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Insights Quarterly - Issue N° 4

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HAUSPOST<br />

STILSICHER<br />

„Er hatte einen<br />

todsicheren Geschmack“,<br />

so die heute 88-jährige<br />

Erika Volkhardt noch<br />

Jahre später über ihren<br />

Lieblingsdesigner<br />

Helmut Lang.<br />

ALWAYS<br />

EN<br />

VOGUE<br />

KING KARL<br />

„Ein leider kurzer, aber<br />

perfekter Aufenthalt“,<br />

schrieb Stammgast Karl<br />

Lagerfeld 2005 anlässlich<br />

der 57. Bambi-Verleihung<br />

ins Hotel-Gästebuch.<br />

Oben: Bademodenschau<br />

am Hotelpool (1965)<br />

Paris, Mailand, München: In den Siebzigern verwandelte sich die<br />

bayerische Hauptstadt in eine Mode-Metropole. Wie es dazu kam,<br />

welchen Anteil das Hotel Bayerischer Hof daran hatte und was<br />

Dior, Pucci und Helmut Lang damit zu tun haben<br />

VON PHILIP REICHARDT<br />

FOTOS PR, ALI KEPENEK<br />

München galt in den 60er-Jahren als heimliche Hauptstadt<br />

Deutschlands. Dass dem Bayerischen Hof dabei eine zentrale<br />

Rolle zukam, ist oft erzählt worden. Weniger bekannt<br />

ist, dass München damals auch seinen Ruf als Modestadt<br />

begründete. Auch daran hatte das Hotel Bayerischer Hof<br />

einen maßgeblichen Anteil. Schon allein deshalb, weil der<br />

große Festsaal die ideale Kulisse bot, um mitten in der Stadt<br />

Modenschauen zu inszenieren, die damals noch gesellschaftliche Ereignisse waren.<br />

Seither hat sich das Geschäft mit der Mode grundlegend verändert.<br />

Als München den Zuschlag für die Olympischen Spiele 1972 erhielt, erfand sich die<br />

Stadt neu und mit ihr auch der Bayerische Hof. Falk Volkhardt kaufte das Palais Montgelas<br />

nebenan, mit dieser Erweiterung boten sich viele neue Möglichkeiten. Die entscheidende<br />

Idee, die neuen Räume im Erdgeschoss zu nutzen, hatte Erika Volkhardt,<br />

Falks Frau – auf einer Modenschau von Dior. Die Entwürfe der Designer, sollten im<br />

Bayerischen Hof künftig nicht nur einem ausgewählten Publikum vorgeführt werden,<br />

sondern für alle, die sich für die neuesten Trends ebenso begeisterten wie sie selbst,<br />

auch zu kaufen sein. In dem Laden an der Kardinal-Faulhaber-Straße richtete Volkhardt<br />

die erste Boutique im Haus ein. Fortan war sie selbst auf Messen unterwegs,<br />

kaufte Kollektionen ein und leitete mit großem Erfolg das Geschäft.<br />

Als Mitte, Ende der 70er-Jahre, die Designer selbst stärker in den Mittelpunkt des Interesses<br />

rückten, hielten die großen Marken Ausschau nach Flagship-Stores. Volkhardt<br />

übergab den Laden neben ihrem eigenen zunächst an einen jungen Münchner Modemacher,<br />

der später, in den 80er- und 90er-Jahren zumindest in München weltbekannt<br />

wurde, wenn auch nicht ausschließlich mit seinen Entwürfen:<br />

Rudolf Moshammer. Wenig später arbeitete Volkhardt mit<br />

Emilio Pucci zusammen und sie verstand sich mit ihm auf<br />

Anhieb bestens. Die knallbunten Farben und wilden Muster<br />

seiner Kleider, Röcke und Badeanzüge trafen den Nerv einer<br />

Stadt, in der die Sehnsucht nach mediterraner Leichtigkeit<br />

das Lebensgefühl elementar prägt. Emilio Pucci wurde zum<br />

Freund, einmal entwarf er sogar die Dekoration für den Faschingsball<br />

im Haus.<br />

In dieser Zeit begannen auch die Erfolgsgeschichten Münchner<br />

Modeunternehmen. Etienne Aigner startete mit seinen<br />

Lederaccessoires von der Isar aus international durch, Bogner<br />

revolutionierte vor allem die Wintersportmode. Escada, 1976<br />

gegründet, entwickelte sich zum zweitgrößten Hersteller von Damenmode in Europa.<br />

Im selben Jahr erschien auch die erste deutsche Ausgabe der Vogue, Redaktionssitz war<br />

München. Und die Münchner Modewoche hatte sich als eine der größten Modemessen<br />

in Europa etabliert. Zweimal im Jahr kamen bis zu 50 000 Besucher. München hatte<br />

seinen Platz gefunden auf der Landkarte der Mode und schien von Mailand und Paris<br />

gar nicht so weit entfernt zu liegen.<br />

Am Promenadeplatz eröffnete Erika Volkhardt Shops von Calvin Klein, Giorgio Armani<br />

und DKNY. Drei Brands, die wie keine anderen für das Lebensgefühl der 80er stehen.<br />

„Und das Beste“, sagt Erika Volkhardt, „diese Marken gab es damals nur bei uns.<br />

Das Haus war voll mit Boutiquen.“ 1992 lernte Volkhardt einen Designer aus Wien kennen,<br />

der damals gerade dabei war, ein internationaler Star zu werden. Helmut Lang<br />

hieß er. Mit seinen minimalistischen Entwürfen, eng geschnittenen Anzügen und dem<br />

Einsatz neuer Materialien wurde Lang zum Inbegriff der 90er-Jahre-Mode. „Helmut<br />

Lang“, sagt Volkhardt, „hatte Ideen, die kein anderer hatte. Alles, was er entwarf, hatte<br />

Hand und Fuß.“ Als er sein Label 2005 verkaufte, – er war inzwischen nach New York<br />

gezogen, heute lebt er auf Long Island – eröffente Volkhardt einen Multibrandladen,<br />

mit den besten Marken der damaligen Zeit. Es wurde wieder mal Zeit für Neues.<br />

Den Markt der Luxusmode dominieren inzwischen zwei börsennotierte Konzerne,<br />

neue Mode erscheint nahezu wöchentlich, Influencer haben die Rolle der großen Modemagazine<br />

übernommen. Und nicht nur die großen Fashionketten machen einen<br />

Gutteil ihres Umsatzes online.<br />

Eines aber blieb: die Nähe des Bayerischen Hofs zur Mode. Fotografen lieben die Räume<br />

des Hauses, etwa die Trauminsel Suite, das Trader Vic’s oder die von Axel Vervoordt<br />

gestalteten Räumlichkeiten im Palais Montgelas als Kulisse für Fashion Shootings.<br />

Louis Vuitton, Prada und Gucci buchen Räume des Hotels für Veranstaltungen, die<br />

Boutiquen folgen den Trends. Supermodels wie Claudia Schiffer und Naomi Campbell<br />

schätzen seit vielen Jahren die Gastfreundschaft, Vogue-Chefin Anna Wintour insbesondere<br />

die Restaurants im Haus. Die Mode ist mit Marken wie Hannes Roether,<br />

Riani, Maison Common und Susanne Wiebe im Bayerischen Hof nach wie vor zu Hause,<br />

auch wenn sie ganz anders in Erscheinung tritt als im vergangenen Jahrhundert.<br />

Aber auch das kann sich – so wie die Mode selbst – schnell wieder ändern.<br />

In the 1960s, Munich was considered the secret capital of Germany. It has often been told<br />

that the Bayerischer Hof played a central role in this. What is less well known is that Munich<br />

also established its reputation as a fashion city back then. The Hotel Bayerischer Hof<br />

also played a significant role in this. If only because the large ballroom provided the ideal<br />

setting for staging fashion shows in the middle of the city, which were still social events at<br />

the time. Since then, the fashion business has changed fundamentally.<br />

When Munich won the bid for the 1972 Olympic Games, the city reinvented itself and with<br />

it the Bayerischer Hof. Falk Volkhardt bought the Palais Montgelas next door, and this<br />

expansion offered many new possibilities. The decisive idea to use the new rooms on the<br />

ground floor came from Erika Volkhardt, Falk‘s wife - at a Dior fashion show. In future, the<br />

designers‘ designs were not only to be shown to a select audience at the Bayerischer Hof,<br />

but were also to be available for purchase by anyone who was as enthusiastic about the<br />

latest trends as she was. Volkhardt set up the first boutique in<br />

„HELMUT LANG<br />

HATTE IDEEN, DIE<br />

KEIN ANDERER<br />

HATTE. ALLES,<br />

WAS ER ENTWARF,<br />

HATTE HAND UND<br />

FUSS“<br />

the house in the shop on Kardinal-FaulhaberStraße. From<br />

then on, she went to trade fairs herself, bought collections<br />

and ran the business with great success.<br />

When, in the mid to late 70s, the designers themselves became<br />

more prominent, the big brands were on the lookout for<br />

flagship stores. Volkhardt initially handed over the shop to a<br />

young Munich fashion designer who later became world-famous,<br />

at least in Munich, in the 80s and 90s, although not<br />

exclusively with his designs: Rudolf Moshammer. When he<br />

moved his shop to Maximilianstraße a little later, Emilio<br />

Pucci took over the boutique and Volkhardt got on very well<br />

with him straight away. The bright colours and wild patterns<br />

of his dresses, skirts and swimming costumes struck a chord<br />

in a city where the yearning for Mediterranean lightness is elemental to the attitude to life.<br />

Emilio Pucci became a friend, once even designing the decorations for the house carnival<br />

ball. This was also the time when the success stories of Munich fashion companies began.<br />

Etienne Aigner took off internationally with his leather accessories from the Isar, Bogner,<br />

above all, revolutionised winter sports fashion. Escada, founded in 1976, developed into<br />

the second largest manufacturer of women‘s fashion in Europe. In the same year, the first<br />

German edition of Vogue was published and the editorial office was in Munich. And the<br />

Munich Fashion Week had established itself as one of the biggest fashion fairs in Europe.<br />

Up to 50,000 visitors came twice a year. Munich had found its place on the fashion map<br />

and didn‘t seem so far away from Milan and Paris.<br />

Erika Volkhardt opened boutiques by Calvin Klein, Giorgio Armani and DKNY on Promenadeplatz.<br />

Three brands that represent the lifestyle of the 80s like no others. „And the best<br />

thing,“ says Erika Volkhardt, „these brands were only available here at the time. The house<br />

was full of boutiques.“ In 1992 Volkhardt met a designer from Vienna who was then just<br />

about to become an international star. Helmut Lang was his name. With his minimalist<br />

designs, tightly tailored suits and use of new materials, Lang became the epitome of 90s<br />

fashion. „Helmut Lang,“ says Volkhardt, „had ideas that no one else had. Everything he<br />

designed had a real substance“ When he sold his label in 2005 - he had moved to New York<br />

in the meantime, today he lives on Long Island - Volkhardt opened a mulitbrand boutique<br />

representing the best labels around at that time. It was time for something new.<br />

ERIKA VOLKHARDT<br />

The luxury fashion market is now dominated by two listed companies, new fashion appears<br />

almost weekly, influencers have taken over the role of the big fashion magazines.<br />

And it is not only the big fashion chains that make a good part of their turnover online. But<br />

one thing remained: the Bayerischer Hof‘s proximity to fashion. Photographers love the<br />

hotel‘s rooms, such as the Dream Island Suite, Trader Vic‘s or the rooms in Palais Montgelas<br />

designed by Axel Vervoordt as a backdrop for fashion shoots. Louis Vuitton, Prada<br />

and Gucci book rooms in the hotel for events, the boutiques follow the trends. Supermodels<br />

like Claudia Schiffer and Naomi Campbell have appreciated the hospitality for many<br />

years, Vogue Editor in Chief Anna Wintour in particular the restaurants in the house. With<br />

labels as Hannes Roether, Riani, Maison Common and Susanne Wiebe amongst others,<br />

fashion is still at home at the Bayerischer Hof, even if its appearance is quite different from<br />

that of the last century. But that, too, can change again quickly - just like fashion itself.<br />

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