Roșia Montană - Stadtgespräche Rostock
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<strong>Roșia</strong> <strong>Montană</strong>:<br />
Es geht um mehr als nur Gold<br />
JOACHIM COTARU<br />
Die vergangenen Wochen waren geprägt von einer verschärften<br />
Auseinandersetzung um Europas größten geplanten Goldtagebau.<br />
Die Befürworter geben sich grün und wollen eine Kulturlandschaft<br />
opfern. Die Bedingungen für das Goldprojekt waren<br />
nie so günstig wie jetzt. Aber auch der Widerstand für die<br />
Rettung des Ortes ist reifer geworden.<br />
„Cu minerii rezolvăm problema mediului, culturii, socială”<br />
(„Mit den Bergleuten lösen wir das Umwelt-, Kultur- und Sozialproblem”):<br />
Dieser Gruß im Stil der berüchtigten Mineriaden<br />
empfing Mitte August die zum Fân-Fest der Kampagne<br />
„Salvaţi <strong>Roșia</strong> <strong>Montană</strong>!” („Rettet <strong>Roșia</strong> <strong>Montană</strong>!”) angereisten<br />
Teilnehmer. Zu der dreitägigen Veranstaltung kamen die<br />
Gegner des von der <strong>Roșia</strong> <strong>Montană</strong> Gold Corporation<br />
(RMGC) betriebenen Projekts. Die gut zweitausend Jahre alte<br />
Ortschaft im Herzen der Westkarpaten/ Munţii Apuseni soll,<br />
geht es nach der RMGC, 300 Tonnen Gold geopfert werden.<br />
Auch wenn die RMGC dem Vorhaben mit enormer Medienpräsenz<br />
und aufwändigen Restaurierungsprojekten ein grünes<br />
Gesicht geben möchte – am Ende bliebe ein musealer Ortsrest<br />
unterhalb eines 185m hohen Damms, der 300 Millionen Kubikmeter<br />
zyanidhaltige Abfälle zurückhalten und in dem der<br />
Ortsteil Corna verschwinden soll.<br />
Über die Argumente für das Projekt wird in den rumänischen<br />
Medien ausgiebig berichtet. Die Nachteile werden dabei oft<br />
ausgeblendet. Kein Wunder: Die RMGC verfügt über einen<br />
fantastischen Werbe-Etat und das nötige Fachpersonal. Die<br />
wirtschaftlich desaströse Lage der Medien lässt die Pflicht zu<br />
unabhängiger Berichterstattung dabei schnell in den Hintergrund<br />
geraten. Die RMGC zahlt. So berichtete beispielsweise<br />
das Lokalblatt „Ziarul de Apuseni” aus Abrud/ Großschlatten<br />
nach dem FânFest ausschließlich von Besuchern, die nach ihrem<br />
Besuch des Ortes von der Notwendigkeit des Projekts<br />
überzeugt seien. Recherchen des Klausenburger Journalisten<br />
Mihai Goţiu ergaben, dass die Zeitung Namen von TeilnehmerInnen<br />
ohne deren Wissen und mit erfundenen Aussagen veröffentlicht<br />
hatte.<br />
Doch die tendenziöse Berichterstattung macht auch vor dem<br />
öffentlichen Fernsehen TVR nicht halt. Die rumänische Partnerorganisation<br />
von „Reporter Ohne Grenzen”, Active Watch,<br />
reklamierte am Dienstag beim rumänischen Medienrat CNA<br />
verdeckte Werbung des Senders für die Gold Corporation.<br />
Dieser habe in einem – im Zusammenhang mit Băsescus Vor-<br />
Ort-Besuch ausgestrahlten – Beitrag von gut drei Minuten<br />
Länge nur die Projekt-Befürworter dargestellt. Active Watch<br />
zählt in seiner Eingabe eine Reihe von falschen Darstellungen<br />
im reklamierten Beitrag auf. Überdies sei die Gattin des verantwortlichen<br />
Journalisten Teilhaberin einer Werbefirma, zu deren<br />
Kunden die RMGC zähle.<br />
Die etwa 60 Mitglieder der Initiative „Alburnus Maior” (so der<br />
lateinische Name von <strong>Roșia</strong> <strong>Montană</strong>), Trägerin von „Salvaţi<br />
<strong>Roșia</strong> <strong>Montană</strong>!”, wollen ihre Häuser und Grundstücke nicht<br />
der RMGC verkaufen. Sie sind in der Minderheit, pochen aber<br />
auf ihr Eigentumsrecht. Das soll nun per Gesetz untergraben<br />
werden. Nachdem eine Gesetzesvorlage in aller Stille bereits<br />
den rumänischen Senat passiert hat und von den relevanten<br />
Kommissionen für gut geheißen wurde, soll sie im September<br />
dem Abgeordnetenhaus zur Abstimmung vorgelegt werden.<br />
Der Gesetzentwurf sieht unter anderem vor, Inhabern von<br />
Schürfrechten auch gleich das Recht auf Enteignung mitzuliefern.<br />
Die RMGC könnte dann einen selbst bestimmten Schätzpreis<br />
für ein Grundstück oder Haus auf ein Sperrkonto überweisen.<br />
Die so bereits enteignete Person würde vor Gericht nur<br />
noch über die Höhe der Entschädigung streiten – ohne Zugriff<br />
auf das Geld. Damit wäre den meisten der unwilligen Ortsansässigen<br />
jedoch auch diese Chance verbaut, da sich nur wenige<br />
einen Prozess leisten können.<br />
Die Gefahr ist groß, dass das Gesetz die Abstimmung übersteht,<br />
ungeachtet des Widerspruchs zur EU-Grundrechtecharta.<br />
Stefania Simion, Rechtsberaterin der Kampagne: „Das Gesetz<br />
ist eine brutale Verletzung unserer Verfassung, die das<br />
Recht auf Eigentum und die Gleichheit der Menschen vor dem<br />
Recht garantiert.” Daher soll versucht werden, die Verfassungsmäßigkeit<br />
des Gesetzentwurfes vor Gericht prüfen zu lassen.<br />
Auch auf europäischer Ebene soll dringend für Öffentlichkeit<br />
gesorgt werden – schließlich ist Rumänien wegen seiner fragwürdigen<br />
Rechtsstaatlichkeit noch immer einem EU-Monitoring<br />
unterworfen.<br />
Bereits über 12.000 Menschen haben in den vergangenen zwei<br />
Wochen eine Petition gegen die Gesetzesänderung unterzeichnet.<br />
Jetzt ruft die Kampagne auf, sich direkt oder telefonisch an<br />
die Parlamentsabgeordneten zu wenden, um sie von einer Zustimmung<br />
zum Gesetz abzubringen. Von dem staatsbürgerlichen<br />
Bewusstsein Kampagne war auch Mona Nicoară, Regisseurin<br />
des beim FânFest gezeigten Films „Şcoala noastră/ Unsere<br />
Schule”, begeistert. Das Publikum in <strong>Roșia</strong> <strong>Montană</strong> zeige<br />
ein neues Gesicht des Landes: „Dies ist ein Publikum mit Interesse<br />
an sozialem Wandel, verantwortlichem Umgang mit<br />
Rumäniens Menschen und Reichtümern und daran, die richtigen<br />
Entscheidungen für künftige Generationen zu treffen.” ¬