SMZ Liebenau Info 01_2019
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
GESUNDHEITSFÖRDERUNG<br />
ARBEITSPRINZIP GEMEINWESENARBEIT<br />
Demenzfreundliche Stadt Graz<br />
VON CLAUDIA KNOPPER<br />
ARBEITSPRINZIP GEMEINWESENARBEIT<br />
VON MARTINA FREI<br />
20<br />
<strong>SMZ</strong> INFO Frühjahr 2<strong>01</strong>9<br />
Im September 2<strong>01</strong>8 wurde das Projekt der „Demenzfreundlichen<br />
Stadt Graz“ mit dem ersten<br />
Vernetzungstreffen gestartet. Die Initiative, die aus<br />
Deutschland kommt und bereits in Wien, Vorarlberg,<br />
Tirol und Salzburg umgesetzt wurde, zeigt,<br />
dass dieser Ansatz wesentlich dazu beiträgt, das<br />
Leben für Erkrankte und Angehörige zu erleichtern.<br />
Oft werden wir gefragt, was das Projekt „Demenzfreundliche<br />
Stadt/Kommune“ eigentlich ist und<br />
welchen Zweck es verfolgt. Der Zweck ist schnell<br />
erklärt: „Wir arbeiten in der Stadt Graz zusammen,<br />
damit Menschen mit Demenz und deren Familien<br />
sich gut aufgehoben, integriert und unterstützt fühlen.“<br />
Denn allen, die mit der Krankheit zu tun haben,<br />
ist eines klar: Demenz ist noch immer tabuisiert und<br />
drängt die Betroffenen und die Familien schnell in<br />
eine soziale Isolation. Wir wissen noch nicht viel von<br />
der Krankheit – was Auslöser, Ursache oder Heilung<br />
betrifft – aber es ist mittlerweile gut erforscht, dass<br />
soziale Kontakte den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen<br />
und das in einem erheblichen Ausmaß.<br />
Der Weg zur Demenzfreundlichen Stadt Graz ist ein<br />
wenig schwieriger zu erklären. Wir schaffen Räume,<br />
in denen sich Professionalist*innen aus den<br />
Themenbereichen Demenz, Angehörige, Betroffene,<br />
öffentliche Dienste, behördliche Einrichtungen,<br />
Wirtschaftstreibende u. v. m. austauschen können.<br />
Außerdem können wir gemeinsam Projekte erarbeiten,<br />
die den folgenden Zielen dienen:<br />
1. lokal angepasste Zusammenarbeits-, Schulungs-<br />
und Veranstaltungskonzepte zu erstellen<br />
und durchzuführen,<br />
2. die Bevölkerung über die Krankheit zu informieren<br />
und zu sensibilisieren und so der Tabuisierung<br />
entgegenzuarbeiten,<br />
3. lokale Initiativen, Projekte und Aktivitäten bekannt<br />
zu machen,<br />
4. zum konkreten Handeln vor Ort mit eigenen Initiativen,<br />
Projekten und Ideen zu motivieren und<br />
unterstützend bei der Umsetzung tätig zu sein.<br />
Unterstützt werden wir dabei vom Gesundheitsstadtrat<br />
Mag. Robert Krotzer.<br />
Doch wer sind nun wir? Wir sind vier Frauen, die<br />
aus eigener Erfahrung wissen, was es bedeutet, im<br />
engen familiären Umfeld mit der Diagnose Demenz<br />
konfrontiert zu sein. Wir haben uns deshalb 2<strong>01</strong>3<br />
zusammengetan, um unser Wissen und unsere<br />
Erfahrungen mit anderen Angehörigen auszutauschen.<br />
Doch wir sind noch weiter gegangen. Wir<br />
geben Angehörigen eine Stimme und tragen die<br />
Bedürfnisse und Wünsche an Entscheidungsträger<br />
heran, arbeiten in Projekten oder erarbeiten diese<br />
und erzählen in Vorträgen unsere Geschichte, um<br />
anderen Mut zu machen.<br />
Sie möchten etwas zur Demenzfreundlichen<br />
Stadt Graz beitragen oder von<br />
uns informiert werden?<br />
Dann haben Sie zwei Möglichkeiten:<br />
Sie melden sich bei unserem Newsletter an –<br />
www.steirische-alzheimerhilfe.at<br />
Sie nehmen mit uns Kontakt auf:<br />
Claudia Knopper, Tel. 0699 1 626 93 05<br />
Wir freuen uns auf Sie!<br />
Wir arbeiten in der Stadt Graz zusammen, damit<br />
Menschen mit Demenz und deren Familien sich gut<br />
aufgehoben, integriert und unterstützt fühlen.<br />
www.selbsthilfe-alzheimer.at<br />
Sozialer Zusammenhalt und ein gutes Miteinander<br />
im unmittelbaren Wohn- und Lebensumfeld<br />
sind essenziell für die Lebensqualität<br />
der Bewohner*innen eines Stadtteils. Veränderungen<br />
im Lebensraum stellen für viele Menschen<br />
starke Belastungen dar. Besonders die<br />
zunehmende Größe und Dichte eines Stadtteils,<br />
verbunden mit dem Zu- und Wegzug von<br />
Menschen sowie das Aufeinandertreffen verschiedener<br />
Generationen und Kulturen stellen<br />
Herausforderungen an das friedliche Zusammenleben.<br />
Soziale Kontakte, gute nachbarschaftliche<br />
Beziehungen und die gegenseitige<br />
Hilfe und Unterstützung von Menschen helfen,<br />
diese Belastung abzufangen.<br />
Genau hier setzen die Methoden der GWA an<br />
Das oberste Ziel der Gemeinwesenarbeit ist es,<br />
Menschen die aktive Teilhabe an der Gesellschaft<br />
und der Mitgestaltung ihres Lebensumfeldes zu<br />
ermöglichen – die Lebensbedingungen im Wohnumfeld,<br />
aber auch die individuelle Lebensqualität,<br />
sollen verbessert werden.<br />
Dabei hat die Beteiligung der Bewohner*innen<br />
höchste Priorität. Als Gemeinwesenarbeiter*in<br />
überlegt man nicht für die Menschen, sondern<br />
fragt direkt nach: „Was ist wichtig für euch?“ Gemeinwesenarbeiter*innen<br />
vermeiden es, Dinge für<br />
Bewohner*innen zu tun, sondern handeln mit ihnen<br />
gemeinsam und animieren sie, selbst aktiv zu<br />
werden. Bedürfnisse und Bedarf im Wohnumfeld<br />
kann durch unterschiedliche situationsangepasste<br />
Aktionen erhoben werden, z. B. durch Haustürgespräche,<br />
Bewohner*innenbefragungen, (Haus-)<br />
Versammlungen, Stadtteilfeste oder kulturelle Veranstaltungen.<br />
Dabei tauchen Gemeinwesenarbeiter*innen oft<br />
sehr tief in das Leben der Menschen ein und lernen<br />
deren Lebensweisen, Gefühle, Ängste und Handlungs-<br />
oder Nicht-Handlungsmotive gut kennen.<br />
Häufiger Kontakt zu Bewohner*innen stellt eine<br />
gemeinsame Vertrauensbasis her. Gerade misstrauischen<br />
Menschen und Menschen, die in ihrem<br />
Leben viele negative Erfahrungen gemacht haben<br />
und daher nicht gerne Rat und Hilfe annehmen<br />
können, fällt es leichter, sich „ihrer“ Vertrauensperson<br />
zu öffnen.<br />
Das Schaffen von Begegnungsräumen stellt einen<br />
wichtigen Aspekt innerhalb der Gemeinwesenarbeit<br />
dar – seien es öffentliche Plätze oder Räumlichkeiten,<br />
in denen Aktivitäten stattfinden, die sozialen<br />
Zusammenhalt fördern – wie zum Beispiel<br />
ein Stadtteil- oder Nachbarschaftszentrum.<br />
Eine konstante Ansprechperson vor Ort ist hier<br />
enorm wichtig. Diese ermöglicht es, als Erstanlaufstelle<br />
zur Seite und als Drehscheibe für Bewohner*innen<br />
zu lokalen Ressourcen und konkreten<br />
Hilfestellungen zur Verfügung zu stehen. Außerdem<br />
hilft diese bei der Umsetzung eigener Ideen<br />
vor Ort.<br />
Zu den Handlungsweisen der Gemeinwesenarbeit<br />
zählen auch die Vernetzung zwischen lokalen Akteur*innen,<br />
Verwaltung und Politik und die Kooperation<br />
mit allen. Gemeinsam mit Bewohner*innen<br />
ergibt sich so eine Fülle an stadtteilbezogenen,<br />
soziokulturellen Aktivitäten/Veranstaltungen und<br />
Bildungsinitiativen, welche die vorherrschende<br />
Infrastruktur in allen Belangen ergänzen und verbessern.<br />
In gemeinwesenorientierten Projekten entwickeln<br />
sich beteiligte Menschen oft stark persönlich weiter<br />
und blühen mit Veränderungen im Lebensumfeld<br />
auf. Hier ergibt sich allerdings eine große Einschränkung<br />
des Gemeinwesenansatzes: Er lebt<br />
von engagierten und motivierten Menschen, die<br />
bereit sind, sich für ihr Wohn- und Lebensumfeld<br />
und auch ihre Mitmenschen einzusetzen.<br />
In Siedlungen mit einem hohen Anteil demoralisierter<br />
Menschen, die sich mit ihrer Situation abgefunden<br />
haben und ohnehin nur noch wegwollen,<br />
ist dieser Ansatz hingegen erfolglos. Gerade in<br />
solchen Gebieten braucht es einen enormen Ressourcenaufwand,<br />
um nachhaltige Veränderungen<br />
bewirken zu können. Ein allgemeingültiges „Rezept“<br />
wie man Menschen aktiviert, gibt es nicht.<br />
Gemeinwesenarbeiter*innen<br />
vermeiden es, Dinge für<br />
Bewohner*innen zu tun,<br />
sondern animieren sie,<br />
selbst aktiv zu werden.<br />
<strong>SMZ</strong> INFO Frühjahr 2<strong>01</strong>9<br />
21