BÖB WISSENSNETZWERK Fachinformation für das Rechnungswesen 94_2023
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CONTROLLING<br />
Debitorenmanagement =<br />
Risikomanagement<br />
Steigende Insolvenzzahlen bedeuten zunehmendes Risiko eines Forderungsausfalls<br />
Thomas Bravo<br />
Vorstandsmitglied BvCM<br />
Österreich, Prokurist, I.K. Hofmann<br />
GmbH<br />
thomas.bravo@bvcm.at<br />
Die Rahmenbedingungen <strong>für</strong> unternehmerisches Handeln sind herausfordernder<br />
denn je, multiple Krisen zwingen mit einer enormen Dynamik Unternehmen<br />
zur Umsetzung von professionellen Risikomanagementprozessen. Das <strong>Rechnungswesen</strong>,<br />
welches sich <strong>für</strong> <strong>das</strong> Management der Vermögenswerte eines<br />
Unternehmens verantwortlich zeichnet, nimmt mit einem aktiven Debitorenmanagement<br />
eine wichtige Rolle in der Liquiditätssicherung (=Existenzsicherung)<br />
und somit im Risikomanagement ein.<br />
Im Jahr 2020 löste die Corona-Pandemie,<br />
welche als Gesundheitskrise startete, eine<br />
wirtschaftliche Krise aus. Staaten waren gezwungen,<br />
Unternehmen mit verschiedenen<br />
Hilfspaketen zu unterstützen, um die wirtschaftliche<br />
Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten<br />
und Arbeitsplätze abzusichern. Im Gießkannenprinzip<br />
wurden Unternehmen mit staatlichen<br />
Unterstützungsmaßnahmen gefördert,<br />
aufgrund des vorherrschenden Zeitdrucks<br />
ohne genaue Prüfung. Unternehmen, welche<br />
bereits vor der Corona-Krise Ertrags- und Liquiditätsprobleme<br />
hatten, wurden mit Fördergelder<br />
über einen längeren Zeitraum gestützt,<br />
in welchem wichtige Vermögenswerte, welche<br />
<strong>für</strong> eine etwaige spätere Sanierung benötigt<br />
worden wären, zwischenzeitlich verbraucht<br />
wurden und daher nicht mehr existent sind.<br />
Die möglichen Folgen sind Unternehmensschließungen.<br />
Mitten in der wirtschaftlichen „Erholungs-Phase“<br />
wurden erste Anzeichen <strong>für</strong> eine<br />
steigende Inflation erkennbar, Lieferketten kamen<br />
ins Stocken und Preissteigerungen vieler<br />
Güter waren die Folge.<br />
2022 begann mitten in Europa ein Krieg, welcher<br />
sich einerseits zusätzlich preissteigernd<br />
und andererseits auch auf die Lieferfähigkeit<br />
vieler Güter niederschlug und Unternehmen<br />
vor weitere Herausforderungen stellte.<br />
Das Ergebnis aus den bereits genannten Punkten:<br />
Eine Inflation – so hoch wie seit 70 Jahren<br />
nicht mehr – betrifft Unternehmen wie Privatpersonen.<br />
Aktuelle Lohn- und Gehaltsabschlüsse<br />
zwischen den Sozialpartnern bewegen<br />
sich branchenabhängig teilweise im zweistelligen<br />
Prozentbereich, die Befeuerung der<br />
Lohn-Preisspirale kann nicht gänzlich ausgeschlossen<br />
werden, zukünftige Entwicklungen<br />
dazu bleiben abzuwarten.<br />
Der steigenden Inflation wird mit steigenden<br />
Zinsen begegnet, welche wiederum die Finanzierungskosten<br />
von Unternehmen in die Höhe<br />
treiben und auf zukünftige Investitionen reduzierend<br />
wirken.<br />
Die steigende Zinsbelastung in Verbindung<br />
mit hohen Material-, Rohstoff- oder Wareneinkaufspreisen<br />
und der strikteren Kreditvergabepolitik<br />
der Banken, belasten die Liquiditäts-<br />
und Ertragssituation von Unternehmen.<br />
Die Insolvenzzahlen in Österreich steigen mit<br />
großer Dynamik, festgestellt kann ein exorbitant<br />
steigender Anteil der nicht eröffneten<br />
Insolvenzverfahren werden. Diese werden<br />
mangels kostendeckendem Vermögen abgewiesen,<br />
da die betroffenen Unternehmen den<br />
Prozesskostenvorschuss von maximal 4.000<br />
Euro nicht aufbringen können. Hier wäre zu<br />
prüfen, ob ein Zusammenhang mit der be-<br />
50 <strong>BÖB</strong> Journal <strong>94</strong> | 23