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den Dialogen, spielten, kochten und kamen<br />
uns vor allem einfach näher. Nach und nach<br />
entwickelten wir dort die Familiendynamik,<br />
die ich im Sinn hatte.<br />
Warum haben Sie sich überhaupt<br />
für Cruz statt einer italienischen<br />
Schauspielerin entschieden?<br />
Ursprünglich schrieb ich die Rolle für eine<br />
Engländerin. Mir war wichtig, dass die Mutter<br />
eine Außenseiterin in dieser Welt ist, weil<br />
sich dadurch ihr Gefühl noch verstärkte, in<br />
dieser Umgebung und dieser Ehe gefangen<br />
und isoliert zu sein. Denn sie hat offenkundig<br />
weder Eltern noch alte Freundinnen<br />
in der Nähe, nur ihren Mann und dessen<br />
Großfamilie. Und natürlich ihre Kinder, mit<br />
denen sie eine Sprache sprechen kann, die<br />
alle anderen um sie herum nicht verstehen.<br />
Das war auch wichtig! Irgendwann jedenfalls<br />
kam ich mit Penélope in Kontakt, die ja sehr<br />
gut Italienisch spricht, und merkte, dass sie<br />
die Idealbesetzung ist. Denn springe nicht<br />
zuletzt auf das Visuelle an – und Penélope<br />
ist in dieser Hinsicht fast so etwas wie der<br />
Archetypus einer Frau. Sie funktioniert als<br />
Frau der Vergangenheit, der Gegenwart und<br />
der Zukunft; sie könnte meine Großmutter<br />
genauso sein wie meine Mutter oder meine<br />
Tochter. Sie umweht die Aura des Zeitlosen,<br />
was für meinen Film perfekt ist.<br />
Was sagt eigentlich Ihre Familie<br />
dazu, dass „L’immensità“ so nah dran<br />
ist an Ihren tatsächlichen Erfahrungen<br />
von damals?<br />
Die sind das immer schon gewohnt,<br />
dass ich sie und unser Leben als<br />
Inspiration für meine Filme<br />
nehme. Jede meiner<br />
Geschichten handelt<br />
immer auch irgendwie<br />
von mir und<br />
ist deswegen ein<br />
bisschen autobiografisch.<br />
Die Frau<br />
in „Lampedusa“<br />
zum Beispiel war<br />
ebenfalls eine Version<br />
meiner Mutter. Genau<br />
wie auch Penélopes Figur<br />
nun lediglich eine Version meiner<br />
Mutter ist. Hätte ich einfach nur unseren<br />
Familienalltag von damals verfilmt, würden<br />
Sie sich im Kino jetzt zu Tode langweilen.<br />
Ich werde nicht im Detail verraten, welche<br />
Elemente der Geschichte in „L’immensità“<br />
tatsächlich wahr sind und welche nicht.<br />
Aber selbst die, die nicht so passiert<br />
sind, stehen zumindest repräsentativ für<br />
meine Gefühle und Ängste von damals.<br />
Und sind damit im Grunde also fast noch<br />
persönlicher.<br />
Eine letzte Frage noch: Sie verwenden<br />
bisweilen die weiblichen Pronomen,<br />
wenn Sie über Adri sprechen, obwohl<br />
die Figur sich selbst dezidiert als<br />
Junge fühlt. Wie kommt das?<br />
Das hat in diesem Fall viel damit zu tun,<br />
dass ich dabei an Luana denke, die<br />
nun einmal ein Mädchen ist. Aber<br />
ich muss auch sagen, dass die<br />
Sache mit den Pronomen für<br />
mich nicht die allerwichtigste<br />
ist, zumal bei Kindern<br />
und Personen, die noch<br />
mitten in der Selbstfindung<br />
sind. Wir befinden uns<br />
gerade in einem Prozess der<br />
sprachlichen Neufindung und<br />
Weiterentwicklung, den ich richtig<br />
und wichtig finde, weil wir nun Worte<br />
und Definitionen finden für Dinge, die sich<br />
früher nicht benennen und definieren ließen.<br />
Aber so etwas geschieht nicht von heute<br />
auf morgen, da ist vieles im Fluss und ich<br />
finde, wir alle müssen ein wenig flexibel und<br />
nachsichtig sein. Beleidigungen und Provokationen<br />
gehen natürlich gar nicht und man<br />
sollte unbedingt Rücksicht nehmen auf das,<br />
was sich eine Person wünscht. Doch nicht<br />
jedes Pronomen ist gleich ein Politikum.<br />
FOTOS: PROKINO<br />
*Interview: Patrick Heidmann<br />
FILM<br />
„ ich weiß, wie<br />
ich mit hiv<br />
gelassen<br />
alt werde<br />
NX-DE-HVU-ADVT-230001; April <strong>2023</strong><br />
wissen fürs leben<br />
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