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„Bettelorden“ Korrekturabzug<br />
rigen orthodoxer Kirchen 95 . Als Zeichen des Triumphs des katholischen Glaubens<br />
wurde bei jeder Rückkehr der Redemptoren von ihren Befreiungsreisen<br />
eine spektakuläre Prozession veranstaltet, bei welcher die erlösten Gefangenen<br />
der Öffentlichkeit „präsentiert“ wurden. Hier ein Auszug aus der Beschreibung<br />
der ersten Prozession der österreichischen Trinitarier in Wien:<br />
„Am 10. Juni [1691] schritt eine glänzende Prozession aus unserem Kloster<br />
zur Kathedrale des Erz-Märtyrers St. Stefan in folgender Ordnung:<br />
Der durchlauchtigste Herr Alois Thomas Graf von Harrach […] trug das<br />
weiße Banner der Redemption voran, auf beiden Seiten begleitet von den<br />
Grafen Wallenstein und Auersperg […]. Dem Banner folgten die Befreiten,<br />
auf der Brust geschmückt mit dem Skapulier unseres Heiligen Ordens.<br />
Diesen folgte der Chor der Musiker“ 96 .<br />
Auch in siebenbürgischen und ungarischen Städten, vornehmlich dort, wo auch<br />
trinitarische Klöster bestanden, wurden auf der Durchreise Prozessionen veranstaltet<br />
und die Befreiten auf diese feierliche Art empfangen. Schon 1710, unter<br />
<strong>Karl</strong> VI., wollten die staatlichen Behörden diese Veranstaltungen explizit<br />
aus Kostengründen eindämmen; insbesondere sollten jene Befreiten, die<br />
aus den Ländern der ungarischen Krone stammten, bereits auf der Durchreise<br />
durch ihre Heimatländer entlassen und nicht, wie von den Trinitariern praktiziert,<br />
bis nach Wien mitgeführt werden, um hier als Teilnehmer der feierlichen<br />
Schlussprozession zu fungieren 97 . Bereits im beginnenden 18. Jahrhundert<br />
machten sich so Wirkungen einer beginnenden „Aufklärung“ bemerkbar,<br />
die manche Praktiken des symbolbeladenen Barockkatholizismus als überholt<br />
auffassten. Die Rückholung von Untertanen aus dem verfeindeten Auslande<br />
wurde im Laufe des 18. Jahrhunderts bald weniger als eine Sache der christlichen<br />
Barmherzigkeit oder der Seelenrettung vor der drohenden Apostasie betrachtet,<br />
sondern als dem irdisch-nüchternen Nutzen des Staates angemessene<br />
Praxis. Die staatlichen Behörden übernahmen diese Agenden auch zunehmend<br />
selbst, wie ja auch zahlreiche andere Belange des Sozialwesens. Auch betraf die<br />
Gefangenschaft im Osmanischen Reich und dessen Vasallenstaaten nach 1720<br />
immer weniger „Zivilisten“ und zu immer größeren Teilen Soldaten und Matrosen,<br />
sodass die Angelegenheit der Gefangenenbefreiung immer stärker auch in<br />
die Kompetenzen der Militärverwaltung fi el. Schon während der Regierungs-<br />
95 Vgl. JOANNES A SAN FELICE, Annalium (wie Anm. 43) 216, 236, 705, 767.<br />
96 JOANNES A SAN FELICE, Annalium (wie Anm. 43) 101. Im Original: „Decima proinde mensis<br />
Junii splendida Processio e nostro Coenobio ad Cathedralem S. Stephani Proto-Martyris Basilicam<br />
hoc ordine procedit: Illustrissimus Dominus Aloysius Thomas comes ab Harrach […]<br />
candidum Redemptionis vexillum praetulit, cuius utrinque latus stipabant Comites Wallensteinius<br />
& Auersbergius […]. Vexillum sequebantur redempti, Sacri Ordinis nostri Scapulari<br />
in pectore ornati: hos Musicorum chorus excipiebat.“<br />
97 Vgl. JOANNES A SAN FELICE, Annalium (wie Anm. 43) 476.<br />
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