend gegenüber<br />
dem Sozialm<strong>in</strong>isterium kommuniziert,<br />
die Zahnärzt<strong>in</strong>nen und Zahnärzte hätten<br />
somit kurzfristig zur Unterstützung<br />
<strong>in</strong> die Impfkampagne e<strong>in</strong>gebunden werden<br />
können.<br />
IMPFSTOFFMANGEL<br />
Die erste Phase war jedoch geprägt von<br />
e<strong>in</strong>er allgeme<strong>in</strong>en Impfstoffknappheit,<br />
sodass zunächst nur die höchst priorisierten<br />
Personengruppen – Menschen<br />
ab 80 Jahren, Personal <strong>in</strong> Altenheimen<br />
und mediz<strong>in</strong>isches Personal <strong>in</strong> Notaufnahmen<br />
und Intensivstationen – geimpft<br />
werden konnten. Gleichzeitig<br />
gab es augensche<strong>in</strong>lich genügend personelle<br />
Kapazitäten <strong>in</strong> den Impfzentren.<br />
Für e<strong>in</strong>en breit aufgestellten E<strong>in</strong>satz<br />
der Zahnärzteschaft wurde von<br />
Seiten der Politik deshalb schlicht ke<strong>in</strong><br />
Bedarf gesehen. Bis zum Sommer des<br />
vergangenen Jahres konnte der anfängliche<br />
Mangel – auch durch die Zulassung<br />
weiterer Vakz<strong>in</strong>e – schließlich behoben<br />
und allen impfwilligen Erwachsenen<br />
e<strong>in</strong> Impfangebot unterbreitet<br />
werden. Während die Hausarztpraxen
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
11_TITELTHEMA<br />
nun <strong>in</strong> die Impfkampagne e<strong>in</strong>gebunden<br />
waren, fehlten für die <strong>Impfung</strong><br />
durch die Zahnärzteschaft h<strong>in</strong>gegen<br />
weiterh<strong>in</strong> die gesetzlichen Voraussetzungen.<br />
ÖFFENTLICHKEITSARBEIT<br />
Neben der Bereitschaft, den Impffortschritt<br />
durch den E<strong>in</strong>satz der Zahnärzt<strong>in</strong>nen<br />
und Zahnärzte zu beschleunigen,<br />
legten die KZV BW und die LZK<br />
BW großen Wert darauf, auch die diversen<br />
öffentlichen Impfangebote von<br />
Bund, Land und Kommunen aktiv zu<br />
unterstützen. So wurde etwa der Aufruf<br />
des Bundesgesundheitsm<strong>in</strong>isteriums<br />
(BMG) für die Aktionswoche #Hier-<br />
WirdGeimpft über die verschiedenen<br />
medialen Kanäle verbreitet und damit<br />
für e<strong>in</strong>e stärkere Wahrnehmung der<br />
Impfangebote geworben.<br />
VIERTE WELLE<br />
Allen Bemühungen zum Trotz blieb die<br />
Impfquote <strong>in</strong> Deutschland bis zuletzt<br />
unter den Erwartungen. Vielmehr entwickelte<br />
die Pandemie im Herbst 2021<br />
durch die diversen Mutationen bis h<strong>in</strong><br />
zur deutlich ansteckenderen Omikron-<br />
Variante e<strong>in</strong>e bislang ungekannte Dynamik<br />
und wies Inzidenzen auf, die alle<br />
vorausgegangenen Wellen deutlich<br />
übertrafen. Ende November 2021 hatte<br />
die Gesundheitsm<strong>in</strong>isterkonferenz den<br />
Bundesgesetzgeber dazu aufgerufen,<br />
e<strong>in</strong>e gesetzliche Grundlage zu schaffen,<br />
um die Zahnärzt<strong>in</strong>nen und Zahnärzte<br />
wie auch Apotheker<strong>in</strong>nen und Apotheker<br />
sowie Tierärzt<strong>in</strong>nen und Tierärzte<br />
<strong>in</strong> die laufende Impfkampagne e<strong>in</strong>zubeziehen.<br />
Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender<br />
des Vorstands der Kassenzahnärztlichen<br />
Bundesvere<strong>in</strong>igung (KZBV), und<br />
Prof. Dr. Christoph Benz, Präsident der<br />
Bundeszahnärztekammer (BZÄK), erklärten<br />
daraufh<strong>in</strong>: „Angesichts der viel<br />
zu hohen Infektionszahlen […] steht die<br />
Zahnärzteschaft bereit, bei der dr<strong>in</strong>gend<br />
notwendigen Beschleunigung der<br />
Impfkampagne die ärztlichen Kolleg<strong>in</strong>nen<br />
und Kollegen zu unterstützen. Wir<br />
müssen […] alle verfügbaren Kräfte des<br />
Gesundheitssystems bündeln, um die<br />
vierte Coronawelle zu brechen.“ Zunächst<br />
wurde e<strong>in</strong>e Unterstützung der<br />
ärztliche Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen <strong>in</strong><br />
externen mobilen E<strong>in</strong>heiten, Arztpraxen<br />
und Impfzentren <strong>in</strong>s Auge gefasst.<br />
Perspektivisch sollten jedoch auch <strong>Impfung</strong>en<br />
<strong>in</strong> <strong>Zahnarztpraxen</strong> <strong>in</strong> Betracht<br />
gezogen werden.<br />
IMPFBERECHTIGUNG<br />
Mitte Dezember wurde schließlich das<br />
„Gesetz zur Stärkung der Impfprävention<br />
gegen COVID-19“ verabschiedet,<br />
das u. a. die Ausweitung der Berechtigung<br />
zum Impfen auf die Zahnärzteschaft<br />
formulierte. Voraussetzung war<br />
die erfolgreiche Teilnahme an e<strong>in</strong>er<br />
ärztlichen Schulung. Außerdem müssen<br />
geeignete Räumlichkeiten mit der<br />
für die Durchführung von Corona-<br />
Schutzimpfungen erforderlichen Ausstattung<br />
zur Verfügung stehen. Dazu<br />
konnten Zahnärzt<strong>in</strong>nen und Zahnärzte<br />
<strong>in</strong> andere geeignete Strukturen wie mobile<br />
Impfteams e<strong>in</strong>gebunden werden.<br />
ORGANISATION<br />
Für die ärztliche Schulung der Zahnärzteschaft<br />
entwickelte die BZÄK <strong>in</strong> Zusammenarbeit<br />
mit der Bundesärztekammer<br />
bis Jahresende e<strong>in</strong> Mustercurriculum,<br />
während die konkrete Durchführung<br />
der Schulungen maßgeblich<br />
über die Landeszahnärztekammern organisiert<br />
wurde.<br />
Gleichzeitig mussten die Voraussetzungen<br />
geschaffen werden, um die Datenerfassung<br />
und Dokumentation im Rahmen<br />
der Impfsurveillance des Robert-<br />
Koch-Instituts sowie die geordnete Abrechnung<br />
der erbrachten Impfleistungen<br />
über die KZVen zu regeln. Auch e<strong>in</strong>e<br />
EDV-gestützte Möglichkeit, um Impfstoffe<br />
zu bestellen und digitale Impfzertifikate<br />
erstellen zu können, mussten<br />
auf den Weg gebracht werden.<br />
IMPFVERORDNUNG<br />
Dass die Zahnärzteschaft dennoch nicht<br />
unmittelbar zur Unterstützung der Impfkampagne<br />
tätig werden konnte, war darauf<br />
zurückzuführen, dass ihre Aufnahme<br />
<strong>in</strong> die Impfverordnung seitens des Gesetzgebers<br />
immer wieder verzögert wurde.<br />
Gerade <strong>in</strong> der Phase wurde wiederholt<br />
deutlich, dass die Selbstverwaltung der<br />
Zahnärzteschaft kurzfristig und effektiv<br />
<strong>in</strong> der Lage ist, die nötigen Voraussetzungen<br />
zu schaffen und organisatorische Herausforderungen<br />
zu lösen, während sich<br />
die politischen Prozesse – unter der alten<br />
wie unter der neuen Bundesregierung –<br />
als sehr schwerfällig und angesichts der<br />
dramatischen pandemischen Lage unangemessen<br />
langsam erwiesen.<br />
Es bleibt <strong>in</strong>sofern zu hoffen, dass die<br />
Stimme der Selbstverwaltung im weiteren<br />
Verlauf der Pandemie bei allen drohenden<br />
Unwägbarkeiten und Entwicklungen<br />
bei den politischen Entscheidungsträgern<br />
Gehör f<strong>in</strong>den und die<br />
zahnärztliche Bereitschaft zum Impfen<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er folgenden Infektionswelle nicht<br />
erneut durch bürokratische H<strong>in</strong>dernisse<br />
unterlaufen wird.<br />
Dr. Holger Simon-Denoix<br />
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12_TITELTHEMA<br />
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
Praktische ärztliche Notfallschulung der LZK BW<br />
GELUNGENE<br />
AUFTAKTVERANSTALTUNG<br />
Von BioNTech soll e<strong>in</strong> neuer, an die Omikron-Variante angepasster Impfstoff kommen. Die<br />
von der Bundesregierung postulierte Zielsetzung ist, dass der Impfstoff dann <strong>in</strong>nerhalb von<br />
vier Wochen <strong>in</strong> der Bevölkerung verimpft wird. „Ich b<strong>in</strong> mir sicher, dass das kommt und ich<br />
würde mich freuen, wenn Sie dann dabei s<strong>in</strong>d und beim Impfen mithelfen“. Das sagte Referent<strong>in</strong><br />
Dr. Dr. Sandra Ketabi bei der von der Landeszahnärztekammer als Auftaktveranstaltung<br />
angebotenen praktischen ärztlichen Notfallschulung am 2. Februar 2022 <strong>in</strong> Filderstadt.<br />
Nach dem Infektionsschutzgesetz müssen Zahnärzt<strong>in</strong>nen und Zahnärzte unter anderem<br />
erfolgreich an e<strong>in</strong>er ärztlichen Schulung teilgenommen haben, damit sie impfen dürfen.<br />
Fotos: F. Kraufmann<br />
Die ärztliche Schulung unterteilt sich<br />
dabei <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en theoretischen und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en<br />
praktischen Teil. Die praktische<br />
ärztliche Schulung kann <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er<br />
Hospitation unter ärztlicher Aufsicht<br />
beispielsweise <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Impfzentrum, <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er Arztpraxis oder durch e<strong>in</strong>e praktische<br />
ärztliche Notfallschulung absolviert<br />
werden.<br />
Die Landeszahnärztekammer hat seit<br />
Beg<strong>in</strong>n der Pandemie mehrfach ihre politische<br />
Motivation unterstrichen, <strong>in</strong> der<br />
Landespolitik darauf h<strong>in</strong>zuwirken, dass<br />
auch Zahnärzt<strong>in</strong>nen und Zahnärzte<br />
impfen dürfen. Demzufolge war es e<strong>in</strong>e<br />
Selbstverständlichkeit, dass die Landeszahnärztekammer<br />
selbst e<strong>in</strong>e praktische<br />
ärztliche Notfallschulung anbietet.<br />
Am 2. Februar hat die Landeszahnärztekammer<br />
mit den ersten beiden Großveranstaltungen<br />
für alle Bezirke begonnen,<br />
betonte LZK-Präsident Dr. Torsten<br />
Tomppert <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Begrüßung. Er<br />
dankte der Kollegenschaft <strong>in</strong> der bis auf<br />
den letzten Platz gefüllten Filharmonie<br />
Filderstadt für ihre Bereitschaft zu impfen<br />
und der Bevölkerung während der<br />
Pandemie zu helfen.<br />
„Zwischen Proktologen und Bestattern“<br />
habe die Zahnärzteschaft während der<br />
Pandemie rangiert, beklagte LZK-Präsident<br />
Dr. Torsten Tomppert, „darunter<br />
hat die zahnmediz<strong>in</strong>ische Seele sehr gelitten“.<br />
Dass Zahnärzt<strong>in</strong>nen und Zahnärzte<br />
nun bald impfen dürfen, br<strong>in</strong>ge<br />
den Berufsstand auf Augenhöhe mit<br />
den Ärzten. „Wir s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> human-mediz<strong>in</strong>ischer<br />
Heilberuf.“<br />
IMPFVERORDNUNG<br />
Während allerd<strong>in</strong>gs die bundesweite<br />
Impfkampagne gegen Corona <strong>in</strong> Apotheken<br />
bereits gestartet ist, können<br />
Zahnärzt<strong>in</strong>nen und Zahnärzte, auch<br />
wenn sie alle Voraussetzungen erfüllen,
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
13_TITELTHEMA<br />
noch nicht (Stand 17. März 2022) mit<br />
dem Impfen <strong>in</strong> der eigenen Praxis beg<strong>in</strong>nen.<br />
Der Grund ist, dass die Zahnärzteschaft<br />
noch nicht <strong>in</strong> der Impfverordnung<br />
genannt wird. Demzufolge<br />
fehlt die Anb<strong>in</strong>dung an die Impfsurveillance<br />
des Robert-Koch-Instituts, sodass<br />
ke<strong>in</strong>e Impfstoffbestellung möglich ist.<br />
Ebenfalls fehlen damit die rechtlichen<br />
Grundlagen für die Abrechnung über<br />
die Kassenzahnärztliche Vere<strong>in</strong>igung.<br />
„Ich hoffe, dass die <strong>in</strong>frastrukturelle<br />
Organisation bald steht und wir Zahnärzt<strong>in</strong>nen<br />
und Zahnärzte mit den <strong>Impfung</strong>en<br />
<strong>in</strong> eigener Praxis starten können“,<br />
so Dr. Tomppert.<br />
ERFAHRUNG<br />
Damit die baden-württembergische<br />
Zahnärzteschaft für die COVID-<br />
19-Schutzimpfungen <strong>in</strong> ihren Praxen<br />
gewappnet und bestens vorbereitet ist,<br />
sicherte sich die Landeszahnärztekammer<br />
mit der Mund-Kiefer-Gesichtschirurg<strong>in</strong><br />
Dr. Dr. Sandra Ketabi e<strong>in</strong>e ebenso<br />
erfahrene wie kompetente Referent<strong>in</strong><br />
für die praktische ärztliche Notfall-<br />
Schulung. Dr. Dr. Ketabi hat am Impfzentrum<br />
des Robert-Bosch-Krankenhauses<br />
<strong>in</strong> Stuttgart bereits über 15.000<br />
<strong>Impfung</strong>en selbst durchgeführt und<br />
über 120.000 <strong>Impfung</strong>en beaufsichtigt.<br />
„Was sollen Sie heute von dieser Schulung<br />
mitnehmen? Mir ist wichtig, dass<br />
Sie den richtigen Umgang mit den verschiedenen<br />
Impfstoffen lernen, wissen,<br />
wo Sie sich valide Informationen beschaffen<br />
können, bei welchen Patient<strong>in</strong>nen<br />
und Patienten Sie aufpassen müssen<br />
und wie das Management mediz<strong>in</strong>ischer<br />
Notfälle aussieht.“ Mit diesen e<strong>in</strong>führenden<br />
Worten fasste Dr. Dr. Ketabi<br />
die geplanten Inhalte ihrer e<strong>in</strong>e<strong>in</strong>halbstündigen<br />
Schulung zusammen.<br />
Erfahren. Mit 15.000 selbst durchgeführten <strong>Impfung</strong>en war Dr. Dr. Sandra<br />
Ketabi die perfekte Referent<strong>in</strong> für die praktische ärztliche Notfallschulung.<br />
DIVA<br />
Mit der „Diva unter den Impfstoffen“,<br />
dem mRNA-Impfstoff Comirnaty von<br />
BioNTech/Pfizer startete die Referent<strong>in</strong>.<br />
Diva, weil der Impfstoff sehr sensibel<br />
auf Erschütterung reagiert, nie<br />
geschüttelt werden darf und auch das<br />
Klopfen gegen die Spritze muss bei<br />
Comirnaty von BioNTech/Pfizer unter<br />
allen Umständen unterlassen werden.<br />
Dr. Dr. Ketabi <strong>in</strong>formierte über die<br />
unterschiedlichen Konzentrate und<br />
Dosen des Impfstoffs, den idealen Abstand<br />
zwischen den <strong>Impfung</strong>en und<br />
die Impfstoffzubereitung. Gleiches<br />
zeigte sie für den mRNA-Impfstoff<br />
von Moderna, der im Gegensatz zu<br />
Comirnaty nicht verdünnt werden<br />
muss, sondern direkt aufgezogen werden<br />
kann.<br />
Der Vektorimpfstoff Janssen des Herstellers<br />
Janssen-Cilag, e<strong>in</strong>er Tochter des<br />
US-Unternehmens Johnson & Johnson,<br />
wird „an e<strong>in</strong> spezielles Klientel verimpft“,<br />
erklärte Dr. Dr. Ketabi. „Wir haben<br />
den Impfstoff vor allem Personen<br />
geimpft, die Angst vor Spritzen haben“.<br />
Seit dem 17. Januar 2022 gelten Personen,<br />
die e<strong>in</strong>mal mit dem Impfstoff Janssen<br />
geimpft wurden, nicht mehr als vollständig<br />
geimpft. Dafür ist e<strong>in</strong>e zweite<br />
<strong>Impfung</strong> nötig.<br />
Der Impfstoff Nuvaxovid des Herstellers<br />
Novavax ist e<strong>in</strong> Prote<strong>in</strong>impfstoff. Er<br />
enthält Coronavirus-ähnliche Partikel<br />
mit dem Coronaeiweiß „Spike-Prote<strong>in</strong>“.<br />
Ende Februar s<strong>in</strong>d die ersten Lieferungen<br />
des Impfstoffs <strong>in</strong> Baden-Württemberg<br />
e<strong>in</strong>getroffen. Novavax ist von der<br />
Europäischen Arzneimittel-Agentur<br />
EMA für Personen ab 18 Jahren zugelassen.<br />
Er wird im Abstand von drei Wochen<br />
verimpft und ist bislang nicht für<br />
e<strong>in</strong>e Booster-<strong>Impfung</strong> zugelassen. „Vieles<br />
ändert sich schnell“, warnte Dr. Dr.<br />
Ketabi, deshalb sei es besonders wichtig,<br />
sich über die Steckbriefe der Impfstoffe<br />
auf der Webseite der Kassenärztlichen<br />
Bundesvere<strong>in</strong>igung KBV ständig auf<br />
dem Laufenden zu halten. Wichtig ist<br />
vor allem, wie lange der Impfstoff verimpft<br />
werden darf. „E<strong>in</strong>e Stunde nach<br />
dem Aufziehen geht das Haftungsrisiko<br />
auf den Behandler über“, mahnte Dr.<br />
Dr. Ketabi. Das erfordert <strong>in</strong> der Praxis<br />
e<strong>in</strong>e gewisse Logistik und Organisation.<br />
Injektion. Die Spritze wird muskulär <strong>in</strong> den Oberarm verabreicht. Davor sollte zweimal<br />
des<strong>in</strong>fiziert werden.<br />
GOLDSTANDARD<br />
Wem impfe ich was wieviel? Die <strong>in</strong> diesem<br />
Zusammenhang wichtigen Institutionen<br />
s<strong>in</strong>d die Europäische Arzneimit-
14_TITELTHEMA<br />
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
» Ich hoffe, dass die<br />
<strong>in</strong>frastrukturelle Organisation<br />
bald steht und wir Zahnärzte<br />
mit den <strong>Impfung</strong>en <strong>in</strong> eigener<br />
Praxis starten können.«<br />
Dr. Torsten Tomppert<br />
Begrüßung. LZK-Präsident Dr. Torsten Tomppert dankte der Kollegenschaft für ihre<br />
Bereitschaft zu impfen und der Bevölkerung während der Pandemie zu helfen.<br />
tel-Agentur EMA, die Ständige Impfkommission<br />
STIKO, und das Paul-Ehrlich-Institut,<br />
die Empfehlungen aussprechen<br />
sowie das M<strong>in</strong>isterium für Soziales,<br />
Gesundheit und Integration<br />
Baden-Württemberg, das die Empfehlungen<br />
<strong>in</strong> Verordnungen gießt. Oftmals<br />
s<strong>in</strong>d die Empfehlungen der Institutionen<br />
allerd<strong>in</strong>gs nicht deckungsgleich.<br />
„Die Information wer, was, wieviel entnehmen<br />
Sie <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie dem Anamnesebogen“.<br />
Der Anamnesebogen gehört<br />
mit dem E<strong>in</strong>willigungs- und Aufklärungsbogen<br />
zu den erforderlichen<br />
Unterlagen bei jedem Impfterm<strong>in</strong>.<br />
Das Robert-Bosch-Krankenhaus hatte<br />
<strong>in</strong> der Hochphase der Pandemie sehr<br />
viele COVID-Geburten. „Die Hebammen<br />
berichteten uns von schwerwiegenden<br />
Veränderungen der Plazenta, die<br />
die Alphavariante verursachte“, erzählte<br />
Bereitschaft. Dr. Isabell Eckste<strong>in</strong> und ihr Vater Dr. Walter Eckste<strong>in</strong> führen e<strong>in</strong>e<br />
Praxis auf dem Land bei Schwäbisch-Hall und haben ständig Anfragen von<br />
Patient<strong>in</strong>nen und Patienten, die sich impfen lassen möchten. „Wir s<strong>in</strong>d überzeugt,<br />
dass man impfen muss“.<br />
Dr. Dr. Ketabi. Aus diesem Grund habe<br />
man am Impfzentrum des Robert-<br />
Bosch-Krankenhauses sehr früh begonnen,<br />
Schwangere zu impfen. Die STIKO<br />
empfiehlt <strong>in</strong>zwischen, Schwangere ab<br />
der 12. Woche zu impfen. Schwangere<br />
dürfen nur BioNTech bekommen. Stillende<br />
über 30 Jahren erhalten Moderna.<br />
„In jedem Fall der Goldstandard für<br />
alle, die impfen, um sich e<strong>in</strong>en aktuellen<br />
Überblick zu verschaffen, ist das<br />
Epidemiologische Bullet<strong>in</strong> des Robert-<br />
Koch-Instituts“, betonte Dr. Dr. Ketabi.<br />
HELDENPFLASTER<br />
Die Spritze wird muskulär <strong>in</strong> den Oberarm<br />
verabreicht. Davor sollte zweimal<br />
des<strong>in</strong>fiziert werden. „Nicht bis auf den<br />
Knochen, wie wir Zahnärzte es normalerweise<br />
gewohnt s<strong>in</strong>d“, erklärte Dr. Dr.<br />
Ketabi. Und Vorsicht bei Tattoos: „Spritzen<br />
Sie nicht <strong>in</strong> die Farbe, die gelangt<br />
sonst <strong>in</strong> den Muskel“. Bei e<strong>in</strong>er Ger<strong>in</strong>nungshemmung<br />
ist e<strong>in</strong>e dünne Nadel zu<br />
verwenden. Nach dem Piks zwei M<strong>in</strong>uten<br />
Kompression, 30 M<strong>in</strong>uten Beobachtung.<br />
Ängstliche bekommen bei Dr. Dr.<br />
Ketabi e<strong>in</strong> Heldenpflaster, Tätowierte<br />
das äußerst beliebte Totenkopfpflaster!<br />
Impfreaktionen können nach sechs<br />
Stunden mit Paracetamol oder Ibuprofen<br />
behandelt werden. Unbed<strong>in</strong>gt zum<br />
Arzt sollte man bei Schmerzen <strong>in</strong> der<br />
Brust, neurologischen Ausfällen oder<br />
starken Kopf- und Bauchschmerzen.<br />
IM ZWEIFEL ADRENALIN<br />
Sehr ausführlich widmete sich Dr. Dr.<br />
Ketabi abschließend dem Notfall-Management.<br />
E<strong>in</strong>e gewisse Infrastruktur<br />
mit eigenem „Saniraum“, Notfallequipment<br />
und e<strong>in</strong>gespieltem Ablauf beim<br />
Absetzen des Notrufs, s<strong>in</strong>d unerlässlich,<br />
wenn man <strong>in</strong> eigener Praxis impfen<br />
möchte. „Me<strong>in</strong> Saniraum ist erst mit<br />
den Lehrern und Polizisten voll geworden“,<br />
berichtete Dr. Dr. Ketabi und hatte<br />
die Lacher auf ihrer Seite. Sie erläuterte<br />
die erforderlichen Maßnahmen,<br />
die <strong>in</strong> der Praxis bei e<strong>in</strong>er vasovagalen<br />
Synkope/Ohnmacht ergriffen werden.<br />
„Respekt sollten Sie vor e<strong>in</strong>er Anaphylaxie<br />
haben“, mahnte Dr. Dr. Ketabi. E<strong>in</strong>e<br />
Anaphylaxie/Hautreaktion 1. Grades<br />
kommt e<strong>in</strong>mal auf 1.000 <strong>Impfung</strong>en<br />
vor. Schwere Anaphylaxien (Grad 2 bis<br />
4) s<strong>in</strong>d deutlich seltener (1:100.000),<br />
aber extrem gefährlich und werden laut<br />
AWMF mit e<strong>in</strong>er Letalität bis zu zwei<br />
Prozent angegeben. Hier ist die Therapie<br />
der Wahl Adrenal<strong>in</strong>. Der Verlauf e<strong>in</strong>er<br />
Anaphylaxie muss außerdem immer<br />
stationär überwacht werden.<br />
Andrea Mader
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
15_TITELTHEMA<br />
COVID-<strong>Impfung</strong>en <strong>in</strong> <strong>Zahnarztpraxen</strong><br />
WICHTIGE ORGANISATORISCHE<br />
GRUNDLAGEN<br />
Bundesweit haben sich viele Zahnärzt*<strong>in</strong>nen bereit erklärt, die Impfkampagne gegen COVID-19<br />
aktiv zu unterstützen und auch <strong>in</strong> der eigenen Praxis <strong>Impfung</strong>en durchzuführen. Der Weg, bis<br />
vonseiten des Gesetzgebers alle notwendigen Voraussetzungen geschaffen waren, war jedoch<br />
geprägt von zahlreichen Hürden und Verzögerungen. So wurden organisatorische und rechtliche<br />
Fragen, etwa zum Thema Abrechnung sowie die E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung der Praxen <strong>in</strong> die Impfsurveillance<br />
des Robert-Koch-Instituts, erst <strong>in</strong> den vergangenen Wochen geklärt. Zum Redaktionsschluss<br />
fehlte allerd<strong>in</strong>gs immer noch die notwendige Änderung der Impfverordnung durch die Politik.<br />
Foto: AdobeStock/Daniel<br />
Impfkampagne. Seit Anfang April 2022 s<strong>in</strong>d von Seiten der Körperschaften alle nötigen organisatorischen Voraussetzungen geschaffen, um COVID-<strong>Impfung</strong>en<br />
<strong>in</strong> den <strong>Zahnarztpraxen</strong> durchführen zu können.<br />
Indessen ist die weitere pandemische<br />
Entwicklung schwer abzusehen. Bei<br />
künftigen Mutationen des Virus und<br />
der perspektivisch zu erwartenden Entwicklung<br />
angepasster Impfstoffe könnte<br />
sich die Lage schnell ändern und die<br />
erweiterten Impf-Kapazitäten durch die<br />
<strong>Impfung</strong>en <strong>in</strong> den <strong>Zahnarztpraxen</strong> an<br />
Bedeutung gew<strong>in</strong>nen. Mit den nun geschaffenen<br />
Grundlagen s<strong>in</strong>d die Voraussetzungen<br />
gegeben, damit die Zahnärzteschaft<br />
die Aktivitäten gegen die<br />
Pandemie auch durch <strong>Impfung</strong>en <strong>in</strong><br />
den eigenen Praxen unterstützen kann.<br />
IMPFSURVEILLANCE<br />
Zu den wichtigen Bed<strong>in</strong>gungen im<br />
Rahmen der Impfkampagne gehört die<br />
Erfassung und Dokumentation, wie<br />
viele Personen vollständig geimpft<br />
s<strong>in</strong>d. In Deutschland gibt es jedoch<br />
ke<strong>in</strong> zentrales Impfregister, auch liegen<br />
Zahlen zur Inanspruchnahme von<br />
<strong>Impfung</strong>en über die Abrechnungsdaten<br />
der Krankenkassen im Regelfall<br />
erst mit e<strong>in</strong>er zeitlichen Verzögerung<br />
von e<strong>in</strong>igen Monaten vor. Daher wird<br />
die Erhebung der Daten über die CO-<br />
VID-19-<strong>Impfung</strong> mithilfe der von der<br />
Bundesdruckerei technisch umgesetzten<br />
Webanwendung DIM („Digitales<br />
Impfquotenmonitor<strong>in</strong>g“) durchgeführt,<br />
über das e<strong>in</strong>e tägliche Meldung<br />
der Impfdaten an das Robert-Koch-Institut<br />
(RKI) erfolgt. Diese Informationen<br />
werden dann tagesaktuell im bundesweiten<br />
Impfdashboard unter der<br />
URL https://impfdashboard.de/ anschaulich<br />
aufbereitet.<br />
Damit die <strong>Zahnarztpraxen</strong> die bei<br />
ihnen durchgeführten <strong>Impfung</strong>en<br />
im Rahmen des DIM melden können,<br />
müssen die entsprechenden Da-
16_TITELTHEMA<br />
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
DURCHGEFÜHRTE COVID-19-IMPFUNGEN AUF BUNDESLANDEBENE IN PROZENT<br />
M<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>mal geimpft Grundimmunisiert Auffrischimpfungen<br />
Berücksichtigt wurden alle <strong>Impfung</strong>en, die bis e<strong>in</strong>schließlich 15.3.22 durchgeführt und dem RKI bis 16.3.22, 8:00 Uhr, gemeldet wurden.<br />
<strong>Impfung</strong>en. Impfquoten-Monitor<strong>in</strong>g des Robert-Koch-Instituts (Stand 15. März 2022).<br />
Quelle: Robert-Koch-Institut<br />
ten <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Webformular e<strong>in</strong>gegeben<br />
werden. Dafür können die Zahnärzt*<strong>in</strong>nen<br />
nach der Bekanntgabe<br />
der Impfbereitschaft an die KZV BW<br />
e<strong>in</strong>schließlich des Nachweises der<br />
nötigen Voraussetzungen e<strong>in</strong> eigens<br />
im Portal der KZV BW bereitgestelltes<br />
Formular als „Nachbau“ des RKI-<br />
Formulars verwenden. Dieses Formular<br />
ist im geschützten Bereich auf<br />
der KZV-Webseite h<strong>in</strong>terlegt, die Datensätze<br />
werden täglich von der KZV<br />
BW zusammengeführt und an das<br />
RKI gemeldet.<br />
Der Vorteil für die Zahnärzt*<strong>in</strong>nen<br />
besteht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er bürokratiearmen Lösung<br />
und der e<strong>in</strong>fachen Handhabung<br />
aufgrund der bekannten Umgebung<br />
im geschützten Bereich der<br />
KZV-Webseite. Auch s<strong>in</strong>d hier ke<strong>in</strong>e<br />
zusätzliche Registrierung und ke<strong>in</strong>e<br />
zusätzlichen Anmeldedaten nötig.<br />
Zudem entfällt mit der Verwendung<br />
des von der KZV BW bereitgestellten<br />
Formulars die nötige Installation e<strong>in</strong>es<br />
Zertifikats für den Zugriff auf<br />
das RKI-Portal.<br />
ABRECHNUNG<br />
Die zweite Aufgabe aus vertragszahnärztlicher<br />
Perspektive betrifft die Abrechnung<br />
der erbrachten Leistungen<br />
im Rahmen der <strong>Impfung</strong>. Hier wurde<br />
e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>heitliches Verfahren festgelegt.<br />
Die KZV BW stellt den <strong>Zahnarztpraxen</strong>,<br />
die selbst <strong>Impfung</strong>en durchführen,<br />
wie bereits dargestellt, e<strong>in</strong> Webformular<br />
zur normierten Erfassung<br />
der Impfdaten sowie der erbrachten<br />
Leistungen zur Verfügung. Anhand<br />
der erfassten Impfleistungen wird daraufh<strong>in</strong><br />
seitens der KZV BW e<strong>in</strong>e Impf-<br />
Abrechnungsdatei im csv-Format zusammengestellt,<br />
die an das Bundesamt<br />
für soziale Sicherung (BAS) übermittelt<br />
wird. Die Abrechnung erfolgt<br />
gegenüber dem BAS und die Vergütung<br />
der Leistungen wird <strong>in</strong>folgedessen<br />
über die KZV BW an die <strong>Zahnarztpraxen</strong><br />
ausgezahlt.<br />
IMPFZERTIFIKATE<br />
E<strong>in</strong> weiterer wichtiger Aspekt betrifft<br />
die Erstellung digitaler Impfzertifikate,<br />
die § 22 Abs. 5 des Infektionsschutzgesetzes<br />
zufolge entweder<br />
durch den impfenden Leistungserbr<strong>in</strong>ger<br />
(ggf. also auch durch die an<br />
der Impfkampagne teilnehmenden<br />
Zahnärzt*<strong>in</strong>nen) oder nachträglich<br />
durch die Ärzt<strong>in</strong>/den Arzt oder die<br />
Apotheker<strong>in</strong>/den Apotheker erfolgen<br />
kann. Die Erstellung der Zertifikate<br />
ist zum Zeitpunkt der Drucklegung<br />
dieses Zahnärzteblatts noch <strong>in</strong> Klärung,<br />
da sie softwareseitig nach aktuellem<br />
Stand nicht <strong>in</strong> den <strong>Zahnarztpraxen</strong><br />
durchführbar ist und dafür<br />
bisher auch ke<strong>in</strong>e Abrechnungsvoraussetzung<br />
besteht. Ebenso ist die Abrechenbarkeit<br />
e<strong>in</strong>er ausschließlichen<br />
Impfberatung noch nicht abschließend<br />
geregelt. Nach wie vor nötig ist<br />
zudem die Aufnahme <strong>in</strong> die Impfverordnung,<br />
damit die <strong>Impfung</strong>en <strong>in</strong> den<br />
<strong>Zahnarztpraxen</strong> Anfang April starten<br />
können. Diese war bis zum Zeitpunkt<br />
der Drucklegung noch nicht erfolgt.<br />
Sobald zu den bestehenden offenen<br />
Fragen Lösungen vorliegen, werden<br />
die Zahnärzt<strong>in</strong>nen und Zahnärzte<br />
zeitnah über das digitale Rundschreiben<br />
der KZV BW <strong>in</strong>formiert.<br />
INFO<br />
Dr. Holger Simon-Denoix<br />
Aktuelle Informationen zur <strong>Impfung</strong><br />
<strong>in</strong> den <strong>Zahnarztpraxen</strong> f<strong>in</strong>den Sie<br />
onl<strong>in</strong>e auf der Seite der KZV BW<br />
www.kzvbw.de. Der L<strong>in</strong>k zum Webformular<br />
zur Erfassung der Impfdaten<br />
wird rechtzeitig im Rundschreiben<br />
bekannt gegeben.<br />
Informationen zum<br />
Digitalen Impfquotenmonitor<strong>in</strong>g<br />
(DIM) bietet<br />
die Webseite des<br />
RKI unter https://bit.<br />
ly/3w8Rl56.
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
17_PRO & CONTRA<br />
Seit dem 15. März gilt die e<strong>in</strong>richtungsbezogene COVID-19-Impfpflicht<br />
BLICK IN DIE PRAXIS<br />
PRO &<br />
CONTRA<br />
Name ist der Redaktion bekannt<br />
Dentalhygieniker<strong>in</strong><br />
Melanie Staeven<br />
Zahnmediz<strong>in</strong>ische Fachangestellte<br />
Zwischen Impfpflicht und Impfverweigerung gibt es<br />
me<strong>in</strong>es Erachtens viele Wege und auch Möglichkeiten.<br />
Ich b<strong>in</strong> 36 Jahre alt und möchte mich nicht impfen<br />
lassen. Ich b<strong>in</strong> ke<strong>in</strong>e Coronaleugner<strong>in</strong> und glaube<br />
auch an den pr<strong>in</strong>zipiellen Schutz von <strong>Impfung</strong>en. Aber<br />
me<strong>in</strong> Bauchgefühl sagt mir, ich sollte diesen Impfstoff<br />
gegen Corona nicht <strong>in</strong> me<strong>in</strong>en Körper spritzen lassen.<br />
Sachlich begründen kann ich es ehrlich gesagt nicht,<br />
ne<strong>in</strong>. Und ich weiß auch, dass ich gegen den Trend argumentiere<br />
und vermutlich me<strong>in</strong>en Job verliere. Das<br />
bedaure ich, weil ich ihn sehr gerne ausübe und das<br />
Arbeiten <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Team auch sehr mag. Wenn ich<br />
mich doch impfen lasse, dann vermutlich auch nur, um<br />
me<strong>in</strong>en Job nicht zu verlieren. Doch alle<strong>in</strong> dieser Gedanke<br />
hält mich noch mehr von der <strong>Impfung</strong> ab und<br />
sagt mir, dass ich es nicht aus freien Stücken mache,<br />
sondern unter Zwang. Kann das gut für me<strong>in</strong>en Körper<br />
se<strong>in</strong>?<br />
In der Praxis und <strong>in</strong> der Familie b<strong>in</strong> ich die E<strong>in</strong>zige, die<br />
noch nicht geimpft ist. Natürlich gibt mir das auch das<br />
Gefühl des Ausgeschlossense<strong>in</strong>s, da b<strong>in</strong> ich ganz ehrlich.<br />
Doch was kann man gegen se<strong>in</strong> <strong>in</strong>nerstes Gefühl<br />
tun? Ich habe Angst vor möglichen Langzeitfolgen der<br />
<strong>Impfung</strong>, habe vielleicht auch zu wenig Wissen dazu,<br />
aber die Unsicherheit ist auch nach vielen Diskussionen<br />
und Überzeugungsversuchen me<strong>in</strong>es Umfelds<br />
immer noch da und zu groß. Ich hatte am Anfang im<br />
Mai 2020 Corona. Für mich war es nicht so schlimm.<br />
Ich denke, dass me<strong>in</strong> Körper sich nicht nochmals <strong>in</strong>fiziert<br />
und wenn doch, auch mit dieser Krankheit fertig<br />
wird.<br />
Das Argument, ich könnte zur Gefahr für die Patient*<strong>in</strong>nen<br />
werden, verstehe ich nicht, da ich permanent<br />
Maske trage und mich teste. Warum ich nicht<br />
offiziell zu me<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung stehe? Ich denke, Sie kennen<br />
die Antwort. Man wird fertiggemacht und die<br />
wenigsten Menschen versuchen, mich zu verstehen.<br />
Schräg f<strong>in</strong>de ich, dass wir nicht bei den Coronaprämien<br />
berücksichtigt werden, aber zur Impfpflicht verdonnert.<br />
Das passt me<strong>in</strong>es Erachtens auch nicht zusammen.<br />
Entweder ganz oder gar nicht.<br />
Als das damals mit Corona angefangen hat, hatten wir<br />
<strong>in</strong> unserer Clique eigentlich beschlossen, uns nicht<br />
impfen zu lassen. Wir waren der Me<strong>in</strong>ung: Brauchen<br />
wir nicht. Als wir die Entwicklung dann jedoch beobachtet<br />
und mitbekommen haben, wie schlimm die<br />
Verläufe bei den schwer Infizierten waren und wie<br />
hoch die Ansteckungsgefahr war, änderten wir unsere<br />
Me<strong>in</strong>ung recht schnell. Mir war klar, um sicher<br />
weiterzuarbeiten und auch leben zu können, ist die<br />
<strong>Impfung</strong> der e<strong>in</strong>zige Weg. Ich möchte ke<strong>in</strong>en schweren<br />
Verlauf bekommen und im Krankenhaus liegen<br />
müssen. Außerdem hoffe ich, dass ich durch die <strong>Impfung</strong><br />
auch me<strong>in</strong>e Virenlast senken kann, sodass ich<br />
weder me<strong>in</strong>e Eltern noch unsere Patient*<strong>in</strong>nen anstecke.<br />
Später kam dann auch der Nebeneffekt dazu, dass<br />
wenn man geimpft ist, es sich unkomplizierter reisen<br />
lässt und sich auch das gesamte Leben „normaler“<br />
gestalten lässt. Zudem: Je mehr Leute geimpft s<strong>in</strong>d,<br />
umso schneller können wir alle wieder zum normalen<br />
Leben zurückkehren. Also habe ich mich sozusagen<br />
auch für die Allgeme<strong>in</strong>heit mitgeimpft.<br />
Als es damals losg<strong>in</strong>g mit dem Impfen, hatten wir<br />
großes Glück, dass wir schon im Februar an die Reihe<br />
kamen. Ich bekam als erstes AstraZeneca und kam<br />
mit e<strong>in</strong>em Tag Ausruhen davon. Kurz darauf g<strong>in</strong>g<br />
dann die Diskussion über Astra los, doch da ich nur<br />
e<strong>in</strong>en Tag Nebenwirkungen und sonst nichts hatte,<br />
war klar, dass ich auch die zweite <strong>Impfung</strong> machen<br />
lasse. Ohne mich von den Medien bee<strong>in</strong>flussen zu<br />
lassen. Nach den zwei <strong>Impfung</strong>en habe ich mich<br />
dann schon sicherer gefühlt – sowohl im Umgang mit<br />
den Patient*<strong>in</strong>nen als auch mit der Familie. Die dritte<br />
<strong>Impfung</strong> gab es dann mit Biontech und ich denke<br />
durch die Mischung b<strong>in</strong> ich doch vor schweren Verläufen<br />
ganz gut geschützt.<br />
Jetzt hoffe ich, dass es langsam bergauf geht und wir<br />
das Virus kle<strong>in</strong>kriegen und die Normalität wieder zurückkommt.<br />
Ich würde mich auf den Fall wieder Erstimpfen<br />
lassen, ob ich das allerd<strong>in</strong>gs dauerhaft jedes<br />
halbe Jahr mache, weiß ich noch nicht.
18_BERUFSPOLITIK<br />
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
7. Landeskongress Gesundheit Baden-Württemberg<br />
NACHHALTIGKEIT<br />
IM GESUNDHEITSWESEN<br />
Der 7. Landeskongress Gesundheit Baden-Württemberg fand auch dieses Jahr wieder im<br />
hybriden Format statt und setzte sich mit dem Thema Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen<br />
ause<strong>in</strong>ander. Sämtliche Teilnehmenden, aber auch e<strong>in</strong>ige der Referent*<strong>in</strong>nen schalteten sich<br />
onl<strong>in</strong>e zu. Hauptreferenten waren Dr. Eckart von Hirschhausen, Arzt und Wissenschaftsjournalist,<br />
sowie Prof. Dr. Ingo Bode von der Uni Kassel, Experte für Sozialpolitik mit dem<br />
Schwerpunkt organisationale und gesellschaftliche Grundlagen. Vor dem H<strong>in</strong>tergrund<br />
der noch immer akuten Coronapandemie stand die Frage nach dem Zusammenhang von<br />
Erderwärmung, Umweltzerstörungen und Zoonosen im Mittelpunkt des Kongresses.<br />
Wohnzimmer. „Mutter Erde ist unser aller Wohnzimmer“, sagte Dr. Hirschhausen. Und deshalb dürfe die Atmosphäre nicht weiter durch Treibhausgase<br />
zerstört werden. Er forderte dazu auf, sich mehr zu engagieren und das eigene Verhalten zu ändern, um die Folgen abzumildern.<br />
Screenshots: Schwarz<br />
Auch der Gesundheitsm<strong>in</strong>ister von Baden-Württemberg<br />
Manne Lucha warnte<br />
<strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Grußwort vor den langfristigen<br />
Folgen des Klimawandels, <strong>in</strong>sbesondere<br />
für K<strong>in</strong>der, „denn ihr Körper<br />
reagiert empf<strong>in</strong>dlicher auf Krankheiten<br />
und Schadstoffe“, weshalb sie mit allen<br />
Folgen länger kämpfen müssen. Vor allem<br />
auch deshalb sei es notwendig, gesundheitsförderliche<br />
und klimagerechte<br />
Lebensbed<strong>in</strong>gungen zu schaffen.<br />
Das Thema der gesundheitlichen Chancengleichheit<br />
erachte er h<strong>in</strong>sichtlich der<br />
drohenden Folgen des Klimawandels<br />
als immer wichtiger werdend. Zur Bekräftigung<br />
se<strong>in</strong>er Aussagen verwies er<br />
darauf, dass für Süddeutschland bis<br />
Ende des Jahrhunderts bis zu 30 Hitzewellen<br />
prognostiziert wurden. Man<br />
müsse stärker dafür sorgen, dass den<br />
Menschen im Land bewusst wird, dass<br />
die Umwelt, das Klima und die Gesundheit<br />
eng mite<strong>in</strong>ander zusammenhängen.<br />
GESUNDHEITSGEFAHR<br />
„Wenn die asiatische Tigermücke <strong>in</strong> Baden-Württemberg<br />
heimisch wird und<br />
Allergien durch <strong>in</strong>vasive Arten rasant<br />
zunehmen, dann s<strong>in</strong>d das Alarmsignale<br />
für das Gesundheitswesen“, machte Dr.<br />
Eckart von Hirschhausen se<strong>in</strong>em Auditorium<br />
mit klaren Worten und Beispielen<br />
deutlich. Dr. Hirschhausen, der<br />
auch Gründer und Geschäftsführer der<br />
Stiftungen „Gesunde Erde – Gesunde<br />
Menschen“ und „Humor Hilft Heilen“<br />
ist, betonte, dass „die Klimakrise mit<br />
Hitze, Extremwetterereignissen und<br />
neuen Infektionskrankheiten mit Abstand<br />
die größte Gesundheitsgefahr im<br />
21. Jahrhundert“ ist. Und dies nicht nur
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
BERUFSPOLITIK_19<br />
global betrachtet, sondern auch hier bei<br />
uns und ke<strong>in</strong>esfalls mehr e<strong>in</strong> abstraktes<br />
Phänomen, bei dem die Anschaulichkeit<br />
fehle.<br />
CASE-STUDIES<br />
Klimaschutz sei zugleich Gesundheitsschutz,<br />
so die These Dr. Hirschhausens.<br />
Bereits der Sommer 2018 habe<br />
20.000 Hitzetote gefordert. Laut Dr.<br />
Hirschhausens Prognosen ist auch<br />
künftig mit Hitzewellen zu rechnen.<br />
Allerd<strong>in</strong>gs sei ke<strong>in</strong>er, weder Altenheime<br />
noch Krankenhäuser auf diese Situation<br />
vorbereitet. Daher, so Dr.<br />
Hirschhausens Anspruch, benötigen<br />
wir „Case Studies, die konkret aufzeigen,<br />
wo der Klimawandel die Gesundheit<br />
der Leute bee<strong>in</strong>trächtigt“.<br />
Koord<strong>in</strong>ationsprozesse. Herausforderungen bei der Bewältigung des Klimawandels h<strong>in</strong>sichtlich<br />
der Gesundheitsversorgung zeigen sich auf mehreren Ebenen: Im Bereich der Prävention und bei<br />
längerfristigen gesundheitlichen Bee<strong>in</strong>trächtigungen.<br />
GRENZWERTIG<br />
Die Bewältigung des Klimawandels<br />
setzt, gerade wenn es um die Gesundheitsversorgung<br />
geht, e<strong>in</strong>e problemsensible<br />
Organisation von Infrastrukturen<br />
voraus. Über diese Herausforderungen<br />
an die <strong>in</strong>stitutionelle Organisation des<br />
Gesundheitswesens h<strong>in</strong>sichtlich des<br />
Klimawandels sprach Prof. Dr. Ingo<br />
Bode von der Universität Kassel. Se<strong>in</strong><br />
Fazit war e<strong>in</strong>deutig, denn er betrachtete<br />
die Organisation der Nachhaltigkeit im<br />
Gesundheitswesen als „chaotisch und<br />
fragmentiert“. H<strong>in</strong>zu komme se<strong>in</strong>er Ansicht<br />
nach der Umstand, dass das Gesundheitspersonal<br />
vielerorts am Limit<br />
arbeite. Zur Bewältigung der Klimaproblematik<br />
brauche es daher e<strong>in</strong>e klare<br />
Führung, e<strong>in</strong>deutige Prozesse und auch<br />
e<strong>in</strong>e territorial abgestufte Koord<strong>in</strong>ation<br />
aus e<strong>in</strong>er Hand.<br />
ZUSAMMENHÄNGE<br />
Direkt nach der Mittagspause diskutierten<br />
Prof. Dr. Simone Sommer von<br />
der Universität Ulm und Dr. Robert M.<br />
Beyer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung<br />
den Zusammenhang<br />
von Erderwärmung, Umweltzerstörungen<br />
und Zoonosen und der Rolle<br />
des Klimawandels bei der Entstehung<br />
von SARS-CoV-1 und SARS-CoV-2.<br />
ZUKUNFTSFÄHIG<br />
Wie kann das Gesundheitswesen <strong>in</strong><br />
Deutschland und <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong><br />
Baden-Württemberg zukunftsfähig<br />
aufgestellt werden, um e<strong>in</strong>e mediz<strong>in</strong>ische<br />
Versorgung der Menschen<br />
langfristig sicherstellen zu können?<br />
Mit dieser Fragestellung befasste<br />
sich Prof. Dr. Ralf K<strong>in</strong>dervater von<br />
der Landesgesellschaft Biopro Baden-Württemberg.<br />
Insgesamt stellte<br />
er vier Zukunftsprojekte vor, die geme<strong>in</strong>sam<br />
mit dem Forum Gesundheitsstandort<br />
Baden-Württemberg<br />
ausgewählt worden waren. Fazit der<br />
Präsentation: Die ärztliche Behandlung<br />
muss nachhaltiger gestaltet<br />
werden.<br />
E<strong>in</strong>es dieser Zukunftsprojekte ist<br />
im Neckar-Odenwald-Kreis angesiedelt.<br />
Mit dem Ziel, die Versorgung<br />
mit Allgeme<strong>in</strong>mediz<strong>in</strong>ern im ländlichen<br />
Raum langfristig sicherzustellen,<br />
arbeiten hier M<strong>in</strong>isterien,<br />
Mediz<strong>in</strong>fakultäten und kommunale<br />
Ansprechpartner eng zusammen.<br />
Die Arbeitsgruppe vor Ort wurde<br />
repräsentiert vom Ärztlichen Leiter<br />
der Neckar-Odenwald-Kl<strong>in</strong>iken, PD<br />
Dr. Harald Genzwürker, und der<br />
Heidelberger Studiendekan<strong>in</strong> Prof.<br />
Dr. Sab<strong>in</strong>e C. Herpertz. Geme<strong>in</strong>sam<br />
trugen sie Details zum „Aufbau von<br />
Modellregionen für ärztliche Ausbildung“<br />
vor.<br />
Podiumsdiskussion. E<strong>in</strong>ig waren sich die Teilnehmer*<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Punkt: Umweltthemen braucht<br />
e<strong>in</strong>e stärkere Beachtung, denn Klimaschutz ist zugleich Gesundheitsschutz.<br />
FAZIT<br />
Abschließend waren sich alle Teilnehmer*<strong>in</strong>nen<br />
e<strong>in</strong>ig, dass es für unsere<br />
Gesundheit bedeutend ist, e<strong>in</strong>e<br />
gesunde Umwelt und e<strong>in</strong>e systematische<br />
Gesundheitsförderung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Konzept zusammen zu führen. Entsprechende<br />
Maßnahmen werden vielerorts<br />
bereits erprobt, s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sgesamt<br />
aber noch zu wenig. Dr. Eckart<br />
von Hirschhausen brachte das Thema<br />
mit e<strong>in</strong>em Satz auf den Punkt:<br />
„Wir müssen nicht das Klima retten,<br />
sondern uns“.<br />
Cornelia Schwarz
20_BERUFSPOLITIK<br />
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
Standpunkt<br />
WÄHLEN –<br />
WARUM DAS DENN?<br />
Foto: unsplash.com/GlenCarrie<br />
In diesem Jahr wählen wir e<strong>in</strong>e neue Vertreterversammlung der KZV BW, das oberste<br />
Selbstverwaltungsorgan der Vertragszahnärzt<strong>in</strong>nen und Vertragszahnärzte <strong>in</strong> Baden-<br />
Württemberg. Die Vertreter<strong>in</strong>nen und Vertreter erfüllen wichtige Aufgaben: Sie wählen,<br />
kontrollieren und beraten den Vorstand der Kassenzahnärztlichen Vere<strong>in</strong>igung Baden-<br />
Württemberg. Sie fassen politische Beschlüsse und begleiten die fachlichen Entwicklungen<br />
im Beruf. So können sie die berufspolitische Ausrichtung entscheidend mitgestalten.<br />
Wir möchten bereits an dieser Stelle alle<br />
Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen dazu aufrufen,<br />
sich an der Wahl zur Vertreterversammlung<br />
zu beteiligen. Sprechen Sie<br />
aktiv weitere Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen<br />
an und tragen Sie zu e<strong>in</strong>er hohen Wahlbeteiligung<br />
bei. Es zählt jede Stimme!<br />
Noch besser ist: Engagieren Sie sich<br />
selbst im vertragszahnärztlichen Ehrenamt.<br />
Die Vertreterversammlung ist Ausdruck<br />
des demokratischen Pr<strong>in</strong>zips der<br />
Selbstverwaltung der Zahnärzt<strong>in</strong>nen<br />
und Zahnärzte. Sie soll dementsprechend<br />
die ganze Bandbreite der Zahnärzteschaft<br />
abbilden. Alle Kolleg<strong>in</strong>nen<br />
und Kollegen, die Interesse zeigen, s<strong>in</strong>d<br />
als Kandidat<strong>in</strong> oder Kandidat willkommen.<br />
Mit Blick auf die Zukunft richtet sich<br />
unser Appell ganz bewusst auch an die<br />
jüngeren Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen.<br />
Die Vertretung der baden-württembergischen<br />
Zahnärzteschaft lebt auch von<br />
Ihrem Engagement! Br<strong>in</strong>gen Sie sich<br />
e<strong>in</strong>, nehmen Sie teil an der Gestaltung<br />
der Rahmenbed<strong>in</strong>gungen für die Berufsausübung<br />
und erfahren Sie, wie<br />
wichtig, wie spannend und wie vielfältig<br />
der standespolitische E<strong>in</strong>satz ist.<br />
Berufspolitik bedeutet für uns die<br />
persönliche Begegnung, der Austausch<br />
mit Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen<br />
und das Verfolgen e<strong>in</strong>es geme<strong>in</strong>samen<br />
politischen Ziels: e<strong>in</strong>er starken<br />
Vertretung unserer zahnärztlichen<br />
Interessen. E<strong>in</strong>e hohe Wahlbeteiligung<br />
signalisiert auch Stärke<br />
nach außen. Die zahnärztlichen<br />
Körperschaften haben sich <strong>in</strong> der<br />
Vergangenheit erfolgreich engagiert<br />
und viel für den Berufsstand im<br />
Land erreicht. Dies muss auch <strong>in</strong> Zukunft,<br />
<strong>in</strong> der neuen Amtsperiode sichergestellt<br />
werden.<br />
Tragen Sie dazu bei. Bitte wählen Sie.<br />
Dr. Dr. Alexander Raff<br />
Vorsitzender der Vertreterversammlung<br />
Dr. Ulrich Jeggle<br />
stellv. Vorsitzender der<br />
Vertreterversammlung<br />
Dr. Uwe Lückgen<br />
Sprecher des Landesbeirates<br />
Vorsitzender der Bezirksgruppe Karlsruhe<br />
Dr. Georg Bach<br />
Vorsitzender der Bezirksgruppe Freiburg<br />
Dr. Gudrun Kaps-Richter<br />
stellv. Sprecher<strong>in</strong> des Landesbeirates<br />
Vorsitzende der Bezirksgruppe Stuttgart<br />
Dr. Wilfried Forschner<br />
Vorsitzender der Bezirksgruppe Tüb<strong>in</strong>gen
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
BERUFSPOLITIK_21<br />
VV-Wahlen der KZV BW<br />
INFORMATIONEN ZUR WAHL<br />
IN 2022<br />
In diesem Jahr f<strong>in</strong>det die Neuwahl der Delegierten zur Vertreterversammlung der KZV BW<br />
für die vierte Wahlperiode 2023 – 2028 statt. Dieses höchste Ehrenamtsorgan repräsentiert<br />
die Vertragszahnärzteschaft <strong>in</strong> Baden-Württemberg und stellt die standespolitischen<br />
Weichen für die nächsten sechs Jahre. Über wichtige Grundlagen zum Wahlprozedere<br />
und den Zeitablauf der Wahlen <strong>in</strong>formieren wir Sie wie folgt:<br />
Foto: Stollberg<br />
Wahlen zur VV. Für e<strong>in</strong>e starke Selbstverwaltung der Zahnärzteschaft.<br />
WAHLVERFAHREN<br />
Die Vertreterversammlung der KZV BW<br />
setzt sich aus 50 Delegierten zusammen.<br />
Für die Wahl zur Vertreterversammlung<br />
s<strong>in</strong>d sowohl Listen- als auch<br />
E<strong>in</strong>zelwahlvorschläge zugelassen. Jede*r<br />
Wahlberechtigte hat max. 50 Stimmen.<br />
Werden mehr Stimmen abgegeben,<br />
ist die gesamte Stimmabgabe ungültig.<br />
Pro Bewerber*<strong>in</strong> kann nur e<strong>in</strong>e<br />
Stimme vergeben werden. Es können<br />
Bewerber*<strong>in</strong>nen aus verschiedenen<br />
Wahlvorschlägen gewählt werden.<br />
Wahlberechtigt und wählbar s<strong>in</strong>d alle<br />
KZV-Mitglieder.<br />
ZEITPLAN<br />
Wichtig s<strong>in</strong>d die Fristen zur E<strong>in</strong>reichung<br />
von Wahlvorschlägen. Diese können<br />
vom 4. Mai 2022 bis e<strong>in</strong>schließlich<br />
18. Mai 2022 e<strong>in</strong>gereicht werden. Über<br />
die Zulassung von Wahlvorschlägen<br />
entscheidet der Landeswahlausschuss.<br />
Nach Ablauf der Frist e<strong>in</strong>gehende Wahlvorschläge<br />
werden nicht zugelassen.<br />
Am Donnerstag, dem 23. Juni 2022,<br />
werden die Wahlunterlagen verschickt.<br />
Bis zum 11. Juli 2022 können die<br />
Stimmzettel zurückgesendet werden.<br />
Anschließend ermittelt der Landeswahlausschuss<br />
vom 12. bis 14. Juli 2022<br />
das Wahlergebnis. Die gewählten Vertreter*<strong>in</strong>nen<br />
werden vom Landeswahlleiter<br />
über ihre Wahl <strong>in</strong>formiert. Das<br />
amtliche Wahlergebnis wird am 26. Juli<br />
2022 bekanntgegeben. Für den 5. Oktober<br />
2022 ist die konstituierende Sitzung<br />
der Vertreterversammlung vorgesehen,<br />
<strong>in</strong> welcher der Vorstand für die Wahlperiode<br />
2023 – 2028 gewählt wird.<br />
Dr. Holger Simon-Denoix<br />
INFO<br />
Alle Regelungen <strong>in</strong> Bezug auf die<br />
Wahl s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Wahlordnung der<br />
KZV BW festgelegt. Diese können<br />
Sie auf der Webseite der KZV BW<br />
e<strong>in</strong>sehen:<br />
https://www.<br />
kzvbw.de/ueberuns/satzungordnungen-richtl<strong>in</strong>ien/
22_BERUFSPOLITIK<br />
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
Serie: Nachhaltigkeit <strong>in</strong> der Zahnarztpraxis<br />
AUS PERSÖNLICHER<br />
ÜBERZEUGUNG<br />
Nachhaltiges Praxisteam. Dr. Andreas Treichel, ZFA Sanela Kucevic, ZFA Sabr<strong>in</strong>a Joos, Auszubildende Laura Schneider und ZFA Laura Giannetta (v. l.).<br />
Foto: J. Oltersdorf<br />
ZFA Laura Giannetta geht die zwei Kilometer <strong>in</strong> die Praxis zu Fuß, ZFA Sanela Kucevic kommt mit<br />
dem Fahrrad oder sie bildet e<strong>in</strong>e Fahrgeme<strong>in</strong>schaft mit ihrer Kolleg<strong>in</strong> Sabr<strong>in</strong>a Joos. Auszubildende<br />
Laura Schneider kommt mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Praxis<strong>in</strong>haber Dr. Andreas Treichel hat<br />
gleich zwei private Elektroautos zur Auswahl. Heute steht das größere unten <strong>in</strong> der Tiefgarage und<br />
lädt gerade. Ich werde nach klimafreundlicher Anreise am Bahnhof <strong>in</strong> Friedrichshafen mit e<strong>in</strong>em<br />
e-Carshar<strong>in</strong>g-Auto abgeholt. Dabei wäre ich viel lieber mit dem kle<strong>in</strong>en Elektro-Zweisitzer mit<br />
Flügeltüren von Dr. Andreas Treichel abgeholt worden, <strong>in</strong> dem man h<strong>in</strong>tere<strong>in</strong>ander Platz nimmt.<br />
Unsere Mobilität heizt das Klima ordentlich<br />
auf. E<strong>in</strong> Fünftel aller Treibhausgasemissionen<br />
<strong>in</strong> Deutschland<br />
stammt aus dem Verkehrssektor – der<br />
größte Teil aus den Auspuffen von Pkw,<br />
Lkw und Bussen. Erste wissenschaftliche<br />
Daten aus der Zahnmediz<strong>in</strong> zeigen,<br />
dass sogar knapp 50 Prozent der Kohlenstoffemissionen<br />
der Mobilität geschuldet<br />
s<strong>in</strong>d. Geme<strong>in</strong>t s<strong>in</strong>d hier ganz<br />
konkret die Wege, die das Praxisteam,<br />
die Patient<strong>in</strong>nen und Patienten und das<br />
gewerbliche Dentallabor für Kurierfahrten<br />
zum Erreichen der Praxis zurücklegen.<br />
Bisher hat Dr. Treichel noch ke<strong>in</strong><br />
Dentallabor gefunden, welches die Arbeiten<br />
elektrisch ausliefert.<br />
MOBILITÄT ENTSCHEIDEND<br />
Um wie viel der CO 2<br />
-Fußabdruck <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />
Praxis durch die klimaneutrale Mobilität<br />
se<strong>in</strong>es Praxisteams reduziert wird,<br />
weiß Dr. Andreas Treichel gar nicht so<br />
genau. Auch auf Praxisschilder, die se<strong>in</strong>e<br />
Praxis als klimaneutral oder klimapositiv<br />
ausweisen, legt er ke<strong>in</strong>en Wert. Er beschäftigt<br />
sich lieber damit, welchen Beitrag<br />
er als nächstes leisten kann, um Klima<br />
und Umwelt zu schützen.<br />
„Mobilität ist e<strong>in</strong> entscheidender Faktor“,<br />
weiß auch Dr. Treichel. Er plant<br />
deshalb jetzt e<strong>in</strong>e Wallbox zum Laden<br />
von Elektroautos auf dem Patientenparkplatz.<br />
Während die Kreditanstalt<br />
für Wiederaufbau KfW die Zuschüsse<br />
für private Ladestationen e<strong>in</strong>gestellt<br />
hat, fördert sie Ladestationen für Betriebe<br />
e<strong>in</strong>malig mit 900 EUR. Bei der KfW<br />
gibt es e<strong>in</strong>e Liste, welche Ladestationen<br />
gefördert werden. Das ist herstellerabhängig.<br />
Dr. Treichel plant die Ladestation<br />
direkt an die Hauswand anzubr<strong>in</strong>gen.<br />
Der Strom für die geplante neue Ladestation<br />
auf dem Patientenparkplatz sowie<br />
die Ladestation für das private Elektroauto<br />
<strong>in</strong> der Garage kommt vom Dach.<br />
Hier produzieren die Module der 10-Kilowatt-Photovoltaik-Anlage<br />
nicht nur<br />
den Strom zum Laden der Elektrofahrzeuge,<br />
sondern decken nahezu den gesamten<br />
Strombedarf der Praxis. „Me<strong>in</strong>e<br />
Praxisräumlichkeiten s<strong>in</strong>d gemietet“, er-
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
23_BERUFSPOLITIK<br />
hält die elektrische Verdunkelung der<br />
Dachflächenfenster ebenfalls sehr viel<br />
Wärme ab“. Außerdem wird <strong>in</strong> der Praxis<br />
digital geröntgt und die Umwelt dadurch<br />
weniger mit schädlichen Chemikalien<br />
belastet.<br />
Klimaretter. Die Zahnarztpraxis Dr. Treichel hat den 2. Platz beim Klimaretter-Award<br />
2021 <strong>in</strong> der Kategorie Kle<strong>in</strong>stunternehmer und Praxen belegt.<br />
zählt Dr. Treichel, „ich habe vertraglich<br />
vere<strong>in</strong>bart, dass ich die Dachfläche für<br />
die Photovoltaik-Anlage nutzen darf. Sie<br />
ist schon seit Ende 2016 <strong>in</strong> Betrieb“. Er<br />
zückt se<strong>in</strong> Handy und zeigt mir die App,<br />
mit der er se<strong>in</strong>e Stromproduktion überwachen<br />
kann. Aktuell werden 1,43 kW<br />
produziert, aber 1,45 kW benötigt – den<br />
fehlenden Strom deckt Dr. Treichel über<br />
e<strong>in</strong>en Vertrag mit e<strong>in</strong>em Ökostromanbieter,<br />
e<strong>in</strong> W<strong>in</strong>denergiebetreiber aus<br />
Norddeutschland. Dr. Treichel überlegt<br />
aktuell, se<strong>in</strong>e Photovoltaik-Anlage zu erweitern.<br />
Er hatte sich 2016 für e<strong>in</strong>e 10<br />
kW-Anlage entschieden, um ke<strong>in</strong>e EEG-<br />
Umlage zu bezahlen, die zu diesem Zeitpunkt<br />
für Anlagen über 10 kW noch zu<br />
entrichten waren.<br />
Nachhaltige Lektüre. Statt „auto motor sport“<br />
lesen die Patienten von Dr. Andreas Treichel<br />
„elektro auto mobil“ während sie auf ihre<br />
Behandlung warten.<br />
Foto: A. Mader<br />
SCHON IMMER NACHHALTIG<br />
„Angefangen hat alles, als ich vor 13 Jahren<br />
e<strong>in</strong> Niedrig-Energiehaus gebaut<br />
habe“, erzählt mir Dr. Treichel als ich<br />
ihn auf die Beweggründe se<strong>in</strong>es Engagements<br />
zum Schutz von Umwelt und Klima<br />
anspreche. Auf dem Dach – selbstverständlich<br />
e<strong>in</strong>e Photovoltaik-Anlage.<br />
Von der Solarenergie ist Dr. Treichel<br />
nachhaltig überzeugt. Er engagiert sich<br />
deshalb auch seit längerem <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Interessengeme<strong>in</strong>schaft<br />
vor Ort für Photovoltaik-Anlagen.<br />
„Wir unternehmen geme<strong>in</strong>same<br />
Sonnenspaziergänge, um Interessierte<br />
von der Anschaffung e<strong>in</strong>er<br />
Photovoltaik-Anlage zu überzeugen“.<br />
Seit wann er elektrisch fährt, weiß er<br />
schon gar nicht mehr. Dafür aber, dass<br />
er erst zweimal <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Leben geflogen<br />
ist, das e<strong>in</strong>e Mal, um se<strong>in</strong> Elektroauto <strong>in</strong><br />
Hamburg abzuholen. „Das verursachte<br />
CO 2<br />
habe ich aber kompensiert“, ergänzt<br />
er sogleich.<br />
„Ich b<strong>in</strong> schon immer nachhaltig unterwegs,<br />
es fällt mir nicht schwer, weil ich<br />
persönlich überzeugt b<strong>in</strong>“, betont Dr.<br />
Treichel. Überzeugt s<strong>in</strong>d auch die Mitarbeiter<strong>in</strong>nen.<br />
Alle im Team stehen h<strong>in</strong>ter<br />
den Maßnahmen. „Nachhaltigkeit<br />
wird <strong>in</strong> der Praxis gelebt und neuen Mitarbeitern<br />
vorgelebt“, betont Laura Giannetta,<br />
die schon seit ihrer Ausbildung<br />
vor 17 Jahren <strong>in</strong> der Praxis von Dr. Treichel<br />
arbeitet. Und dann sprudelt es aus<br />
den Mitarbeiter<strong>in</strong>nen nur so heraus und<br />
sie berichten, was sie alles <strong>in</strong> der Praxis<br />
machen: Die Waschmasch<strong>in</strong>e und der<br />
Thermodes<strong>in</strong>fektor laufen immer möglichst<br />
voll, Müll wird getrennt und nur<br />
e<strong>in</strong>e volle Mülltüte kommt vor die Tür,<br />
alle Geräte, außer der Server, s<strong>in</strong>d mit<br />
Zeitschaltuhren versehen, beim Verlassen<br />
der Räume wird das Licht ausgeschaltet,<br />
die Mundspülbecher s<strong>in</strong>d<br />
Mehrwegbecher und können im RDG<br />
gere<strong>in</strong>igt werden, es gibt <strong>in</strong> der Praxis<br />
ausschließlich LED-Lampen und trotz<br />
großer Hitze <strong>in</strong> den Sommermonaten,<br />
da die Praxis sich im Dachgeschoss bef<strong>in</strong>det,<br />
gibt es ke<strong>in</strong>e Klimaanlage.<br />
„Der Vermieter hat teilweise Energiesparfenster<br />
e<strong>in</strong>gebaut, das br<strong>in</strong>gt sehr<br />
viel“, ergänzt Dr. Treichel, „im Labor<br />
Foto: G. Schulte-Hoppe, Schwäbische Zeitung<br />
KLIMARETTER-AWARD 2021<br />
Im Mai 2020 hat die ZBW- Redaktion<br />
erstmals e<strong>in</strong>e Titelstrecke zum Thema<br />
Nachhaltigkeit <strong>in</strong> der Zahnarztpraxis<br />
gemacht. In dieser Ausgabe hat Dr. Treichel<br />
zum ersten Mal von der Aktion<br />
„Klimaretter – Lebensretter“ der Viamedica<br />
Stiftung gehört, deren Arbeit der<br />
Vorsitzende des Vorstands, Prof. Daschner,<br />
ausführlich vorgestellt hat.<br />
„Wir haben uns daraufh<strong>in</strong> auf der Webseite<br />
für das Projekt angemeldet“, erzählt<br />
Dr. Treichel. Innerhalb kürzester<br />
Zeit hatte das Praxisteam so viele Punkte<br />
für ihre ergriffenen Maßnahmen zur<br />
CO 2<br />
-E<strong>in</strong>sparung gesammelt, dass e<strong>in</strong>es<br />
Tages e<strong>in</strong>e Urkunde <strong>in</strong> der Praxis e<strong>in</strong>traf,<br />
die zum 2. Platz beim Klimaretter-Award<br />
<strong>in</strong> der Kategorie Kle<strong>in</strong>stunternehmer<br />
und Praxen gratulierte. „Wir waren total<br />
überrascht, haben uns aber riesig gefreut“,<br />
sagt Sanela Kucevic. „Es gab zum<br />
Beispiel Punkte, wenn man auf e<strong>in</strong>e bestimmte<br />
Menge an Fleisch verzichtete,<br />
die Treppe statt des Aufzugs benutzte<br />
oder doppelseitig ausdruckte“, erzählt<br />
Sabr<strong>in</strong>a Joos. Motiviert durch die Auszeichnung<br />
der Viamedica Stiftung hat<br />
sich die Praxis aktuell für den Zukunftspreis<br />
des Stadtwerks am See beworben.<br />
Bewerben konnten sich alle Initiativen,<br />
die zu e<strong>in</strong>er lebenswerten Zukunft <strong>in</strong> der<br />
Region beitragen. Inzwischen steht die<br />
Entscheidung fest: Die Praxis Dr. Treichel<br />
hat den vierten Platz belegt.<br />
KLIMAZERTIFIKATE<br />
Zum Schluss frage ich Dr. Treichel noch,<br />
ob er se<strong>in</strong>e Emissionen mit Umweltzertifikaten<br />
kompensiert. „Ich b<strong>in</strong> am überlegen“.<br />
Aufgrund des Filmes, den die Landeszahnärztekammer<br />
über die erste klimaneutrale<br />
Praxis von Dr. Hans-Georg<br />
Rollny gedreht hat, ist er auf Fokus Zukunft,<br />
e<strong>in</strong>e Nachhaltigkeitsberatungsgesellschaft<br />
für mittelständische Unternehmen,<br />
aufmerksam geworden und hat bereits<br />
Kontakt aufgenommen. „Jetzt warte<br />
ich noch die Karlsruher Konferenz ab,<br />
bevor ich mich entscheide“. Die diesjährige<br />
Karlsruher Konferenz fand am 18.<br />
März zum Thema „Nachhaltige<br />
Zahnmediz<strong>in</strong> – von Prävention bis Klimaschutz“<br />
statt. Das Praxisteam von Dr.<br />
Treichel hatte sich vor langer Zeit schon<br />
geschlossen für die Konferenz angemeldet<br />
und das Onl<strong>in</strong>e-Event im Livestream<br />
geme<strong>in</strong>sam verfolgt. Andrea Mader
24_BERUFSPOLITIK<br />
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
Dr. Carmen Budau im Interview zum Notfalldienst<br />
„DAS IST GUT,<br />
WAS WIR HIER MACHEN“<br />
Dr. Carmen Budau ist niedergelassene Zahnärzt<strong>in</strong> <strong>in</strong> Baienfurt im Landkreis Ravensburg. Im<br />
Interview berichtet sie über den Spagat, den der Notfalldienst für sie als alle<strong>in</strong>erziehende<br />
Mutter bedeutet, und äußert Wünsche, wie man den Notfalldienst familienfreundlicher<br />
gestalten könnte.<br />
Foto: privat<br />
Dr. Carmen Budau ist auch im Notfall für ihre Patient<strong>in</strong>nen und<br />
Patienten da.<br />
ZBW: Frau Dr. Budau, wir wollen heute<br />
über das Thema zahnärztlicher Notfalldienst<br />
sprechen. Der Notfalldienst ist ja<br />
Teil des Sicherstellungsauftrags der<br />
KZVen, womit die Vertragszahnärzt<strong>in</strong>nen<br />
und -zahnärzte dazu verpflichtet<br />
s<strong>in</strong>d, Notfalldienste zu übernehmen.<br />
Vielleicht können Sie zu Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>mal<br />
beschreiben, wie oft Sie für den Notfalldienst<br />
e<strong>in</strong>geteilt s<strong>in</strong>d, wie lange dieser<br />
geht und wie Sie diese Zeiten organisieren?<br />
Als Praxis s<strong>in</strong>d wir zwei bis drei Mal<br />
im Jahr für den Notdienst e<strong>in</strong>geteilt,<br />
die Anzahl der Dienste ist dabei je<br />
nach Kreis unterschiedlich.<br />
Bei uns im<br />
Kreis Ravensburg müssen<br />
wir nicht das komplette<br />
Wochenende abdecken<br />
wie <strong>in</strong> anderen<br />
Kreisen, sondern wir<br />
s<strong>in</strong>d entweder Samstag<br />
oder Sonntag oder für<br />
die Brückentage e<strong>in</strong>geteilt.<br />
Darüber s<strong>in</strong>d wir<br />
sehr glücklich, denn es<br />
gibt auch Kreise, die<br />
sehr viel öfter Notdienst<br />
haben.<br />
Worüber wir jedoch e<strong>in</strong><br />
wenig unglücklich<br />
s<strong>in</strong>d, s<strong>in</strong>d die Nachtnotfalldienste<br />
für die<br />
Praxen am Wochenende.<br />
In diesem Beruf<br />
s<strong>in</strong>d mittlerweile überwiegend<br />
Frauen tätig.<br />
Und die Nachtnotdienste<br />
s<strong>in</strong>d für uns<br />
Frauen schwieriger zu<br />
organisieren. Wir wissen<br />
ja nicht, wer<br />
kommt. Ich als Frau<br />
traue mich nicht, alle<strong>in</strong>e<br />
den Notdienst<br />
durchzuführen. Me<strong>in</strong>e<br />
Ex-Chefs waren alle Männer, die haben<br />
immer alle<strong>in</strong>e den Nachtnotdienst<br />
gemacht. Aber ich traue mich<br />
nicht alle<strong>in</strong>e <strong>in</strong> die Praxis zu fahren,<br />
muss ich ehrlich sagen. Denn bis me<strong>in</strong>e<br />
Mitarbeiter<strong>in</strong> da ist, die nicht gerade<br />
um die Ecke wohnt, und bis dann<br />
die Stühle vorbereitet s<strong>in</strong>d und die<br />
Technik hochgefahren ist, dauert es<br />
zwei Stunden. Ist das s<strong>in</strong>nvoll? Wir<br />
würden es begrüßen, wenn es die Möglichkeit<br />
gäbe, den Nachtnotdienst auf<br />
23 Uhr oder auch 24 Uhr zu begrenzen.<br />
Ich denke, da würde dann niemand<br />
etwas sagen. Und wenn es irgendwie<br />
die Möglichkeit gäbe, diese<br />
Nachtnotdienste ganz abzuschaffen,<br />
wäre das wunderbar.<br />
In der Notfalldienstordnung steht, dass<br />
es e<strong>in</strong>e feste Zeit gibt, <strong>in</strong> der <strong>in</strong> der Praxis<br />
behandelt werden muss, also beispielsweise<br />
von 10 bis 11 Uhr. Und<br />
während der restlichen Zeit hätte man<br />
telefonische Bereitschaft. Wie ist das<br />
bei Ihnen? S<strong>in</strong>d Sie rund um die Uhr <strong>in</strong><br />
der Praxis, wenn Sie Notfalldienst haben?<br />
Bis jetzt war es immer so, dass die Patienten<br />
nicht nur <strong>in</strong> dieser festgelegten<br />
Sprechstunde anrufen, sondern gleich<br />
um 8 Uhr morgens, also wenn me<strong>in</strong><br />
Dienst anfängt. Und es ist oft der Fall,<br />
dass sie den Notfall größer machen, als<br />
er eigentlich ist. Oft kommen am Wochenende<br />
Fälle <strong>in</strong> die Praxis, die ke<strong>in</strong><br />
wirklicher Notfall s<strong>in</strong>d und die nicht<br />
unmittelbar behandelt werden müssten.<br />
Da s<strong>in</strong>d dann Reta<strong>in</strong>er oder<br />
Schneidekanten abgebrochen und es<br />
kratzt etwas an der Lippe, das s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e<br />
Notfälle. Aber am Telefon s<strong>in</strong>d die<br />
Leute nicht ehrlich, da wird oft übertrieben.<br />
Von dem, was wir <strong>in</strong> der Praxis<br />
am Wochenende behandeln, s<strong>in</strong>d maximal<br />
50 Prozent wirkliche Notfälle.<br />
Aber wenn die Patienten da s<strong>in</strong>d, dann<br />
schicken wir sie <strong>in</strong> der Regel nicht nach<br />
Hause. Und das schaffen wir dann alles<br />
nicht <strong>in</strong> dieser e<strong>in</strong>en Stunde. Manchmal<br />
arbeiten wir wirklich durchgehend<br />
und kaum ist man dann Zuhause,<br />
kommt zu Ruhe und will mit der Familie<br />
zu Abend essen, dann ruft wieder jemand<br />
an und man fährt wieder <strong>in</strong> die<br />
Praxis.<br />
Wie viele Patient<strong>in</strong>nen und Patienten<br />
haben Sie ungefähr an e<strong>in</strong>em ganz normalen<br />
Notfalldiensttag?<br />
Das ist unterschiedlich. Ich hatte acht<br />
Patienten, aber ich hatte auch über 20
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
25_BERUFSPOLITIK<br />
Patienten. Als angestellte Zahnärzt<strong>in</strong><br />
war ich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er größeren Praxis, da waren<br />
es auch mal 40 Patienten. Im<br />
Schnitt s<strong>in</strong>d es wohl acht Patienten<br />
vormittags und acht Patienten nachmittags.<br />
Sie haben gesagt, dass es für Sie als<br />
Frau nicht e<strong>in</strong>fach ist, abends oder<br />
nachts den Notfalldienst auszuführen.<br />
Wie lösen Sie dieses Problem?<br />
Ich gebe Ihnen e<strong>in</strong> Beispiel: Dieses Jahr<br />
b<strong>in</strong> ich am Heiligen Abend mit Notfalldienst<br />
dran. Ich b<strong>in</strong> alle<strong>in</strong>erziehende<br />
Mutter, me<strong>in</strong>e Tochter ist nicht mehr<br />
ganz kle<strong>in</strong>, trotzdem braucht sie noch<br />
ihre Mama. Es ist schwierig, gerade am<br />
Heiligen Abend nachts das K<strong>in</strong>d alle<strong>in</strong>e<br />
zu lassen. Das muss man gut organisieren.<br />
Manchmal kommt mir die<br />
Notfalldienste<strong>in</strong>teilung wie e<strong>in</strong> Lotteriespiel<br />
vor. Warum könnte man sich<br />
nicht überlegen, welche Zeiten für welche<br />
Kollegen am besten zu besetzen<br />
s<strong>in</strong>d? Für Eltern s<strong>in</strong>d die Schulferien<br />
e<strong>in</strong> Problem. Wir Eltern müssen immer<br />
e<strong>in</strong>en Plan B f<strong>in</strong>den und Kompromisse<br />
treffen. Das geht schon, aber es ist<br />
nicht immer leicht. Ich habe mich nicht<br />
beschwert, dass ich am Heiligen Abend<br />
Notdienst habe. Ich verstehe das, ich<br />
b<strong>in</strong> verpflichtet und ich muss auch mal<br />
dran se<strong>in</strong>. Und nur weil ich alle<strong>in</strong>erziehende<br />
Mutter b<strong>in</strong>, will ich auch ke<strong>in</strong>e<br />
Sonderbehandlung haben. Aber schön<br />
ist es nicht und Sie haben mich gefragt,<br />
wie ich mich als Frau und als Mutter<br />
fühle und dann sag ich Ihnen: Der Spagat<br />
zwischen Familie und Beruf ist hier<br />
besonders schwierig. Trotzdem liebe<br />
ich me<strong>in</strong>en Beruf.<br />
Haben Sie als Frau e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>e Situation<br />
im Notfalldienst erlebt, die für Sie<br />
bedrohlich war?<br />
Ja, das habe ich. Seitdem ich selbständig<br />
b<strong>in</strong>, gab es e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>e etwas gefährliche<br />
Situation, aber da war dann<br />
auch die Polizei dabei. Da kam e<strong>in</strong>er<br />
mit Handschellen aus dem Gefängnis<br />
zu mir <strong>in</strong> die Praxis. Da habe ich mich<br />
nicht wohlgefühlt, weil man ja nicht<br />
weiß, wie die Menschen reagieren. Der<br />
Mann ist gekommen, weil er höllische<br />
Schmerzen hatte, er hatte auch panische<br />
Angst vor Spritzen und wollte den<br />
Mund nicht aufmachen. Die Polizei<br />
wollte, dass ich ihn behandle. Aber ich<br />
kann ja niemanden zw<strong>in</strong>gen. Das war<br />
schon e<strong>in</strong>e Situation, bei der ich dachte:<br />
Oh Gott, am liebsten würde ich jetzt<br />
woanders se<strong>in</strong>. Und als angestellte<br />
Zahnärzt<strong>in</strong> hatte ich auch e<strong>in</strong>en Fall,<br />
da kam e<strong>in</strong> Drogensüchtiger und ich<br />
war unsicher, was ich sagen soll, damit<br />
er nicht überreagiert. Der Mann war<br />
wie <strong>in</strong> Trance und hatte zudem noch<br />
e<strong>in</strong>en großen Hund dabei. Und wir am<br />
Stuhl s<strong>in</strong>d ja alles Frauen – me<strong>in</strong>e Helfer<strong>in</strong>nen<br />
s<strong>in</strong>d alle noch sehr jung. Klar<br />
hat man dann Respekt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er solchen<br />
Situation. Aber sowas passiert auch<br />
tagsüber, zum Beispiel, dass Betrunkene<br />
<strong>in</strong> der Praxis anfangen zu schreien<br />
und zu randalieren, wenn sie kurz warten<br />
müssen. Wir erleben immer wieder<br />
Situationen, die mit Vorsicht zu genießen<br />
s<strong>in</strong>d.<br />
Bis jetzt habe ich aber nie e<strong>in</strong>en Patient<br />
abgelehnt. Zu me<strong>in</strong>em Lebensgefährten<br />
habe ich aber gesagt, wenn nachts<br />
jemand anruft und ich <strong>in</strong> die Praxis<br />
muss, dann muss er mitkommen, alle<strong>in</strong>e<br />
gehe ich nicht.<br />
Gibt es beim Notfalldienst auch schöne<br />
Aspekte? Situationen, die Sie positiv<br />
überrascht haben?<br />
Ja, selbstverständlich – und das gilt<br />
nicht nur für den Notdienst! Wenn<br />
man sieht, dass man helfen kann, dass<br />
man jemanden von Schmerzen befreien<br />
kann, dann sieht man die Dankbarkeit<br />
und das Glitzern <strong>in</strong> den Augen der<br />
Patienten. Das s<strong>in</strong>d unbezahlbare Momente.<br />
Das gibt uns Kraft, nach vorne<br />
zu schauen und zu sagen, das ist gut,<br />
was wir hier machen. Das ist immer e<strong>in</strong><br />
sehr schönes Erlebnis. Wir als Zahnärzte,<br />
die wir mit Menschen arbeiten,<br />
s<strong>in</strong>d privilegiert, weil wir immer dieses<br />
positive Feedback bekommen.<br />
Haben Sie e<strong>in</strong>e Idee, ob sich der Notfalldienst<br />
im ländlichen Bereich anders gestaltet<br />
als beispielsweise <strong>in</strong> der Stadt?<br />
Da b<strong>in</strong> ich etwas überfragt, aber ich<br />
denke, dass die Leute auf dem Land<br />
nicht wegen jeder Kle<strong>in</strong>igkeit nachts<br />
anrufen. Die halten mehr aus und gehen<br />
erst am Montag. Das ist me<strong>in</strong>e<br />
Empf<strong>in</strong>dung auf Grundlage der Gespräche<br />
mit Kollegen: Je größer die<br />
Stadt, desto mehr Notfälle.<br />
Und e<strong>in</strong> aktuelles Thema: Hat Corona<br />
den Notfalldienst verändert?<br />
Für uns hat sich gar nichts geändert,<br />
überhaupt nicht. Die Hygienemaßnahmen<br />
s<strong>in</strong>d dieselben, egal ob der Patient<br />
Hepatitis, Aids oder Corona hat. Unsere<br />
Hygienemaßnahmen s<strong>in</strong>d bei allen<br />
Patienten gleich hoch. Es ist auch richtig,<br />
dass wir Zahnärzte nicht zwischen<br />
geimpften und ungeimpften Patienten<br />
unterscheiden. Wir s<strong>in</strong>d Zahnärzte<br />
und ke<strong>in</strong>e Richter!<br />
Was ist, wenn Sie mal den Notfalldienst<br />
nicht übernehmen können? Wie helfen<br />
Sie sich dann weiter? S<strong>in</strong>d Sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Netzwerk organisiert?<br />
Zuerst schauen wir untere<strong>in</strong>ander, ob<br />
wir e<strong>in</strong>e andere Praxis f<strong>in</strong>den, die für<br />
uns e<strong>in</strong>spr<strong>in</strong>gen kann. Bei uns im Kreis<br />
Ravensburg wird ständig von anderen<br />
Praxen angerufen, um zu klären, ob jemand<br />
den Notfalldienst übernehmen<br />
oder tauschen kann. Und wenn das<br />
nicht klappt, dann melden wir uns bei<br />
der Bezirksdirektion Tüb<strong>in</strong>gen und fragen,<br />
ob die was wissen. Ich weiß aber<br />
zum Beispiel, dass am Heiligen Abend<br />
niemand tauschen will, da muss ich es<br />
erst gar nicht erst versuchen. Dann machen<br />
me<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d und ich dieses Jahr<br />
eben Bescherung <strong>in</strong> der Praxis (lacht).<br />
Halten Sie die Regelung, dass sich Zahnärzt<strong>in</strong>nen<br />
ab der Schwangerschaft bis<br />
zum vollendeten dritten Lebensjahr des<br />
K<strong>in</strong>des vom Notfalldienst befreien lassen<br />
können, für familientauglich? Gäbe<br />
es e<strong>in</strong>e Lösung, die der Vere<strong>in</strong>barkeit<br />
von Familie und Beruf besser entgegenkommen<br />
würde?<br />
Ja, es wäre wirklich e<strong>in</strong>e große Hilfe für<br />
Frauen mit kle<strong>in</strong>en K<strong>in</strong>dern, wenn sie<br />
länger als diese drei Jahre befreit wären.<br />
Wenn es so wäre, dass man zum<strong>in</strong>dest<br />
vom nächtlichen Notfalldienst befreit<br />
wäre, dann wäre das sicherlich schon<br />
e<strong>in</strong>e große Erleichterung. Denn tagsüber<br />
lässt sich gut e<strong>in</strong>e Betreuung organisieren,<br />
tags ist der Notdienst gut<br />
machbar. Aber nachts lasse ich me<strong>in</strong>e<br />
14-jährige Tochter immer noch nicht<br />
gerne alle<strong>in</strong>e.<br />
Haben Sie sich denn, als Sie schwanger<br />
waren und als Ihre Tochter kle<strong>in</strong> war,<br />
vom Notfalldienst befreien lassen?<br />
Ja, das habe ich gemacht. Das war richtig<br />
gut.<br />
Fühlen Sie sich von der KZV BW gut betreut<br />
bei der Durchführung des Notfalldiensts?<br />
Würden Sie sich etwas wünschen?<br />
Ich fühle mich sehr gut betreut. Wenn<br />
wir e<strong>in</strong>e Frage haben, dann ist die Bezirksdirektion<br />
die erste Station, bei der<br />
wir anrufen und nachfragen und da<br />
gibt es immer jemanden, der uns e<strong>in</strong>e<br />
Antwort gibt oder uns hilft, Dienste zu<br />
tauschen. Das ist schon sehr gut.
26_BERUFSPOLITIK<br />
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
Was ich mir vielleicht wünschen würde,<br />
ist e<strong>in</strong>e andere Regelung, wer wann<br />
dran ist. Denn es gibt schon Kollegen,<br />
auf die immer wieder der Notfalldienst<br />
an den „ungeliebten“ Tagen<br />
fällt. Vielleicht könnte man bei der<br />
Verteilung der Notfalldienste darauf<br />
achten, dass gewisse Aspekte berücksichtigt<br />
werden, z. B. kle<strong>in</strong>e oder<br />
schulpflichtige K<strong>in</strong>der. Und wenn es<br />
um die Nächte geht, könnte man vielleicht<br />
eher die Männer fragen – obwohl,<br />
da wollen wir Frauen eigentlich<br />
schon auch gleichberechtigt se<strong>in</strong>!<br />
(lacht) Wir s<strong>in</strong>d ja selbstbewusste unabhängige<br />
Frauen, da müssen wir<br />
dann wohl durch.<br />
Wünschen würde ich mir auch, dass<br />
man sowohl die Kollegen als auch die<br />
Patienten darüber <strong>in</strong>formiert, was eigentlich<br />
e<strong>in</strong> Notfall ist und somit am<br />
Wochenende behandelt werden muss.<br />
Vielleicht könnte man dazu im Rundschreiben<br />
und <strong>in</strong> der Presse mal <strong>in</strong>formieren?<br />
Vielleicht würde auch e<strong>in</strong> Zuschlag<br />
helfen, wie bei den Apotheken<br />
oder Tierärzten am Wochenende, damit<br />
sich die Patienten überlegen, ob<br />
sie unbed<strong>in</strong>gt noch nachts um 2.00<br />
Uhr zum Zahnarzt müssen oder es<br />
vielleicht auch aushalten, bis sie am<br />
Montag zum eigenen Zahnarzt können.<br />
INFO<br />
Das Gespräch führte Jenny Dusche<br />
Dieses Interview wurde auch im<br />
KZV BW-Newsletter zu Praxisalltag<br />
und Familie „Alles unter e<strong>in</strong>en Hut“<br />
veröffentlicht. Der Newsletter ersche<strong>in</strong>t<br />
viermal jährlich und bietet<br />
aktuelle Infos und <strong>in</strong>teressante E<strong>in</strong>blicke<br />
zum Thema Vere<strong>in</strong>barkeit von<br />
Familie und vertragszahnärztlicher<br />
Tätigkeit. Wenn Sie den Newsletter<br />
künftig ebenfalls<br />
beziehen wollen,<br />
können Sie sich<br />
unter https://bit.<br />
ly/3Mz99wa anmelden.<br />
Term<strong>in</strong>: Samstag, den 21. Mai 2022, 9:30 Uhr,<br />
Ort: DENTAURUM GmbH & Co. KG Turnstr. 31<br />
75228 Ispr<strong>in</strong>gen<br />
1. Begrüßung<br />
2. Gastvortrag/Podiumsdiskussion:<br />
NN *<br />
3. Eröffnung der Sitzung gem. § 1<br />
der Geschäftsordnung<br />
4. Regularien<br />
5. Fragestunde<br />
(Die Fragen dürfen sich nicht auf<br />
Punkte der Tagesordnung beziehen<br />
und müssen gemäß § 5 der<br />
Geschäftsordnung m<strong>in</strong>destens 5<br />
Tage vor der Sitzung der Landesversammlung<br />
<strong>in</strong> der Landesgeschäftsstelle<br />
schriftlich e<strong>in</strong>gegangen<br />
se<strong>in</strong>.)<br />
6. Bericht des Landesvorsitzenden<br />
7. Diskussion<br />
8. Geschäftsbericht<br />
9. Bericht der Kassenprüfer<br />
10. Jahresrechnung 2021<br />
Dr. Joachim Härer<br />
Landesvorsitzender<br />
11. Entlastung des Landesvorstandes<br />
12. Haushaltsplan 2022<br />
13. Anträge<br />
Anträge, die die Tagesordnung<br />
verändern, s<strong>in</strong>d zwei Wochen vor<br />
der Landesversammlung schriftlich<br />
beim Landesvorstand über die Landesgeschäftsstelle<br />
e<strong>in</strong>zureichen.<br />
14. Verschiedenes<br />
* sobald das Thema und der Referent für den<br />
Gastvortrag bzw. die Durchführung der Podiumsdiskussion<br />
feststehen, wird die Tagesordnung auf<br />
der Homepage entsprechend aktualisiert<br />
(https://www.fvdz.de/term<strong>in</strong>e-bw.html)<br />
Freier Verband Deutscher Zahnärzte e. V. Tel. (0711) 780 30 90<br />
Landesverband Baden-Württemberg Fax: (0711) 780 30 92<br />
Albstadtweg 9, 70567 Stuttgart<br />
E-Mail: <strong>in</strong>fo@fvdz-bw.de
Landeszahnärztekammer BaWü Körperschaft des öffentlichen Rechts<br />
Akademie<br />
Fortbildungsangebot<br />
April 2022 | Mai 2022 | Juni 2022 | Juli 2022<br />
Team und ZFA<br />
Kurs Nr. 9310<br />
E<strong>in</strong>zelkurs | Bleach<strong>in</strong>g – Trend <strong>in</strong> der modernen Zahnheilkunde<br />
- für das Praxisteam!<br />
Referent: Prof. Dr. Thomas Wrbas, Freiburg<br />
Datum: 21.05.2022<br />
Kursgebühr: ZÄ/ZA 250 € | ZFA 200 €<br />
Kurs Nr. 9338 | 9 Punkte<br />
E<strong>in</strong>zelkurs | Erfolgreiche Prothetik im parodontal vorgeschädigtem<br />
Gebiss – e<strong>in</strong>e Teamleistung<br />
Referenten: Prof. Dr. Sven R<strong>in</strong>ke, M.Sc., M.Sc., Hanau<br />
Prof. Dr. Dirk Ziebolz, M.Sc., Leipzig<br />
Datum: 29.04.2022<br />
Kursgebühr: ZÄ/ZA 450 € | ZFA 300 €<br />
Kurs Nr. 9345<br />
E<strong>in</strong>zelkurs | Gelungene Patientenkommunikation<br />
Referent<strong>in</strong>: Brigitte Kühn, ZMV, Tutz<strong>in</strong>g<br />
Datum: 20.05.2022<br />
Kursgebühr: 180 €<br />
Kurs Nr. 9346<br />
E<strong>in</strong>zelkurs | Gelebtes Qualitätsmanagement: praktische<br />
Umsetzung für Mitarbeiter/-<strong>in</strong>nen<br />
Referent<strong>in</strong>: Brigitte Kühn, ZMV, Tutz<strong>in</strong>g<br />
Datum: 21.05.2022<br />
Kursgebühr: 180 €<br />
Kurs Nr. 9272 | 8 Punkte<br />
E<strong>in</strong>zelkurs | Update Abrechnung<br />
Referent<strong>in</strong>: Alexandra Pedersen, Bodman-Ludwigshafen<br />
Datum: 20.05.2022<br />
Kursgebühr: 250 €<br />
Onl<strong>in</strong>e-Sem<strong>in</strong>ar<br />
Kurs Nr. 9271 | 4 Punkte<br />
Hybrid | E<strong>in</strong>zelkurs onl<strong>in</strong>e | Erfolgreich behandeln, auch mit<br />
(zu) wenig Personal - wie führe ich me<strong>in</strong>e Praxis <strong>in</strong> Zeiten<br />
des Fachkräftemangels?<br />
Referent: Dr. Oliver Schäfer, Tambach-Dietharz<br />
Daten: 08.04.2022 | 14.00 – 18.00 Uhr<br />
Kursgebühr: 250 €<br />
E<strong>in</strong>zelkurse<br />
Kurs 9293 | 14 Punkte<br />
Curriculum | E<strong>in</strong>zelkurs | PAR 4: Parodontale Regeneration<br />
und mukog<strong>in</strong>givale Chirurgie<br />
Referent/-<strong>in</strong>: Prof. Dr. Christian Graetz, Kiel<br />
Dr. Sonja Sälzer (PhD), Hamburg<br />
Datum: 08.-09.04.2022<br />
Kursgebühr: Reihenbuchung 600 € | E<strong>in</strong>zelbuchung 650 €<br />
Kurs Nr. 9273 | 10 Punkte<br />
E<strong>in</strong>zelkurs | Bohren ist nicht alles - auch abrechnen will<br />
gelernt se<strong>in</strong> - e<strong>in</strong> Sem<strong>in</strong>ar für junge Zahnärzt<strong>in</strong>nen und<br />
Zahnärzte<br />
Referent<strong>in</strong>: Alexandra Pedersen, Bodman-Ludwigshafen<br />
Datum: 21.05.2022<br />
Kursgebühr: 300 €<br />
Kurs 9256 | 10 Punkte<br />
E<strong>in</strong>zelkurs | Vollkeramische Adhäsivbrücken – e<strong>in</strong>e bewährte<br />
Alternative zu E<strong>in</strong>zelzahnimplantaten<br />
Referent: Prof. Dr. Matthias Kern, Kiel<br />
Datum: 24.-25.06.2022<br />
Kursgebühr: 700 €<br />
Kurs Nr. 9274 | 14 Punkte<br />
E<strong>in</strong>zelkurs | Frontzahnästhetik <strong>in</strong> der Praxis: Komposit statt<br />
Keramik?<br />
Referent: Prof. Dr. Gabriel Krastl, Würzburg<br />
Datum: 08.-09.07.2022<br />
Kursgebühr: 800 €<br />
Startterm<strong>in</strong> Curriculum<br />
Kurs Nr. 9300 | 13 Punkte<br />
Curriculum | E<strong>in</strong>zelkurs | Craniomandibuläre Dysfunktion<br />
(CMD): pathophysiologische Grundlagen, Diagnostik, Therapie<br />
Referenten: Prof. Dr. Alfons Hugger, Düsseldorf<br />
Prof. Dr. Hans-Jürgen Sch<strong>in</strong>dler, Karlsruhe<br />
Datum: 24.-25.06.2022<br />
Kursgebühr: 650 €<br />
Start des Curriculums Funktion und Schmerz<br />
Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe | Lorenzstraße 7 | 76135 Karlsruhe | Fon +49 721 9181-200 | Fax + 49 721 9181-222 | fortbildung@za-karlsruhe.de
28_BERUFSPOLITIK<br />
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
Freiwillige Kammermitgliedschaft<br />
EIN TOLLER BENEFIT!<br />
„Herzlich willkommen bei der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg! Sie s<strong>in</strong>d als<br />
Student<strong>in</strong> unser erstes freiwilliges Kammermitglied. Wir bedanken uns für Ihr Vertrauen<br />
und freuen uns über Ihr frühzeitiges Interesse an den Angeboten der Landeszahnärztekammer<br />
Baden-Württemberg. Bereits für freiwillige Mitglieder gilt: Die Kammer –<br />
Ihr Partner! Für Ihr weiteres Studium wünschen wir Ihnen viel Erfolg.“ So lautet der<br />
Text auf der Urkunde, den die Landeszahnärztekammer ihrem ersten freiwilligen Mitglied<br />
geschickt hat. Stefanie Hagspiel war ziemlich überrascht, als sie die Urkunde aus<br />
ihrem Briefkasten geholt hat. Noch überraschter war sie über unsere Interviewanfrage ….<br />
Liebe Frau Hagspiel, Sie s<strong>in</strong>d unser erstes<br />
freiwilliges Kammermitglied. Herzlichen<br />
Glückwunsch! Wie haben Sie erfahren,<br />
dass Sie bei der Landeszahnärztekammer<br />
freiwilliges Mitglied werden<br />
können? Und was waren die Gründe für<br />
Ihren Antrag?<br />
Vielen Dank! Ehrlicherweise war ich<br />
sehr überrascht, aber natürlich auch erfreut,<br />
als ich das Schreiben der LZK erhalten<br />
habe, dass ich das erste freiwillige<br />
Kammermitglied b<strong>in</strong>. Auf dieses Angebot<br />
für Studierende b<strong>in</strong> ich nämlich<br />
durch Zufall gestoßen, als ich auf der<br />
Foto: privat<br />
LZK-Website unterwegs war, um mich<br />
über Weiterbildungsmöglichkeiten<br />
nach dem Studium zu <strong>in</strong>formieren. Daraufh<strong>in</strong><br />
habe ich mich etwas mit den<br />
Leistungen der Mitgliedschaft beschäftigt<br />
und erkannt, dass ich sehr davon<br />
profitieren kann. Unter anderem sehe<br />
ich e<strong>in</strong>en großen Vorteil dar<strong>in</strong>, über Aktuelles<br />
auf dem Laufenden gehalten zu<br />
werden.<br />
Hatten Sie während Ihres Studiums bereits<br />
Berührungspunkte mit der Kammer?<br />
Wie s<strong>in</strong>d Ihre Erfahrungen?<br />
Zu Beg<strong>in</strong>n des Studiums waren die Berührungspunkte<br />
noch nicht so groß,<br />
aber nun, da sich me<strong>in</strong> Studium dem<br />
Ende entgegenneigt, lerne ich die Bedeutung<br />
der Kammer immer mehr kennen.<br />
Teil me<strong>in</strong>es aktuellen Kurses ist<br />
auch e<strong>in</strong>e Vorlesungsreihe zur Berufskunde<br />
unter anderem <strong>in</strong> Kooperation<br />
mit der BZK Karlsruhe, <strong>in</strong> der uns beispielsweise<br />
unter anderem die Funktionen<br />
der e<strong>in</strong>zelnen Gremien nahegebracht<br />
werden. Dies wird im Berufsalltag<br />
des Zahnarztes sehr bedeutend und<br />
ich f<strong>in</strong>de es gut, mich auch jetzt schon<br />
mit diesen Themen ause<strong>in</strong>anderzusetzen.<br />
Sie haben sich ja bereits über die Leistungen<br />
für freiwillige Kammermitglieder<br />
<strong>in</strong>formiert. Haben Sie auch schon von<br />
e<strong>in</strong>em Angebot Gebrauch gemacht?<br />
Ich f<strong>in</strong>de, die Leistungen der freiwilligen<br />
Kammermitgliedschaft s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> toller<br />
Benefit. Ich freue mich schon, an<br />
Veranstaltungen und Fortbildungen<br />
der BZKen und der LZK teilnehmen zu<br />
können und blättere gerne durch die<br />
Zeitschrift „Der junge Zahnarzt“, die<br />
ich im Rahmen der Mitgliedschaft regelmäßig<br />
erhalte. Für me<strong>in</strong> bevorstehendes<br />
Examen f<strong>in</strong>de ich auch die Möglichkeit<br />
der für sechs Monate kostenlosen<br />
Nutzung von ViaMedici <strong>in</strong> Kooperation<br />
mit Thieme besonders hilfreich,<br />
da hier die wichtigsten Lern<strong>in</strong>halte aufbereitet<br />
s<strong>in</strong>d und ich umfangreichen<br />
Zugriff auf Fachliteratur habe.<br />
Sie s<strong>in</strong>d auf der Zielgeraden Ihres Studiums<br />
der Zahnmediz<strong>in</strong> und werden demnächst<br />
Ihr Examen machen. Wie sehen<br />
Ihre Pläne aus, wenn Sie Ihr Staatsexamen<br />
bestanden haben? In der Kammer<br />
gibt es zahlreiche Möglichkeiten sich<br />
über e<strong>in</strong> Amt <strong>in</strong> der Standes- und Berufspolitik<br />
zu engagieren. Wäre das etwas<br />
für Sie?<br />
Nach dem Examen steht für mich erstmal<br />
die Assistenzzeit an, e<strong>in</strong>e hoffentlich<br />
nochmal sehr lehrreiche Zeit, auf<br />
die ich mich auch schon freue. Wo es<br />
mich hierfür genau h<strong>in</strong>treiben wird,<br />
weiß ich noch nicht, aber ich würde gerne<br />
<strong>in</strong> Baden-Württemberg bleiben. Im<br />
Studium ist besonders me<strong>in</strong>e Begeisterung<br />
für die Kieferorthopädie immer<br />
mehr gewachsen. Daher möchte ich anschließend<br />
die Weiterbildung zum<br />
Fachzahnarzt für Kieferorthopädie beg<strong>in</strong>nen.<br />
In me<strong>in</strong>er Jugend habe ich mich ehrenamtlich<br />
<strong>in</strong> mehreren Vere<strong>in</strong>en engagiert,<br />
durch den Wohnortswechsel und<br />
das zeit<strong>in</strong>tensive Studium ist dies <strong>in</strong><br />
den letzten Jahren weniger geworden.<br />
Ich könnte mir aber sehr gut vorstellen,<br />
wieder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e ehrenamtliche Tätigkeit<br />
e<strong>in</strong>zusteigen, gerne auch im Feld der<br />
Standes- und Berufspolitik. Ich denke,<br />
dies ist e<strong>in</strong>e tolle Chance sich e<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gen<br />
und viele nette Kollegen kennenzulernen.<br />
Das Gespräch führte Andrea Mader
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
29_BERUFSPOLITIK<br />
KOMMENTAR<br />
Die Landeszahnärztekammer Baden-<br />
Württemberg begrüßt ihr erstes<br />
freiwilliges Mitglied. Das ist e<strong>in</strong>e gute<br />
Nachricht. Denn die Kammer bef<strong>in</strong>det<br />
sich auf dem richtigen Weg, wenn sie<br />
angehende Zahnärzt<strong>in</strong>nen und<br />
Zahnärzte frühzeitig <strong>in</strong> ihre Reihen<br />
<strong>in</strong>tegriert.<br />
Möglich wurde das durch die Änderung<br />
des Heilberufe-Kammergesetzes,<br />
auf die wir dank unserer guten<br />
Kontakte zur Landesregierung<br />
zielgerichtet h<strong>in</strong>wirken konnten. Wenn<br />
sich nun junge Menschen zum E<strong>in</strong>tritt<br />
<strong>in</strong> die Kammer entscheiden, tragen<br />
unsere politischen Bemühungen<br />
endlich Früchte.<br />
E<strong>in</strong> Gew<strong>in</strong>n für alle: Die Landeszahnärztekammer<br />
als berufspolitische<br />
Vertretung öffnet sich noch stärker<br />
dem zahnärztlichen Nachwuchs mit<br />
frischen Ideen und Vorstellungen. Den<br />
langen Weg dah<strong>in</strong> hat sie entschlossen<br />
verfolgt und mit der Gründung der<br />
neuen Abteilung für Studierende,<br />
junge und angestellte Kammermitglieder<br />
e<strong>in</strong> solides Fundament sowie e<strong>in</strong>e<br />
W<strong>in</strong>-W<strong>in</strong>-Situation geschaffen.<br />
Nun profitiert auch der zahnärztliche<br />
Nachwuchs von unserem Engagement:<br />
Unseren freiwilligen Mitgliedern<br />
bieten wir e<strong>in</strong> auf ihre Bedürfnisse<br />
zugeschnittenes attraktives<br />
Paket mit Benefits für ihr Studium,<br />
aber auch für den privaten Bereich.<br />
Zugleich lernen sie die Strukturen der<br />
Kammer besser kennen und machen<br />
sich frühzeitig mit ihrer neuen<br />
beruflichen Heimat vertraut. Das ist<br />
e<strong>in</strong>e sehr gute Basis für den ehrenamtlichen<br />
Nachwuchs – und damit für<br />
die Kammer!<br />
Die Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg ist erstmals<br />
auf der Pflege PLUS vertreten! Besuchen Sie uns an unserem<br />
Messestand!<br />
Stand Nr. 4B51, täglich von 9 bis 17 Uhr!<br />
Gutsche<strong>in</strong>e für Gratis-Tageskarten erhalten Sie unter presse@lzk-bw.de!<br />
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DEMOKRATISC<br />
30_POLITIK<br />
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
Das Dialoggespräch mit Florian Wahl MdL<br />
VOLLE UNTERSTÜTZUNG<br />
FÜR DIE ZAHNÄRZTESCHAFT<br />
Florian Wahl ist Sprecher für Gesundheit und Pflege der SPD und zudem Vorsitzender des<br />
Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration des Landtags von Baden-Württemberg. Im<br />
Dialoggespräch erklärte der SPD-Politiker nicht nur wie er zur allgeme<strong>in</strong>en Impfpflicht steht<br />
und ob er für e<strong>in</strong>e Corona-Sonderprämie für ZFAs wäre, sondern bezieht zudem Stellung zur<br />
Integration des Landesgesundheitsamtes <strong>in</strong> das Sozialm<strong>in</strong>isterium.<br />
SOZ<br />
Screenshot: C. Schwarz<br />
Onl<strong>in</strong>eformat. Coronabed<strong>in</strong>gt fand das Dialoggespräch nicht <strong>in</strong> Präsenz statt. Dem konstruktiven<br />
Austausch tat dieser Umstand jedoch ke<strong>in</strong>en Abbruch.<br />
PAR<br />
DEUTSCHLA<br />
Cornelia Schwarz: Herr Wahl, die Zahnärzteschaft<br />
im Land kennt Sie ja bereits<br />
als ehemaligen Leiter der Stabsstelle<br />
Kommunikation der KZV BW – doch<br />
nun würden wir gerne von Ihnen als gesundheitspolitischem<br />
Sprecher der SPD<br />
im Landtag von Baden-Württemberg<br />
wissen, wofür Sie <strong>in</strong> der Gesundheitspolitik<br />
stehen und welche expliziten Ziele<br />
Sie dort mit Ihrem Engagement verfolgen.<br />
Florian Wahl: Dass ich e<strong>in</strong>e gewisse Aff<strong>in</strong>ität<br />
zur Selbstverwaltung im Gesundheitswesen<br />
habe, ist ja h<strong>in</strong>länglich bekannt.<br />
Übrigens ja nicht nur e<strong>in</strong>e Aff<strong>in</strong>ität,<br />
sondern immerh<strong>in</strong> auch noch e<strong>in</strong>en<br />
ruhenden Arbeitsvertrag (lacht). Was<br />
uns umtreibt, ist die Sicherstellung der<br />
Versorgung, und dies sowohl im Land<br />
als auch <strong>in</strong> der Fläche [...]. Wir wollen,<br />
dass die Versorgung <strong>in</strong> der Fläche auch<br />
<strong>in</strong> Zukunft sichergestellt wird und zwar<br />
sowohl am Tag, als auch <strong>in</strong> der Nacht<br />
und an den Wochenenden.<br />
Aktuell ist die Hauptaufgabe für die Gesundheitspolitik<br />
im Land natürlich die<br />
Bewältigung der Coronapandemie und<br />
die Lehren, die man daraus ziehen kann.<br />
Hier s<strong>in</strong>d wir mit dem Management der<br />
Landesregierung sehr, sehr unzufrieden<br />
[...].<br />
Außerdem denke ich, dass wir uns auch<br />
die Vermessung zwischen dem stationären<br />
Bereich und dem ambulanten Bereich,<br />
[...] anschauen und auch ganz klar<br />
reflektieren, was funktioniert, was funktioniert<br />
nicht [...].<br />
E<strong>in</strong> weiterer wichtiger Punkt für die Zukunft<br />
ist für mich der Versorgungsauftrag.<br />
Was macht eigentlich das Land,<br />
wenn die Selbstverwaltung <strong>in</strong> bestimmten<br />
Punkten diesen Sicherstellungsauftrag<br />
nicht mehr erfüllt? [...] Das kann <strong>in</strong><br />
den nächsten Jahren e<strong>in</strong>e ganz wichtige<br />
Frage für uns werden [...].<br />
Cornelia Schwarz: Sie hatten es eben<br />
schon angesprochen, dass Sie h<strong>in</strong>sichtlich<br />
der Coronaverordnung sehr unzufrieden<br />
mit der Landesregierung s<strong>in</strong>d.<br />
Wo sehen Sie denn konkret das Hauptproblem<br />
h<strong>in</strong>sichtlich der gewünschten<br />
Verlässlichkeit und Planungssicherheit?<br />
Ja, da brauchen wir uns ja gar nicht gegenseitig<br />
konfirmieren, weil wir wissen<br />
ja alle noch, wie wir Ostern 2020 mite<strong>in</strong>ander<br />
verbracht haben. [...] Aber das<br />
Schlimme seither ist, dass manches <strong>in</strong>nerhalb<br />
von zwei Jahren nicht viel besser<br />
geworden ist, z. B. fortlaufend Verordnungen,<br />
die um 22 Uhr veröffentlicht<br />
werden, 0 Uhr gelten. [...] Es ist gegenüber<br />
allen Beteiligten ke<strong>in</strong> guter<br />
Stil. [...] Ich halte es für e<strong>in</strong> Managementproblem.<br />
Dr. Ute Maier: Das ist sicherlich richtig,<br />
dies erschwert natürlich auch die Umsetzung<br />
<strong>in</strong> der Selbstverwaltung. Man<br />
kann nicht kurzfristig etwas verabschieden<br />
und veröffentlichen und h<strong>in</strong>terher<br />
sagen, die Selbstverwaltung habe es<br />
nicht auf die Reihe gekriegt. Wobei sich
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
das nicht nur auf Landesebene so verhält,<br />
sondern uns leider auch mit Gesetzgebungen<br />
von Bundesebene aus<br />
ebenso ergeht.<br />
[...] Es ist ja geplant, dass es e<strong>in</strong>e Enquete-Kommission<br />
„Krisenfeste Gesellschaft“<br />
geben soll. [...] Ich stehe der<br />
Enquete kritisch gegenüber, weil ich<br />
befürchte, dass es <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er zweijährigen<br />
Aufarbeitung, vielleicht e<strong>in</strong>en<br />
Tag für den Gesundheitsbereich geben<br />
wird. [...] Ich f<strong>in</strong>de, das müsste zielgerichteter<br />
für den Gesundheitsbereich<br />
organisiert werden. Aus me<strong>in</strong>er Sicht<br />
müsste das relativ zeitnah geschehen<br />
und dann auch <strong>in</strong>tensiv mit den Partnern<br />
im Gesundheitswesen erörtert<br />
werden. [...]<br />
Dr. Torsten Tomppert: Ich<br />
IAL-<br />
denke, die Problematik, ich<br />
spreche aber jetzt mal vom<br />
Bund und gehe zur großen<br />
Koalition zurück, war, dass<br />
versäumt wurde, e<strong>in</strong>en richtigen<br />
Krisenstab e<strong>in</strong>zurich-<br />
HE<br />
ten. Aus me<strong>in</strong>er Sicht hätte<br />
dieses Gremium viel breiter<br />
aufgestellt gehört. Zudem<br />
hätten dort natürlich Ökonomen<br />
h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gehört, dort hätte<br />
TEI<br />
die Industrie h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gehört,<br />
Psychologen, Virologen und<br />
auch Epidemiologen. Das<br />
verstehe ich persönlich nicht,<br />
ND<br />
dass die letzte Bundesregierung<br />
dies nicht getan hat. In<br />
e<strong>in</strong>em Diskurs an so e<strong>in</strong>em<br />
großen runden Tisch erarbeitet<br />
sich die Politik die verschiedenen Aspekte<br />
und Handlungsoptionen. Und das<br />
war mir damals deutlich zu e<strong>in</strong>seitig.<br />
Da stimme ich Ihnen gerne zu. Ich halte<br />
den Ansatz, den die jetzige Bundesregierung<br />
wählt, für absolut richtig. [...] In<br />
der alten Struktur wäre es nicht denkbar<br />
gewesen, dass man im Dezember 30<br />
Millionen <strong>Impfung</strong>en h<strong>in</strong>bekommt. Ich<br />
fand den Ansatz von M<strong>in</strong>ister Lucha<br />
immer richtig, dass er <strong>in</strong> die AG Corona,<br />
die Leute von der Front mit re<strong>in</strong>geholt<br />
hat. Ich glaube aber, dass das Sozialm<strong>in</strong>isterium<br />
mit dem Management der<br />
Coronakrise logistisch überfordert war<br />
[...].<br />
Cornelia Schwarz: 2021 sollte das Impfjahr<br />
werden – was wird das Jahr 2022?<br />
Ich hoffe auf jeden Fall, dass 2022 auch<br />
e<strong>in</strong> Impfjahr wird, denn sonst haben<br />
wir alle am Ende des Sommers e<strong>in</strong><br />
ziemliches Problem. [...] Wir können<br />
jetzt auch nicht mehr sagen, wir warten<br />
ab, bis die Pandemie vorbei ist, sondern<br />
müssen uns e<strong>in</strong> wenig anpassen.<br />
Das wird sicherlich im Fokus dieses<br />
Jahres stehen.<br />
Cornelia Schwarz: Sie haben eben das<br />
Impfjahr auch für das Jahr 2022 <strong>in</strong>s Feld<br />
geführt. Doch wie stehen Sie denn zur<br />
allgeme<strong>in</strong>en Impfpflicht?<br />
Also ich b<strong>in</strong> grundsätzlich jemand,<br />
der ke<strong>in</strong> großer Freund von Impfpflichten<br />
ist, weil ich e<strong>in</strong>en unerschütterlichen<br />
Optimismus <strong>in</strong> die rationalen<br />
Beweggründe der Menschen habe.<br />
Aber leider hilft alle<strong>in</strong> der Optimismus<br />
nichts. Wenn wir im Herbst nicht<br />
noch e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>e solche Situation wie<br />
2020 und 2021 erleben wollen, brauchen<br />
wir e<strong>in</strong>e Impfpflicht. Ich halte<br />
diese allgeme<strong>in</strong>e Impfpflicht auch aus<br />
anderen Gründen für wichtig, damit<br />
wir ke<strong>in</strong>e krassen Abwanderungstendenzen<br />
aus dem Gesundheitsbereich<br />
haben. Diese Möglichkeit fiele mit der<br />
Impfpflicht weg und andererseits ist<br />
es auch e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong>e Frage der Solidarität.<br />
Dr. Ute Maier: Das heißt Sie s<strong>in</strong>d für die<br />
allgeme<strong>in</strong>e Impfpflicht und alle s<strong>in</strong>d im<br />
Boot und nicht nur die Beschäftigten im<br />
Gesundheitswesen? Denn genau diese<br />
selektive Verpflichtung führt zu den Abwanderungsfällen<br />
aus bestimmten Berufszweigen.<br />
Hier müsste die Bundesregierung<br />
deutlich Kante zeigen.<br />
Es ist e<strong>in</strong>e große ethische Frage. Wir<br />
haben <strong>in</strong> Deutschland e<strong>in</strong>e gute Kultur<br />
h<strong>in</strong>sichtlich Gewissensfragen. [...]<br />
Das Pr<strong>in</strong>zip Regierung und Opposition<br />
hilft <strong>in</strong> solchen Fällen nicht weiter –<br />
das muss jede*r Abgeordnete nach<br />
dem eigenen Gewissen beantworten.<br />
E<strong>in</strong>fach weil das Thema <strong>Impfung</strong> sehr<br />
31_POLITIK<br />
» An dieser Stelle auch mal e<strong>in</strong><br />
herzlicher Dank, vor allem an die KZV<br />
und auch an die LZK, weil wir ja wissen<br />
und sehen, dass Sie als die Führungspersönlichkeiten<br />
immer an der Seite der<br />
Impfenden standen und das auch<br />
praktisch gefordert und pragmatisch<br />
unterstützt haben.«<br />
Florian Wahl MdL<br />
persönlich ist und mitunter den religiösen<br />
Bereich tangiert. Dennoch und<br />
ja, ich b<strong>in</strong> für e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e Impfpflicht<br />
und würde auch dafür stimmen<br />
[...].<br />
Cornelia Schwarz: Stichwort impfende<br />
Zahnärzteschaft. Aktuell s<strong>in</strong>d die bürokratischen<br />
Vorgaben hier noch nicht genommen…<br />
Ich persönlich hätte mich gefreut, wenn<br />
die Zahnärzte früher hätten impfen<br />
können. Allerd<strong>in</strong>gs muss man sagen,<br />
dass die bürokratischen Hürden, was<br />
das Impfen angeht, an vielen Stellen viel<br />
zu hoch waren. [...] Gerne nehmen wir<br />
hier auch noch weitere H<strong>in</strong>weise von Ihnen<br />
entgegen und gebe sie an die Landesregierung<br />
mit Nachdruck weiter.<br />
Daran darf es aus unserer Sicht auf ke<strong>in</strong>en<br />
Fall scheitern.<br />
Dr. Torsten Tomppert: Natürlich, und<br />
das muss ich ganz ehrlich sagen, ist der<br />
Zeitpunkt, die Zahnärzteschaft zum<br />
Impfen zuzulassen, etwas spät. Allerd<strong>in</strong>gs<br />
freut es mich, dass die Bereitschaft<br />
der Zahnärzt<strong>in</strong>nen und Zahnärzte<br />
am Impfen teilzunehmen, noch so<br />
lange vital geblieben ist. [...] Die Ärztekammer<br />
und die KV Baden-Württemberg<br />
haben es <strong>in</strong> der AG Corona ja auch<br />
bereits gesagt, Zahnärzte können piksen.<br />
Und übrigens nicht nur das: Zahnärzte<br />
können auch Anamnese. Ich habe<br />
vorher mit der Geschäftsstelle der LZK<br />
telefoniert und dort fühlte man sich<br />
heute, ob der Bereitschaft der Zahnärzte<br />
zu impfen, niedergerannt. Ich f<strong>in</strong>de<br />
das bee<strong>in</strong>druckend [...], dass auch dieser<br />
Berufsstand der Politik verziehen hat,<br />
dass er <strong>in</strong> der vergangenen Zeit von der<br />
Bundespolitik nicht ganz so behandelt<br />
wurde, wie er sich das gewünscht hätte<br />
und trotzdem bereit ist, der Bevölkerung<br />
zu helfen. Das läuft me<strong>in</strong>es Erachtens
32_POLITIK<br />
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
auch unter dem Motto Geme<strong>in</strong>wohlverpflichtung.<br />
Dr. Ute Maier: Ja, zumal Praxen auch<br />
räumliche Voraussetzungen gewährleisten<br />
müssen. Als es <strong>in</strong> der ersten Abfrage<br />
im W<strong>in</strong>ter 2020 um die Mitarbeit <strong>in</strong> den<br />
Impfzentren g<strong>in</strong>g, waren es bereits um<br />
die 600 Praxen, die sich bereit erklärten.<br />
Nun ist es aber e<strong>in</strong> Unterschied, ob man<br />
im Impfzentrum oder <strong>in</strong> der eigenen Praxis<br />
impft. Von daher f<strong>in</strong>de ich es klasse,<br />
wenn so viele Praxen bereit s<strong>in</strong>d, dieses<br />
Angebot <strong>in</strong> ihren Alltag zu <strong>in</strong>tegrieren.<br />
Allerd<strong>in</strong>gs muss man sehen, wie es organisiert<br />
werden kann. Genialer wäre es<br />
natürlich, wenn die Arzneimittel auch<br />
als E<strong>in</strong>zelimpfdosen zur Verfügung stünden<br />
und nicht als Fläschchen mit 20<br />
Impfdosen, die <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es Tages<br />
verimpft werden müssen, sobald es offen<br />
ist.<br />
An dieser Stelle auch mal e<strong>in</strong> herzlicher<br />
Dank, vor allem an die KZV und auch<br />
an die LZK, weil wir ja wissen und sehen,<br />
dass Sie als die Führungspersönlichkeiten<br />
immer an der Seite der Impfenden<br />
standen und das auch praktisch<br />
gefordert und pragmatisch unterstützt<br />
haben. Das ist natürlich e<strong>in</strong> ganz, ganz<br />
großer Wert [...] und Ihr Verdienst [...]<br />
Also ich b<strong>in</strong> gerne bereit, me<strong>in</strong>e nächste<br />
Boosterimpfung – wenn sie denn notwendig<br />
ist – von e<strong>in</strong>em Ihrer Kollegen*<strong>in</strong>nen<br />
entgegenzunehmen.<br />
Foto: G. Billischek<br />
Austausch. Die Dialoggespräche schaffen (digitale) Räume für e<strong>in</strong>e gute Kommunikation<br />
zwischen Politik und Standespolitik.<br />
[...] Absolut unterstütze ich die Zahnärzteschaft<br />
an dieser Stelle. Ich f<strong>in</strong>de, das<br />
Land sollte hier unbed<strong>in</strong>gt aktiv werden.<br />
Wenn ich etwas <strong>in</strong> diese Richtung – auch<br />
als Ausschussvorsitzender – beschleunigen<br />
kann, lassen Sie es mich wissen. Ich<br />
b<strong>in</strong> da dabei. Das ist e<strong>in</strong>e gute Sache.<br />
Cornelia Schwarz: Wenden wir uns den<br />
<strong>in</strong>vestorengeführten Versorgungszentren<br />
zu. Inwieweit hat die Politik der SPD<br />
Interesse daran, dass sich diese Entwicklung<br />
nicht fortsetzt?<br />
Begrenzung dort, wo es möglich ist, ke<strong>in</strong>e<br />
Frage. [...] Sollte es Regelungsbedarf<br />
auf Landesebene geben, dann bitte ich<br />
um Rückmeldung. Gerne und jederzeit.<br />
können, um ihre Belange vorzubr<strong>in</strong>gen.<br />
[...]. Mit e<strong>in</strong>em präventiven Ansatz der<br />
Gesundheitsförderung, den man seit<br />
Jahren anvisiert, hat das h<strong>in</strong>gegen noch<br />
zu wenig zu tun. Dafür brauchen wir<br />
e<strong>in</strong>en Modernisierungsschub und da ist<br />
es mit der Digitalisierung nicht getan,<br />
sondern es braucht auch e<strong>in</strong>e verstärkte<br />
Dienstleistungskultur. [...]<br />
Cornelia Schwarz: Stichwort Entbürokratisierung.<br />
Die Zahnärzteschaft wurde<br />
zum Impfen zugelassen. Der Weg dorth<strong>in</strong><br />
ist jedoch weit und mit bürokratischen<br />
Vorgaben gepflastert. Welche<br />
Möglichkeiten sehen Sie für e<strong>in</strong>en Abbau<br />
von Bürokratie bei Themen, bei denen<br />
„es mal schneller gehen muss“?<br />
Cornelia Schwarz: Mir wäre es noch<br />
wichtig, Ihre Position zu den ausgebliebenen<br />
Corona-Sonderprämien für ZFAs<br />
zu erfahren.<br />
Me<strong>in</strong>er ganz persönlichen Me<strong>in</strong>ung<br />
nach hätte man diesen Kreis weiterziehen<br />
müssen. Die Pandemie hat uns gesamtgesellschaftlich<br />
so viele Mittel gekostet,<br />
sodass es fast kle<strong>in</strong>lich ersche<strong>in</strong>t,<br />
diesen Kreis zu eng zu ziehen. Deswegen<br />
fände ich auch, dass es sowohl für<br />
die ZFA aber auch für die MFAs absolut<br />
möglich se<strong>in</strong> sollte, Prämien zu bewilligen<br />
[...].<br />
Cornelia Schwarz: Stichwort Prävention<br />
bei K<strong>in</strong>dern. Hier hat unser Präsident<br />
Dr. Torsten Tomppert beim Tag der<br />
Zahngesundheit 2021 den Vorstoß gemacht,<br />
verb<strong>in</strong>dlich im K<strong>in</strong>derschutzgesetz<br />
des Landes Baden-Württemberg zu<br />
verankern, dass <strong>in</strong> den K<strong>in</strong>dergärten,<br />
Kitas und Grundschulen <strong>in</strong> Baden-Württemberg<br />
täglich mit fluoridierter Zahnpasta<br />
geputzt wird. Wie stehen Sie<br />
dazu? Könnten Sie sich vorstellen, so etwas<br />
zu unterstützen?<br />
Cornelia Schwarz: Ganz anderes Thema:<br />
Was erhofft sich die Regierung für die Integration<br />
des Landesgesundheitsamts<br />
im Sozialm<strong>in</strong>isterium?<br />
Ich halte diese Entscheidung für falsch.<br />
Me<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach sollte das Landesgesundheitsamt<br />
e<strong>in</strong>e unabhängige<br />
Expertenrolle, e<strong>in</strong> bisschen vergleichbar<br />
mit dem Robert-Koch-Institut, haben.<br />
Mit der Überführung des Landesgesundheitsamts<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e weisungsgebundene<br />
Abteilung des Sozialm<strong>in</strong>isteriums,<br />
schaffe ich jegliche Unabhängigkeit de<br />
facto ab.<br />
Cornelia Schwarz: Sollte Corona irgendwann<br />
zur Ruhe kommen, womit werden<br />
sich die Mitarbeiter*<strong>in</strong>nen des ÖGD beschäftigen?<br />
Grundsätzlich glaube ich, dass der öffentliche<br />
Gesundheitsdienst <strong>in</strong> Baden-<br />
Württemberg neu aufgestellt werden<br />
sollte. Er müsste mehr zu e<strong>in</strong>er Gesundheitsagentur<br />
werden, die e<strong>in</strong>e gewisse<br />
gesellschaftliche Barrierefreiheit hat, damit<br />
Leute dort e<strong>in</strong>fach re<strong>in</strong>marschieren<br />
Wir haben ja e<strong>in</strong>en Normenkontrollrat<br />
auf Landesebene. Natürlich f<strong>in</strong>de ich es<br />
phantastisch, dass sich die Verantwortlichen<br />
vier Jahre lang mit der Entbürokratisierung<br />
zum Beispiel von Vere<strong>in</strong>en ause<strong>in</strong>andergesetzt<br />
haben. Nichts dagegen<br />
zu sagen, aber ich glaube, man sollte sich<br />
nochmals verstärkt auf den Schwerpunkt<br />
des Gesundheitsbereichs konzentrieren.<br />
Dann kommen wir hoffentlich voran.<br />
Leider wurden seit 2016 die ersten sechs<br />
Jahre für e<strong>in</strong>e Entbürokratisierung im<br />
Gesundheitswesen verpasst.<br />
INFO<br />
Das Dialoggespräch ist im Textumfang<br />
gekürzt. Die gekürzten Stellen<br />
haben wir gekennzeichnet: [...].<br />
Sie f<strong>in</strong>den die<br />
Dialoggespräche<br />
<strong>in</strong> vollem<br />
Wortlaut unter<br />
www.izzbw.de/<br />
im-dialog.
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
33_POLITIK<br />
Das Dialoggespräch mit Dr. Michael Preusch MdL<br />
VERSORGUNG IN DEN<br />
REGIONEN SICHERSTELLEN<br />
Für Dr. Michael Preusch, Gesundheitspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Landtag von<br />
Baden-Württemberg, ist der Genossenschaftsverband e<strong>in</strong> möglicher Bauste<strong>in</strong> <strong>in</strong> Richtung Sicherstellung<br />
der flächendeckenden ärztlichen Versorgung. Darüber und auch über e<strong>in</strong>e mögliche Implementierung<br />
des täglichen Zähneputzens mit fluoridhaltiger Zahnpasta <strong>in</strong> Kitas tauschten wir uns aus.<br />
Cornelia Schwarz: Uns würde<br />
<strong>in</strong>teressieren Herr Dr.<br />
Preusch, wofür Sie <strong>in</strong> der<br />
Gesundheitspolitik stehen<br />
und welche Ziele Sie mit Ihrem<br />
Engagement verb<strong>in</strong>den?<br />
CHRISTLICH<br />
Dr. Michael Preusch: [...] Das<br />
e<strong>in</strong>e ist natürlich das Thema<br />
ärztliche Versorgung im<br />
ländlichen Raum. Das betrifft<br />
die hausärztliche, also<br />
die Basisversorgung, aber<br />
auch die fachärztliche Versorgung<br />
und [...] da gehört<br />
auch die zahnärztliche Versorgung<br />
mit dazu. Eng damit<br />
verbunden s<strong>in</strong>d Strukturdebatten<br />
zur ambulanten<br />
und stationären Versorgung,<br />
ebenso wie die pflegerische<br />
Versorgung [...]. Das<br />
heißt wir müssen darüber<br />
h<strong>in</strong>aus Strukturen schaffen,<br />
die frühzeitiger greifen. Konkret<br />
müssen wir für die ärztlichen Kolleg<strong>in</strong>nen<br />
und Kollegen Arbeitszeitmodelle mit<br />
der Vere<strong>in</strong>barkeit von Familie und Beruf ermöglichen.<br />
Hier bietet sich unter anderem<br />
das Modell e<strong>in</strong>es MVZ an, <strong>in</strong> dem die Ärzt<strong>in</strong><br />
oder der Arzt <strong>in</strong> (Teilzeit)-Anstellung tätig<br />
ist. Wir haben bereits e<strong>in</strong>ige MVZ im Lande<br />
sehr erfolgreich laufen. Ich b<strong>in</strong> der Me<strong>in</strong>ung,<br />
dass dieses Konzept besser publik gemacht<br />
bzw. die Beratung zum Thema gefördert<br />
werden muss. Die Struktur von Förderung,<br />
Erstellung und zum Betreiben e<strong>in</strong>es<br />
MVZs muss klar geregelt se<strong>in</strong>. Es gibt natürlich<br />
Regionen, <strong>in</strong> denen sich die niedergelassenen<br />
Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen gerne<br />
an e<strong>in</strong>em MVZ beteiligen, aber die Organisation<br />
nicht stemmen wollen. In diesen Fällen<br />
sehe ich auch die Kommunen als möglichen<br />
Akteur. Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund<br />
habe ich e<strong>in</strong> Gespräch mit dem baden-württembergischen<br />
Genossenschaftsverband<br />
der sich dem Thema Praxisgeme<strong>in</strong>schaft,<br />
DEMOKRATISCHE<br />
Screenshot: Dr. Maier<br />
UNION<br />
MVZ etc. bereits widmet, geführt. Ich sage<br />
Ihnen ganz ehrlich: Mir ist es lieber, die Geme<strong>in</strong>de<br />
oder Kommune hat dieses MVZ <strong>in</strong><br />
der Hand als irgende<strong>in</strong> privater Groß<strong>in</strong>vestor,<br />
auf den wir ke<strong>in</strong>en Zugriff haben [...].<br />
Cornelia Schwarz: Aber wäre es nicht besser,<br />
wenn die MVZ durch die Ärzteschaft<br />
selbst gestemmt werden würden?<br />
Das wäre die ideale Konstellation. Leider ist<br />
das Interesse <strong>in</strong> den strukturschwachen<br />
Regionen nicht so groß, dass dieses Modell<br />
zum Selbstläufer wird. Viele Ärzt<strong>in</strong>nen und<br />
Ärzte wollen ihre Patient<strong>in</strong>nen und Patienten<br />
behandeln, aber mit der Verwaltung<br />
und Organisation e<strong>in</strong>es MVZ wenig zu tun<br />
haben. Deshalb benötigen wir strukturelle<br />
Angebote, die bedarfsgerecht adaptiert vor<br />
Ort ausgerollt werden können.<br />
Kommunikation Im regen Austausch mit der Politik suchen Dr. Ute Maier,<br />
Vorsitzende des Vorstands der KZV BW und Dr. Torsten Tomppert, Präsident<br />
der LZK BW geme<strong>in</strong>same Positionen.<br />
Dr. Torsten Tomppert: [...] Ich gehe gerne<br />
auf den Punkt der freiberuflichen selbstständigen<br />
Niederlassungen e<strong>in</strong>. Sie haben<br />
genau den Punkt getroffen. Wir als<br />
Körperschaften fördern das und auch die<br />
Niederlassungen. Die große Problematik<br />
dabei ist genau die, die Sie ansprechen.<br />
Die jungen Leute gehen heute viel später<br />
<strong>in</strong> die Niederlassungen, als früher. Die<br />
Gründe, die sie abhalten s<strong>in</strong>d das f<strong>in</strong>anzielle<br />
Risiko, das im Gegenbereich nicht<br />
mehr durch adäquate Honorierung abgedeckt<br />
ist. Und die überbordende Bürokratie<br />
[...]. Und genau das ist der spr<strong>in</strong>gende<br />
Punkt, denn sie sagen [...]: Ich will<br />
behandeln! Und die Entwicklung, die ich<br />
auch <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Praxis, die ich geme<strong>in</strong>sam<br />
mit me<strong>in</strong>er Frau führe, sehe, ist genau<br />
diese Thematik. Die Gewichtung zwischen<br />
Bürokratie und Behandlung hat<br />
sich dramatisch verändert. Auch das<br />
Thema Prüfbürokratie, die wir im Land<br />
haben und die uns sehr belastet, wie<br />
beispielsweise die nicht anlassbezogen<br />
Praxisbegehungen.
34_POLITIK<br />
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
Zum Thema Genossenschaftsverband<br />
möchte ich anmerken, dass dies natürlich<br />
e<strong>in</strong>em freien Markt widerspricht.<br />
Wenn es beispielsweise e<strong>in</strong> MVZ mit e<strong>in</strong>er<br />
vollumfänglichen zahnärztlichen Versorgung<br />
<strong>in</strong> der Region gibt, <strong>in</strong> dem von<br />
Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie über<br />
Kieferorthopäde alles abgedeckt ist, wird<br />
sich e<strong>in</strong> freiberuflich Selbstständiger natürlich<br />
dreimal überlegen, ob er sich an<br />
diesem Ort noch niederlässt [...].<br />
Dr. Ute Maier: Zu dem Genossenschaftsmodell:<br />
Wir sehen, dass es hierzu <strong>in</strong>zwischen<br />
e<strong>in</strong>ige Aktivitäten, auch im Bereich<br />
der Zahnmediz<strong>in</strong> gibt [...]. Hier ist es sicherlich<br />
aus Sicht der Kommunen e<strong>in</strong><br />
Problem, dass die Kommunen bislang<br />
wenig E<strong>in</strong>fluss auf die Bedarfsplanung<br />
hatten. Wobei sie <strong>in</strong>zwischen, im zahnärztlichen<br />
Bereich bei der Bedarfsplanung<br />
beratend mit dabei s<strong>in</strong>d.<br />
Das Thema Genossenschaft muss def<strong>in</strong>itiv<br />
ke<strong>in</strong>e Blaupause se<strong>in</strong>, die man landesweit<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em bestimmten Modell umsetzt.<br />
Wenn es e<strong>in</strong>e Struktur vor Ort gibt,<br />
<strong>in</strong> der die Versorgung nicht durch die<br />
Mediz<strong>in</strong>er selbst gestemmt werden kann,<br />
die Kommune e<strong>in</strong>en Handlungsbedarf<br />
sieht und e<strong>in</strong>e Unterversorgung existiert,<br />
dann könnte das Modell e<strong>in</strong>er Genossenschaft<br />
e<strong>in</strong>es se<strong>in</strong>, um die Attraktivität für<br />
Ärzt<strong>in</strong>nen und Ärzte zu steigern [...].<br />
Cornelia Schwarz: Die Pandemie hat das<br />
Vertrauen vieler Menschen <strong>in</strong> alle Parteien<br />
erschüttert. Kommunikationswissenschaftler<br />
Bernhard Pörksen sagte hierzu:<br />
Der Kampf gegen das Virus sei „das größte<br />
Parallelexperiment im vergleichenden<br />
Regieren, das es jemals gab“. Wie f<strong>in</strong>den<br />
Sie, hat Baden-Württemberg bei diesem<br />
„Experiment“ abgeschnitten?<br />
Das kann man vielleicht als die negativen<br />
Auswüchse des Föderalismus <strong>in</strong>terpretieren<br />
und für manchen bot sich die<br />
Chance der schnellen Schlagzeile.<br />
Schlussendlich und bei allen Schwierigkeiten,<br />
die das föderale System mit sich<br />
br<strong>in</strong>gt, beneidet man uns weltweit um<br />
die ger<strong>in</strong>ge coronabed<strong>in</strong>gte Mortalität,<br />
<strong>in</strong>sbesondere wenn man sich auf die Bevölkerungsdichte<br />
etc. bezieht. In dieser<br />
Rechnung spielt natürlich auch die Leistungsfähigkeit<br />
des deutschen Gesundheitssystems<br />
e<strong>in</strong>e wesentliche Rolle [...].<br />
Cornelia Schwarz: In e<strong>in</strong>er Plenarsitzung<br />
im Landtag kurz vor Weihnachten sagten<br />
Sie, die Impfpflicht sei e<strong>in</strong>er der letzten<br />
Pfeile im Köcher der Pandemiebekämpfung.<br />
Was sagen Sie heute zum Thema<br />
allgeme<strong>in</strong>e Impfpflicht?<br />
» Wir können die Impfpflicht nicht absetzen,<br />
aber die Ausgestaltung vor Ort ändern. Das<br />
wäre me<strong>in</strong> Wunsch und da muss es e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>heitlichkeit<br />
<strong>in</strong> Baden-Württemberg geben.<br />
«<br />
Dr. Michael Preusch MdL<br />
Unter Berücksichtigung von Omikron<br />
ist me<strong>in</strong>es Erachtens e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e<br />
Impfpflicht nicht mehr gerechtfertigt.<br />
[...] Ich weiß, das will nicht jeder hören,<br />
weder Teile der eigenen Partei noch der<br />
Regierung. [...] Wir haben e<strong>in</strong>e Pandemie,<br />
das ist e<strong>in</strong> dynamischer Prozess und es<br />
ist durchaus e<strong>in</strong>e Stärke, dass wir politisch<br />
immer wieder neu bewerten, wenn<br />
neuere Erkenntnisse vorliegen. [...] Es<br />
muss klar se<strong>in</strong>, ob wir e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e<br />
Impfpflicht rechtlich umsetzen können<br />
wenn diese mediz<strong>in</strong>isch geboten ist. E<strong>in</strong>e<br />
e<strong>in</strong>richtungsbezogene Impfpflicht, wie<br />
sie derzeit umgesetzt wird, hatte ich im<br />
E<strong>in</strong>klang mit vielen mediz<strong>in</strong>ischen Fachgesellschaften<br />
nie unterstützt [...].<br />
Dr. Torsten Tomppert: Man merkt, dass<br />
Sie Mediz<strong>in</strong>er s<strong>in</strong>d. Das macht das Ganze<br />
natürlich viel erfrischender für mich. E<strong>in</strong>e<br />
Impfpflicht sehe ich als sehr schwierig an,<br />
nicht nur verfassungsrechtlich, sondern<br />
auch <strong>in</strong> der Umsetzung. Aktuell kocht das<br />
Thema durch die e<strong>in</strong>richtungsbezogene<br />
Impfpflicht hoch, denn diese stellt doch<br />
viele Praxen vor gewisse Probleme [...].<br />
Dr. Ute Maier: Auch hier s<strong>in</strong>d die relativ<br />
kurzfristigen Ankündigungen das Problem,<br />
egal ob es um die Coronaverordnung,<br />
oder um das Impfen geht. [...] Deshalb<br />
e<strong>in</strong>e Bitte von unserer Seite an Sie<br />
als Vertreter der mitregierenden Partei:<br />
Geben Sie den Menschen die Gelegenheit<br />
D<strong>in</strong>ge zu verstehen und die Zeit diese<br />
auch umzusetzen. E<strong>in</strong> weiteres Beispiel<br />
ist die derzeitige Diskussion um die<br />
PCR-Tests nur für bestimmte Bevölkerungsgruppen,<br />
weil es aktuell davon zu<br />
wenig gibt. Das ist zwar e<strong>in</strong>e Angelegenheit<br />
der Bundesebene, aber lassen Sie es<br />
mich dennoch ansprechen. Und dann<br />
schaut man <strong>in</strong> andere europäische Länder<br />
und fragt sich, warum es dort funktioniert<br />
und bei uns schiefläuft.<br />
Manchmal fehlt es me<strong>in</strong>es Erachtens<br />
schlichtweg auch an kompetenten<br />
Ideen. Die Diskussion um die Verfügbarkeit<br />
von PCR-Testungen kenne ich.<br />
Teil des Problems war sicherlich auch<br />
die Folgetestung und Sequenzierung<br />
zur Beurteilung der Variante. Diese Testung<br />
macht bis auf wenige Fälle im S<strong>in</strong>ne<br />
e<strong>in</strong>es Monitor<strong>in</strong>gs bei 100 Prozent<br />
Omikron seit e<strong>in</strong>igen Wochen ke<strong>in</strong>en<br />
S<strong>in</strong>n mehr. Ich b<strong>in</strong> froh, dass diesem<br />
Gedanken Rechnung getragen wurde<br />
und derzeit wieder mehr Kapazitäten<br />
zur Verfügung stehen. Ferner macht es<br />
S<strong>in</strong>n und dazu gibt es bereits konkrete<br />
Überlegungen, den PCR-Test nicht<br />
mehr bei allen im Schnelltest positiv<br />
Getesteten e<strong>in</strong>zufordern [...].<br />
Cornelia Schwarz: Die Frage zur allgeme<strong>in</strong>en<br />
Impfpflicht ist für viele Zahnärzte*<strong>in</strong>nen<br />
im Land relevant, denn aufgrund<br />
der Impfpflicht für Gesundheitsberufe<br />
befürchten sie e<strong>in</strong>e Abwanderung<br />
ungeimpfter Angestellter <strong>in</strong> andere Berufe.<br />
Wie kann die Politik gegensteuern –<br />
auch mit Blick auf die flächendeckende<br />
mediz<strong>in</strong>ische Versorgung die hierdurch<br />
gefährdet werden könnte?<br />
Hier handelt es sich ja leider um e<strong>in</strong>e<br />
Bundesregelung. Ich hatte bereits erwähnt,<br />
dass ich von e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>richtungsbezogenen<br />
Impfpflicht nichts halte. Hier<br />
besteht tatsächlich das von Ihnen erwähnte<br />
Risiko der Abwanderung von<br />
Angestellten, vielleicht auch zunächst<br />
e<strong>in</strong>mal nur <strong>in</strong> benachbarte Bundesländer,<br />
die diese Pflicht anders umsetzen<br />
wollen. Die f<strong>in</strong>ale Entscheidung obliegt<br />
der E<strong>in</strong>schätzung des jeweiligen Gesundheitsamtes.<br />
Wir werden hier erneut e<strong>in</strong>en<br />
Flickenteppich <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Stadtund<br />
Landkreisen und wohl auch den<br />
Bundesländern erleben.<br />
Cornelia Schwarz: Stichwort Corona<br />
Sonderprämie, die nicht erfolgt ist für die<br />
MFA und ZFA. Wie stehen Sie zu dieser<br />
Entwicklung?<br />
Grundsätzlich haben viele mediz<strong>in</strong>ische<br />
und pflegerische Berufe <strong>in</strong> unterschiedlichem<br />
Maße unter Corona gelitten. Für<br />
die Intensivpflegekräfte s<strong>in</strong>d Prämien<br />
von Bund und Land bezahlt worden.<br />
Die Frage wer diese bekommt und wer<br />
nicht hat <strong>in</strong> den Kl<strong>in</strong>iken für erhebliche<br />
Diskussionen gesorgt. Ich habe das als<br />
Personalrat hautnah mitbekommen.<br />
[...] Leider sehe ich hier im Moment aus
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
35_POLITIK<br />
f<strong>in</strong>anziellen Aspekten ke<strong>in</strong>e Möglichkeit,<br />
aus öffentlicher Hand e<strong>in</strong>e Prämie<br />
[...] locker zu machen. [...] Auch wenn<br />
mir die Wertschätzung weiterer Berufsgruppen<br />
wichtig ist.<br />
Dr. Torsten Tomppert: Ich sage das<br />
auch und deswegen würde ich an dieser<br />
Stelle gerne die Karte GOZ-Erhöhung<br />
spielen. Gerne würde ich me<strong>in</strong>e<br />
Mitarbeiter<strong>in</strong>nen adäquat bezahlen<br />
und da tun wir uns heute schon<br />
schwer, vor allem, wenn ich die Azubi-Gehälter<br />
aus der Industrie sehe,<br />
mit denen wir konkurrieren. Also, ich<br />
würde da lieber die GOZ-Variante<br />
wählen und me<strong>in</strong>e Leute direkt besser<br />
bezahlen.<br />
Foto: M. Schwarz<br />
Digital. Trotz der Vielfalt an Kanälen und Formaten steht der persönliche Kontakt und<br />
die Begegnung mit den Politiker*<strong>in</strong>nen noch immer deutlich im Fokus.<br />
Cornelia Schwarz: Wir hatten es ja<br />
bereits beim CDU-Landesparteitag <strong>in</strong><br />
Mannheim kurz von der Prävention<br />
bei K<strong>in</strong>dern und Jugendlichen <strong>in</strong> Baden-Württemberg.<br />
Unterstützen Sie<br />
den Gedanken das tägliche Zähneputzen<br />
mit fluoridierter Zahnpasta <strong>in</strong><br />
K<strong>in</strong>dergärten, Kitas und Grundschulen<br />
verb<strong>in</strong>dlich im K<strong>in</strong>derschutzgesetz<br />
des Landes Baden-Württemberg zu<br />
verankern?<br />
Als Kardiologe weiß ich um den Zusammenhang<br />
von Zahnstatus und<br />
kardiovaskulären Erkrankungen. Bezüglich<br />
des Zähneputzens <strong>in</strong> K<strong>in</strong>dergärten,<br />
Kitas und Schulen haben Sie<br />
me<strong>in</strong>e volle Unterstützung. Vielleicht<br />
ließe sich an der Umsetzung noch das<br />
e<strong>in</strong> oder andere optimieren. Hier<br />
könnte der öffentliche Gesundheitsdienst<br />
noch aktiver mit e<strong>in</strong>gebunden<br />
werden.<br />
Dr. Torsten Tomppert: Es wäre sehr<br />
schön, wenn man es im K<strong>in</strong>derschutzgesetz<br />
Baden-Württemberg<br />
unterbr<strong>in</strong>gen könnte. [...] Das verpflichtende<br />
Zähneputzen wäre sicher<br />
s<strong>in</strong>nvoll. Und da werbe ich auch um<br />
Unterstützung.<br />
Cornelia Schwarz: Widmen wir uns<br />
noch dem Thema der Integration des<br />
Landesgesundheitsamtes <strong>in</strong>s Sozialm<strong>in</strong>isterium.<br />
Da würde uns Ihre Sicht <strong>in</strong>teressieren.<br />
Ich muss zugeben, dass ich überrascht<br />
war, als das Thema im Rahmen e<strong>in</strong>er<br />
Kab<strong>in</strong>ettsvorlage präsentiert wurde. Ich<br />
hätte mir die bisherige Struktur des<br />
Landesgesundheitsamt auch durchaus<br />
weiterh<strong>in</strong> vorstellen können und erkenne<br />
aktuell noch ke<strong>in</strong>en „Mehrwert“ der<br />
neuen Regelung.<br />
Dr. Torsten Tomppert: Die Frage ist,<br />
was all diese ÖGDler machen, denn die<br />
müssen ja irgendwie beschäftigt werden.<br />
Da haben wir teilweise e<strong>in</strong> bisschen<br />
Bauchweh. Werden die bei K<strong>in</strong>dern<br />
<strong>in</strong> der Prävention e<strong>in</strong>gesetzt, dann<br />
ist das wunderbar. Wenn sie sich aber<br />
noch <strong>in</strong>tensiver um e<strong>in</strong>e Praxis, Stichwort<br />
Prüfbürokratie, kümmern, s<strong>in</strong>d<br />
wir, glaube ich, nicht ganz so begeistert.<br />
Cornelia Schwarz: Zum Schluss geht es<br />
noch um die Bürokratie, die immer und<br />
überall zu bewältigen ist. Welche Möglichkeiten<br />
sehen Sie, bei Themen, bei<br />
denen man nicht so viel Zeit hat, wo<br />
man e<strong>in</strong>fach sagt, jetzt kommen wir zügig<br />
zu e<strong>in</strong>er Entscheidung. Gibt es da<br />
Anhaltspunkte, die Sie konkret <strong>in</strong> Worte<br />
fassen können?<br />
Da ist die große und oft beschworene<br />
Hoffnung, dass mit der Digitalisierung<br />
alles besser wird. Mittlerweile b<strong>in</strong> ich<br />
mir nicht so sicher, ob all me<strong>in</strong>e Hoffnungen<br />
diesbezüglich erfüllt werden.<br />
Die beg<strong>in</strong>nende Digitalisierung im<br />
Krankenhaus hat nach me<strong>in</strong>er persönlichen<br />
E<strong>in</strong>schätzung noch zu ke<strong>in</strong>er<br />
großen Entlastung geführt. Personell<br />
g<strong>in</strong>g diese eher mit e<strong>in</strong>em Stellenaufwuchs<br />
e<strong>in</strong>her. Ich hoffe und denke, dass<br />
sich die technischen Entwicklungen im<br />
Laufe der Jahre auszahlen werden und<br />
wir mediz<strong>in</strong>isch und pflegerisch Tätigen<br />
e<strong>in</strong>e echte Entlastung spüren. Sie<br />
sprechen e<strong>in</strong>en weiteren wichtigen<br />
Punkt an: Ke<strong>in</strong> Politiker kann <strong>in</strong> jedem<br />
Fachbereich e<strong>in</strong> Experte se<strong>in</strong>. Wir s<strong>in</strong>d<br />
auf unsere Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen,<br />
Berater und weiteres Fachpersonal als<br />
Basis unserer Entscheidungen angewiesen.<br />
Es entb<strong>in</strong>det mich aber nicht von<br />
me<strong>in</strong>er Pflicht, mich <strong>in</strong> die wesentlichen<br />
Themen e<strong>in</strong>zuarbeiten.<br />
Dr. Ute Maier: Die Telematik sollte dazu<br />
beitragen, dass die Wege kürzer werden<br />
und man [...] auch Erleichterungen hat.<br />
Aber [...] letztendlich kämpfen die Kolleg<strong>in</strong>nen<br />
und Kollegen mit der geforderten<br />
überbordenden Dokumentation und mit<br />
den Konnektoren. [...] Junge Kollegen*<strong>in</strong>nen<br />
sagen an diesen Stellen [...], eigentlich<br />
wollen sie nur ihren Beruf ausüben,<br />
das heißt behandeln. Ältere Kollegen*<strong>in</strong>nen<br />
[...] hören früher auf, [...] weil ihnen<br />
die [...] ausufernde Bürokratie auf den<br />
Geist geht. Ich denke, hier müssen wir<br />
e<strong>in</strong>fach [...] wieder die Balance f<strong>in</strong>den.<br />
Wenn etwas Neues e<strong>in</strong>führt wird, darf es<br />
nicht mit Bürokratie, Regelungen, Verwaltungskram<br />
überlastet se<strong>in</strong>. [...]<br />
Manchmal wünschte ich uns mehr Mut,<br />
wieder etwas mehr zu wagen, ohne alles<br />
regeln zu müssen, das fände ich auch <strong>in</strong><br />
der Politik klasse.<br />
Dr. Torsten Tomppert: Genau. Die Politik<br />
müsste sich über die Abschaffung von<br />
Gesetzen def<strong>in</strong>ieren und nicht über<br />
neue Gesetze und Forderungen. Das ist<br />
doch das ch<strong>in</strong>esische Modell: Der Arzt<br />
sollte sich nicht über Kranke, sondern<br />
über Gesunde def<strong>in</strong>ieren. Das wäre e<strong>in</strong>e<br />
ganz schöne Geschichte [...].<br />
INFO<br />
Das Dialoggespräch ist im Textumfang<br />
gekürzt. Die gekürzten Stellen<br />
haben wir gekennzeichnet: [...].<br />
Sie f<strong>in</strong>den die<br />
Dialoggespräche<br />
<strong>in</strong> vollem<br />
Wortlaut unter<br />
www.izzbw.de/<br />
im-dialog.
36_POLITIK<br />
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
Das Dialoggespräch mit Bernhard Eisenhut MdL<br />
„DIE LEUTE SPRITZEN SICH KRANK“<br />
Die Coronapandemie habe ihm gezeigt, dass wir e<strong>in</strong>e Regierung und Länderchefs haben,<br />
die völlig wirre Beschränkungen erlassen, die niemand nachvollziehen kann, sagt Bernhard<br />
Eisenhut, gesundheitspolitischer Sprecher der AfD im Landtag von Baden-Württemberg. Im<br />
Dialoggespräch wurden unterschiedliche Sichtweisen ausgetauscht.<br />
Cornelia Schwarz: Zu Beg<strong>in</strong>n unseres Dialogs<br />
würden wir gerne über die Gesundheitspolitik<br />
sprechen, für die Sie stehen und über<br />
die Ziele, die Sie damit verfolgen?<br />
Bernhard Eisenhut: Nun, andere wie die<br />
jetzige Regierung. Also diesen Trend zu diesen<br />
Superkrankenhäusern, das sehen wir<br />
mit gemischten Gefühlen. 27 Prozent der<br />
Krankenhäuser <strong>in</strong> Baden-Württemberg<br />
s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>solvenzbedroht. Das ist e<strong>in</strong> ganz<br />
schwieriges Thema. Diesen Hang zum<br />
Zentralisieren betrachten wir als ungut.<br />
Cornelia Schwarz: In den vergangenen Monaten<br />
hatte Baden-Württemberg viele Coronaverstorbene<br />
zu beklagen. E<strong>in</strong> Großteil<br />
davon hat sich nicht impfen lassen. Sehen<br />
Sie es, wie viele Ihrer Parteikolleg<strong>in</strong>nen und<br />
-kollegen als „Panikmache“, wenn es um die<br />
Bekämpfung der Coronapandemie geht?<br />
Screenshot: C. Schwarz<br />
ALTERNAT<br />
DEUTSCHLA<br />
Positionen. Das Dialoggespräch mit Bernhard Eisenhut MdL war e<strong>in</strong> Austausch der Sichtweisen<br />
zu den Themen Impfen, Corona und Prävention von K<strong>in</strong>desbe<strong>in</strong>en an.<br />
Naja, von unserer Partei s<strong>in</strong>d die Standpunkte<br />
ja klar. Aber wenn ich schon höre,<br />
dass da sehr viele ungeimpft waren, dann<br />
frage ich mich natürlich, wer die Statistik<br />
erstellt hat und unter welchen Kriterien?<br />
E<strong>in</strong>fach geimpft gilt als ungeimpft. Mit<br />
zwei verschiedenen Impfstoffen geimpft,<br />
gilt als ungeimpft. Also, ich habe das leichte<br />
Gefühl, dass die Zahlen nicht stimmen<br />
oder dass wir ke<strong>in</strong>e richtigen Zahlen geliefert<br />
kriegen [...].<br />
Dr. Ute Maier: Wobei mir die Tatsache neu<br />
wäre, dass jemand, der mit zwei verschiedenen<br />
Impfstoffen geimpft wurde, als ungeimpft<br />
gilt.<br />
[...] Ich sage Ihnen mal ganz provokativ, wir<br />
haben ke<strong>in</strong>e Pandemie. Vor allem jetzt haben<br />
wir ke<strong>in</strong>e mehr. In me<strong>in</strong>em Wahlkreis,<br />
<strong>in</strong> Konstanz, liegen auf den Intensivstationen<br />
null Coronakranke. Null. Und da kann<br />
ich nicht erkennen, warum Kretschmann<br />
die Maßnahmen verlängert. Kann ich nicht<br />
nachvollziehen, tut mir leid. Es liegen uns<br />
ke<strong>in</strong>e sicheren oder klaren Zahlen vor. Entschuldigen<br />
Sie den Ausdruck, aber wir eiern<br />
irgendwie durch diese Zeit. Und so verhält<br />
es sich auch mit den Verordnungen:<br />
Jetzt gilt das und nun gilt jenes [...].<br />
Cornelia Schwarz: Aber nochmals ganz<br />
konkret: Wie stehen Sie denn dann zu<br />
den aktuellen Coronamaßnahmen? Sagen<br />
Sie, das ist alles irgendwie, wie Sie<br />
auch sagen, Rumgeeiere oder hat es auch<br />
aus Ihrer Sicht Substanz? Sie sagten, Sie<br />
sehen, wir haben ke<strong>in</strong>e Pandemie, aber<br />
die Situation ist ja wie sie ist. Das heißt,<br />
wie stehen Sie da dazu?<br />
Wie ich dazu stehe? Wenn wir ke<strong>in</strong>e Pandemie<br />
haben, dann können wir alles e<strong>in</strong>fach<br />
se<strong>in</strong> lassen.<br />
Cornelia Schwarz: Das heißt, Corona ist<br />
nicht existent?<br />
Heben sie die Maskenpflicht auf, machen sie<br />
die Geschäfte auf, lassen sie die Leute e<strong>in</strong>fach<br />
leben und ich garantiere Ihnen, es wird nicht<br />
mehr passieren als wie jetzt passiert. [...] Me<strong>in</strong>er<br />
Me<strong>in</strong>ung nach spritzen sie die Leute<br />
krank. Ich habe jetzt bei mir im Landkreis<br />
Familien, die s<strong>in</strong>d geboostert und jetzt s<strong>in</strong>d<br />
alle coronapositiv und liegen im Bett [...].<br />
Cornelia Schwarz: Wie stehen Sie denn generell<br />
zur angestrebten Impfpflicht? Sagen<br />
Sie im Grunde brauchen wir gar ke<strong>in</strong>e Strategie<br />
zur Bekämpfung der Pandemie oder<br />
zum Schutz der Bevölkerung, denn Sie s<strong>in</strong>d<br />
davon überzeugt, dass diese Pandemie eigentlich<br />
gar nicht existiert?<br />
Da fällt es mir schwer, [...] ruhig zu bleiben.<br />
Natürlich darf oder muss das jeder für sich<br />
selber entscheiden dürfen, ob und mit was<br />
er sich impfen lassen möchte oder nicht.<br />
Diese Impfpflicht ist jedoch e<strong>in</strong> Zwang, der<br />
über die arbeitsrechtliche Geschichte h<strong>in</strong>aus<br />
aufgebaut wird. Also me<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung<br />
nach driften wir ab und für mich ist dann<br />
auch nicht mehr erklärbar, wenn es <strong>in</strong> Zukunft<br />
rechtens se<strong>in</strong> soll, dass Ungeimpfte<br />
nicht mehr e<strong>in</strong>gestellt werden dürfen oder<br />
können. Wenn ich für mich entscheide, ich<br />
möchte mich nicht impfen lassen, dann hat<br />
die Gesellschaft das zu akzeptieren. Vor allem<br />
<strong>in</strong> dieser, ich sage es mal <strong>in</strong> Anführungsstrichen,<br />
„Pandemie“, weil die Überträger<br />
s<strong>in</strong>d ja auch die Geimpften. [...] Auch die Erf<strong>in</strong>dung<br />
des Term<strong>in</strong>us „symptomlos krank“<br />
müssen Sie mir erklären. Also ich gehe jetzt<br />
zu me<strong>in</strong>em Hausarzt und sage, ich möchte
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
37_POLITIK<br />
gern zwei Wochen krankgeschrieben werden.<br />
Er fragt, was ich habe, ich entgegne, ich<br />
b<strong>in</strong> symptomlos krank und da sagt er, ich<br />
brauchen e<strong>in</strong>en Term<strong>in</strong> beim Psychiater [...].<br />
Dr. Torsten Tomppert: Dann spielen wir<br />
das ganze Spiel doch e<strong>in</strong>mal durch: Ich b<strong>in</strong><br />
anderer Me<strong>in</strong>ung als Sie, was die Pandemie<br />
angeht, dass das Virus ungefährlich<br />
ist und das Ganze e<strong>in</strong>e Grippe ist. Ohne<br />
jetzt <strong>in</strong> die Tiefen der Verschwörungstheorien<br />
e<strong>in</strong>zusteigen, wer<br />
hat Ihre Ansicht nach<br />
IVE<br />
denn e<strong>in</strong> Interesse so<br />
e<strong>in</strong>e, ich nenne das jetzt<br />
mal salopp, Show abzuziehen?<br />
FÜR<br />
ND<br />
Also ich weiß nicht, ob<br />
ich mich jetzt darauf e<strong>in</strong>lassen<br />
soll, aber, ja. Wenn<br />
Milliardengew<strong>in</strong>ne erzielt<br />
werden, ist immer<br />
Vorsicht geboten.<br />
Cornelia Schwarz: 2021<br />
sollte ja das Impfjahr werden,<br />
das wir Ihrer Ansicht<br />
nach eigentlich gar nicht<br />
gebraucht hätten, aber was wird 2022,<br />
Herr Eisenhut?<br />
Da werden Sie die Leute, die sich bis jetzt<br />
nicht impfen haben lassen, auch nicht<br />
mehr dazu bekommen. Nehmen Sie mal<br />
an diesen Montagsspaziergängen teil, reden<br />
Sie mal mit den Leuten. Die kommen<br />
sich alle verschaukelt vor. Da laufen nicht<br />
nur Ungeimpfte und Reichsbürger mit.<br />
Das wird nur von der Presse so dargestellt.<br />
[...] Das s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>fach Bürger auf der Straße,<br />
da laufen Familien mit K<strong>in</strong>dern, die der Politik<br />
nicht mehr vertrauen und sich h<strong>in</strong>ters<br />
Licht geführt fühlen. Diese Menschen kriegen<br />
ke<strong>in</strong>e Antworten, weder von der Politik,<br />
noch von den Mediz<strong>in</strong>ern oder Virologen.<br />
Cornelia Schwarz: Me<strong>in</strong>er Ansicht verhält<br />
es sich gerade <strong>in</strong> der Virologie häufig so,<br />
dass sich Strategien ändern müssen. Unsere<br />
Wissenschaft ist momentan mit e<strong>in</strong>er<br />
Pandemie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Ausmaß konfrontiert,<br />
die es <strong>in</strong> der Form <strong>in</strong> der jüngsten Vergangenheit<br />
nicht gab. Dass man auf immer<br />
neueren Erkenntnissen und Entwicklungen<br />
aufbaut, ist für mich e<strong>in</strong>e nachvollziehbare<br />
Sache. Das heißt, Sie glauben<br />
generell nicht an die Wissenschaft?<br />
Ob ich an die Wissenschaft glaube oder<br />
nicht glaube, spielt für mich ke<strong>in</strong>e Rolle.<br />
Was mich ganz furchtbar stört ist, dass alle<br />
kritischen Me<strong>in</strong>ungen, auch von wirklich<br />
hochrangigen Leuten, geblockt werden.<br />
Menschen, die plötzlich entlassen werden<br />
oder die man dann irgendwo versucht persönlich<br />
zu beschädigen. Es herrscht nur<br />
noch e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>heitsme<strong>in</strong>ung und das f<strong>in</strong>de<br />
ich sehr bedenklich [...].<br />
Cornelia Schwarz: Zwar ist das ke<strong>in</strong>e Antwort<br />
auf me<strong>in</strong>e Frage, aber vielleicht richten<br />
wir unseren Blick lieber auf die Zahnmediz<strong>in</strong>:<br />
Laut Sab<strong>in</strong>e Dittmar, Parlamentarische<br />
Staatssekretär<strong>in</strong> beim Bundesgesundheitsm<strong>in</strong>isterium,<br />
ist ke<strong>in</strong>e Corona-Sonderprämie<br />
für MFA und ZFA geplant. Wie stehen<br />
Sie zu dieser Äußerung?<br />
Ich frage andersrum, warum sollte e<strong>in</strong>e<br />
Sonderprämie ausbezahlt werden?.<br />
Cornelia Schwarz: Sie glauben nicht an die<br />
Pandemie. Wir glauben an die Pandemie,<br />
wir sehen es im Grunde täglich: Die Zahnärzt<strong>in</strong>nen<br />
und Zahnärzte mit ihren Teams,<br />
die <strong>in</strong> den Praxen mit der erhöhten Ansteckungsgefahr<br />
konfrontiert s<strong>in</strong>d und zugleich<br />
die aufwändigeren Hygienemaßnahmen<br />
durchführen müssen, die sie e<strong>in</strong>kalkulieren<br />
müssen, sowohl monetär als auch zeitlich.<br />
Die besonderen Hygienemaßnahmen s<strong>in</strong>d<br />
doch <strong>in</strong> der Zahnarztpraxis sowieso schon<br />
gegeben, oder?<br />
Cornelia Schwarz: Dann wenden wir uns<br />
mal den <strong>in</strong>vestorengeführten Versorgungszentren<br />
zu. Inwieweit hat die Politik<br />
der AfD Interesse, dass sich diese Entwicklung<br />
nicht fortsetzt?<br />
[...] In dem Moment, <strong>in</strong> dem Gesundheit<br />
zum Geschäft wird – aber eigentlich war die<br />
Gesundheit schon immer e<strong>in</strong> Geschäft –,<br />
Grenzen zu ziehen. Das ist ganz schwierig.<br />
Cornelia Schwarz: Ok. Sehen Sie dann<br />
auch e<strong>in</strong> Geschäft bei der Prävention bei<br />
K<strong>in</strong>dern und Jugendlichen? Unterstützen<br />
Sie den Gedanken, das tägliche Zähneputzen<br />
mit fluoridierter Zahnpasta <strong>in</strong> K<strong>in</strong>dergärten<br />
Kitas und Grundschulen, verb<strong>in</strong>dlich<br />
im K<strong>in</strong>derschutzgesetz des Landes<br />
Baden-Württemberg zu verankern?<br />
Das hat, me<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Gesetz nichts verloren. [...] Wir s<strong>in</strong>d doch<br />
schon übergeregelt. Vielleicht auch noch<br />
die Borstenanzahl auf der Bürste regeln?<br />
Also, ne<strong>in</strong>.<br />
Cornelia Schwarz: Wenn es zielführend<br />
wäre, dann auch das, aber ich denke, das ist<br />
schon so e<strong>in</strong>gerichtet, dass das passt. Aber<br />
noch e<strong>in</strong> anderes Thema: Die Zahnärzteschaft<br />
wird jetzt zum Impfen zugelassen.<br />
Der Weg dorth<strong>in</strong> ist jedoch weit und mit bürokratischen<br />
Vorgaben gepflastert. Welche<br />
Möglichkeiten sehen Sie für e<strong>in</strong>en Abbau<br />
von Bürokratie bei Themen bei denen „es<br />
mal schneller gehen muss“?<br />
Ich frage jetzt andersrum, warum sollen<br />
denn Zahnärzte impfen?<br />
Cornelia Schwarz: Me<strong>in</strong>e Frage g<strong>in</strong>g eigentlich<br />
eher <strong>in</strong> Richtung Bürokratieabbau und<br />
weniger, ob Zahnärzt<strong>in</strong>nen oder Zahnärzte<br />
impfen sollten, weil dieses Thema ist ja<br />
schon durch, da brauchen wir uns ja nicht<br />
mehr darüber unterhalten. Allerd<strong>in</strong>gs beim<br />
Bürokratieabbau sehe ich Ansätze.<br />
Bürokratieabbau, [...] das ist ja nicht me<strong>in</strong><br />
D<strong>in</strong>g. Dafür müssen sie regieren. Wir sehen<br />
da viele Felder [...]. Wenn Sie den parlamentarischen<br />
Betrieb hier betrachten und<br />
ich von der AfD irgende<strong>in</strong>en Gesetzesentwurf<br />
e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>ge, wird er abgelehnt. Nur weil<br />
ich von der AfD b<strong>in</strong>. Ich habe jetzt e<strong>in</strong> Gesetzesentwurf<br />
e<strong>in</strong>gebracht zum Nachtangelverbot.<br />
Ich sage es Ihnen ganz ehrlich,<br />
wir haben ihn von der FDP kopiert. Ja, die<br />
FDP hat gepennt und wir waren schneller.<br />
Jetzt mussten sie den eigenen Entwurf<br />
schlecht reden und ihren eigenen Entwurf<br />
ablehnen, weil ich von der AfD b<strong>in</strong> [...].<br />
Dr. Ute Maier: Wo sehen Sie, als Vertreter im<br />
gesundheitspolitischen Bereich, Ihre Chancen<br />
etwas zu verändern oder zu bewirken?<br />
Ke<strong>in</strong>e. [...] Das E<strong>in</strong>zige was wir tun können,<br />
ist auf Missstände aufmerksam machen.<br />
Unsere Me<strong>in</strong>ungen äußern, dass<br />
wir diese Superkrankenhäuser nicht gut<br />
f<strong>in</strong>den [...]. Aber wir als kle<strong>in</strong>ste Partei im<br />
Landtag f<strong>in</strong>den da ke<strong>in</strong> Gehör. Die Parteien<br />
machen ja auch ke<strong>in</strong>e Sachpolitik<br />
mehr. Und das ist leider schade. Gesundheit<br />
hat nichts mit dem Parteibuch zu<br />
tun, wie auch immer man das sehen<br />
mag. Aber gut ist das nicht. Die Regierenden<br />
ziehen natürlich ihr Programm<br />
durch, das ist ganz klar. Ich me<strong>in</strong>e, andersrum<br />
würden wir das Gleiche tun,<br />
wenn wir regieren. Als Opposition oder<br />
sowas, da können Sie gar nichts tun, das<br />
ist nun mal so.<br />
INFO<br />
Das Dialoggespräch ist im Textumfang<br />
gekürzt. Die gekürzten Stellen<br />
haben wir gekennzeichnet: [...].<br />
Sie f<strong>in</strong>den die<br />
Dialoggespräche<br />
<strong>in</strong> vollem<br />
Wortlaut unter<br />
www.izzbw.de/<br />
im-dialog.
38_POLITIK<br />
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
E<strong>in</strong>-Jahres-Bilanz der Regierung Kretschmann III<br />
UNTER VORBEHALT<br />
Die Pandemie-Bekämpfung hat die grün-schwarze Regierungsbildung vor e<strong>in</strong>em Jahr<br />
begleitet. Nach dem ersten Jahr der dritten Amtszeit von M<strong>in</strong>isterpräsident W<strong>in</strong>fried<br />
Kretschmann (Grüne) fordern die Folgen des Ukra<strong>in</strong>e-Krieges die Landesregierung.<br />
Klassische Gesundheits- und Sozialpolitik steht daher im Schatten der großen Krisen,<br />
obwohl der Koalitionsvertrag viele Vorhaben auflistet. Der Haken: Sie stehen alle unter<br />
F<strong>in</strong>anzierungsvorbehalt.<br />
„Klimaschutz, Klimaschutz, Klimaschutz“<br />
hat sich Baden-Württembergs<br />
grüner M<strong>in</strong>isterpräsident<br />
W<strong>in</strong>fried Kretschmann, 73, für se<strong>in</strong>e<br />
dritte und erklärtermaßen letzte<br />
Regierungszeit als zentrales Motto<br />
auserkoren. Die Tagespolitik hat<br />
seit dem Wahlsieg am 14. März<br />
2021 und der Vereidigung der dritten<br />
Regierung Kretschmann am<br />
12. Mai 2021 <strong>in</strong>des weniger der<br />
Kampf gegen Erderwärmung und<br />
Ressourcenverbrauch bestimmt.<br />
Vielmehr hat über weite Strecken die Coronapandemie<br />
die Agenda dom<strong>in</strong>iert, nun s<strong>in</strong>d es die Folgen der<br />
Ukra<strong>in</strong>e-Krise fürs Land.<br />
LUCHA KOMMT ZENTRALE ROLLE ZU<br />
Dem M<strong>in</strong>ister für Soziales, Gesundheit und Integration,<br />
Manfred Lucha, 61, kommt damit e<strong>in</strong>e zentrale<br />
Rolle zu. Obwohl der Grünen-Politiker seit 2016 im<br />
Amt ist, galt se<strong>in</strong>e Wiederberufung vor e<strong>in</strong>em Jahr<br />
nicht als gesetzt. Zu Beg<strong>in</strong>n der Pandemie hatte der<br />
ausgebildete Krankenpfleger und Diplom-Sozialarbeiter<br />
mit e<strong>in</strong>em Masterabschluss <strong>in</strong> „Management im<br />
Sozial- und Gesundheitswesen“ nicht immer sattelfest<br />
gewirkt, die Opposition hatte ihm wegen des Kaufs<br />
veralteter Beatmungsgeräte und von Masken zweifelhafter<br />
Qualität Missmanagement vorgeworfen. Zur<br />
Wahrheit gehört aber, dass er mit e<strong>in</strong>em relativ kle<strong>in</strong>en<br />
Ressort plötzlich e<strong>in</strong>e große Krise managen musste<br />
– und die Coronapandemie für alle Neuland war.<br />
Inzwischen ist Lucha aus der Schussl<strong>in</strong>ie, dafür hat<br />
auch e<strong>in</strong> Wechsel an der Amtsspitze des M<strong>in</strong>isteriums<br />
gesorgt: Kretschmann selbst hat den Verwaltungsprofi<br />
Uwe Lahl im März 2021 als Feuerwehrmann vom<br />
Verkehr- <strong>in</strong>s Sozialm<strong>in</strong>isterium gelotst. Der <strong>in</strong>zwischen<br />
71-jährige „Amtschef Pandemiebekämpfung“<br />
genießt auch bei den Kommunen und über Parteigrenzen<br />
h<strong>in</strong>weg den Ruf des Problemlösers.<br />
Roland Muschel<br />
Redaktionsleiter<br />
Büro Stuttgart<br />
Südwest Presse<br />
PANDEMIE BINDET VIELE KRÄFTE<br />
Die Pandemie-Bekämpfung steht im<br />
Kapitel „Gesundheit und Soziales“<br />
im grün-schwarzen Koalitionsvertrag<br />
zwar am Anfang, ist aber e<strong>in</strong><br />
Thema unter vielen. Auf die Fahnen<br />
geschrieben hat sich die Koalition<br />
etwa, Baden-Württemberg „zum<br />
Vorreiter der Digitalisierung im Gesundheitswesen“<br />
zu machen. Die<br />
flächendeckende E<strong>in</strong>richtung von<br />
<strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>ären Primärversorgungszentren<br />
soll genauso erfolgen<br />
wie die Förderung des weiteren Aufbaus von Telemediz<strong>in</strong>.<br />
Den Gesundheitsstandort will Grün-Schwarz <strong>in</strong>sgesamt<br />
stärken und e<strong>in</strong>e Fachkräfteoffensive für Sozial-<br />
und Gesundheitsberufe starten.<br />
Vollzug kann das Ressort e<strong>in</strong> Jahr nach Unterzeichnung<br />
der ambitionierten Vorhaben <strong>in</strong> den wenigsten<br />
Fällen melden. Dafür gibt es zwei zentrale Gründe: Erstens,<br />
die Pandemie b<strong>in</strong>det noch immer viele Kräfte,<br />
haus<strong>in</strong>tern gibt es weiterh<strong>in</strong> massive Umschichtungen<br />
des Personals zugunsten der Coronateams und zulasten<br />
der klassischen Fachreferate. Zweitens, alle Vorhaben<br />
im Koalitionsvertrag, die zusätzliche Kosten verursachen,<br />
stehen unter e<strong>in</strong>em F<strong>in</strong>anzierungsvorbehalt.<br />
Nach den durch die Corona-Hilfsmaßnahmen bed<strong>in</strong>gten<br />
Rekordschulden im Doppelhaushalt 2020/21 hat<br />
die Landesregierung für 2022 zwar wieder e<strong>in</strong>en ausgeglichenen<br />
Jahresetat vorgelegt. Große Sprünge waren<br />
unter den Bed<strong>in</strong>gungen der Schuldenbremse und den<br />
f<strong>in</strong>anziellen Lasten der Coronakrise aber nicht dr<strong>in</strong>.<br />
Die Hoffnungen der Gesundheitspolitiker ruhten daher<br />
auf dem anstehenden Doppelhaushalt 2023/24. Die<br />
Folgen der Ukra<strong>in</strong>ekrise dürften die Spielräume <strong>in</strong>des<br />
weiter limitieren. Die Unterf<strong>in</strong>anzierung des Gesundheitssektors<br />
wird damit absehbar anhalten.<br />
Roland Muschel
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
39_POLITIK<br />
Gesundheitspolitik auf <strong>in</strong>ternationaler Ebene<br />
DEUTSCHE<br />
G7-PRÄSIDENTSCHAFT<br />
Seit dem 1. Januar 2022 hat Deutschland die G7-Präsidentschaft <strong>in</strong>ne – im dritten Jahr<br />
der Coronapandemie. Doch nicht nur mit Blick auf die aktuelle Krisenbekämpfung nimmt die<br />
Zusammenarbeit beim Thema Gesundheit e<strong>in</strong>en zentralen Schwerpunkt während der<br />
deutschen G7-Präsidentschaft e<strong>in</strong>. Gleichermaßen möchte man sich auf die Bekämpfung von<br />
Antibiotikaresistenzen (AMR) konzentrieren und sich mit dem Zusammenhang zwischen<br />
Klimawandel und Gesundheit befassen. Im ZBW werfen wir für Sie e<strong>in</strong>en Blick auf die großen<br />
Themen dieser Zusammenarbeit.<br />
Gesundheitsm<strong>in</strong>ister Lauterbach. „Globale Gesundheitspolitik ist mehr als Pandemiebekämpfung. Antibiotikaresistenzen bedrohen zunehmend<br />
die Therapiechancen von Patient<strong>in</strong>nen und Patienten weltweit. Und wir werden von neuen Gesundheitsrisiken durch den Klimawandel bedroht.“<br />
Foto: BMG/Thomas Ecke<br />
Die Bundesregierung betont die besondere<br />
Verantwortung der führenden Industrienationen<br />
„für die Gestaltung e<strong>in</strong>er<br />
lebenswerten Zukunft aller Menschen<br />
auf e<strong>in</strong>er gesunden Erde“. Zu ihren<br />
fünf großen Zielen im Rahmen der<br />
derzeitigen G7-Präsidentschaft zählt<br />
demnach auch e<strong>in</strong>e „starke Vorsorge für<br />
e<strong>in</strong> gesundes Leben“. Sie stellt fest, dass<br />
die Coronapandemie und deren soziale<br />
und wirtschaftliche Auswirkungen <strong>in</strong><br />
bisher nicht gekanntem Ausmaß die<br />
„Bedeutung und Aktualität globaler<br />
Gesundheitsfragen“ deutlich mache. In<br />
der offiziellen Kommunikation des<br />
Bundesgesundheitsm<strong>in</strong>isteriums werden<br />
verschiedene zentrale Schwerpunkte<br />
genannt, die <strong>in</strong> diesem Feld im Rahmen<br />
der G7-Präsidentschaft angegangen<br />
und vertieft werden sollen.<br />
Bundesgesundheitsm<strong>in</strong>ister Prof. Dr.<br />
Karl Lauterbach: „Gesundheit ist zentrales<br />
Thema der deutschen G7-Präsidentschaft.<br />
Damit setzt die Bundesregierung<br />
e<strong>in</strong> wichtiges Zeichen. Gerade<br />
<strong>in</strong> Zeiten der Pandemie wird deutlich,<br />
dass Gesundheitsfragen <strong>in</strong>ternationale<br />
Lösungen erfordern. Wir wollen zusammen<br />
die Pandemie bekämpfen und<br />
gleichzeitig Lehren daraus ziehen.“<br />
PANDEMIE(N)<br />
Bis Mitte des Jahres sollen nach dem<br />
Willen der Weltgesundheitsorganisation<br />
(WHO) 70 Prozent der Weltbevölkerung<br />
gegen COVID-19 geimpft se<strong>in</strong>.<br />
Um dieses Ziel zu erreichen, sollen die<br />
G7-Staaten <strong>in</strong>sbesondere ärmere Länder<br />
<strong>in</strong> ihrer Impfkampagne unterstützen,<br />
<strong>in</strong>dem die multilaterale Initiative<br />
COVAX sowie die lokale Impfstoffproduktion<br />
<strong>in</strong> Entwicklungsländern gestärkt<br />
werden. Auch der Koalitionsvertrag<br />
der Bundesregierung sieht e<strong>in</strong>e „gerechte<br />
Impfstoffverteilung“ und e<strong>in</strong>e<br />
Unterstützung von COVAX vor, hier
40_POLITIK<br />
s<strong>in</strong>d sich die Regierungsparteien e<strong>in</strong>ig.<br />
„Zur Prävention zukünftiger Pandemien<br />
ist es von großer Bedeutung, dass<br />
wir die Internationalen Gesundheitsvorschriften<br />
überarbeiten. Dieses Thema<br />
spielt im Rahmen der Formulierung<br />
e<strong>in</strong>es Internationalen Pandemievertrags<br />
e<strong>in</strong>e Rolle, den wir bis 2024 verhandelt<br />
haben wollen“, betont die Göpp<strong>in</strong>ger<br />
Bundestagsabgeordnete Heike Baehrens,<br />
Gesundheitspolitische Sprecher<strong>in</strong><br />
der SPD-Fraktion, auf Anfrage des<br />
ZBW.<br />
Neben der Coronapandemie gelte es,<br />
der „leisen, bereits laufenden Pandemie“<br />
antimikrobieller Resistenzen beizukommen<br />
und entsprechende mediz<strong>in</strong>ische<br />
Gegenmaßnahmen zu entwickeln.<br />
Dafür solle u. a. der unnötige<br />
E<strong>in</strong>satz von Antibiotika reduziert und<br />
die Forschung und Entwicklung von<br />
neuen Antibiotika gefördert werden.<br />
GESUNDHEITSARCHITEKTUR<br />
Die Globale Gesundheitsarchitektur<br />
soll nach dem „One-Health“-Ansatz,<br />
also der Verknüpfung von Klimawandel,<br />
Biodiversität und globalen Gesundheitsfragen<br />
ausgerichtet werden. So will<br />
die Bundesregierung im Rahmen der<br />
G7-Präsidentschaft die weitere F<strong>in</strong>anzierung<br />
zu globaler Gesundheit auf die<br />
Tagesordnung nehmen, wobei <strong>in</strong>sbesondere<br />
die Stärkung der leitenden und<br />
koord<strong>in</strong>ierenden Rolle der WHO von<br />
Bedeutung sei. Dieser Ansatz folgt e<strong>in</strong>er<br />
bereits im Koalitionsvertrag der Ampel-<br />
Parteien festgehaltenen Vere<strong>in</strong>barung<br />
im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Reform und Stärkung<br />
der WHO. „Die COVID-Pandemie hat<br />
noch e<strong>in</strong>mal bestätigt, wie wichtig belastbare<br />
Gesundheitssysteme weltweit<br />
s<strong>in</strong>d. Ihre bessere Ausf<strong>in</strong>anzierung werden<br />
wir im Rahmen der G7 <strong>in</strong>tensiv diskutieren.<br />
Zudem muss die Weltgesundheitsorganisation<br />
(WHO) von der Staatengeme<strong>in</strong>schaft<br />
strukturell und f<strong>in</strong>anziell<br />
besser ausgestattet werden, damit<br />
sie den Anforderungen, die wir an sie<br />
haben, besser gerecht werden kann“, erläutert<br />
die SPD-Gesundheitsexpert<strong>in</strong><br />
Baehrens.<br />
INTERNATIONALER AUSTAUSCH<br />
Auch für die Opposition im Deutschen<br />
Bundestag ist e<strong>in</strong>e vertiefte <strong>in</strong>ternationale<br />
Zusammenarbeit der Schlüssel für<br />
e<strong>in</strong>e bessere Vorsorge und Abwehr künftiger<br />
Krisen. Diana Stöcker (CDU) ist<br />
Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis<br />
Lörrach-Müllheim und Mitglied<br />
im Gesundheitsausschuss. Sie betont:<br />
„Mit der Weltgesundheitsorganisation,<br />
den Vere<strong>in</strong>ten Nationen und der EU haben<br />
wir auch bereits die Foren, die global<br />
hohe Akzeptanz genießen. Innerhalb<br />
dieser Foren muss die Kommunikation<br />
verbessert werden, um die Transparenz<br />
zu erhöhen. Die WHO muss strukturell<br />
und f<strong>in</strong>anziell auch künftig verlässlich<br />
gestärkt werden. Der Austausch wissenschaftlicher<br />
Erkenntnisse muss besser<br />
werden. Hier müssen auch wissenschaftliche<br />
Institutionen <strong>in</strong> Entwicklungsländern<br />
gestärkt werden.“<br />
Es gebe <strong>in</strong> Europa e<strong>in</strong>en weitreichenden<br />
Konsens, dass auch die Pandemiebekämpfung<br />
auf Dauer nur geme<strong>in</strong>sam<br />
geht, so MdB Stöcker weiter. „Dennoch<br />
gab es gerade <strong>in</strong> Momenten der Medikamentenknappheit<br />
Länder, die nationale<br />
Interessen nach vorn gestellt haben.<br />
Entscheidend wird se<strong>in</strong>, das Vertrauen<br />
und den Informationsaustausch weiter<br />
zu stärken.“ Viele Innovationen entstünden<br />
gerade durch die <strong>in</strong>ternationale<br />
Zusammenarbeit und Vernetzung,<br />
wie am Beispiel der Entwicklung der<br />
COVID-19-Impfstoffe zu sehen sei.<br />
KLIMASCHUTZ<br />
E<strong>in</strong> weiterer Schwerpunkt betrifft die<br />
Wirkung von Umwelte<strong>in</strong>flüssen auf die<br />
Gesundheit. Die Weltgesundheitsorganisation<br />
hat Luftverschmutzung und<br />
Erderwärmung als größte Gesundheitsgefahren<br />
weltweit identifiziert. Daher<br />
spielen der Umwelt- und Klimaschutz<br />
für die globale Gesundheit e<strong>in</strong>e entscheidende<br />
Rolle, die auch <strong>in</strong> der Agenda der<br />
deutschen G7-Präsidentschaft deutlich<br />
wird. Geme<strong>in</strong>sam mit den G7-Partnern<br />
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
» Wir werden unsere G7-<br />
Präsidentschaft nutzen, damit dieser<br />
Staaten-Kreis zum Vorreiter wird.<br />
Zum Vorreiter für klimaneutrales<br />
Wirtschaften und e<strong>in</strong>e gerechte Welt.«<br />
Bundeskanzler Olaf Scholz<br />
will sich die Bundesregierung dafür e<strong>in</strong>setzen,<br />
die Klimaresilienz des Gesundheitssektors<br />
zu verbessern. Gleichzeitig<br />
müsse dieser selbst e<strong>in</strong>en Beitrag zur Bekämpfung<br />
des Klimawandels leisten, wie<br />
Heike Baehrens MdB betont: „Der Gesundheitssektor<br />
hat e<strong>in</strong>en viel zu großen<br />
ökologischen Fußabdruck. Unser Ziel<br />
muss es se<strong>in</strong>, diesen zu verr<strong>in</strong>gern und<br />
wirkungsvolle Maßnahmen mit dem<br />
Ziel der Klimaneutralität auf den Weg zu<br />
br<strong>in</strong>gen. Mehr Ressourceneffizienz im<br />
Gesundheitswesen senkt nicht nur die<br />
gesundheitlichen Risikofaktoren, sondern<br />
reduziert mittelfristig auch Kosten.<br />
Handlungsoptionen <strong>in</strong>nerhalb des Sektors<br />
reichen von effizienten Gebäuden<br />
und klimafreundlichem Beschaffungswesen<br />
über die Reduktion unnötiger<br />
Mehrfachleistungen und Überverschreibungen<br />
h<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>er stärkeren Priorisierung<br />
von Prävention und Gesundheitsförderung.“<br />
Alexander Messmer,<br />
Dr. Holger Simon-Denoix<br />
INFO<br />
WER SIND DIE G7?<br />
Unter den G7-Staaten versteht man<br />
die sieben führenden Industrienationen,<br />
zu denen die USA, Großbritannien,<br />
Frankreich, Italien, Japan,<br />
Kanada und Deutschland gehören.<br />
Diese Staaten treffen sich e<strong>in</strong>mal im<br />
Jahr zum Gipfeltreffen und beraten<br />
sich zu weltweiten Herausforderungen<br />
wie etwa der Klimakrise oder<br />
der Pandemie. Dazu kommen verschiedene<br />
Konsultationen auf Fachebene.<br />
Auch die EU nimmt an den<br />
Beratungen teil. Die Schwerpunkte<br />
der deutschen G7-Präsidentschaft<br />
können Sie auf der<br />
Seite der Bundesregierung<br />
unter https://<br />
bit.ly/3hwzwEz nachlesen.
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
41_LESERFORUM<br />
ZBW<br />
ZAHNÄRZTEBLATT BADEN-WÜRTTEMBERG<br />
2-3/2022<br />
Titelthema<br />
Aus der Geschichte<br />
lernen<br />
Fortbildung<br />
Ergonomie <strong>in</strong> der<br />
Zahnarztpraxis<br />
ZAHNMEDIZIN IM<br />
NATIONALSOZIALISMUS<br />
ZBW-AUSGABE 2-3/2022, S. 10 FF.<br />
TITELTHEMA: ZAHNMEDIZIN IM<br />
NATIONALSOZIALISMUS<br />
Als Angehöriger e<strong>in</strong>es Opfers bedeutet<br />
es mir sehr viel, e<strong>in</strong> solches Werk <strong>in</strong><br />
Händen zu halten. Es erfordert auch<br />
heute noch Mut und Können, e<strong>in</strong>e solche<br />
Arbeit zu veröffentlichen. Sie haben<br />
herausragend gearbeitet und die Gestaltung<br />
des Heftes unterstreicht das geschriebene<br />
Wort. Dafür sage ich Ihnen<br />
Dank. Sie können stolz auf diese Redaktion<br />
se<strong>in</strong>. Eberhard Schwarz, Konstanz<br />
Mit großem Interesse habe ich Ihren Artikel<br />
über die Zahnärzteschaft <strong>in</strong> der Nazizeit<br />
gelesen. Vielen Dank für den sehr<br />
gut recherchierten Bericht, der viele E<strong>in</strong>blicke<br />
<strong>in</strong> die Schicksale der Opfer und<br />
Täter gegeben hat. Es ist wichtig dass<br />
wir diese schlimme Zeit nicht vergessen.<br />
Silke Schöfisch, Amstetten<br />
Heute habe ich die aktuelle Ausgabe<br />
des ZBW erhalten, die ich sehr gelungen<br />
f<strong>in</strong>de. Herzlichen Glückwunsch<br />
dazu! Matthis Krischel, Düsseldorf<br />
E<strong>in</strong>drucksvoll, was Sie zusammengetragen<br />
und wie Sie es gestaltet haben, vielen<br />
Dank für diese Arbeit!<br />
Ra<strong>in</strong>er Redies, Stuttgart<br />
Das haben Sie sehr gut gemacht!<br />
Prof. Dr. Dr. Aleida Assmann, Tüb<strong>in</strong>gen<br />
ZBW-AUSGABE 2-3/2022, S. 27 FF.<br />
ERGONOMIE UND ÖKONOMIE<br />
Dass es Zeit wird, das Thema Ergonomie<br />
wieder mal aufzunehmen, ist sicher<br />
gut, dann aber nicht so. Wenn<br />
jemand die Zweihandtechnik als<br />
wirtschaftlich und fachlich gut propagiert,<br />
dann stimmt etwas nicht.<br />
Wenn ich permanent e<strong>in</strong>e App brauche,<br />
die mir den nächsten Arbeitsschritt<br />
vorsagt, warum brauche ich<br />
dann überhaupt e<strong>in</strong> Studium zum<br />
Zahnarztberuf oder e<strong>in</strong>e dreijährige<br />
Ausbildung zur ZFA, und was tue ich,<br />
wenn es nicht so läuft? Professor<br />
Schön und andere drehten sich im<br />
Grab um, wenn sie dies lesen könnten.<br />
Gleiche E<strong>in</strong>heiten und E<strong>in</strong>richtungen<br />
<strong>in</strong> allen Zimmern, kurze<br />
Griffwege, alles an se<strong>in</strong>em Platz, Reduktion<br />
an Werkzeug und Materialien,<br />
ke<strong>in</strong> Suchen und Rennen von<br />
Zimmer zu Zimmer oder zum Vorratsschrank,<br />
Gleiches gleichbehandeln<br />
und besonders e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>gespieltes<br />
abgestimmtes partnerschaftliches<br />
Team. Wenn dazu noch e<strong>in</strong>e entspannte<br />
abwechselnde Arbeitshaltung<br />
kommt und auch Rücksicht auf<br />
die besonders bei älteren Patienten<br />
vorhandenen Beweglichkeitse<strong>in</strong>schränkungen<br />
genommen wird, steht e<strong>in</strong>er<br />
guten ergonomisch und ökonomisch<br />
erfolgreichen Behandlung nichts im<br />
Wege, auch nicht <strong>in</strong> der Kassenpraxis.<br />
Dr. Jörg Augenste<strong>in</strong>, Pforzheim<br />
TERMINE<br />
LANDESARBEITSGEMEINSCHAFT FÜR ZAHNGESUNDHEIT BADEN-WÜRTTEMBERG E. V.<br />
Entstehung der Karies und Zahnbetterkrankungen, Prävention durch Mundhygiene (1. Teil)<br />
Mittwoch, 6. April 2022, 14 - 16 Uhr<br />
Die Wirkung der Ernährung auf die Zähne, Prophylaxe durch Fluoride (2. Teil)<br />
Dienstag, 10. Mai 2022, 9 - 11 Uhr<br />
Entstehung der Karies und Zahnbetterkrankungen, Prävention durch Mundhygiene (1. Teil)<br />
Donnerstag, 9. Juni 2022, 14 - 16 Uhr (2. Teil im September 2022)<br />
Ort: Web-Sem<strong>in</strong>are<br />
Zahngesundheits-Tipps für Kids – so bleiben (K<strong>in</strong>der-)Zähne gesund<br />
Dienstag, 26. April 2022, 9 - 16 Uhr<br />
Dienstag, 17. Mai 2022, 9 - 16 Uhr<br />
Dienstag, 14. Juni 2022, 9 - 16 Uhr<br />
Ort: Zahnärztehaus Stuttgart-Möhr<strong>in</strong>gen, Albstadtweg 9, 70567 Stuttgart<br />
Die Teilnahme am Sem<strong>in</strong>ar ist kostenlos.<br />
Bitte geben Sie diese Term<strong>in</strong>e an Erzieher*<strong>in</strong>nen Ihres Bekannten- und<br />
Patientenkreises weiter.<br />
Information und Anmeldung:<br />
Landesarbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />
für Zahngesundheit<br />
Baden-Württemberg e. V.<br />
Heßbrühlstr. 7<br />
70565 Stuttgart<br />
Telefon 07 11 22 29 66-18<br />
E-Mail: <strong>in</strong>fo@lagz-bw.de<br />
Internet: www.lagz-bw.de
42_FORTBILDUNG<br />
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
Implantologie<br />
MIKROBIOM DES<br />
ORALEN BIOFILMS<br />
BEI PERIIMPLANTITIS<br />
Foto: AdobeStock/Design Cells<br />
Dentale Implantationen stellen heutzutage e<strong>in</strong> wichtiges und rout<strong>in</strong>emäßiges Therapieverfahren<br />
<strong>in</strong> der Zahnmediz<strong>in</strong> dar, mit Zehn-Jahres-Implantatüberlebensraten von über<br />
90 Prozent (Morasch<strong>in</strong>i et al. 2015). Die häufigsten Komplikationen kommen <strong>in</strong> Form von<br />
periimplantären Entzündungen im Weich- und Hartgewebe vor und können sich um jedes<br />
Implantatsystem bilden.<br />
Als periimplantäre Mukositis werden Schleimhautentzündungen<br />
ohne progredienten Knochenverlust def<strong>in</strong>iert,<br />
während es bei der Periimplantitis bereits zum Knochenabbau<br />
gekommen ist (Berglundh al. 2018) (Abb. 1). Als<br />
Krankheitsursache wird der Biofilm an der Implantatoberfläche<br />
angesehen, welcher e<strong>in</strong>e Mukositis <strong>in</strong>duziert, die im<br />
weiteren Verlauf <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Periimplantitis mit Knochenabbau<br />
mündet (Al-Ahmad et al. 2018, Berglundh et al. 2018).<br />
Im Rahmen der Diskussion um den Pathomechanismus<br />
der Periimplantitis werden allerd<strong>in</strong>gs auch chirurgische,<br />
prothetische und biomechanische Ursachen angeführt<br />
(Fretwurst et al. 2016, Fretwurst et al. 2018, Nelson et al.<br />
2020).<br />
Ob sich die Prävalenz und Krankheitsk<strong>in</strong>etik der Periimplantitis<br />
um Keramikimplantate im Vergleich zu Titanimplanaten<br />
unterscheidet, ist unbekannt (Cionca et al. 2017,<br />
Fretwurst et al. 2021). Allerd<strong>in</strong>gs zeigen erste humane Biopsien<br />
des Entzündungsgewebes um Titan- und Keramikimplantate<br />
zum Zeitpunkt der Implantatentfernung ke<strong>in</strong>e<br />
Unterschiede <strong>in</strong> der zellulären Immunologie (Abb. 2). Jedoch<br />
konnten patienten<strong>in</strong>dividuelle Unterschiede festgestellt<br />
werden, welche spezifische Risikofaktoren auf Patientenebene<br />
nahelegen (Fretwurst et al. 2021, Fretwurst & Nelson<br />
2021, Wölber & Fretwurst 2022).<br />
Als patienten<strong>in</strong>dividuelle Risikofaktoren werden e<strong>in</strong>e bestehende<br />
Parodontitis, Plaque und e<strong>in</strong>geschränkte Mund-
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
43_FORTBILDUNG<br />
hygiene sowie fehlende Adhärenz des Patienten im Nachsorgeverhalten,<br />
fehlende befestigte G<strong>in</strong>giva, Rauchen, pro<strong>in</strong>flammatorische<br />
Ernährung, Diabetes und e<strong>in</strong>e mögliche<br />
genetische Prädisposition des Patienten diskutiert. Dabei<br />
ist <strong>in</strong>teressant, dass nicht alle Risikofaktoren gleichermaßen<br />
für die Periimplantitis und die Parodontitis evidenzbasiert<br />
s<strong>in</strong>d. Während Diabetes und Rauchen e<strong>in</strong>deutig als<br />
Risikofaktoren für die Parodontitis ausgemacht werden<br />
konnten, s<strong>in</strong>d die diesbezüglichen Studien zur Periimplantitis<br />
zum Teil heterogen (Berglundh et al. 2018, Sanz et al.<br />
2021). Für die Risikofaktoren akute Parodontitis, erhöhte<br />
Plaquewerte und e<strong>in</strong>geschränktes Nachsorgeverhalten ist<br />
die Evidenz für die Periimplantitis allerd<strong>in</strong>gs robust.<br />
DIAGNOSTIK<br />
Für die Diagnostik der Periimplantitis wird die periimplantäre<br />
Taschentiefenmessung und der radiologische<br />
marg<strong>in</strong>ale Knochenverlust laut S3-Leitl<strong>in</strong>ie empfohlen<br />
(Schwarz et al. 2016). Diese Leitl<strong>in</strong>ie bef<strong>in</strong>det sich aktuell <strong>in</strong><br />
Überarbeitung. E<strong>in</strong>e Periimplantitis liegt def<strong>in</strong>itionsgemäß<br />
bei periimplantären Taschentiefen ≥ 6 mm mit nachweisbarem<br />
radiologischen Knochenabbau vor (Berglundh<br />
et al. 2018). Weitere kl<strong>in</strong>ische Symptome wie Mobilität des<br />
Implantates, Schmerzen und/oder Pus zeigen sich nicht<br />
zwangsläufig bei jeder Periimplantitis und können daher<br />
nicht als Standarddiagnostik herangezogen werden<br />
(Schwarz et al. 2016). Als radiologische Bildgebung können<br />
sowohl das Orthopantomogramm (OPG) als auch Zahnfilme<br />
<strong>in</strong> der Rechtw<strong>in</strong>keltechnik genutzt werden (Fretwurst<br />
et al. 2020).<br />
Aufgrund der limitierten Diagnostikmöglichkeiten wird <strong>in</strong><br />
der Periimplantitisforschung e<strong>in</strong> Schwerpunkt auf die Etablierung<br />
von mikrobiologischen und immunologischen<br />
Diagnostikmethoden gelegt (Duarte et al. 2016, Ghassib et<br />
al. 2019, Sahrmann et al. 2020). Mikrobiologische oder immunologische<br />
Tests sollten allerd<strong>in</strong>gs aufgrund der begrenzten<br />
Aussagekraft noch nicht zur Diagnostik e<strong>in</strong>er Periimplantitis<br />
herangezogen werden.<br />
MIKROBIOM<br />
Der gesamte menschliche Körper beherbergt ca. 1 Billion<br />
Mikroorganismen. Unter dem Mikrobiom versteht man die<br />
Gesamtheit aller Bakterien e<strong>in</strong>es Organismus, e<strong>in</strong>er Körperregion<br />
oder e<strong>in</strong>es Organs, welche komplexe bakterielle<br />
Ökosysteme darstellen (Rajpoot et al. 2018). Im Rahmen<br />
des humanen Mikrobiom-Projekts wurden <strong>in</strong> den letzten<br />
Dekaden vorrangig das Mikrobiom des gastro<strong>in</strong>test<strong>in</strong>alen<br />
Traktes, der Haut, der Schleimhäute der Geschlechtsorgane<br />
und der Mundhöhle auf ihre Biodiversität untersucht (Guarner<br />
et al. 2003, Rajpoot et al. 2018). Humane Mikrobiomstudien<br />
haben gezeigt, dass sich das Mikrobiom nicht nur<br />
von unterschiedlichen Körperregionen sowie von gesunden<br />
und kranken Patienten unterscheidet, sondern dass auch<br />
ganz beträchtliche <strong>in</strong>ter<strong>in</strong>dividuelle Unterschiede zwischen<br />
gesunden Patienten bestehen (Huttenhower et al. 2012).<br />
Hierfür werden bee<strong>in</strong>flussende Faktoren wie Gesundheitsstatus,<br />
Medikamentene<strong>in</strong>nahme, Lebensstil und Ernährung<br />
diskutiert (Scott et al. 2013). So ist die Mikrobiomforschung<br />
e<strong>in</strong> Forschungsschwerpunkt im Bereich der personalisierten<br />
Mediz<strong>in</strong> geworden, um Krankheitsursache und<br />
-entstehung, sowie Krankheitsverlauf <strong>in</strong> verschiedenen Organsystemen<br />
zu erklären.<br />
In der Zahnmediz<strong>in</strong> wird für diese Mikrobiomforschung<br />
auf Speichel, subg<strong>in</strong>givale Plaque, Zahnste<strong>in</strong> und parodontales<br />
bzw. periimplantäres Sulkusfluid zurückgegriffen.<br />
1a<br />
1b<br />
1c<br />
Kl<strong>in</strong>ik. Das Orthopantomogramm zeigt e<strong>in</strong>en ausgeprägten periimplantären<br />
Knochenverlust regio 13 – 23 mit z. T. > 50 Prozent Knochenverlust an den Implantaten<br />
(1a). Kl<strong>in</strong>ische, <strong>in</strong>traoperative Darstellung der ausgeprägten Periimplantitis<br />
<strong>in</strong> regio 13 – 23 nach Entfernung des periimplantären Entzündungsgewebes<br />
(1b). OP-Situs nach Explantation der Implantate. Die Kieferhöhle imponiert <strong>in</strong><br />
regio 13 punktförmig eröffnet (1c).
44_FORTBILDUNG<br />
ZBW_4/2022<br />
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2<br />
Immunologie. Histologische Auswertungen von periimplantärem Entzündungsgewebe um Titanimplantate (oben) und Keramikimplantate (unten)<br />
zeigen bei der Explantation ke<strong>in</strong>e signifikanten Unterschiede <strong>in</strong> der zellulären Immunologie beider Materialien, allerd<strong>in</strong>gs patienten<strong>in</strong>dividuelle Unterschiede.<br />
Immunhistologischen Färbungen: Immunantikörper gegen CD 3 (T-Lymphozyten), CD 20 (B-Lymphozyten), CD 68 (Makrophagen) und<br />
CD 138 (Plasmazellen). Aus Fretwurst et al. 2021, mit freundlicher Genehmigung von Wiley & Sons.<br />
Insgesamt umfasst das orale Mikrobiom ca. 700 Spezies,<br />
davon s<strong>in</strong>d über die Hälfte <strong>in</strong> den parodontalen Taschen lokalisiert.<br />
Auch hier zeigen sich erhebliche <strong>in</strong>ter<strong>in</strong>dividuelle<br />
Unterschiede <strong>in</strong> Bezug auf Spezies und Anzahl (Paster et al.<br />
2006). Klassische kulturabhängige Techniken können aufgrund<br />
ihrer Selektivität nur maximal die Hälfte der tatsächlich<br />
vorhandenen oralen Mikroorganismen nachweisen<br />
und verfehlen so den Ansatz, das gesamte Mikrobiom<br />
darzustellen (Abb. 3) (Aas et al. 2005). Durch metagenomische<br />
Methoden wie den E<strong>in</strong>satz von Hochdurchsatz-Sequenziermethoden<br />
(Sequenzierung der nächsten Generation,<br />
next generation sequenc<strong>in</strong>g „NGS“) kann die Mikrobiomanalyse<br />
der mit Parodontitis und Periimplantitis assoziierten<br />
Biofilme umfassender und effizienter durchgeführt<br />
werden (Liu et al. 2012, Belibasakis und Manoil 2021).<br />
MIKROBIOM DER PERIIMPLANTITIS<br />
Mittels NGS und der kulturunabhängigen Klonierungstechnik<br />
konnten gezeigt werden, dass der mit Periimplantitis<br />
assoziierte orale Biofilm e<strong>in</strong>e unterschiedliche mikrobielle<br />
Zusammensetzung im Vergleich zu dem auf gesunden<br />
Implantaten nachgewiesenen Biofilm hat (Al-Ahmad et al.<br />
2018, Belibasakis und Manoil 2021). Kumar et al. (2012) haben<br />
mittels NGS nachgewiesen, dass die Mikrobiota bei Periimplantitis<br />
e<strong>in</strong>e niedrigere Diversität und e<strong>in</strong>e dist<strong>in</strong>kte<br />
Zusammensetzung hat als im Parodontitis-Biofilm. Ferner<br />
zeigten die Autoren, dass die Gattungen Butyrivibrio, Campylobacter,<br />
Eubacterium, Prevotella, Selenomonas, Streptococcus,<br />
Act<strong>in</strong>omyces, Leptotrichia, Propionibacterium, Peptococcus,<br />
Lactococcus und Treponema vorherrschend mit<br />
der Periimplantitis assoziiert waren. In e<strong>in</strong>er NGS-Untersuchung<br />
an benachbarten Periimplantitis- und Parodontitis-<br />
Nischen konnte gezeigt werden, dass die Diversität der periimplantären<br />
Mikrobiota niedriger und die Abundanz von<br />
Staphylococcus pettenkoferi und Staphylococcus hom<strong>in</strong>is<br />
höher im Vergleich zum Parodotontitis-Biofilm war (Dabdoub<br />
et al. 2013, Belibasakis und Manoil 2021).<br />
Insgesamt lässt sich beim Vergleich zwischen dem Mikrobiom<br />
von Periimplantitis und der Mikrobiota gesunder Implantate<br />
feststellen, dass es geme<strong>in</strong>same sowie charakteristische<br />
Taxa für beide Zustände gibt (Belibasakis und Manoil<br />
2021). Zu den geme<strong>in</strong>samen Bakterienspezies und Gat-
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
45_FORTBILDUNG<br />
3a<br />
3b<br />
Fotos: Prof. Dr. Al-Ahmad<br />
Mikroorganismen. Rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen des Biofilms an Implantatoberflächen zum Zeitpunkt der Explantation bei<br />
Periimplantitis. Spirochätenförmige Bakterien (3a, Pfeile) und diverse Bakterienspezies e<strong>in</strong>gebettet <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Biofilmmatrix (3b, Pfeile).<br />
tungen gehören Fusobacterium, Veillonella parvula, Veillonella<br />
dispar, Neisseria, Campylobacter gracilis, Rothia dentocariosa,<br />
Streptococcus und Anaerococcus. Zu den<br />
Mikroorganismen, die bei Periimplantitis dom<strong>in</strong>ieren, zählen<br />
Eubacterium, Campylobacter, Treponema denticola,<br />
Fretibacterium fastidiosum, Porphyromonas g<strong>in</strong>givalis,<br />
Porphyromonas endodontalis, Treponema socranskii, Treponema<br />
lecith<strong>in</strong>olyticum, Anaeroglobus gem<strong>in</strong>atus, Tannerella<br />
forsythia, Mogibacterium, Peptococcus, Act<strong>in</strong>omyces,<br />
Butyrivibrio und Filifactor alocis.<br />
FAZIT<br />
Die Mikrobiomforschung der Periimplantitis ist durch<br />
Hochdurchsatz-Sequenziermethoden (NGS) deutlich verbessert<br />
worden. In der Periimplantitis s<strong>in</strong>d die Gattungen<br />
Prevotella, Selenomonas, Streptococcus, Act<strong>in</strong>omyces, Leptotrichia,<br />
Propionibacterium, Peptococcus, Lactococcus<br />
und Treponema u. a. vorherrschend. Es zeigen sich allerd<strong>in</strong>gs<br />
erhebliche <strong>in</strong>ter<strong>in</strong>dividuelle Unterschiede. Immunologische<br />
und mikrobiologische Tests s<strong>in</strong>d für die Diagnostik<br />
der Periimplantitis aufgrund der begrenzten Aussagekraft<br />
aktuell nicht zu empfehlen.<br />
Prof. Dr. Tobias Fretwurst, Prof. Dr. Katja Nelson,<br />
Kl<strong>in</strong>ik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie/Translationale<br />
Implantologie, Department für Zahn-,<br />
Mund- und Kieferheilkunde, Universitätskl<strong>in</strong>ikum Freiburg<br />
Prof. Dr. Johan Wölber, Prof. Dr. Elmar Hellwig, Prof. Dr Ali Al-Ahmad,<br />
Kl<strong>in</strong>ik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie, Department<br />
für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Universitätskl<strong>in</strong>ikum<br />
Freiburg, Albert-Ludwig Universität<br />
Das Literaturverzeichnis kann beim IZZ bestellt werden unter<br />
Tel: 0711/222966-14 oder E-Mail: <strong>in</strong>fozahnarzteblatt.de.<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
0711/222966-14<br />
<strong>in</strong>fo@zahnaertzeblatt.de<br />
Prof. Dr. Tobias Fretwurst<br />
Fachzahnarzt für Oralchirurgie<br />
Universitätskl<strong>in</strong>ikum Freiburg<br />
Jahresbericht 2021 der LZK BW<br />
Nachhaltig <strong>in</strong> die Zukunft<br />
Die Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg legt<br />
jedes Jahr e<strong>in</strong>en Jahresbericht mit Informationen<br />
über berufspolitische Ziele und Entscheidungen der<br />
Kammerorgane, der Ausschüsse und Arbeitskreise<br />
sowie der Fortbildungs<strong>in</strong>stitute vor.<br />
Blättern Sie sich durch den Jahresbericht ….
46_IM BLICK<br />
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
Interview mit Prof. Dr. Dr. Benedicta Beck-Broichsitter<br />
DIE BESTMÖGLICHE INDIVIDUELLE<br />
THERAPIE ANBIETEN<br />
Prof. Dr. Dr. Benedicta Beck-Broichsitter ist seit Januar dieses Jahres Ärztliche Direktor<strong>in</strong><br />
der Kl<strong>in</strong>ik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, plastisch-ästhetische Operationen,<br />
Zentrum für Implantologie am Kl<strong>in</strong>ikum Stuttgart. Die 40-jährige gebürtige Ostholste<strong>in</strong>er<strong>in</strong><br />
hat damit die Leitung der größten außeruniversitären Fachkl<strong>in</strong>ik für Mund-, Kiefer- und<br />
Gesichtschirurgie <strong>in</strong> Deutschland <strong>in</strong>ne. Im ZBW-Interview spricht sie über ihren Werdegang,<br />
ihre fachlichen Schwerpunkte und ihre Ziele <strong>in</strong> ihrer neuen Aufgabe.<br />
ZBW: Frau Prof. Beck-Broichsitter, Sie<br />
waren bis Ende 2021 an der Charité <strong>in</strong><br />
Berl<strong>in</strong> als Oberärzt<strong>in</strong> tätig, die letzten<br />
zwei Jahre als stellvertretende Direktor<strong>in</strong><br />
der Kl<strong>in</strong>ik für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie.<br />
Was hat Sie zu dem aktuellen<br />
Karriereschritt und dem Ortswechsel<br />
bewogen?<br />
Es s<strong>in</strong>d sicherlich mehrere D<strong>in</strong>ge, die<br />
hier für mich zusammengekommen<br />
s<strong>in</strong>d: Zum e<strong>in</strong>en hat sich über die Jahre<br />
me<strong>in</strong>er Aus- und Weiterbildung und<br />
letztendlich dann auch <strong>in</strong> der stellvertretenden<br />
Leitungsfunktion an der<br />
Charité me<strong>in</strong> Wunsch verfestigt, e<strong>in</strong>e<br />
Kl<strong>in</strong>ik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie<br />
zu leiten, den Patient*<strong>in</strong>nen<br />
moderne Therapiekonzepte<br />
anzubieten und sie danach zu behandeln.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus habe ich viel<br />
Freude an der Ausbildung ärztlicher<br />
Kolleg*<strong>in</strong>nen. Als Ärztliche Direktor<strong>in</strong><br />
habe ich den hierfür notwendigen Freiraum<br />
e<strong>in</strong>e Abteilung nach me<strong>in</strong>en Vorstellungen<br />
zu gestalten und diese zu<br />
verwirklichen. Das ist für mich persönlich<br />
e<strong>in</strong>e sehr schöne aber auch herausfordernde<br />
Aufgabe.<br />
Zum anderen spielt selbstverständlich<br />
die Reputation der Kl<strong>in</strong>ik e<strong>in</strong>e große<br />
Rolle. Das Kl<strong>in</strong>ikum Stuttgart ist als<br />
Maximalversorger überregional bekannt<br />
und genießt – <strong>in</strong>sbesondere die<br />
Kl<strong>in</strong>ik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie<br />
– e<strong>in</strong>en hervorragenden Ruf,<br />
sodass es für mich neben all den Herausforderungen<br />
auch e<strong>in</strong>e große Ehre<br />
und Freude ist, die Nachfolge e<strong>in</strong>er so<br />
großen Persönlichkeit unseres Faches<br />
wie Prof. Dieter We<strong>in</strong>gart <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er so renommierten<br />
Kl<strong>in</strong>ik anzutreten.<br />
Neben dem Doppelstudium Humanund<br />
Zahnmediz<strong>in</strong> haben Sie e<strong>in</strong>en<br />
Prof. Dr. Dr. Benedicta Beck-Broichsitter<br />
„Master of Hospital Management“ abgelegt.<br />
Zudem absolvieren Sie den<br />
Masterstudiengang Implantologie<br />
und Parodontologie und die Weiterbildung<br />
zum Tätigkeitsschwerpunkt<br />
Ästhetische Gesichtschirurgie. Was<br />
treibt Sie beruflich am stärksten an:<br />
Die eigene Behandlungstätigkeit und<br />
die Gewissheit, Patient*<strong>in</strong>nen <strong>in</strong>dividuell<br />
helfen zu können, die vielfältigen<br />
organisatorischen Aufgaben <strong>in</strong><br />
der Leitungsfunktion e<strong>in</strong>es großen<br />
Kl<strong>in</strong>ikums oder der wissenschaftliche<br />
Fortschritt im weiten Feld der Mediz<strong>in</strong><br />
und Zahnmediz<strong>in</strong>?<br />
Ich denke, dass es von allem e<strong>in</strong> bisschen<br />
ist. Me<strong>in</strong>e persönliche Sichtweise<br />
und Hauptmotivation besteht dar<strong>in</strong>,<br />
dass es immer die Möglichkeit zur Verbesserung<br />
und zur Erweiterung des eigenen<br />
Wissenshorizont gibt. Ich sehe<br />
me<strong>in</strong>e persönliche Aus- und Weiterbildung<br />
nicht als abgeschlossen an, sondern<br />
als e<strong>in</strong>en kont<strong>in</strong>uierlichen, lebenslangen<br />
Lernprozess. Hieraus ergibt<br />
sich automatisch me<strong>in</strong> Anspruch,<br />
Patient*<strong>in</strong>nen die bestmögliche <strong>in</strong>dividuelle<br />
Therapie anzubieten, neue Behandlungsspektren<br />
zu erschließen und<br />
natürlich auch die Prozesse <strong>in</strong> der Kli-<br />
Foto: privat
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
47_IM BLICK<br />
nik zu optimieren. Diese Herausforderungen<br />
münden darüber h<strong>in</strong>aus häufig<br />
<strong>in</strong> wissenschaftlichen Fragestellungen,<br />
bei denen ich mich und me<strong>in</strong>e Behandlungsergebnisse<br />
auswerte oder nach<br />
Lösungsansätzen suche.<br />
Sie haben zum Thema „Endokultivierung,<br />
quo vadis? – Auf den Spuren der<br />
natürlichen Knochenheilung“ habilitiert.<br />
Welches Potential sehen Sie <strong>in</strong><br />
diesem Bereich für konkrete Fortschritte<br />
<strong>in</strong> der Versorgung der Patient*<strong>in</strong>nen?<br />
Me<strong>in</strong> Habilitationsthema ergab sich<br />
aus e<strong>in</strong>er dieser konkreten Herausforderungen<br />
unseres Fachgebiets, nämlich<br />
der Entwicklung alternativer<br />
Möglichkeiten zur Wiederherstellung<br />
der knöchernen Kont<strong>in</strong>uität bzw. der<br />
Form des Kiefers. Die Gewebezüchtung<br />
(Tissue Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g) ist e<strong>in</strong>e weiterh<strong>in</strong><br />
sehr vielversprechende Technik,<br />
<strong>in</strong> die ich zu der Zeit sehr gute E<strong>in</strong>blicke<br />
gew<strong>in</strong>nen konnte. Die Weiterentwicklung<br />
von dreidimensionalen<br />
Druckverfahren ist mittlerweile so<br />
weit gelangt, dass Zellen und Wirkstoffe<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong> biokompatibles Trägermaterial,<br />
<strong>in</strong> so genannten Biopr<strong>in</strong>t<strong>in</strong>g-<br />
Verfahren, gedruckt werden können.<br />
Das stellt me<strong>in</strong>es Erachtens die Grundvoraussetzung<br />
und zugleich e<strong>in</strong>en<br />
Meilenste<strong>in</strong> <strong>in</strong> der Weiterentwicklung<br />
bisheriger etablierter Modelle dar, gerade<br />
wenn sie um Kenntnisse aus der<br />
knöchernen Regeneration erweitert<br />
werden. In diesem Bereich wird sehr<br />
viel getan, sodass ich mir durchaus<br />
vorstellen kann, dass die Hürde <strong>in</strong> den<br />
kl<strong>in</strong>ischen Bereich zukünftig überwunden<br />
werden könnte. In naher Zukunft<br />
halte ich es allerd<strong>in</strong>gs nicht für<br />
realistisch, da vor e<strong>in</strong>er rout<strong>in</strong>emäßigen<br />
Durchführung <strong>in</strong> der Kl<strong>in</strong>ik kritisch<br />
geprüft werden muss, ob neue<br />
Verfahren im Vergleich zu den etablierten<br />
Techniken gleichwertig anzuwenden<br />
oder gar überlegen s<strong>in</strong>d. Bis zu<br />
diesem Zeitpunkt s<strong>in</strong>d wir angehalten,<br />
unsere Techniken zu verbessern, zu <strong>in</strong>dividualisieren<br />
und m<strong>in</strong>imal<strong>in</strong>vasiver<br />
zu gestalten, um die Belastung des Patienten/der<br />
Patient<strong>in</strong> so ger<strong>in</strong>g wie<br />
möglich zu halten.<br />
Der Fokus <strong>in</strong> Ihrer neuen Tätigkeit soll<br />
auf der Anwendung personalisierter<br />
Therapieansätze <strong>in</strong>nerhalb der Mund-,<br />
Kiefer- und Gesichtschirurgie liegen.<br />
Bitte erläutern Sie uns, welche fachlichen<br />
Schwerpunkte Sie hier sehen und<br />
welche Ziele Sie sich für das Versorgungsangebot<br />
im Kl<strong>in</strong>ikum Stuttgart<br />
setzen.<br />
Unser Fachgebiet hat die besondere<br />
Herausforderung, dass wir an dem<br />
immerzu sichtbaren Gesicht tätig<br />
s<strong>in</strong>d und unsere E<strong>in</strong>griffe sich direkt<br />
auf das Ersche<strong>in</strong>ungsbild oder auf die<br />
Sprech-, Kau- und Schluckfunktion<br />
auswirken. Deutlich erwünscht ist<br />
dies natürlich <strong>in</strong> der operativen Korrektur<br />
von Fehlbildungen und Fehlbissen,<br />
möglichst unauffällig soll es<br />
nach Entfernung von Neubildungen<br />
der Haut, der Mundhöhle oder nach<br />
der Versorgung von Knochenbrüchen<br />
im Gesicht se<strong>in</strong>. Allen diesen Konstellationen<br />
ist geme<strong>in</strong>, dass sie zwar als<br />
Krankheitsbild übergreifend beschrieben<br />
s<strong>in</strong>d, aber sehr <strong>in</strong>dividuell<br />
ausgeprägt se<strong>in</strong> können. Jeder E<strong>in</strong>griff<br />
hat daher se<strong>in</strong>e besonderen Herausforderungen.<br />
Genau hier haben<br />
wir die Möglichkeit auf diese Besonderheiten<br />
e<strong>in</strong>zugehen und mit Hilfe<br />
von computerassistierten Verfahren<br />
E<strong>in</strong>griffe zu simulieren, zu planen<br />
und patientenspezifische Implantate<br />
herstellen zu lassen, die für die <strong>in</strong>dividuelle<br />
Situation genau passend<br />
s<strong>in</strong>d. Der Vorteil liegt vor allem dar<strong>in</strong>,<br />
dass man sich als Behandler vorher<br />
virtuell mit dem Ablauf vertraut<br />
macht, mögliche Herausforderungen<br />
erkennt und direkt löst. Hierdurch<br />
kann der E<strong>in</strong>griff <strong>in</strong> der Regel <strong>in</strong> kürzerer<br />
Zeit, ggf. mit kle<strong>in</strong>eren chirurgischen<br />
Zugängen durchgeführt und<br />
die Erholungszeit vom E<strong>in</strong>griff <strong>in</strong> der<br />
Regel verkürzt werden. Außerdem<br />
können wir mit hoher Präzision <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em gewissen Korridor der Genauigkeit<br />
im Millimeterbereich Ergebnisse<br />
vorhersagen. Dies ist gerade für<br />
verlagernde E<strong>in</strong>griffe am Kiefer im<br />
Rahmen komb<strong>in</strong>ierter kieferorthopädisch-kieferchirurgischer<br />
E<strong>in</strong>griffe,<br />
der so genannten Dysgnathie- oder<br />
orthognathen Chirurgie, von großer<br />
Bedeutung, kommt natürlich aber<br />
auch unseren onkologischen Patient*<strong>in</strong>nen<br />
zugute, denen wir teilweise<br />
Anteile des Ober- oder Unterkiefers<br />
nach Entfernung bösartiger Tumore<br />
wieder herstellen und mit dentalen<br />
Implantaten bzw. Zahnersatz versorgen<br />
wollen. Das Spektrum möglicher<br />
Anwendungen ist sehr breit und der<br />
Nutzen für unsere Patient*<strong>in</strong>nen entsprechend<br />
groß.<br />
Zwischen Kiel und Stuttgart liegen gut<br />
750 Kilometer. Wie s<strong>in</strong>d Sie als Nordlicht<br />
im Schwabenland angekommen?<br />
In me<strong>in</strong>er Assistenzzeit <strong>in</strong> Kiel war ich<br />
bereits kollegial von Schwaben umz<strong>in</strong>gelt<br />
und b<strong>in</strong> aus dieser Zeit mit<br />
„Röhrle“, „Schräuble“ und „Plättle“ <strong>in</strong><br />
me<strong>in</strong>er chirurgischen Weiterbildung<br />
aufgewachsen. Diesen schwäbischen<br />
M<strong>in</strong>imalwortschatz habe ich mir über<br />
die Jahre erhalten. Das gelegentliche<br />
„Mo<strong>in</strong>“, das mir zur Begrüßung (noch)<br />
über die Lippen kommt, wird mir zugestanden<br />
und ich denke auch verziehen.<br />
Ich b<strong>in</strong> <strong>in</strong> der Kl<strong>in</strong>ik ausgesprochen<br />
herzlich aufgenommen worden und<br />
fühle mich <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em neuen Umfeld<br />
sehr wohl.<br />
Zum Schluss: Wissen Sie, was<br />
„Breschdl<strong>in</strong>gsgsälz“ ist?<br />
(lacht). Ne<strong>in</strong>, ich musste es <strong>in</strong> der Tat<br />
nachschlagen. Dabei habe ich e<strong>in</strong>e große<br />
Schwäche für Erdbeermarmelade.<br />
INFO<br />
Die Fragen stellte<br />
Dr. Holger Simon-Denoix<br />
Die Kl<strong>in</strong>ik für Mund-, Kiefer- und<br />
Gesichtschirurgie, Plastischästhetische<br />
Operationen, Zentrum<br />
für Implantologie des Kl<strong>in</strong>ikums<br />
Stuttgart, ist die größte<br />
deutsche außeruniversitäre Fachkl<strong>in</strong>ik<br />
für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie.<br />
Das Leistungsspektrum<br />
umfasst die Maximalversorgung<br />
und entspricht dem<br />
vieler universitärer Abteilungen.<br />
Die Spezialisierungen s<strong>in</strong>d der<br />
Wiederaufbau von hochgradig zurückgebildeten<br />
Kieferknochen als<br />
Folge des Verlustes der natürlichen<br />
Zähne, um Kaufähigkeit,<br />
Sprachfunktion und Gesichtsästhetik<br />
wiederherzustellen. Die Kl<strong>in</strong>ik<br />
wurde dafür vom International<br />
Team of Implantology (ITI) zum<br />
„Center of Excellence“ ernannt.<br />
Zudem ist sie auf die Verwendung<br />
patienten<strong>in</strong>dividueller Implantate<br />
zur Wiederherstellung von Gesichtsschädelknochen<br />
spezialisiert<br />
(CAD-CAM-Technologie).
48_SOZIALES ENGAGEMENT<br />
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
Zahnarzt Dimitri Schulz auf Hilfse<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> der Ukra<strong>in</strong>e<br />
MIT MEDIKAMENTEN HIN –<br />
MIT GEFLÜCHTETEN ZURÜCK<br />
Seit mehr als sieben Jahren gibt es e<strong>in</strong>en bewaffneten Konflikt zwischen der Ukra<strong>in</strong>e und<br />
Russland. Viele Jahre schwelte dieser Krieg, nun lassen die russischen Angriffe auf die Ukra<strong>in</strong>e<br />
alte Ängste wieder aufflammen. Was nun auf dem Spiel steht, reicht weit über die Grenzen der<br />
Ukra<strong>in</strong>e h<strong>in</strong>aus. Das ZBW sprach mit Dimitri Schulz, <strong>in</strong> der Ukra<strong>in</strong>e geboren und als Zahnarzt<br />
<strong>in</strong> Stuttgart tätig, der bereits bei mehreren Hilfse<strong>in</strong>sätzen tätig war.<br />
ZBW: Herr Schulz, Sie<br />
wurden <strong>in</strong> Dnipro geboren,<br />
e<strong>in</strong> Ort, der heute <strong>in</strong><br />
der Ukra<strong>in</strong>e liegt, früher<br />
aber zur Sowjetunion gehörte.<br />
Können Sie uns e<strong>in</strong><br />
wenig über Ihren familiären<br />
H<strong>in</strong>tergrund berichten,<br />
damit wir e<strong>in</strong> Gefühl<br />
für Ihre persönliche Situation<br />
bekommen?<br />
Natürlich gerne. Me<strong>in</strong>e<br />
Mutter ist Deutsche,<br />
me<strong>in</strong> Vater Ukra<strong>in</strong>er. Der<br />
deutsche Stammbaum<br />
lässt sich bis auf das 18.<br />
Jahrhundert zurückverfolgen.<br />
Damals zogen<br />
unsere Vorfahren aus<br />
Großbottwar bei Ludwigsburg<br />
<strong>in</strong> die Ukra<strong>in</strong>e,<br />
wo sie Land von den Kosaken<br />
pachteten und als<br />
Bauern lebten. Belegt<br />
s<strong>in</strong>d auch deren Wohnort<br />
„Neu Stuttgart“ bei<br />
Berdjansk am Asowschen<br />
Meer. Nach Deportationen<br />
<strong>in</strong> den beiden Weltkriegen nach Kasachstan<br />
kehrte man immer wieder <strong>in</strong><br />
die Ukra<strong>in</strong>e zurück.<br />
Väterlicherseits stammt die Familie aus<br />
Zaporizhzhia, wo ich auch e<strong>in</strong>ige Jahre<br />
me<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>dheit verbrachte.<br />
Me<strong>in</strong>e Eltern lernten sich <strong>in</strong> der mediz<strong>in</strong>ischen<br />
Akademie <strong>in</strong> Dnipro kennen.<br />
Beide studierten Zahnmediz<strong>in</strong>.<br />
Wann beschloss Ihre Familie, <strong>in</strong><br />
Deutschland zu leben?<br />
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion<br />
zog der deutsche Teil der Familie<br />
zurück nach Ludwigsburg. Von 2005 bis<br />
2010 studierte ich, entsprechend unserer<br />
Familientradition, Zahnmediz<strong>in</strong> an<br />
E<strong>in</strong>satz. Mit dem Privatauto, vollbepackt mit Medikamenten, Lebensmitteln und Hilfsgütern machte sich ZA Dimitri<br />
Schulz bereits mehrfach auf den Weg zur ukra<strong>in</strong>isch-polnischen Grenze.<br />
der Akademie <strong>in</strong> Dnipro. Anschließend<br />
legte ich nach e<strong>in</strong>er Vorbereitungs- und<br />
Assistenzzeit me<strong>in</strong>e Gleichwertigkeitsprüfung<br />
<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> an der Charité ab.<br />
Ich arbeitete noch e<strong>in</strong>ige Jahre mit me<strong>in</strong>er<br />
Mutter zusammen <strong>in</strong> Neckarsulm<br />
und entschloss mich im Jahr 2015 <strong>in</strong><br />
Stuttgart Fuß zu fassen, was wunderbar<br />
gelang, da ich das beste Team gefunden<br />
habe, das ich mir vorstellen kann.<br />
Haben Sie noch Verb<strong>in</strong>dungen <strong>in</strong> die<br />
alte Heimat?<br />
Ja, ich habe nach wie vor viele Verb<strong>in</strong>dungen<br />
<strong>in</strong> die Ukra<strong>in</strong>e: Familie, Freunde,<br />
Bekannte, Geschäftspartner. Wir<br />
s<strong>in</strong>d bislang nahezu jährlich dort gewesen.<br />
Haben unseren Urlaub am Meer<br />
verbracht und Freunde besucht.<br />
Es fällt uns schwer zusehen zu müssen,<br />
wie unsere Freunde jetzt auf der Flucht<br />
s<strong>in</strong>d, bewaffnet auf E<strong>in</strong>sätze warten<br />
oder sogar bereits <strong>in</strong> Gefechte verwickelt<br />
s<strong>in</strong>d. Mit dieser Entwicklung hat<br />
niemand von uns gerechnet. Selbst Politikwissenschaftler<br />
s<strong>in</strong>d überrascht.<br />
Was ist die Ukra<strong>in</strong>e für e<strong>in</strong> Land?<br />
Man kämpft mit der eigenen sowjetischen<br />
Vergangenheit und versucht den<br />
sowjetischen Ballast wie Korruption<br />
und Misswirtschaft abzuschütteln. Hier<br />
ist me<strong>in</strong>es Erachtens <strong>in</strong> den letzten Jahren<br />
viel passiert und man konnte gut<br />
Fotos: Schulz
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
49_SOZIALES ENGAGEMENT<br />
Unterstützung. Die nicht abreißende Flüchtl<strong>in</strong>gsströme mit entkräfteten, erkrankten und psychisch stark belasteten Menschen<br />
f<strong>in</strong>den <strong>in</strong> Warenlagern wie diesem Lebensmittel und auch Medikamente.<br />
beobachten, dass die jungen Ukra<strong>in</strong>er<br />
Europäer geworden s<strong>in</strong>d.<br />
Die Konflikte der letzten Jahre haben<br />
den Nationalstolz und Zusammenhalt,<br />
aber auch die Identität des ukra<strong>in</strong>ischen<br />
Volks gestärkt. Der Großteil sehnt sich<br />
nach e<strong>in</strong>em ruhigen und guten Leben<br />
nach europäischem Vorbild. Russland<br />
ist für die Mehrheit h<strong>in</strong>gegen e<strong>in</strong> Symbol<br />
der alten Ordnung.<br />
Die Ukra<strong>in</strong>er s<strong>in</strong>d für mich warmherzige<br />
Menschen. Man kann offen sprechen,<br />
sich umarmen, fröhlich se<strong>in</strong>. So<br />
war es beispielsweise nie e<strong>in</strong> Problem,<br />
am selben oder nächsten Tag nach Ankunft<br />
noch mit Freunden etwas auszumachen,<br />
feiern zu gehen oder sich zu<br />
Hause zu treffen. Ich empfand es immer<br />
als unkompliziert. In Deutschland h<strong>in</strong>gegen<br />
brauchen wir oft wochenlange<br />
Planung, bis wir e<strong>in</strong>en Term<strong>in</strong> f<strong>in</strong>den,<br />
um uns zu treffen. Es macht mich oft<br />
traurig, wie verplant wir hier alle s<strong>in</strong>d.<br />
Sie sprechen russisch, haben aber ukra<strong>in</strong>ische<br />
Wurzeln. Birgt dieser Umstand<br />
für Sie Konfliktpotential?<br />
Obwohl ich persönlich nur russisch spreche,<br />
fühle ich mich als Ukra<strong>in</strong>er. Me<strong>in</strong>e<br />
Frau wuchs ebenfalls <strong>in</strong> Dnipro auf, allerd<strong>in</strong>gs<br />
zweisprachig. Dies war jedoch<br />
nie e<strong>in</strong> Diskrim<strong>in</strong>ierungsgrund, wie so<br />
oft <strong>in</strong> russischen Medien verbreitet wird.<br />
Ich b<strong>in</strong> <strong>in</strong> Deutschland schon <strong>in</strong> den<br />
K<strong>in</strong>dergarten gegangen. Me<strong>in</strong>e Eltern<br />
brachten mir zu Hause Russisch lesen<br />
und schreiben bei. Gesprochen wurde<br />
schon immer Russisch zu Hause. In<br />
Dnipro sprechen nach wie vor viele Russisch.<br />
Willkommen heißt man Russland<br />
dort aber dennoch nicht.<br />
Die ukra<strong>in</strong>ischen Armee und Bürgerwehren<br />
s<strong>in</strong>d bewaffnet und s<strong>in</strong>d entschlossen,<br />
sich zu verteidigen. Die Russen<br />
haben, geblendet durch die Staatspropaganda,<br />
diese Gegenwehr nicht erwartet.<br />
Ich denke viele wollen auch<br />
nicht gegen die Ukra<strong>in</strong>er kämpfen. Aber<br />
was bleibt ihnen übrig? Desertieren und<br />
lebenslang <strong>in</strong> Schande und im Gulag leben?<br />
Es ist e<strong>in</strong>e Zwickmühle.<br />
Er<strong>in</strong>nern Sie sich, wo Sie waren, als Sie<br />
vom russischen Überfall auf die Ukra<strong>in</strong>e<br />
erfuhren?<br />
Als der Krieg begann, war ich gerade <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er Besprechung mit Architekten,<br />
Vermietern und me<strong>in</strong>en Ansprechpartnern<br />
me<strong>in</strong>er neuen Praxis. Der<br />
Umzug ist für den 1. September dieses<br />
Jahres geplant. Ich weiß noch gut, wie<br />
ich unter Tränen machtlos am Tisch<br />
saß, da ich begriff, was da auf die Ukra<strong>in</strong>e<br />
zurollte. Welches Leid da kommt.<br />
Es war pures Unverständnis – wir s<strong>in</strong>d<br />
doch im Jahr 2022. Wir s<strong>in</strong>d doch <strong>in</strong><br />
Europa!<br />
Wie empf<strong>in</strong>den Sie die Solidarität Europas<br />
mit der Ukra<strong>in</strong>e?<br />
Es ist wirklich erstaunlich, was hier bereits<br />
gestemmt wurde und wie solidarisch<br />
unsere Mitmenschen <strong>in</strong> Deutschland Hilfe<br />
anbieten. Ich kriege von Kollegen aus<br />
ganz Deutschland Pakete mit Medikamenten<br />
zugeschickt. Es rührt uns sehr.<br />
Beschreiben Sie uns Ihren E<strong>in</strong>satz.<br />
Wir organisieren Hilfstransporte mit<br />
Medikamenten, Erste-Hilfe-Sets, OP-<br />
Bedarf, beschaffen Hilfsgüter, verteilen<br />
diese, fahren an die Grenzen und br<strong>in</strong>gen<br />
auf der Rückfahrt Geflüchtete mit<br />
nach Deutschland.<br />
Erhalten Sie Nachrichten aus der<br />
Ukra<strong>in</strong>e?<br />
Wir haben täglich Kontakt zu Freunden<br />
und zu Familienangehörigen. E<strong>in</strong>e Bekannte<br />
aus Kiew berichtete uns an Tag 4<br />
des Krieges, am 27. Februar 2022: „Wir<br />
hatten e<strong>in</strong>en schweren Tag. Wie überall<br />
<strong>in</strong> der Ukra<strong>in</strong>e wird hier hart gekämpft.<br />
Es ist schrecklich. Ich f<strong>in</strong>de nicht die<br />
Worte, um es zu beschreiben. Ich b<strong>in</strong><br />
mit me<strong>in</strong>er Schwester und den K<strong>in</strong>dern<br />
gerade im Keller unseres Hochhauses.<br />
Wir s<strong>in</strong>d gesund. Wir leben. Wir helfen<br />
wo wir können. Den Soldaten und Bedürftigen.<br />
Wir haben all unsere Medikamente,<br />
warme Kleidung etc. weggegeben.<br />
Nahrungsmittel werden knapp.<br />
Die Supermärkte s<strong>in</strong>d geschlossen. Wir<br />
haben noch für zirka vier Tage zu Essen.<br />
Wasser ist noch genug da. Möge der<br />
Himmel über uns friedlich bleiben.“<br />
Nur fünf Tage später, am 4. März<br />
schrieb sie <strong>in</strong> Großbuchstaben: „SIE<br />
BRINGEN UNS ALLE UM!“<br />
Zu dieser Zeit wurde Irp<strong>in</strong>, ihr Heimatort<br />
nahezu vollständig zerstört. Mittlerweile<br />
ist sie mit Ihren K<strong>in</strong>dern bei München<br />
angekommen. Ihr Mann ist geblieben<br />
um bei der Verteidigung Kyivs zu helfen.<br />
Können Sie uns e<strong>in</strong> Abbild von der Situation<br />
geben, wie Sie sie von hier aus erleben?<br />
Unsere Freunde organisieren sich <strong>in</strong><br />
Bürgerwehren oder treten <strong>in</strong> die Armee<br />
e<strong>in</strong>, um das Land zu verteidigen. E<strong>in</strong>e<br />
unbeschreibliche Kampfmoral hat das<br />
Land erfasst. Geflüchtete werden untergebracht,<br />
Bedürftige versorgt. Restaurants<br />
kochen kostenfrei für die Bürger.<br />
Lieferdienste beliefern kostenlos<br />
Bedürftige. Blut wird gespendet. Ob-
50_SOZIALES ENGAGEMENT<br />
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
» Flüchtl<strong>in</strong>ge werden untergebracht,<br />
Bedürftige versorgt. Restaurants kochen<br />
kostenfrei für die Bürger [...] Blut wird<br />
gespendet. Obdachlose sammeln<br />
Flaschen für Molotow-Cocktails [...]<br />
Dann heulen die Sirenen, die Menschen<br />
rennen <strong>in</strong> die Bunker, Keller und Metros,<br />
harren aus, wenn die Bomben fallen [...]<br />
Die Mütter s<strong>in</strong>gen ihren K<strong>in</strong>dern vor.«<br />
Dimitri Schulz<br />
dachlose sammeln Flaschen für Molotow-Cocktails,<br />
Erste-Hilfe-Kurse werden<br />
organisiert, <strong>in</strong> der Nachbarschaft<br />
geholfen, Stellungen befestigt. Dann<br />
heulen die Sirenen, die Menschen rennen<br />
<strong>in</strong> die Bunker, Keller und Metros,<br />
harren aus, wenn die Bomben fallen,<br />
man hört Detonationen, Die Mütter<br />
s<strong>in</strong>gen ihren K<strong>in</strong>dern vor.<br />
Sogar solche banalen Sachen wie Tierfutter,<br />
das knapp wird, führt zu kle<strong>in</strong>en<br />
Katastrophen, weil man das geliebte<br />
Haustier nicht mehr versorgen kann.<br />
Auf den Bahnhöfen stehen volle Koffer<br />
und Transportboxen mit Tieren dar<strong>in</strong>.<br />
Man musste vieles zurücklassen. Die<br />
Züge s<strong>in</strong>d überfüllt. Es ist stockf<strong>in</strong>ster.<br />
Beleuchtung bleibt aus. Mobiltelefone<br />
müssen ausgeschaltet se<strong>in</strong>. Man fürchtet<br />
sich vor Ortung und Beschuss.<br />
Viele sitzen auf dem Boden, <strong>in</strong> den Fluren,<br />
es gibt kaum Platz. Alle s<strong>in</strong>d verängstigt.<br />
Die K<strong>in</strong>der traumatisiert. Die<br />
Sirenen und Detonationen werden<br />
noch lange Albträume verursachen.<br />
Das ist herzzerreißend.<br />
Me<strong>in</strong> Onkel läuft jeden Abend zusammen<br />
mit bewaffneten Nachbarn durch<br />
die Straßen se<strong>in</strong>es Viertels, um Plünderer<br />
und Diebe abzuwehren. Auch das<br />
gehört zu den Schattenseiten dieser<br />
Zeit.<br />
Andernorts stellen sich Menschen unbewaffnet<br />
vor russische Panzer, um sie<br />
an der Weiterfahrt zu h<strong>in</strong>dern. Sie blockieren<br />
Straßen, beschimpfen russische<br />
Soldaten. Welch e<strong>in</strong> Mut!<br />
All diese Bilder, Nachrichten und Telefonate<br />
wühlen uns täglich auf und wir<br />
vergießen Tränen der Verzweiflung, des<br />
Stolzes, der Wut und auch der Hoffnung.<br />
All diese Menschen s<strong>in</strong>d für<br />
mich Helden.<br />
Als die Sowjetunion damals unterg<strong>in</strong>g,<br />
sprach man von Russland und der Ukra<strong>in</strong>e<br />
als Brudervölker. Was macht der<br />
Konflikt mit den persönlichen Beziehungen?<br />
An diesem Krieg zerbrechen auch viele<br />
ukra<strong>in</strong>isch-russische Freundschaften.<br />
Ich habe viele russische Bekannte und<br />
Freunde. Aber nur wenige äußern ihre<br />
Bestürzung. Manche verteidigen sogar<br />
das Vorgehen. Sie alle sprechen wie aus<br />
e<strong>in</strong>em Mund. Dieselben irren Thesen<br />
aus dem russischen Staatsfernsehen.<br />
Die Trollfabriken Put<strong>in</strong>s haben ganze<br />
Arbeit geleistet. Wenn wir mit Bekannten<br />
aus Russland telefonieren und<br />
vom Krieg berichten, glauben sie uns<br />
nicht. Es gibt für sie ke<strong>in</strong>en Krieg. Nur<br />
e<strong>in</strong>e „Spezialoperation“. E<strong>in</strong> paar<br />
Schläge gegen militärische E<strong>in</strong>richtungen.<br />
Man befreit die Ukra<strong>in</strong>e von<br />
Faschisten. Wenn das alles vorbei ist,<br />
wird die Enttäuschung über das<br />
Schweigen unserer russischen Freunde<br />
bleiben und Freunde werden wir wohl<br />
nie wieder se<strong>in</strong>.<br />
INFO<br />
Das Gespräch führte Cornelia Schwarz<br />
Wollen Sie das Netzwerk des<br />
Stuttgarter<br />
Zahnarztes<br />
unterstützen,<br />
f<strong>in</strong>den Sie unter<br />
www.uaks.de<br />
weitere Informationen.<br />
Spendenaktion des HDZ<br />
SOLIDARITÄT<br />
MIT DER<br />
UKRAINE<br />
Die ganze Welt blickt auf die<br />
Ukra<strong>in</strong>e. Die Menschen dort s<strong>in</strong>d<br />
auf unsere Solidarität und Hilfsbereitschaft<br />
angewiesen. Deshalb hat<br />
die humanitäre Hilfe für die ukra<strong>in</strong>ische<br />
Bevölkerung jetzt oberste<br />
Priorität. Um möglichst schnell und<br />
zielgerichtet Hilfsgüter aller Art<br />
und sichere Unterkünfte bereitzustellen,<br />
hat das Hilfswerk Deutscher<br />
Zahnärzte (HDZ) zu e<strong>in</strong>er<br />
Spendenaktion aufgerufen. BZÄK,<br />
KZBV und die KZVen unterstützen<br />
diesen Aufruf und bitten alle<br />
Zahnärzt<strong>in</strong>nen, Zahnärzte und die<br />
Praxisteams darum, mit e<strong>in</strong>er<br />
Spende den Menschen <strong>in</strong> der<br />
Ukra<strong>in</strong>e zu helfen.<br />
BZÄK<br />
Mit dem Überfall auf die Ukra<strong>in</strong>e<br />
s<strong>in</strong>d Hunderttausende dort ohne<br />
Strom und Wasser, es werden zudem<br />
Hilfsgüter, Nahrungsmittel, Medikamente,<br />
mediz<strong>in</strong>ische Materialien<br />
und vieles mehr gebraucht. „Wir alle<br />
s<strong>in</strong>d erschüttert über den aggressiven<br />
Angriff auf die Ukra<strong>in</strong>e. Unsere Solidarität<br />
ist bei allen Menschen dort“,<br />
so der Präsident der Bundeszahnärztekammer<br />
(BZÄK), Prof. Dr. Christoph<br />
Benz. „Neben den europäischen<br />
und <strong>in</strong>ternationalen strategischen<br />
und politischen Maßnahmen ist nun<br />
auch schnelle konkrete Hilfe für die<br />
Menschen wichtig. Vor Ort – und<br />
auch für die Menschen, die zu uns<br />
flüchten.“<br />
„Wir haben Kontakt zu unseren Partnern<br />
vor Ort, den Salesianern Don<br />
Boscos, aufgenommen. Sie s<strong>in</strong>d <strong>in</strong><br />
vier Großstädten <strong>in</strong> der Ukra<strong>in</strong>e vertreten.<br />
Auch <strong>in</strong> der schwer umkämpften<br />
Hauptstadt Kiew s<strong>in</strong>d sie präsent.<br />
Unsere Partner brauchen dr<strong>in</strong>gend
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
51_SOZIALES ENGAGEMENT<br />
sundheitssystem gerät mit jedem Tag,<br />
den dieser Krieg andauert, an se<strong>in</strong>e Belastungsgrenzen.<br />
Auch der VDDS als Vertreter der Hersteller<br />
von Dentalsoftware <strong>in</strong> Deutschland<br />
schließt sich diesem Aufruf an –<br />
Slava Ukray<strong>in</strong>a! („Ehre der Ukra<strong>in</strong>e“).<br />
KZBV<br />
WEITERE HILFSORGANISATIONEN<br />
Mit Ärzte ohne Grenzen e.V.<br />
Bank für Sozialwirtschaft<br />
IBAN: DE72 3702 0500 0009 7097 00<br />
Aktion Deutschland Hilft<br />
Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft<br />
IBAN: DE62 3702 0500 0000 1020 30<br />
Stichwort: Nothilfe Ukra<strong>in</strong>e<br />
Foto: AdobeStock/haidamac<br />
Unterstützung bei der Versorgung<br />
der Flüchtl<strong>in</strong>ge und Menschen <strong>in</strong><br />
Not. Wir wollen helfen! Und haben<br />
dafür bereits 10.000 Euro Soforthilfe<br />
bereitgestellt“, so der Vorsteher der<br />
Stiftung Hilfswerk Deutscher Zahnärzte<br />
(HDZ), Dr. Klaus Sürmann.<br />
Die Bundeszahnärztekammer ist<br />
Schirmherr<strong>in</strong> der Stiftung Hilfswerk<br />
Deutscher Zahnärzte. BZÄK und<br />
HDZ rufen dazu auf, mit e<strong>in</strong>er Spende<br />
für die Ukra<strong>in</strong>e zu helfen.<br />
BZÄK<br />
INFO<br />
ZAHNBEHANDLUNG<br />
FÜR GEFLÜCHTETE<br />
Die Vertragszahnärzteschaft steht<br />
bereit, Flüchtl<strong>in</strong>ge aus der Ukra<strong>in</strong>e<br />
schnell und unbürokratisch <strong>in</strong><br />
Deutschland zu versorgen. Auf e<strong>in</strong>er<br />
Sonderseite unter https://www.kzbv.<br />
de/zahnbehandlung-fluechtl<strong>in</strong>geukra<strong>in</strong>e<br />
hat die Kassenzahnärztliche<br />
Bundesvere<strong>in</strong>igung (KZBV) hilfreiche<br />
Informationen für <strong>Zahnarztpraxen</strong><br />
zusammengefasst. Das Angebot wird<br />
<strong>in</strong> den kommenden Wochen und Monaten<br />
bei Bedarf fortlaufend ergänzt<br />
und aktualisiert.<br />
KZBV<br />
Die Kassenzahnärztliche Bundesvere<strong>in</strong>igung<br />
(KZBV) und die Kassenzahnärztlichen<br />
Vere<strong>in</strong>igungen (KZVen) erklären<br />
sich im Namen der gesamten<br />
Vertragszahnärzteschaft <strong>in</strong> Deutschland<br />
solidarisch mit allen Bürger<strong>in</strong>nen<br />
und Bürgern der Ukra<strong>in</strong>e. Dies gilt<br />
nicht zuletzt auch für Heil- und Pflegeberufe,<br />
die derzeit vor Ort häufig unter<br />
E<strong>in</strong>satz des eigenen Lebens den Opfern<br />
des russischen Angriffskriegs helfen<br />
und Zugang zur Gesundheitsversorgung<br />
ermöglichen. Zugleich bekennt<br />
sich der Berufsstand e<strong>in</strong>mal<br />
mehr ausdrücklich zu Werten wie Freiheit,<br />
Demokratie, Rechtsstaatlichkeit<br />
und Menschlichkeit und verurteilt<br />
den Krieg <strong>in</strong> der Ukra<strong>in</strong>e auf das<br />
Schärfste. Die schrecklichen Bilder aus<br />
dem Kriegsgebiet erschüttern uns und<br />
machen uns tief betroffen. Präsident<br />
Put<strong>in</strong> und die russische Staatsführung<br />
s<strong>in</strong>d aufgerufen, den völkerrechtswidrigen<br />
Angriffskrieg sofort zu<br />
stoppen.<br />
Die Kampfhandlungen verursachen<br />
unvorstellbar großes Leid und zerstören<br />
auf Jahre die Lebensgrundlage der<br />
Menschen <strong>in</strong> der Ukra<strong>in</strong>e. Viele benötigen<br />
jetzt dr<strong>in</strong>gend Unterstützung und<br />
mediz<strong>in</strong>ische Versorgung, Hunderttausende<br />
s<strong>in</strong>d bereits auf der Flucht <strong>in</strong><br />
die Nachbarländer und auch nach<br />
Deutschland. Das ukra<strong>in</strong>ische Ge-<br />
Aktionsbündnis Katastrophenhilfe<br />
Spendenkonto: Commerzbank<br />
IBAN: DE65 100 400 600 100 400 600<br />
Stichwort: Nothilfe Ukra<strong>in</strong>e<br />
Bündnis Entwicklung Hilft<br />
Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft<br />
IBAN: DE29 100 20 5000 100 20 5000<br />
Stichwort: Nothilfe Ukra<strong>in</strong>e<br />
Ukra<strong>in</strong>e-Hilfe Berl<strong>in</strong> e.V.<br />
c/o Kuzm<strong>in</strong>a<br />
Bundesallee 187<br />
10717 Berl<strong>in</strong><br />
www.ukra<strong>in</strong>e-hilfe-berl<strong>in</strong>.de<br />
www.facebook.com/Ukra<strong>in</strong>eHilfeBerl<strong>in</strong><br />
<strong>in</strong>fo@ukra<strong>in</strong>e-hilfe-berl<strong>in</strong>.de<br />
Spendenkonto: Deutsche Skatbank<br />
IBAN: DE24 8306 5408 0004 8722 15<br />
BIC: GENODEF1SLR<br />
PAYPAL: ukra<strong>in</strong>e.hilfe@gmail.com<br />
Stichwort: Nothilfe Ukra<strong>in</strong>e<br />
SPENDEN<br />
Hilfswerk Deutscher Zahnärzte<br />
Deutsche Apotheker- und Ärztebank<br />
IBAN: DE28 300 60601 000 4444<br />
000<br />
BIC: DAAEDEDD<br />
Stichwort: Ukra<strong>in</strong>e<br />
E<strong>in</strong>e Spendenbesche<strong>in</strong>igung wird<br />
bei genauer Adressangabe ausgestellt.<br />
Zur Steuerbegünstigung bis<br />
300 Euro kann als vere<strong>in</strong>fachter Zuwendungsnachweis<br />
nach § 50 Abs.<br />
2 EStDV der Kontoauszug vorgelegt<br />
werden.
52_PRAXIS<br />
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
Aufbereitung von Mediz<strong>in</strong>produkten<br />
WARTUNG UND<br />
PROZESSVALIDIERUNG<br />
Die Praxis kauft e<strong>in</strong> neues Gerät zur Aufbereitung<br />
von Mediz<strong>in</strong>produkten und<br />
was ist die Beigabe: E<strong>in</strong>e umfangreiche<br />
Gebrauchsanweisung des Geräteherstellers.<br />
Wer hat <strong>in</strong> der Praxis ernsthaft die<br />
Zeit <strong>in</strong> Summe tausende Seiten an zu beachtenden<br />
Informationen zu lesen? Diese<br />
Frage bleibt am besten unbeantwortet<br />
und <strong>in</strong> der Praxis bestehen weiterh<strong>in</strong> Umsetzungsschwierigkeiten.<br />
E<strong>in</strong>s ist klar,<br />
der Wartungsumfang und die Wartungs<strong>in</strong>tervalle<br />
s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der gerätespezifischen<br />
Gebrauchsanweisung des Herstellers<br />
festgeschrieben. Normen und mitgeltende<br />
Leitl<strong>in</strong>ien legen die Durchführung<br />
und Intervalle der Leistungsqualifikationen<br />
(Validierungen) der Aufbereitungsprozesse<br />
fest. Besteht darüber h<strong>in</strong>aus<br />
auch noch e<strong>in</strong> zeitlicher Zusammenhang<br />
zwischen der Geräte-Wartung und der<br />
Prozessvalidierung? Der folgende Beitrag<br />
liefert nicht nur hierzu die Antworten.<br />
REINIGUNGS-<br />
UND DESINFEKTIONSGERÄT<br />
Norm: DIN EN ISO 15883. Die erste<br />
Leistungsqualifikation (Erstvalidierung)<br />
erfolgt nach Geräteaufstellung und<br />
durchgeführter Installations- und Betriebsqualifikation<br />
(also vor dem ersten<br />
Rout<strong>in</strong>ebetrieb). Das Intervall der erneuten<br />
Leistungsqualifikationen (Revalidierungen)<br />
beträgt grundsätzlich e<strong>in</strong> Jahr.<br />
Zeitlicher Zusammenhang: Die aktuelle<br />
Validierungsleitl<strong>in</strong>ie legt ke<strong>in</strong>e zeitliche<br />
Verknüpfung zwischen Wartung und<br />
Prozessvalidierung fest. Die RDG-Wartung<br />
erfolgt nach den aktuellen Vorgaben<br />
<strong>in</strong> der Gebrauchsanweisung (z. B.<br />
„Periodische Wartungen müssen nach<br />
1.000 Betriebsstunden oder spätestens<br />
alle 24 Monate erfolgen“) und die RDG-<br />
Prozessvalidierung erfolgt jährlich.<br />
KOMBINATIONSGERÄT<br />
Normen: DIN EN ISO 15883 und DIN<br />
EN ISO 17665. Bei Geräten, die Re<strong>in</strong>igung,<br />
Des<strong>in</strong>fektion und Sterilisation<br />
mite<strong>in</strong>ander komb<strong>in</strong>ieren, erfolgt die erste<br />
Leistungsqualifikation (Erstvalidierung)<br />
nach Geräteaufstellung und<br />
durchgeführter Installations- und Betriebsqualifikation<br />
(also vor dem ersten<br />
Rout<strong>in</strong>ebetrieb). Die <strong>in</strong> Baden-Württemberg<br />
aufsichtsführenden Behörden (Regierungspräsidien)<br />
akzeptieren für die erneuten<br />
Leistungsqualifikationen (Revalidierungen)<br />
e<strong>in</strong> Intervall von e<strong>in</strong>em Jahr.<br />
SIEGELGERÄT<br />
Norm: DIN EN ISO 11607. Die erste<br />
Leistungsqualifizierung (Erstvalidierung)<br />
erfolgt nach Geräteaufstellung<br />
und durchgeführter Installations- und<br />
Funktionsqualifizierung (also vor dem<br />
ersten Rout<strong>in</strong>ebetrieb). Das Intervall<br />
der erneuten Leistungsqualifizierungen<br />
(Revalidierungen) beträgt e<strong>in</strong> Jahr.<br />
Validierungsh<strong>in</strong>weis: Die baden-württembergischen<br />
Regierungspräsidien akzeptieren<br />
alternativ zu den Leistungsqualifizierungen<br />
die jährliche Durchführung<br />
e<strong>in</strong>es Siegelnahtfestigkeitstests<br />
(DIN EN 868-5) pro Folienhersteller.<br />
Zeitlicher Zusammenhang: Die aktuelle<br />
Validierungsleitl<strong>in</strong>ie beschreibt e<strong>in</strong>e<br />
zeitliche Verknüpfung zwischen Wartung/Kalibrierung<br />
(sofern der Gerätehersteller<br />
diese vorschreibt) und Prozessvalidierung<br />
(unmittelbar).<br />
AUTOKLAV<br />
Normen: DIN EN ISO 17665, DIN<br />
58946-7 und DIN SPEC 58929. Die<br />
erste Leistungsbeurteilung (Erstvalidierung)<br />
erfolgt nach Geräteaufstellung<br />
und durchgeführter Abnahmeund<br />
Funktionsbeurteilung (also vor<br />
dem ersten Rout<strong>in</strong>ebetrieb). Das Intervall<br />
der erneuten Leistungsbeurteilungen<br />
(Revalidierungen) beträgt e<strong>in</strong> Jahr.<br />
E<strong>in</strong>e Ausweitung des Intervalls auf 2<br />
Jahre ist auf Basis e<strong>in</strong>er Begründung/<br />
Dokumentation gemäß Tabelle 5 DIN<br />
58946-7 (E<strong>in</strong>flussfaktoren und Bewertungskriterien<br />
zur Fristfestlegung)<br />
möglich.<br />
Zeitlicher Zusammenhang: Die aktuelle<br />
Validierungsleitl<strong>in</strong>ie legt e<strong>in</strong>e zeitliche<br />
Verknüpfung zwischen Wartung und<br />
Prozessvalidierung fest (12 Wochen).<br />
Ihre LZK-Geschäftsstelle
ZBW_4/2022<br />
www.zahnaerzteblatt.de<br />
53_PRAXIS<br />
Abbildung: AdobeStock/Ruth Black, nikelser<br />
Wir gratulieren Dir zum 34. Geburtstag! Zum 1.1.1988 bist Du mit 11 Pfennigen zur Welt<br />
gekommen und Du lebst heute noch völlig unverändert mit 5,62421 Cent.<br />
Im Jahr 1988, die Älteren unter uns<br />
können sich noch gut er<strong>in</strong>nern:<br />
François Mitterand wird Staatspräsident<br />
<strong>in</strong> Frankreich, die Russen ziehen<br />
aus Afghanistan ab. Was ist seit 1988 alles<br />
passiert? E<strong>in</strong> Mauerfall, e<strong>in</strong>e Wiedervere<strong>in</strong>igung<br />
und e<strong>in</strong>e neue Währung,<br />
neun Gesundheitsm<strong>in</strong>ister, fünf US-<br />
Präsidenten und sogar drei Päpste haben<br />
wir seit 1988 erlebt.<br />
Geblieben ist lediglich der GOZ-Punktwert<br />
für die Bewertung privatzahnärztlicher<br />
Leistungen, der seit 1988 unverändert<br />
bei 11 Pfennig liegt.<br />
ZAHNHEILKUNDEGESETZ<br />
In § 15 Zahnheilkundegesetz ist geregelt,<br />
dass die Bundesregierung ermächtigt<br />
wird, die Entgelte für die zahnärztliche<br />
Tätigkeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gebührenordnung<br />
festzulegen. Dabei ist den berechtigten<br />
Interessen der Zahnärzte und der<br />
zur Zahlung der Entgelte Verpflichtete,<br />
also der Patienten, Rechnung zu tragen.<br />
Dieser dort vorgegebenen Verpflichtung<br />
zur Anpassung des Punktwertes ist der<br />
Gesetzgeber seit mehr als 34 Jahren<br />
nicht nachgekommen. Der GOZ-Punktwert<br />
liegt immer noch bei 11 Pfennig.<br />
Zahlen Sie noch die gleiche Miete, die<br />
gleichen Versicherungsbeiträge wie<br />
1988? Die Kosten für Strom s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> dieser<br />
Zeit um 117,3 Prozent gestiegen, für<br />
Nahrungsmittel um 50,6 Prozent, für<br />
Kraftstoff um 119,7 Prozent, ja sogar<br />
das Gehalt von Azubis zur ZFA im 1.<br />
Lehrjahr hat <strong>in</strong> dieser Zeit um rund 144<br />
Prozent zugelegt. Der GOZ-Punktwert<br />
liegt immer noch bei 11 Pfennig!<br />
GKV<br />
Die kont<strong>in</strong>uierliche Anhebung des<br />
BEMA-Punktwerts im Zeitraum von<br />
1991 bis 2019 hat im Bereich Kons-Chirurgie,<br />
Kieferbruch und PAR dazu geführt,<br />
dass das Honorar um 56,1 Prozent,<br />
im Bereich Prothetik um 39,9 Prozent<br />
gestiegen ist. Durch die Nichtanhebung<br />
des GOZ-Punktwerts bei gleichzeitiger<br />
jährlicher Erhöhung des durchschnittlichen<br />
Punktwerts im BEMA hat<br />
sich e<strong>in</strong>e erhebliche Verschiebung <strong>in</strong> der<br />
Vergütung von Leistungen ergeben,<br />
sodass viele Leistungen im BEMA deutlich<br />
besser honoriert s<strong>in</strong>d, als beim<br />
2,3-fachen Satz der GOZ. Mittlerweile<br />
s<strong>in</strong>d m<strong>in</strong>destens 93 von 204 GOZ-Leistungen<br />
im BEMA besser honoriert als<br />
bei der vergleichbaren GOZ-Leistung<br />
zum 2,3-fachen Satz.<br />
REALITÄT<br />
Durch die seit Jahren überfällige<br />
Punktwertanpassung <strong>in</strong> der GOZ ergibt<br />
sich sogar die groteske Situation,<br />
dass man bei zahlreichen Positionen<br />
mit dem PKV-Patienten e<strong>in</strong>e Honorarvere<strong>in</strong>barung<br />
nach § 2 GOZ<br />
schließen muss, um e<strong>in</strong> GKV-Honorar<br />
zu erzielen. E<strong>in</strong> Zustand, der<br />
Konfliktpotential enthält und den<br />
PKV-Patienten zunehmend nachdenklich<br />
als Wettbewerbsnachteil<br />
zur Kenntnis nehmen. Werden die<br />
ehemalige Besservergütung und die<br />
Möglichkeiten <strong>in</strong>novativer, moderner<br />
Behandlungsmaßnahmen <strong>in</strong> der<br />
GOZ bald ganz der Vergangenheit<br />
angehören?<br />
FAZIT<br />
Es lohnt sich, sich mit den zahlreich<br />
vorhandenen Tabellen zum Vergleich<br />
von Leistungen aus dem BEMA und<br />
der GOZ zu beschäftigen (z. B. https://<br />
www.bzaek.de/ fileadm<strong>in</strong>/PDFs/GOZ/<br />
BEMA_GOZ_.pdf, „Wo der BEMA besser<br />
ist“ www. zahnaerzte-wl.de). Man<br />
ist immer wieder überrascht, welcher<br />
GOZ-Leistungsfaktor <strong>in</strong> Ansatz gebracht<br />
werden müsste, um e<strong>in</strong>e der<br />
GKV vergleichbare Vergütung zu realisieren.<br />
Autorenteam des<br />
GOZ-Ausschusses der LZK BW
58_AMTLICHE MITTEILUNGEN<br />
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SOMMER-ABSCHLUSSPRÜFUNG<br />
FÜR ZFA<br />
Die schriftliche Abschlussprüfung für<br />
Zahnmediz<strong>in</strong>ische Fachangestellte<br />
wird landese<strong>in</strong>heitlich durchgeführt<br />
und f<strong>in</strong>det für alle Kammerbereiche an<br />
folgenden Term<strong>in</strong>en statt:<br />
Montag, 9. Mai 2022<br />
8.30 – 9.30 Uhr:<br />
Geme<strong>in</strong>schaftskunde<br />
10.00 – 12.00 Uhr:<br />
Deutsch<br />
Dienstag, 10. Mai 2022<br />
8.30 – 9.30 Uhr:<br />
Wirtschafts- und Sozialkunde<br />
10.00 – 11.45 Uhr:<br />
Teil 1 (Behandlungsassistenz, Abrechnungswesen;<br />
schwerpunktmäßig Lernfelder<br />
1 – 8)<br />
Mittwoch, 11. Mai 2022<br />
8.30 – 10.45 Uhr:<br />
Teil 2 (Behandlungsassistenz,<br />
Abrechnungswesen, Praxisorganisation<br />
und –verwaltung; schwerpunktmäßig<br />
Lernfelder 9 – 13)<br />
11.15 – 11.45 Uhr:<br />
Röntgenklausur (Erwerb Kenntnisse<br />
Strahlenschutz)<br />
Die Term<strong>in</strong>e der mündlichen Abschlussprüfung<br />
werden von den e<strong>in</strong>zelnen<br />
Bezirkszahnärztekammern durch<br />
Kammerrundschreiben mitgeteilt.<br />
EINLADUNG ZUR<br />
VERTRETERVERSAMMLUNG<br />
Die Sitzung der Vertreterversammlung<br />
der BZK Tüb<strong>in</strong>gen f<strong>in</strong>det am Samstag,<br />
9. April 2022, Beg<strong>in</strong>n 10:00 Uhr, im<br />
Kultur- und Kongresszentrum Graf-<br />
Zeppel<strong>in</strong>-Haus, „Theodor-Kober-Saal“,<br />
Olgastraße 20, 88045 Friedrichshafen<br />
statt.<br />
Die Sitzung ist für Kammermitglieder<br />
öffentlich.<br />
Bei e<strong>in</strong>er Teilnahme bitten wir – aus<br />
organisatorischen Gründen – um Ihre<br />
schriftliche Anmeldung per Mail unter<br />
susanne.ried<strong>in</strong>ger@bzk-tueb<strong>in</strong>gen.de<br />
oder per Fax 07071 911-209.<br />
Dr. Wilfried Forschner<br />
Vorsitzender der BZK Tüb<strong>in</strong>gen<br />
IRAK: Unsere jordanische<br />
K<strong>in</strong>derärzt<strong>in</strong> Tanya Haj-Hassan<br />
untersucht e<strong>in</strong> Neugeborenes<br />
<strong>in</strong> Mossul. © Peter Bräunig<br />
SPENDEN SIE GEBORGENHEIT<br />
FÜR SCHUTZLOSE MENSCHEN<br />
Mit Ihrer Spende rettet ÄRZTE OHNE GRENZEN Leben:<br />
Mit 50 Euro ermöglichen Sie z. B. das sterile Material<br />
für fünf Geburten. Ohne dieses erleiden Frauen häufig<br />
lebensbedrohliche Infektionen.<br />
Private Spender*<strong>in</strong>nen ermöglichen unsere unabhängige Hilfe –<br />
jede Spende macht uns stark!<br />
Spendenkonto:<br />
Bank für Sozialwirtschaft<br />
IBAN: DE 72 3702 0500 0009 7097 00<br />
BIC: BFSWDE33XXX<br />
www.aerzte-ohne-grenzen.de / spenden
ZBW_4/2022<br />
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59_ZU GUTER LETZT<br />
Karikatur: Feicke<br />
IMPRESSUM<br />
IMPRESSUM<br />
_Herausgeber:<br />
Dr. Torsten Tomppert, Präsident der<br />
Landeszahnärztekammer Baden-<br />
Württemberg (LZK BW),<br />
Albstadtweg 9, 70567 Stuttgart, und<br />
Dr. Ute Maier, Vorsitzende des<br />
Vorstands der Kassenzahnärztlichen<br />
Vere<strong>in</strong>igung Baden-Württemberg (KZV<br />
BW), Albstadtweg 9, 70567 Stuttgart,<br />
für das Informationszentrum<br />
Zahn- und Mundgesundheit Baden-<br />
Württemberg<br />
E<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>richtung der LZK BW und<br />
KZV BW<br />
_Redaktion:<br />
Cornelia Schwarz (Cos) (ChR, verantw.)<br />
E-Mail: cornelia.schwarz@izzbw.de<br />
Telefon: 0711/222 966-10<br />
Gabriele Billischek (Bi),<br />
E-Mail: gabriele.billischek@izzbw.de<br />
Telefon: 0711/222 966-14<br />
Andrea Mader (am),<br />
Landeszahnärztekammer Baden-<br />
Württemberg<br />
Telefon: 0711/228 45-29<br />
E-Mail: mader@lzk-bw.de<br />
Dr. Holger Simon-Denoix (hsd),<br />
Kassenzahnärztliche Vere<strong>in</strong>igung<br />
Baden-Württemberg<br />
Telefon: 0711/78 77-229<br />
E-Mail: holger.simon-denoix@kzvbw.de<br />
_Anschrift der Redaktion:<br />
Informationszentrum Zahn- und<br />
Mundgesundheit Baden-Württemberg<br />
Heßbrühlstr. 7, 70565 Stuttgart<br />
Telefon: 0711/222 966-14<br />
Telefax: 0711/222 966-21<br />
E-Mail: <strong>in</strong>fo@zahnaerzteblatt.de<br />
_Redaktionsassistenz:<br />
Gabriele Billischek<br />
_Layout:<br />
Arm<strong>in</strong> Fischer, Gabriele Billischek<br />
_Autoren dieser Ausgabe:<br />
Prof. Dr Ali Al-Ahmad, Jenny Dusche,<br />
Prof. Dr. Tobias Fretwurst, Prof. Dr.<br />
Elmar Hellwig, Andrea Mader, Alexander<br />
Messmer, Roland Muschel, Prof. Dr.<br />
Katja Nelson, Cornelia Schwarz, Dr.<br />
Holger Simon-Denoix, Dr. Torsten<br />
Tomppert, Prof. Dr. Johan Wölber<br />
_Titelseite:<br />
Foto: AdobeStock/Valerii<br />
_Rubrik Titelthema:<br />
Abbildungen: AdobeStock/palau83<br />
_Verantwortlich für Amtliche<br />
Mitteilungen der Kassenzahnärztlichen<br />
Vere<strong>in</strong>igung Baden-<br />
Württemberg (KZV BW):<br />
Dr. Ute Maier, Vorsitzende des<br />
Vorstands der Kassenzahnärztlichen<br />
Vere<strong>in</strong>igung Baden-Württemberg (KZV<br />
BW), KdöR<br />
_Verantwortlich für Amtliche<br />
Mitteilungen der Landeszahnärztekammer<br />
Baden-Württemberg<br />
(LZK BW):<br />
Dr. Torsten Tomppert, Präsident der<br />
Landeszahnärztekammer Baden-<br />
Württemberg (LZK BW), KdöR<br />
_H<strong>in</strong>weise:<br />
Die Redaktion behält sich vor,<br />
Leserbriefe gekürzt zu veröffentlichen.<br />
E<strong>in</strong> Anspruch auf Veröffentlichung<br />
besteht nicht. Bei E<strong>in</strong>sendungen an<br />
die Redaktion wird der vollen oder<br />
auszugsweisen Veröffentlichung<br />
zugestimmt.Unaufgefordert<br />
e<strong>in</strong>gegangene Fortbildungsmanuskripte<br />
können nicht veröffentlicht<br />
werden, da die Redaktion nur mit<br />
wissenschaftlichen Autoren vere<strong>in</strong>barte<br />
Fort bildungsbeiträge veröffentlicht.<br />
Alle Rechte an dem Druckerzeugnis,<br />
<strong>in</strong>sbesondere Titel-, Namens- und<br />
Nutzungsrechte etc., stehen<br />
ausschließlich den Herausgebern zu.<br />
Mit Annahme des Manuskripts zur<br />
Publikation erwerben die Herausgeber<br />
das aus schließliche Nutzungsrecht,<br />
das die Erstellung von Fort- und<br />
Sonderdrucken, auch für Auftraggeber<br />
aus der Industrie, das E<strong>in</strong>stellen des<br />
ZBW <strong>in</strong>s Internet, die Übersetzung <strong>in</strong><br />
andere Sprachen, die Erteilung von<br />
Abdruckgenehmigungen für Teile,<br />
Abbildungen oder die gesamte Arbeit<br />
an andere Verlage sowie Nachdrucke<br />
<strong>in</strong> Medien der Herausgeber, die<br />
fotomechanische sowie elektronische<br />
Vervielfältigung und die Wiederverwendung<br />
von Abbildungen umfasst.<br />
Dabei ist die Quelle anzugeben.<br />
Änderungen und H<strong>in</strong>zufügungen<br />
zu Orig<strong>in</strong>alpublikationen bedürfen<br />
der Zustimmung des Autors und der<br />
Herausgeber.<br />
Bei Änderungen der Lieferanschrift<br />
(Umzug, Privatadresse) wenden Sie sich<br />
bitte an die Mitgliederverwaltung Ihrer<br />
zuständigen Bezirkszahnärztekammer<br />
_Bezugspreis:<br />
Jahresabonnement <strong>in</strong>kl. MwSt. € 60,-<br />
E<strong>in</strong>zelverkaufspreis <strong>in</strong>kl. MwSt. € 7,50<br />
Bestellungen werden von der W.<br />
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Co. KG entgegengenommen. Die<br />
Kündigungsfrist für Abonnements<br />
beträgt 6 Wochen zum Ende des<br />
Bezugszeitraumes. Für die Mitglieder<br />
der Landeszahnärztekammer Baden-<br />
Württemberg ist der Bezugspreis mit<br />
dem Mitgliedsbeitrag abgegolten.<br />
_Druck:<br />
W. Kohlhammer Druckerei GmbH + Co. KG<br />
Augsburger Straße 722, 70329 Stuttgart<br />
Stefan Leicht, Tel. 0711 3272-232<br />
E-Mail: stefan.leicht@kohlhammerdruck.de<br />
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ISSN: 0340-3017
Louise Bourgeois x Jenny Holzer<br />
Louise Bourgeois, Garment from Performance “She lost it”, 1992 © The Easton Foundation / 2022, ProLitteris Zurich and VAGA at Artists Rights Society (ARS), NY<br />
19.2. — 15.5.2022