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dei – Prozesstechnik für die Lebensmittelindustrie 05.2023

Die Fachzeitschrift dei - Prozesstechnik für die Lebensmittelindustrie berichtet über Verfahren, Anlagen, Apparate und Komponenten für die Lebensmittel- und Getränkeindustrie. Weitere Themen sind Hygienic Design, Industrie 4.0, digitale Produktion, MSR- und Automatisierungstechnik und die Verpackungstechnik. Abgerundet wird das inhaltliche Spektrum durch Nahrungs- und Genussmittelmaschinen, roboterbasierte Verpackungslösungen sowie Food Design und Getränkekonzepte.

Die Fachzeitschrift dei - Prozesstechnik für die Lebensmittelindustrie berichtet über Verfahren, Anlagen, Apparate und Komponenten für die Lebensmittel- und Getränkeindustrie. Weitere Themen sind Hygienic Design, Industrie 4.0, digitale Produktion, MSR- und Automatisierungstechnik und die Verpackungstechnik. Abgerundet wird das inhaltliche Spektrum durch Nahrungs- und Genussmittelmaschinen, roboterbasierte Verpackungslösungen sowie Food Design und Getränkekonzepte.

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Frau Dr. Siemer, was macht PEF zu einer schonenden Konservierungsmethode,<br />

beispielsweise <strong>für</strong> Fruchtsäfte oder Smoothies?<br />

Dr. Claudia Siemer: Klassischerweise werden Säfte durch thermische<br />

Pasteurisation haltbar gemacht. Das heißt, das Lebensmittel<br />

wird mehrere Sekunden lang einer Temperatur von 60 bis 90 °C<br />

ausgesetzt. Beim PEF-Verfahren wird das Produkt dagegen wenige<br />

Millisekunden lang Hochspannungspulsen ausgesetzt. Da <strong>die</strong> elektrischen<br />

Pulse nicht auf <strong>die</strong> Inhaltsstoffe wirken, hat der Saft nach<br />

der PEF-Behandlung eine sehr hohe Qualität. Er schmeckt sehr<br />

frisch. Auch wertgebende Bestandteile wie Vitamin C und Farbstoffe<br />

bleiben erhalten. Grüne Gemüse-Smoothies sehen nach einer thermischen<br />

Behandlung zum Beispiel oft etwas braun aus. Nach einer<br />

Behandlung mit gepulsten elektrischen Feldern ist das nicht der<br />

Fall. Man kann durch PEF also ein mikrobiologisch sicheres Produkt<br />

herstellen, ohne <strong>die</strong> Qualität maßgeblich zu beeinflussen.<br />

Wie werden Mikroorganismen durch gepulste elektrische Felder<br />

abgetötet?<br />

Dr. Siemer: Sie müssen sich das so vorstellen: Das Produkt und<br />

damit der Mikroorganismus befindet sich zwischen zwei Elektroden.<br />

Der Mikroorganismus hat eine äußere Membran als Schutzschicht,<br />

<strong>die</strong> aus Phospholipiden besteht. Phospholipide sind Iso -<br />

latoren, das heißt sie leiten den elektrischen Strom nicht. Die Zelle<br />

besitzt eine natürliche Ladung, das sogenannte Transmembran -<br />

potenzial. Wird der Mikroorganismus elektrischem Strom ausgesetzt,<br />

kommt es zu einer Ionenwanderung. Die Ionen sammeln<br />

sich an der Membran, sodass Druck aufgebaut wird und gleich -<br />

zeitig steigt das Transmembranpotenzial. Irgendwann kann <strong>die</strong><br />

Zelle dem Druck nicht mehr standhalten, <strong>die</strong> Membran bricht auf<br />

und es werden Poren in duziert. Dieses Prinzip nennt man Elektro -<br />

po ration. Die Zell membran wird quasi durchlöchert, dadurch läuft<br />

<strong>die</strong> Zelle aus und wird inaktiviert.<br />

Welche elektrische Feldstärke ist <strong>für</strong> <strong>die</strong> Abtötung von Mikro -<br />

organismen in Lebensmitteln notwendig?<br />

Dr. Siemer: Die elektrische Feldstärke ist neben dem Energie -<br />

eintrag der Hauptparameter der PEF-Technologie. Die elektrische<br />

Feld stärke muss den kritischen Wert von 10 kV/cm überschrei -<br />

ten, damit Poren in der Membran induziert und <strong>die</strong> Zellen irreversibel<br />

ge schädigt werden.<br />

Vor der PEF-Behandlung müssen <strong>die</strong> Produkte auf 30 bis 40 °C<br />

vorgewärmt werden. Warum?<br />

Dr. Siemer: Durch <strong>die</strong> Vorerwärmung wird <strong>die</strong> Zellmembran em -<br />

pfindlicher <strong>für</strong> <strong>die</strong> PEF-Behandlung, das heißt, man braucht weniger<br />

Energie, um <strong>die</strong> Mikroorganismen zu inaktiveren.<br />

„Durch <strong>die</strong> PEF-Behandlung kann man ein<br />

mikrobiologisch sicheres Produkt herstellen,<br />

ohne <strong>die</strong> Qua lität maßgeblich zu beeinflussen.“<br />

Um wie viele log-Stufen werden Mikroorganismen durch <strong>die</strong> PEF-<br />

Behandlung inaktiviert?<br />

Dr. Siemer: Eine Stu<strong>die</strong> hat ergeben, dass E.-Coli-Bakterien in Orangensaft<br />

durch <strong>die</strong> PEF-Behandlung um 5 log-Stufen inaktiviert werden.<br />

Dieser Wert wird auch von den Behören vorgegeben. PEF ist also<br />

eine sichere Methode zur Haltbarmachung von Lebensmitteln.<br />

Mit den PEF-Advantage-Pipe-Anlagen lassen sich flüssige Lebensmittel<br />

mit gepulsten elektrischen Feldern haltbar machen. Sie bestehen aus<br />

einem Generator und einer Behandlungszelle.<br />

Gibt es einen Unterschied zwischen der Wirkung der elektrischen<br />

Felder auf Hefen und ihrer Wirkung auf Bakterien?<br />

Dr. Siemer: Ja. Hefen sind viel größer als Bakterien und je größer<br />

<strong>die</strong> Zelle ist, desto einfacher lässt sie sich durch PEF inaktivieren. Das<br />

heißt, <strong>für</strong> <strong>die</strong> Abtötung von Hefen ist eine geringere Energiemenge<br />

notwendig als <strong>für</strong> <strong>die</strong> Inaktivierung von Bakterien.<br />

In Fruchtsäften sind oft sporenbildende Bakterien ein Problem.<br />

Kann das PEF-Verfahren auch Sporen abtöten?<br />

Dr. Siemer: Ja, PEF kann sowohl vegetative Bakterien auch Sporen<br />

inaktivieren. Um Sporen abzutöten, muss <strong>die</strong> PEF-Behandlung allerdings<br />

an eine Temperaturerhöhung auf ca. 100 °C gekoppelt sein.<br />

Diese Temperatur ist aber viel geringer als <strong>die</strong> Temperatur bei einer<br />

Sterilisation, <strong>die</strong> meist zur Abtötung von Sporen genutzt wird.<br />

Welche Haltbarkeiten können durch PEF erzielt werden?<br />

Dr. Siemer: Die Haltbarkeit kann der Anwender durch <strong>die</strong><br />

Para meter Feldstärke und Energieeintrag selbst definieren. Die<br />

Feldstärke gibt an, wie hoch <strong>die</strong> Spannung des elektrischen Puls ist.<br />

Die Energiemenge hängt von der Spannung und der Anzahl der<br />

Pulse ab. Je mehr Energie man in das Produkt einbringt, desto länger<br />

ist <strong>die</strong> Haltbarkeit, <strong>die</strong> sich durch <strong>die</strong> PEF-Behandlung erzielen<br />

lässt. Typischerweise wollen unsere Kunden bei Säften eine Halt -<br />

barkeit von drei Monaten bei einer Lagerung bei 4 °C erreichen.<br />

In der Lebensmittel- und Getränkeindustrie ist Nachhaltigkeit<br />

seit einigen Jahren ein sehr wichtiges Thema. Inwiefern lassen<br />

sich durch das PEF- Verfahren Energieeinsparungen im Vergleich<br />

zur Pasteurisierung erzielen?<br />

Dr. Siemer: Das Produkt wird, wie gesagt, vor der PEF-Behandlung<br />

auf 30 bis 40 °C gewärmt. Durch den Energieeintrag bei der Behandlung<br />

kommt es zu einer zusätzlichen Erwärmung auf 50 bis 60 °C <strong>für</strong><br />

wenige Millisekunden. Wird <strong>die</strong>se Temperaturerhöhung genutzt, um<br />

das Produkt vorzuwärmen, muss nur <strong>die</strong> elektrische Energie in das<br />

System eingetragen werden. Die Wärmerückgewinnung macht den<br />

Prozess also nachhaltiger.<br />

Welche Produktgruppen eignen sich <strong>für</strong> <strong>die</strong> Haltbarmachung mit<br />

gepulsten elektrischen Feldern neben Säften und Smoothies noch?<br />

Dr. Siemer: Generell kann man mit der Technologie alle Produkte<br />

behandeln, <strong>die</strong> pumpfähig sind, neben Säften und Smoothies zum<br />

Beispiel auch Milch und Suppen. Die Produkte können auch stückig<br />

sein oder Pulpe enthalten.<br />

<strong>dei</strong> 05-2023 11

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