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114 „Bettelorden“ Korrekturabzug<br />

se insofern wider, als im 12. Artikel speziell festgelegt wurde, dass bei Nichterscheinen<br />

osmanischer Beamter zwecks Abholung ehemaliger türkischer Gefangener<br />

sich ein kaiserlicher Präfekt um die Rückstellung dieser Menschen zu<br />

kümmern hätte 92 .<br />

Vermutlich wurde die Gefangennahme eines osmanischen Soldaten auch eher<br />

als Schande angesehen, als dies in den christlichen Staaten der Fall war, wo sich<br />

im Rahmen des Konzepts der christlichen Barmherzigkeit seit dem Hochmittelalter<br />

eben auch eine spezifi sche Tradition der Gefangenenbefreiung „um Gottes<br />

Willen“ herausentwickelt hatte. Ein wichtiger Unterschied zwischen Habsburger-<br />

und Osmanenreich bestand auch darin, dass im mitteleuropäischen Raum<br />

Sklaverei und Sklavenhandel in der Frühen Neuzeit keine Tradition hatten, was<br />

auch mit dem vorherrschenden Ideal eines religiös homogenen, christlichen Gemeinwesens<br />

zusammenhängt, während im Osmanischen Reich Andersgläubige<br />

generell als Untertanen – und Steuerzahler – geduldet waren. Bemerkenswerterweise<br />

konnten dort auch Christen und Juden nicht-muslimische Sklaven besitzen.<br />

Mit den beiden Friedensverträgen von <strong>Karl</strong>owitz und Passarowitz wurde<br />

auch diese Sklaverei weitgehend abgeschafft; darüber hinaus bedeuteten diese<br />

Verträge aber auch, dass nun Maximen des humanitären Umgangs mit dem<br />

„andersgläubigen“ Feind geschaffen wurden.<br />

Für die weitere Befreiungstätigkeit des Trinitarierordens in Österreich wurden<br />

diese Vertragswerke sehr bedeutsam, da sie den von ihnen durchzuführenden<br />

Gefangenenaustausch bzw. -freikauf sehr erleichterten. Bis etwa zur Mitte des<br />

18. Jahrhunderts wurden die Trinitarier von Regierungsstellen auch immer wieder<br />

in die entsprechenden staatlichen Bemühungen eingebunden und angewiesen,<br />

gemeinsam mit österreichischen Botschaftern und Gesandten die Durchführung<br />

der Verträge zu vollziehen. Die größten und erfolgreichsten Unternehmungen<br />

dieser Art wurden jeweils kurz nach den Friedensschlüssen von 1699<br />

und 1718 ausgeführt; die erste im „Jubeljahr“ 1700, als der österreichische Botschafter<br />

Wolfgang Graf von Öttingen und der Redemptor Josephus a SS. Sacramento<br />

in der „europäischen Türkei“ und in Konstantinopel mehr als 900 Menschen,<br />

vornehmlich habsburgische Untertanen, zu vergleichsweise günstigen<br />

Bedingungen freikaufen konnten 93 . Die zweite konzertierte Befreiungsaktion<br />

fand in den Jahren 1719/1720 statt, wobei die Trinitarier allein 555 ehemalige<br />

Gefangene zurück in ihre Heimatländer bringen konnten 94 .<br />

Nicht selten erzielten die Trinitarier bei ihren Tätigkeiten auch einen „Bekehrungserfolg“<br />

bei Lutheranern, Kalvinisten oder „Schismatikern“, also Angehö-<br />

92 Vgl. JAHN, Loskauf (wie Anm. 87) 77f.<br />

93 Vgl. JOANNES A SAN FELICE, Annalium (wie Anm. 43) 294.<br />

94 Vgl. JOANNES A SAN FELICE, Annalium (wie Anm. 43) 718f.

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