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Gesundheitsregion_2023

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Hebammenversorgung<br />

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Grafik: mgdrachal - stock.adobe.com<br />

Neben der Schichtarbeit im Krankenhaus<br />

können Hebammen in der<br />

Vor- und Nachsorge tätig sein. Für<br />

jeden Besuch schlägt die Krankenkasse<br />

25 Minuten an, die mit 38,46<br />

Euro abgerechnet werden können.<br />

„Was utopisch ist“, sagt Einsiedler.<br />

Bei einem Erstbesuch im Wochenbett<br />

sind Hebammen meist eine<br />

Stunde vor Ort. Dennoch erhalten<br />

sie nur den genannten Pauschalbetrag,<br />

der nicht einmal die Anfahrt<br />

einberechnet. Hebammen müssen<br />

ihre Termine deshalb so koordinieren,<br />

dass es für sie rentabel ist.<br />

Das Allgäuer-Hebammen-Netzwerk<br />

dient dabei als unterstützender<br />

Kommunikationskanal. Wenn<br />

Hebammen „frei“ sind, können<br />

Anfragen gezielt weitergeleitet<br />

werden. Der Arbeitsablauf wird so<br />

flüssiger. Ein weiterer Lichtblick für<br />

das Berufsfeld sind nun die Verhandlungen<br />

über die Gebührenverordnung.<br />

Grund dafür ist auch die<br />

Ausbildungsreform.<br />

Das Nachwuchsproblem<br />

Wer als Hebamme tätig sein will,<br />

musste sich lange einer Ausbildung<br />

unterziehen. Seit 2019 wurde<br />

diese mit dem Gesetz der Hebammenreform<br />

durch ein duales Studium<br />

mit hohem Praxisanteil ersetzt.<br />

Man möchte den Beruf damit attraktiver<br />

machen und eine evidenzbasierte<br />

Ausbildung garantieren.<br />

Früher wurde das Wissen von Generation<br />

zu Generation weitergetragen.<br />

Heute will man selbst forschen,<br />

Ergebnisse niederschreiben<br />

und handfest machen. Im Studium<br />

stehen nun spannende Inhalte wie<br />

Anatomie, Arzneimittellehre und<br />

Gynäkologie auf dem Lehrplan. Im<br />

Zuge der Reform verbessert sich<br />

außerdem die Stellung der Hebammen<br />

innerhalb der medizinischen<br />

Branche. Mit dem akademischen<br />

Abschluss soll eine Gleichstellung<br />

mit den behandelnden Ärzten angestrebt<br />

werden. Die laufenden<br />

Verhandlungen über die Gehaltsanpassungen<br />

tragen dazu bei. Man<br />

könnte meinen, das sind rosige<br />

Aussichten, doch nicht alle Lücken<br />

sind mit der Reform geschlossen.<br />

Auch wenn die Ausbildung generalüberholt<br />

wurde, hemmt das Sys-<br />

tem den Ausbildungsfluss. Denn<br />

pro Semester kann in Kempten<br />

und Memmingen nur eine Stelle<br />

pro Krankenhaus für die Praxisphase<br />

angeboten werden. Lernende<br />

brauchen Lehrende. Studenten<br />

sind auf einen Anleiter angewiesen,<br />

der sie gut betreuen und ihren<br />

Lernfortschritt sicherstellen kann.<br />

Es braucht also Hebammen, die<br />

ihre ohnehin schon geringe Zeit für<br />

eine zusätzliche Qualifikation investieren,<br />

um ihrem Beruf Zukunft<br />

zu geben.<br />

Greiter hat eine Praxis-Stelle im<br />

Krankenhaus Kempten bekommen.<br />

Ihre Theorie absolviert sie<br />

in der kooperierenden DHBW Heidenheim<br />

in Wiblingen. Das Studieren<br />

verfolgt sie jedoch trotzdem<br />

bis ins Allgäu. „Während ich 38,5<br />

Stunden die Woche arbeite, muss<br />

ich oft noch Projektarbeiten schreiben<br />

oder mich auf das Examen<br />

vorbereiten“, erzählt die Studentin.<br />

Der erhöhte Arbeitsaufwand spiegelt<br />

sich also nicht nur im Leben<br />

einer Hebamme, sondern bereits<br />

im Studium wider.<br />

Dennoch verliert Greiter ihr Ziel<br />

nicht aus den Augen. Sie möchte<br />

die Frauen, die im Krankenhaus<br />

gebären, mit einem positiven Gefühl<br />

nach Hause schicken. „Der<br />

Kreißsaal ist nicht mehr das, was<br />

sich viele darunter vorstellen“, erklärt<br />

sie. Es sind Räumlichkeiten, in<br />

denen man sich wohlfühlt. Frauen<br />

werden auch nicht als krank betitelt,<br />

nur weil sie im Krankenhaus<br />

gebären. Vielmehr sind sie gut<br />

aufgehoben. „Die Geburt soll ein<br />

schönes Erlebnis für die Frau sein“,<br />

schließt sie ab.<br />

E Der Kreißsaal in Immenstadt: der Ort, an dem neues Leben entsteht und aus<br />

einem Paar eine Familie wird. <br />

Fotos (2): Jasmin Lutz<br />

E Dorothea Einsiedlier (links) hat mit 19 Jahren die Ausbildung zur Hebamme<br />

begonnen und ist seit Ausbildungsende in Immenstadt tätig. Evelyn Greiter<br />

(rechts) befindet sich mitten in ihrem dualen Studium der Hebammenwissenschaften.<br />

<br />

Foto: Veronika Frank<br />

E Der Kreißsaal ist nicht mehr das, was sich viele darunter vorstellen. Es sind<br />

Räumlichkeiten, in denen man sich wohlfühlen kann. Es gibt sogar ein extra<br />

für Familien eingerichtetes Zimmer. Bei Bedarf können Familienmitglieder dort<br />

übernachten.

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