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00.2 __ //// WOHNEN IN ROSTOCK | IMPRESSUM Wohnungsmarkt in Rostock Ist der Wohnraum sein Geld wert? TILMAN SCHUBERT Die Situation auf dem Rostocker Wohnungsmarkt hat sich innerhalb des letzten Jahres deutlich verschärft – inzwischen sind Mieten von bis zu 10 €/m2 keine Seltenheit mehr. Was steckt dahinter und wie geht man mit der Situation um? Der Autor, Betroffener und Volkswirt, findet interessante Antworten auf diese Fragen. Vor einem Jahr begannen meine Frau und ich nach einer geeigneten Wohnung zu suchen, in der wir eine Familie gründen können. Wir hatten die Erwartung, einfach im Internet und in den typischen kostenlosen Zeitungen zu suchen und zu finden. Bis uns klar wurde – das dauert länger! Wir wohnten bisher in einer 2-Zimmer-Dachgeschosswohnung direkt am Doberaner Platz. Lange haben wir immer wieder auftretende Mängel an der Wohnung moniert, bis wir verstanden, dass wir für 6,50 € Kaltmiete pro Quadratmeter in einer ausgesprochen günstigen Wohnung leben. Von da an gingen wir lockerer mit den Mängeln um und öffneten unseren Blick bei Suche auf bisher scheinbar unerreichbare Objekte. Die Frage war bleibt die altbekannte: Wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld? Gucken wir uns einmal die Fakten an. Rostock liegt recht zentral an der Küste von M-V, hat eine Universität sowie einige – auf Landesebene bedeutende – kleine und mittelständische Unternehmen sowie ein paar Großunternehmen als Arbeitgeber in der Region (Region versteht sich hierbei als Rostock und dem Landkreis Bad Doberan). Viele Rostocker sind nach dem Fall der Mauer in den Landkreis Bad Doberan oder gleich in den „Westen“ gezogen und die Einwohnerzahl sank von knapp unter 250.000 (1989) erst auf unter und dann wieder auf etwas über 200.000 (2010). Was war geschehen? Nach der Schließung der Werften verloren viele Einwohner ihre Arbeit, die zuvor oftmals recht einträglich war. Noch heute hört man von vielen Mittvierzigern bis Mittfünfzigern die Geschichten von damals, als es einem noch gut ging und man nicht „stempeln gehen“ musste. Der Begriff „Hartz IV“ wird bewusst vermieden. Wo lebten diese Rostocker? Meist in den Neubauvierteln, die in den 1980ern den höchsten Wohnungskomfort boten. Die jüngsten Neubauviertel – auch, mehr oder weniger liebevoll, „Platte“ genannt – sind dabei Teile Dierkows und Toitenwinkels. Was war in den anderen Vierteln los? Die östliche und nördliche Altstadt waren Ende der Achtziger enorm sanierungsbedürftig, ähnlich sah es in der Kröpeliner-Tor-Vorstadt (KTV) sowie in Teilen der Steintorvorstadt (STV) aus. In den Vierteln Biestow, Gartenstadt, Kassebohm und Brinkmansdorf wurde nach Möglichkeit das Einfamilienhaus gepflegt, in Reutershagen und der Südstadt lebte man schon seit den 1960ern in vergleichbar komfortablen Nachkriegswohnungen. Daraus lässt sich schon ableiten, welche Entwicklungen die jeweiligen Viertel gehen würden. Während in den Vierteln die kaum Sanierungsbedarf hatten im Grunde alles beim Alten blieb und die WIRO und andere große Wohnungsgenossenschaften heute die meisten Objekte betreiben, entwickelte sich in der Altstadt, der STV und vor allem auch der KTV ein reger Immobilienmarkt. Studenten zogen in die beliebten und oft WG-fähigen 2-3-Zimmerwohnungen der KTV, deren Häuser meist in Hand von Investoren sind, die Villen der STV gingen überwiegend in private Hände und sind beliebtes Viertel für Familien, oftmals mit akademischem Hintergrund. In der Altstadt ist es ähnlich, wobei die Wohnungen oft nicht so groß sind wie in der STV. Dieser Transformationsprozess – verkürzt und unwissenschaftlich dargestellt – vollzog sich bis vor ca. 10 Jahren. Seit dem ist eine gewisse Ruhe eingekehrt, wenn es darum geht, noch ein Schnäppchen zu machen. Seit dieser Zeit war es natürlich weiterhin möglich ein Objekt zu kaufen, aber dann eben schon von einem Vorbesitzer aus der Zeit nach der Wiedervereinigung. Mit anderen Worten, der Markt hat sich „konzentriert“. Der Wohnungsmarkt soll hier für Mietwohnungen modelliert werden und stellt sich nun wie folgt dar: Mietwohnungen sind an sich in Rostock keine Mangelware. Nur die Lage ist entscheidend. Am teuersten ist derzeit nach Aussage verschiedener Immobilienmakler die KTV. Dort werden für die nächsten Jahre Preise von über 10 € je Quadratmeter angestrebt. Erste
Objekte überschreiten bereits die 9,50 €. Die qualitativ hochwertige Ausstattung dieser Wohnung rechtfertigt sicher einen Teil des Preises, die Lage einen anderen, aber der Rest? Hier stellt die Frage, was ein angemessener Mietpreis eigentlich ist. Zudem sollte vom Budget ausgegangen werden. Das durchschnittliche verfügbare Einkommen eines Zweipersonenhaushalts in M-V betrug im Jahr 2009 rund 30.500 € (zum Vergleich: 1999 waren es 26.174 €). Geht man davon aus, dass ein Drittel des Einkommens für Wohnen ausgegeben wird, sollten es im Jahr 2009 für den Durchschnittmieter nicht mehr als 10.167 € gewesen. Es ergeben sich monatlich demnach knapp 850 € für eine Warmmiete. Das klingt erst einmal nach viel, kalkuliert man die Nebenkosten aber realistisch mit 2,50 € je Quadratmeter, so kommt man auf eine Wohnungsgröße von etwas unter 90 Quadratmetern bei angenommenen 7 € Kaltmiete. Guckt man nun auf die Realität, sieht man, dass die Rostocker für gewöhnlich nicht in solchen Wohnungen leben. Woran liegt das? Einerseits ist die Annahme von 7 € Kaltmiete problematisch – viele Wohnungen sind teurer – der Mieter muss auf Wohnraum verzichten. Andererseits wurde die Verteilung des Einkommens nicht berücksichtigt und somit die Tatsache ausgeblendet, dass viele Menschen sich so eine Modellwohnung gar nicht leisten können und andere entsprechend größere und/oder teurere. Eine dritte Tatsache: Viele Mieter und auch Käufer von Wohnobjekten geben mehr als ein Drittel ihres verfügbaren Budgets für das Wohnen aus. Das ist kritisch zu betrachten, da eine Abhängigkeit von mehreren in einander greifenden Faktoren entsteht. Diese ungleiche Verteilung der Einkommen bzw. die Bereitschaft vieler Mieter aufgrund von Lage und anderen Faktoren einen hohen Mietpreis zu zahlen, eröffnet derzeit vor allem Maklern eine enorme Geschäftsgrundlage. Die Arbeit dieser Vermittler ist durchaus sinnvoll und die Bezahlung der Dienste ist gesetzlich geregelt. Ihre Inanspruchnahme kann sich durchaus lohnen, insbesondere wenn der Zeitdruck groß ist oder man ein für lange Zeit zu nutzendes Objekt sucht. Allerdings tut sich in auch immer wieder der Verdacht auf, dass es enge Verstrickungen mit Wohnungsverwaltungsgesellschaften gibt. Was ist der Ausweg für Wohnungsinteressenten? Es gibt leider keinen! Entweder ist man bereit, den hohen Preis zu zahlen, oder man gibt seine Vorstellungen über Lage und Ausstattung der zukünftigen Wohnung auf. Man kann und muss also selbst entscheiden, wozu man bereit und in der Lage ist. Solange aber Wohnobjekte in Vierteln wie der KTV eine so große Nachfrage haben, wird sich an der momentanen Situation nichts ändern. Die hohe Fluktuation von Mietern und der nicht endende Strom jährlich neuer hinzukommender Studenten unterstützen eine Preisentwicklung nach oben. ¬ Impressum Stadtgespräche Heft 64: „Prima Klima” Ausgabe September 2011 (Redaktionsschluss: 20. September 2011) Herausgeber Stadtgespräche e.V. in Zusammenarbeit mit der Bürgerinitiative für eine solidarische Gesellschaft e.V. Rostock Redaktion und Abonnement PF 10 40 66 18006 Rostock Fax: 03212-1165028 E-Mail: redaktion@stadtgespraeche-rostock.de Internet: www.stadtgespraeche-rostock.de Verantwortlich (V.i.S.d.P.): Dr. Kristina Koebe Tom Maercker Redaktion: Dr. Kristina Koebe Tom Maercker Dr. Peter Koeppen Dr. Jens Langer Die einzelnen Beiträge sind namentlich gekennzeichnet und werden von den Autorinnen und Autoren selbst verantwortet. Layout: be:deuten.de //Klimagestalter Mediadaten: Gründung: 1994 Erscheinung: 17. Jahrgang ISSN: 0948-8839 Auflage: 25 0 Exemplare Erscheinung: quartalsweise Einzelheftpreis: 2,50 € (Doppelheft: 5,00 €) Herstellung: KDD Anzeigenpreise (Kurzfassung) (ermäßigt / gültig für 2011) 3. Umschlagseite (Spalten-Millimeter-Preis): 0,25 € 4. Umschlagseite (nur komplett): 145,00 € Details auf unserer Website im Internet Verkaufstellen in Rostock: Unibuchhandlung Weiland, Kröpeliner Str. 41/80 die andere Buchhandlung, Wismarsche Str. 6/7 Kröpeliner Tor, Kröpeliner Str. Made by Mira, Neue Werderstr. 4-5 Foto-Studio Zimmert, Lange Str. 12 Printzentrum, Rostocker Hof, Kröpeliner Str. 26 buch...bar Carmen Hamann, Altschmiedestr. 27 Bankverbindung (für Abo-Überweisungen und Spenden) Kto.: 1203967 BLZ: 13090000 bei der Rostocker VR-Bank Abonnement: Jahresabonnement (4 Ausgaben): 10,00 € Jahressoliabo (4 Ausgaben): 20,00 € Einen Aboantrag finden Sie auf S. 9 (bzw. als PDF-Datei zum Ausdrucken und Ausfüllen auf unserer Website im Internet).
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