MQ+ Sommer 2023
Das Artland-Magazin
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INTERVIEW
forum-Artland war ich von Anfang an
dabei und bin so etwas wie der Hausund
Hofsänger. Ich genieße es auch,
beim Einkaufen immer mal wieder
Menschen zu treffen, mit denen ich
einen kurzen Klönschnack halten kann.
Andererseits habe ich auch immer
noch ein wohligwarmes Gefühl, wenn
ich nach Bremen fahre, obwohl ich dort
schon niemanden mehr kenne. Nicht
logisch, aber einfach so ein Gefühl. Als
ich acht Jahre alt war, kauften meine
Eltern ein kleines Wochenendhaus auf
dem Land in der Nähe von Oldenburg.
Ich verbrachte dort als Kind und
angehender Jugendlicher fast jedes
Wochenende und natürlich die Ferien.
Meine Mutter lebt da übrigens heute
immer noch eigenständig, worüber ich
mich natürlich sehr freue. Also fühlt
sich auch Oldenburg irgendwie nach
Heimat an. Es ist einfach eine tolle
Stadt. Vielleicht der Mittelwert zwischen
Bremen und Quakenbrück.
Du sprachst vorhin von dem klassischen
Lebensweg. War Dein Lebensweg
denn nicht klassisch?
(lacht) Nein, wirklich nicht. 28 Jahre in
Bremen und 22 Jahre in Quakenbrück.
Es fehlen zu meinem Lebensalter also
noch 10 Jahre. Da gab es örtliche Lebensmittelpunkte
in Herborn (Hessen),
Langwedel bei Bremen, Hannover und
Berlin. Es gab also viel Veränderung.
Ich glaube, dass ein Gefühl von Heimat
auch massiv von Lebensumbrüchen
begleitet und beeinflusst wird. Darum
ist dieses Gefühl auch immer sehr
individuell. In Quakenbrück gab es für
mich jedenfalls eine wunderbare Zeit
mit großer Stabilität und Ruhe in Familie
und Beruf. Meine Kinder konnten
sehr behütet und stabil groß werden
und ich bin auch sehr dankbar für meinen
Arbeitgeber, der dieses in gewisser
Weise ermöglichte. Quakenbrück
steht für mich aber genauso für einen
großen Umbruch, denn innerhalb von
zwei Jahren endete sowohl meine
30-jährige Ehe als auch meine 18-jährige
Firmenzugehörigkeit. So musste ich
mich also irgendwie neu erfinden.
Spannend, und was genau hast Du
neu erfunden?
Naja, es folgte nach meiner Ehe ja noch
eine durchaus inspirierende Beziehung
und insgesamt ein Umfallen, Aufstehen
und Krone Richten. Ich überlegte
jedenfalls, was ich wirklich gerne machen
möchte und auch gut kann. Lange Berufserfahrung
in verschiedenen Geschäftsleitungen,
Ausbildungen als Coach und
Change Manager und mittlerweile auch
ordentlich Lebenserfahrung legten dann
eine Selbständigkeit als Business Coach
irgendwie nahe. Ich kann zuhören, fachlich
und emotional verstehen und auch einen
guten Rat geben, wenn er gewünscht ist.
Das kann ich, weil ich viele Dinge richtig
gemacht habe oder andere Dinge eben
auch ordentlich verbockt habe. Mit einem
gesunden Maß an Selbstreflexion lernt
man ja von beiden Seiten. Natürlich gab
es auch Herausforderungen. Allein die
Aufgabe, sich seinen Tag ohne den festen
Rahmen eines Arbeitsverhältnisses eigenverantwortlich
selbst zu strukturieren,
bedeutet ja nicht nur Freiheit, es fordert
auch reichlich Disziplin. Und dann kam
ja auch noch Corona. Meine Mutter fragt
mich öfter mal, ob ich die Uhr gerne ein
paar Jahre zurückdrehen würde. Glücklicherweise
habe ich dieses Bedürfnis nicht,
bin dankbar für die gemachten Erfahrungen
und freue mich auf das, was noch
alles kommen wird. Vielleicht in meiner
Heimat Quakenbrück oder auch in einer
anderen Heimat.
Na, dann wage doch nochmal abschließend
einen Blick in die Zukunft…
Tja, wir leben in einer Zeit von immer
schneller werdenden Veränderungen.
Vor ca. 25 Jahren hat das Internet unsere
Gesellschaft verändert, vor nur zehn
Jahren war es das Smartphone und nun
steht die künstliche Intelligenz vor der Tür.
RAL 5005
Die Menschen fühlen sich zunehmend
überfordert und wollen verstehen, wer
sie sind. Neue Pseudo-Religionen sind auf
dem Vormarsch, man klammert sich an
www.boelo.de
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(AM NETTO-MARKT)
49610 QUAKENBRÜCK
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altes und vermeintlich besseres Wissen,
Heerscharen von semi-kompetenten
Heilsbringern versprechen fragwürdige
Hilfestellungen und die psychotherapeutischen
Praxen sind vollständig überlaufen.
Die Suche nach Halt, Orientierung und
Zugehörigkeit ist überall spürbar. Da ist
es sicher auch sehr wertvoll, sich damit
zu beschäftigen, was die persönliche
Heimat ist, örtlich und menschlich. Noch
wichtiger ist es aber, sich nicht nur damit
zu beschäftigen, wer man ist und wo man
steht. Die Frage ist, wer man sein will und
wo. Ich selbst würde mich heute wohl
irgendwo im Dreieck, Bremen, Oldenburg
und Osnabrück verorten. Menschlich
und emotional wird natürlich meine
Erinnerung an gelebte Familie immer
ein Stück Heimat bleiben. Und es gibt
die Menschen, die mich als Chef, Kollege,
Partner, Freunde oder Bekannte irgendwie
geprägt haben. Auch das sind Wurzeln, die
ich habe und nicht missen möchte. Diese
Wurzeln versetzen mich hoffentlich in die
Lage, das umzusetzen, was ich sein will.
Und es wird bestimmt auch wieder neue
Menschen geben, die eine wichtige Rolle
in meinem Leben spielen. Auch wenn es
sich wenig spektakulär anhört, über allem
steht selbstverständlich die Gesundheit,
denn ohne Gesundheit fehlt die Freiheit,
die man braucht, um sein Leben zu
gestalten und Heimat überhaupt bewusst
wählen zu können.
Also wünsche ich mir ganz einfach das,
was sich wohl alle Menschen wünschen,
gesund bleiben, liebe Menschen um mich
haben, die mir guttun, materiell auskömmlich
leben können und letztendlich
rundum glücklich und zufrieden sein. Das
gibt dann auch automatisch ein gutes
Heimatgefühl, gerne auch in Quakenbrück.
Ausgabe Sommer 2023 mq | 41