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smartLiving Magazin Stuttgart | Ausgabe 03/2023

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Dedy weiter: „Die Wärmewende und der Ausbau der Wärmenetze<br />

sind kein Sprint, sondern ein Marathon auf dem Weg zu<br />

klimaneutralen Städten. Die Wärmeplanungen werden in den<br />

Städten mit Hochdruck vorangetrieben. Eine deutschlandweite<br />

kommunale Wärmeplanung wird bis spätestens 2028 angestrebt,<br />

das scheint machbar. Wichtig ist im weiteren Gesetzgebungsverfahren,<br />

dass die Fristen gut aufeinander abgestimmt werden<br />

und die Rahmenbedingungen auch langfristige Investitionen ermöglichen.<br />

Neben der individuellen Förderung für Hauseigentümer<br />

sollte auch der Aus- und Umbau der kommunalen Wärmenetze<br />

gefördert werden.“<br />

Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen<br />

Handwerks (ZDH)<br />

Auch der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen<br />

Handwerks (ZDH), Jörg Dittrich, zeigt sich zuversichtlich: „Mit<br />

der erzielten Einigung der Fraktionen von SPD, Bündnis 90/<br />

Die Grünen und FDP ist ein wichtiger Schritt gelungen, um die<br />

Novelle des Gebäudeenergiegesetzes an wesentlichen Stellen zu<br />

verbessern. Entscheidend ist jetzt, dass die vereinbarten „Leitplanken“<br />

der Ampelparteien keine reinen Absichtserklärungen<br />

bleiben, sondern sachgerecht in Gesetzesform gegossen und ausformuliert<br />

werden.“<br />

Für den Handwerkspräsidenten wurden bei den Änderungen<br />

am Gesetzentwurf zum Gebäudeenergiegesetz (GEG) zentrale<br />

Forderungen des Handwerks aufgegriffen: „Dazu gehört etwa<br />

die richtige „Reihenfolge“, wonach erst beim Vorliegen einer<br />

kommunalen Wärmeplanung die Verpflichtung zum Einsatz<br />

von 65 Prozent Erneuerbaren Energien greift. Das entzerrt<br />

die Fristen und dürfte auch dazu führen, dass die kommunale<br />

Wärmeplanung und deren rechtliche und politische Vorgaben<br />

für Bestandsgebäude richtigerweise vorangeht. Auch ist das Bekenntnis<br />

zu einer echten Technologieoffenheit richtig und positiv.<br />

Dass insbesondere Holzpellets und die Nutzung von Holzabfällen<br />

für holzverarbeitende Betriebe weiter möglich sind, ist gut<br />

und wichtig.“<br />

Richtigerweise sehen für den Handwerksverband die Leitplanken<br />

der Ampel-Fraktionen zur weiteren Beratung des Gebäudeenergiegesetzes<br />

vor, „die Ausnahmeregelungen wie beispielsweise<br />

die Regelung zur 80-Jahres-Grenze zu überarbeiten und<br />

plausibler zu gestalten: Das muss nun auch umgesetzt werden.<br />

Hier empfiehlt sich, anstelle einer altersorientierten Grenze eher<br />

auf die Bonität abzustellen und das Förderkonzept daran zu orientieren.“<br />

Wesentlich sei nun, dieses Beschlusspapier rasch in<br />

ein konkretes Gesetz zu bringen. „Hieran wird sich zeigen, ob<br />

es gelingt, die entstandene Verunsicherung unter den Betrieben<br />

und ihren Kundinnen und Kunden zu beseitigen und so schnell<br />

für Planungssicherheit zu sorgen“, meint Jörg Dittrich.<br />

Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbands<br />

der Wohnungswirtschaft GdW<br />

Der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW erkennt<br />

die Bemühungen in dem von der Ampel-Koalition gefundenen<br />

Kompromiss beim Gebäudeenergiegesetz (GEG) und begrüßt<br />

die nun etwas abgemilderten Fristen für den vorgesehenen<br />

Heizungsaustausch. Es bestehe aber noch große Unklarheit<br />

in den bekannt gewordenen Leitlinien der Koalitionspartner,<br />

insbesondere bei der notwendigen Förderung sowie der Modernisierungsumlage.<br />

„Es ist enorm wichtig für den Erfolg der gesamten Energiewende,<br />

dass die Vorgaben für einen Heizungstausch künftig an das<br />

Vorliegen einer kommunalen Wärmeplanung vor Ort gekoppelt<br />

werden. Nur so entsteht echte Planungs- und Investitionssicherheit<br />

für die sozial orientierten Wohnungsunternehmen. Völlig<br />

unklar ist allerdings, was mit der angedeuteten verbesserten<br />

Förderkulisse sowie möglichen Anpassungen der Modernisierungsumlage<br />

gemeint ist. Das muss im jetzt anstehenden parlamentarischen<br />

Verfahren dringend im Sinne der sozial orientierten<br />

Vermieter und ihrer Mieter geklärt werden, so dass sie<br />

bei der Wärmewende nicht komplett überfordert werden“, sagt<br />

GdW-Präsident Axel Gedaschko.<br />

Mieter und Vermieter dürften laut GdW beim geforderten Heizungstausch<br />

im Rahmen des GEG keinesfalls gegenüber selbstnutzenden<br />

Eigentümern benachteiligt werden. Die Förderung<br />

für privaten Wohnraum muss eins zu eins auf die sozial orientierten<br />

Wohnungsunternehmen übertragen werden und eins zu<br />

eins den Mietern zugute kommen.<br />

„Zum jetzigen Zeitpunkt steht noch völlig in den Sternen, wie<br />

die dringend notwendige Förderung aussehen wird. Was keinesfalls<br />

geschehen darf, ist, dass sozial orientierte Vermieter, die für<br />

einen Teil ihrer Sanierungsprojekte einen erhöhten Fördersatz<br />

in Anspruch nehmen, für ihre weiteren Projekte mit einer abgesenkten<br />

Modernisierungsumlage bestraft werden. Denn gerade<br />

die sozial orientierten Wohnungsunternehmen mit geringen<br />

Durchschnittsmieten von im Schnitt nur 6,22 Euro pro Quadratmeter<br />

stehen angesichts der massiven Investitionen jetzt schon<br />

mit dem Rücken zur Wand und können das finanziell nicht abfedern.<br />

Das dafür notwendige Eigenkapital existiert bei ihnen<br />

schlicht nicht“, sagt Gedaschko.<br />

Mit Blick auf die enormen Investitionssummen, die für die<br />

Umstellung der Energieversorgung in den kommenden Jahren<br />

notwendig sind, müssten gerade in dieser entscheidenden Phase<br />

alle an einem Strang ziehen und ihren finanziellen Beitrag zur<br />

Energiewende leisten. Es darf daher gerade jetzt keine Abstriche<br />

bei der Modernisierungsumlage geben, sondern die finanziell<br />

schwächeren Haushalte müssen gezielt und sozial gerecht<br />

entlastet werden. Notwendig ist hierfür, über eine allgemeine<br />

Grundförderung von 40 Prozent hinaus, ein zielgerichteter Förderaufschlag<br />

von weiteren 20 Prozent für die sozial orientierten<br />

Vermieter, bei denen die Mieter zu einem Quadratmeterpreis<br />

von unter 7 Euro wohnen. „Diese Förderung wird eins zu eins an<br />

die Mieter zu ihrer Entlastung weitergereicht und ist damit das<br />

wirksamste denkbare Instrument für eine soziale Umsetzung der<br />

Wärmewende“, sagt Gedaschko.<br />

SCHARFE KRITIK VON UMWELTVERBÄNDEN<br />

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert aufs Schärfste die<br />

Gesetzesänderungen. Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin:<br />

„Dieses Gebäudeenergiegesetz ist kein Meilenstein, sondern<br />

ein Tiefpunkt für die Klimapolitik dieser Bundesregierung. Am<br />

schwersten wiegt, dass die Wärmewende bei Bestandsgebäuden<br />

auf einen Zeitpunkt nach 2028 und damit auf eine nächste Regierung<br />

verschoben wird und das sogar bei einem großen Teil<br />

der Neubauten, wo es besonders einfach umsetzbar ist. Das ist<br />

klimapolitischer Irrsinn! Darüber hinaus wird das Märchen von<br />

wasserstofffähigen Gasheizungen aufrechterhalten und die klima-<br />

und umweltschädliche Verbrennung von Holz ermöglicht.<br />

Gasheizungen können sogar bis 2045 mit fossilem Gas betrieben<br />

werden, wenn Sie nur einen Sticker ‚H2-Ready‘ tragen. Müllverbrennung<br />

wird entgegen jeder Vernunft weiterhin als angeblich<br />

erneuerbare Energie geadelt. Diese Einigung trägt die Handschrift<br />

der FDP, die sich an entscheidenden Punkten durchsetzen<br />

konnte. Der Klimaschutz bleibt dabei auf der Strecke und<br />

Verbraucherinnen und Verbraucher werden weiterhin mit dem<br />

Risiko hoher Energiekosten ihrer Gasheizungen alleine gelassen.<br />

Wir fordern die Abgeordneten des Bundestages auf, dieses Gesetz<br />

mit diesen katastrophalen Folgen abzulehnen.“<br />

Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin<br />

der Deutschen Umwelthilfe (DUH)<br />

Im Kompromiss zum Gebäudeenergiegesetzes (GEG), sieht<br />

Greenpeace Energieexperte Andree Böhling den Klimaschutz<br />

erneut aufgeschoben und eine Kostenfalle für Haushalte: „Mit<br />

diesem aufgeweichten Heizungsgesetz rückt das Erreichen der<br />

Regierungsziele beim Klimaschutz in weite Ferne. Wenn zunächst<br />

die kommunale Wärmeplanung abgeschlossen werden<br />

soll, dann werden bis 2028 in den meisten Kommunen weiter<br />

klimaschädliche Gasheizungen eingebaut.“<br />

Böhling ist sich sicher, dass der absurde FDP-Fetisch vermeintlicher<br />

Technologieoffenheit viele Haushalte in eine Kostenfalle<br />

treibe. „Wer sich im Irrglauben an wasserstoff-fähige Gasheizungen<br />

jetzt noch eine Verbrennerheizung zulegt, wird künftig jeden<br />

Monat bis zu doppelt so viel zahlen, wie ein vergleichbarer Haushalt<br />

mit Wärmepumpe.“<br />

Andree Böhling, Campaigner Climate and Energy Greenpeace<br />

Germany e. V.<br />

8<br />

Fotsos: wikipedia-hawekam; GdW/Urban Ruths<br />

Fotos: Obs/Deutsche Umwelthilfe e. V.; Isadora Tast/Greenpeace<br />

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