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gab Juli 2023

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58 KULTUR<br />

FOTO: PETER MOORE<br />

FOTO: JENS GERBER (BESCHNITTEN)<br />

Otto Piene „Anemones: An Air Aquarium“, 1976, Neuproduktion, <strong>2023</strong>,<br />

Plastik (TPU-Folie), Gebläse und Schaltkasten, © Otto Piene estate /<br />

VG Bild-Kunst, Bonn <strong>2023</strong><br />

AUSSTELLUNG<br />

PLASTIK:<br />

Euphorie und<br />

Ernüchterung<br />

Die aktuelle Ausstellung in der<br />

Schirn präsentiert künstlerische<br />

Positionen rund um ein weltweit<br />

verbreitetes Material: Plastik.<br />

Billig, synthetisch hergestellt und trotzdem<br />

oftmals Larger Than Life. In den<br />

1950er Jahren als zukunftsweisende<br />

technische Entwicklung gefeiert, stehen<br />

heute vor allem die umweltschädlichen<br />

Auswirkungen von Plastikkonsum und<br />

Wegwerfkultur im Vordergrund. Das war<br />

für die Arbeit von Künstler*innen nicht<br />

anders: Löste das künstliche Material<br />

wegen der völlig neuen gestalterischen<br />

Möglichkeiten zunächst Euphorie und Experimentierfreude<br />

aus, beschäftigte man<br />

sich später ebenfalls mit den negativen<br />

Auswirkungen von Plastik. Die Ausstellung<br />

zeigt beide Seiten.<br />

der nicht verrottet. Der deutsche Künstler<br />

Otto Peine schuf 1976 mit „Anemones“<br />

eine schillernde Unterwasserwelt als begehbares<br />

Kunstwerk; für die Schirn-Ausstellung<br />

erlebt das Werk eine Neuauflage<br />

mit bitterem Beigeschmack: die seinerzeit<br />

als poetisch gelesene Arbeit wird heute<br />

vom Wissen über die Verschmutzung der<br />

Weltmeere durch Mikroplastik überlagert.<br />

HazMatLab „Coral Cluster“, 2021/22, PLA und Hocker, Courtesy the artists<br />

Dass Plastik bis heute trotzdem nichts<br />

an Faszination verloren hat, zeigen die<br />

Arbeiten des Frankfurter Künstlerinnenkollektivs<br />

HazMatLab: Sandra Havlicek,<br />

Tina Kohlmann und Katharina Schücke<br />

experimentieren mit synthetischem<br />

Schleim, industriellen Nagellacken oder<br />

dem 3D-Druckverfahren; in der Schirn ist<br />

ihre Skulptur „Coral Cluster“ zu sehen, ein<br />

buntes Gebilde, das an Rauchwolken einer<br />

thermischen Explosion erinnert. Plastic<br />

Fantastic? Der Betrachter entscheidet! *bjö<br />

Der französische Bildhauer César kippte<br />

bei seinen Happenings der 1960er literweise<br />

Polyurethanschaum auf den Boden.<br />

Die Künstler*innen der italienischen Arte<br />

Povera der 1960er Jahre untersuchten das<br />

Verhältnis von Natur und Künstlichkeit;<br />

Piero Gilardi zeigt mit „Tappeti“ künstliche<br />

Nachbildungen der Natur, die täuschend<br />

echt wirken. Gino Marotta schuf mit<br />

„Eden Artificiale“ ein keimfreies, künstliches<br />

Paradies aus Acrylglas. Die Künstler<br />

des Nouveau Réalisme interessierten sich<br />

hingegen schon sehr früh für das, was<br />

vom gefeierten Material übrigbleibt: Müll,<br />

FOTO: VG BILD-KUNST, BONN <strong>2023</strong><br />

Noch bis 1.10., Schirn, Römerberg,<br />

Frankfurt, www.schirn.de<br />

Mittwochs und donnerstags „Late Night“<br />

mit 2for1 ab 18 Uhr; an beiden Tagen ist<br />

die Schirn bis 22 Uhr geöffnet. Tipps:<br />

4.7., 19 Uhr, Führung mit der Kuratorin<br />

Martina Weinhart, 12. <strong>Juli</strong>, 19 Uhr, Führung<br />

in englischer Sprache.<br />

Piero Gilardi „Palmeto“, 1987, Polyurethanschaum,<br />

bemalt mit Flüssigkautschuk, © <strong>2023</strong> Design Museum<br />

Brussels / VG Bild-Kunst, Bonn <strong>2023</strong>

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