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Insights Quarterly - Issue N° 4

Issue N° 4

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GASTGESPRÄCH<br />

INTERVIEW STEFFEN RÜTH<br />

FOTO CLAIRE DELFINO<br />

JEAN<br />

PAUL GAULTIER<br />

»FRAUEN SIND<br />

ZU NETT«<br />

INTERVIEW STEFFEN RÜTH<br />

FOTO MILAN ZRNIC / SONY MUSIC<br />

FOTO CLAIRE DELFINO/PARIS MATCH<br />

„Schönheit ist für mich ein Gesamtkonzept“<br />

“BEAUTY FOR ME IS AN OVERALL CONCEPT”<br />

The reputation of an Enfant terrible of fashion has preceded him for more than forty<br />

years; he has provoked and sometimes polarised with his collections, be it with the conical<br />

bra or the skirt for men. But sitting across from him, 71-year-old Jean Paul Gaultier<br />

turns out to be an exceptionally likeable and thoroughly endearing conversationalist.<br />

We met the world-famous fashion designer, who is coming to Munich this summer for<br />

the German premiere of his colourful, extravagant and elaborately staged fashion and<br />

music revue “Fashion Freak Show”, during rehearsals in London.<br />

Jean Paul Gaultier, in July you will be guesting at the Isarphilharmonie with your<br />

“Fashion Freak Show”. What do you personally love about Munich?<br />

Munich is a beautiful city. I also love Berlin, but Munich is very different. These two<br />

cities show very impressively how different and diverse Germany is.<br />

Do you have a special memory of Munich?<br />

I went to the Oktoberfest once, quite a few years ago. I drank beer there, but only a<br />

little. I had the impression it wasn’t enough. (laughs)<br />

What were you wearing?<br />

Lederhosen, what else? I think it’s a wonderful tradition.<br />

My trousers were made of a very soft deerskin.<br />

Where will you stay when you come to Munich for the<br />

“Fashion Freak Show” premiere?<br />

At the Bayerischer Hof, of course. As always. The hotel is perfect, it’s really, really nice,<br />

and I remember the staff as being very accommodating and extremely nice.<br />

The “Fashion Freak Show” is a spectacular, colourful and very sexy revue with<br />

autobiographical references to your life, a lot of music and numerous costumes<br />

designed by you. Who did you design the show for?<br />

For all people who love fashion. The show is extremely visual and full of music. If you<br />

like listening to the songs from the eighties, for example by George Michael, Culture<br />

Club or Eurythmics, you will be thrilled.<br />

Does the show also trace your life?<br />

Only a little bit. The story is not really that important, my life is at most the starting<br />

point for a tableau of visual bangs. You get the story of the little boy who dreams of<br />

becoming a fashion designer, but it’s not the focus of these<br />

fireworks for the eyes and ears.<br />

Your parents had nothing to do with the fashion industry.<br />

Your mother worked in a restaurant, your father as an accountant.<br />

You grew up in the less glamorous Parisian suburb of Arcueil. On whom did you<br />

live out your fashion fantasies as a child and adolescent?<br />

On Nana, my teddy bear. You can’t tell if Nana is a female or a male. I never wanted<br />

to fix the bear to a gender. I wanted to be a designer when I was a teenager, after seeing<br />

the film “Falbalas” from 1945. It’s about a fashion designer who loves other people<br />

much more than himself. I found that fascinating. So I started to work on Nana. I<br />

did my first design of the “Cone Bra”, which Madonna wore on her “Blond Ambition<br />

World Tour” in 1990, for Nana.<br />

Later you worked for the designer Pierre Cardin.<br />

You applied to him straight from school when you were 18 and he took you on.<br />

You must have been a very confident young man.<br />

No, no, I was a very shy boy. That shyness never completely disappeared either.<br />

What has become of Nana? Does the bear still exist?<br />

Yes, of course. Nana lives in a shoebox. The bear is not in the best condition, it has<br />

to be said. I have performed many operations on him. Once, when I saw Christiaan<br />

Barnard perform the world’s first heart transplant in South Africa, I also did openheart<br />

surgery on Nana, just like the professor on TV. At one point Nana looked like a<br />

monster. I tried out all kinds of experiments on him, I used my grandmother’s<br />

make-up, lipstick and powder on him. This bear had to endure a lot.<br />

Once I opened him up, the straw came out of his body, and I put implants in.<br />

And I also dyed Nana’s hair like my grandmother.<br />

Have you received many lucrative offers for Nana?<br />

Sure, but I wouldn’t give Nana away for any money in the world.<br />

That would be like selling my baby.<br />

Der Ruf eines Enfant terrible der Mode eilt ihm seit mehr als vierzig Jahren voraus, er<br />

hat mit seinen Kollektionen, sei es mit dem konischen BH oder dem Rock für Männer<br />

provoziert und manchmal polarisiert. Doch sitzt man ihm gegenüber, entpuppt<br />

sich der 71-jährige Jean Paul Gaultier als ausnehmend sympathischer und rundherum<br />

liebenswerter Gesprächspartner. Wir haben den weltberühmten Modedesigner,<br />

der mit seiner prallbunten, extravaganten und aufwendig inszenierten Mode-und-<br />

Musik-Revue „Fashion Freak Show“ im Sommer zur Deutschlandpremiere nach<br />

München kommt, bei den Proben in London getroffen.<br />

Jean Paul Gaultier, im Juli gastieren Sie mit Ihrer „Fashion Freak Show“ in der<br />

Isarphilharmonie. Was lieben Sie persönlich an München?<br />

München ist eine wunderschöne Stadt. Ich liebe auch Berlin, aber München ist ganz<br />

anders. An diesen zwei Städten zeigt sich sehr eindrucksvoll, wie unterschiedlich<br />

und vielfältig Deutschland ist.<br />

Haben Sie eine besondere Erinnerung an München?<br />

Ich bin ein einziges Mal auf dem Oktoberfest gewesen, vor ziemlich vielen Jahren.<br />

Dort habe ich Bier getrunken, aber nur ein bisschen. Ich hatte den Eindruck, es war<br />

nicht genug. (lacht)<br />

Was hatten Sie an?<br />

Eine Lederhose, was denn sonst? Ich finde, das ist eine wundervolle Tradition.<br />

Meine Hose war aus einem ganz weichen Hirschleder.<br />

Wo werden Sie übernachten, wenn Sie zur „Fashion Freak Show“-Premiere nach<br />

München kommen?<br />

Natürlich im Bayerischen Hof. Wie immer. Das Hotel ist perfekt, es ist richtig, richtig<br />

schön, und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter habe ich als sehr zuvorkommend<br />

und extrem nett in Erinnerung.<br />

Die „Fashion Freak Show“ ist eine spektakuläre, bunte und sehr sexy<br />

gestaltete Revue mit autobiografischen Bezügen zu Ihrem Leben, sehr viel Musik<br />

und zahlreichen eigens von Ihnen entworfenen Kostümen. Für wen haben Sie<br />

die Show konzipiert?<br />

Für alle Menschen, die Mode lieben. Die Show ist extrem visuell und voller Musik.<br />

Wer gerne die Songs aus den Achtzigern hört, etwa von George Michael, Culture<br />

Club oder Eurythmics, der wird begeistert sein.<br />

Zeichnet die Show auch Ihr Leben nach?<br />

Nur ein bisschen. Die Story ist eigentlich nicht so wichtig, mein Leben ist höchstens<br />

der Startpunkt für ein Tableau aus visuellen Knalleffekten. Die Geschichte des kleinen<br />

Jungen, der davon träumt, Modeschöpfer zu werden, bekommt man zwar mit,<br />

aber sie steht nicht im Mittelpunkt dieses Feuerwerks für Augen und Ohren.<br />

Ihre Eltern hatten mit der Modebranche nichts zu tun. Ihre Mutter hat in einem<br />

Restaurant gearbeitet, Ihr Vater als Buchhalter. Sie wuchsen in dem wenig<br />

glamourösen Pariser Vorort Arcueil auf. An wem haben Sie Ihre modischen<br />

Fantasien als Kind und Heranwachsender ausgelebt?<br />

An Nana, meinem Teddybären. Man kann nicht sagen, ob Nana ein Weibchen oder<br />

ein Männchen ist. Ich habe den Bären nie auf ein Geschlecht festlegen wollen. Ich<br />

wollte schon als Teenager unbedingt Designer werden, nachdem ich den Film „Falbalas“<br />

aus dem Jahr 1945 gesehen hatte. Darin geht es um einen Modeschöpfer, der die<br />

anderen Menschen viel mehr liebt als sich selbst. Das fand ich faszinierend. Also begann<br />

ich, mich an Nana auszutoben. Meinen ersten Entwurf des „Cone Bra“, den 1990<br />

Madonna auf ihrer „Blond Ambition World Tour“ trug, habe ich für Nana gemacht.<br />

Später arbeiteten Sie für den Designer Pierre Cardin. Sie hatten sich mit 18 direkt<br />

von der Schule aus bei ihm beworben, und er hat Sie genommen. Sie müssen ein<br />

sehr selbstbewusster junger Mann gewesen sein.<br />

Nein, nein, ich war ein sehr schüchterner Junge. Diese Schüchternheit ist auch nie<br />

ganz verschwunden.<br />

Was ist aus Nana geworden? Gibt es den Bären noch?<br />

Ja, natürlich. Nana lebt in einem Schuhkarton. Der Bär ist nicht in allerbestem Zustand,<br />

das muss man sagen. Ich habe viele Operationen an ihm ausgeführt. Einmal,<br />

als ich sah, wie Christiaan Barnard in Südafrika die erste Herztransplantation der<br />

Welt gelang, habe ich auch Nana am offenen Herzen operiert, so wie der Professor<br />

im Fernsehen. Irgendwann sah Nana aus wie ein Monster. Ich habe alle möglichen<br />

Experimente an ihm ausprobiert, habe ihn mit dem Make-up, dem Lippenstift und<br />

dem Puder meiner Großmutter traktiert. Dieser Bär musste sehr viel aushalten.<br />

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