Ausgabe 10/2023
Das Magazin für Herisau und Umgebung. Erscheinungsdatum: 4. Oktober 2023
Das Magazin für Herisau und Umgebung. Erscheinungsdatum: 4. Oktober 2023
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28 · Vor 50 Jahren <strong>10</strong>/<strong>2023</strong><br />
BETRIEBSSTUNDE NULL<br />
FÜR EIN GROSSES WERK<br />
In unserer neuen Serie schauen wir jeden Monat exakt 50 Jahre zurück. Demnach gehen<br />
wir in der ersten Folge der Frage nach, was Herisau im Oktober 1973 bewegte. Es waren<br />
unter anderem ein Feuer, ein Jubiläum, eine Geschäftsaufgabe und eine Einweihung.<br />
Was sorgte im Oktober 1973 für Gesprächsstoff?<br />
In einem Monat also, in dem der Jom-<br />
Kippur-Krieg und die damit ausgelöste erste<br />
grosse Ölkrise, die letzten Wellen der Watergate-Affäre<br />
und die Rücktritte der Bundesräte<br />
Hans Peter Tschudi, Roger Bovin und<br />
Nello Celio die Titelseiten der Zeitungen<br />
beherrschen. Dies dürfte die Herisauerinnen<br />
und Herisauer sicherlich interessiert<br />
haben. Doch auch im Dorf tut sich in diesem<br />
Monat einiges: Der Jahrmarkt lockt mit den<br />
neusten Bahnen, auf dem Obstmarkt findet<br />
der Flohmarkt des Jugendzentrum Lindenhof<br />
statt, die Radiowanderung führt rund<br />
um Herisau und ein gut besuchter Vortrag<br />
informiert über Gleichberechtigung. Berichtet<br />
wird auch über die Nachwehen der von<br />
den Stimmbürgern angenommenen neuen<br />
Gemeindeordnung mit einem im Proporzverfahren<br />
gewählten Einwohnerrat. «Das<br />
geltende kantonale Recht aber sieht eine<br />
solche Organisation nicht vor und steht<br />
auch noch in weiteren Punkten im Widerspruch<br />
zum neuen Herisauer Recht. Die Anwendung<br />
der Herisauer Gemeindeordnung<br />
ist somit erst möglich, wenn die Kantonsverfassung<br />
entsprechend ergänzt wird.»<br />
Auf all dies gehen wir hier nicht näher ein.<br />
Dafür auf ein Grossereignis, das sich im Oktober<br />
1973 fast täglich in der Appenzeller<br />
Zeitung ankündigt. Davon mehr, nach einigen<br />
kürzeren, subjektiv ausgewählten Nachrichten.<br />
verschwindet». Dies indes gibt Raum für<br />
Neues, für das kantonale Berufsschulhaus.<br />
Den Kredit dafür bewilligten die Ausserrhoder<br />
an der Landsgemeinde. Nach der am 8.<br />
Oktober erteilten Baubewilligung und der<br />
Herbstübung der Feuerwehr beginnen die<br />
Abbruch- und Aushubarbeiten. Fast auf den<br />
Tag genau zwei Jahre später wird das Berufsschulhaus<br />
eingeweiht.<br />
<strong>10</strong>0 Jahre Lesegesellschaft Säge<br />
Ebenfalls Mitte Oktober 1973 feiert die Lesegesellschaft<br />
Säge, welche sich ein Jahr zuvor<br />
auch für die Frauen öffnete, ihr <strong>10</strong>0-Jahr-Jubiläum.<br />
In seiner Rede sieht Präsident Jakob<br />
Altherr die Gesellschaft «mit ihren offenen<br />
Diskussionen und Gesprächen als Keimzelle<br />
der Demokratie». Daneben war den Säglern<br />
während all der Jahrzehnte die Förderung<br />
des Schulwesens ein besonderes Anliegen.<br />
Gemäss der Gemeindechronik in den Appenzellischen<br />
Jahrbüchern wurde auf Initiative<br />
der Lesegesellschaft bereits 1875<br />
eine besondere Kindergartenkommission<br />
gegründet und 1876 eine Fortbildungsschule<br />
sowie 1877 eine Arbeitsschule im Bezirk<br />
ins Leben gerufen. Im Rückblick wird zudem<br />
der Einsatz der Lesegesellschaft Säge für<br />
menschenwürdiges Wohnen der Arbeiterfamilien<br />
und das Errichten einer Suppenküche<br />
für schlecht ernährte Kinder lobend<br />
erwähnt. In Zukunft werde versucht, die<br />
Mitglieder mit Geselligkeit und Familienanlässen<br />
anzusprechen. Weiter sehe der Verein<br />
seine Aufgabe «im Kampf gegen die Isolierung<br />
und in der Familienzusammenführung<br />
(auch Neuzugezogener)», ebenso wie in der<br />
«Bereicherung des kulturellen Lebens». Aufgaben,<br />
die heute der Quartierverein Säge<br />
übernimmt, welcher 1980 aus der Lesegesellschaft<br />
hervorging.<br />
Ziegler AG zieht nach Grellingen<br />
Für Schlagzeilen in der Appenzeller Zeitung<br />
sorgt im Oktober 1973 auch die Ziegler Papierveredelung<br />
AG. Die Verantwortlichen<br />
informieren über die Schliessung ihres Betriebs<br />
in Herisau mit 140 Mitarbeitenden.<br />
Dieser ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft<br />
der Papierfabrik Ziegler AG in<br />
Grellingen. Das Herisauer Unternehmen<br />
hatte der Industrielle Ernst Zimmerman zu<br />
«bedeutender Blüte» gebracht, bevor es 1961<br />
den Besitzer wechselte. Gemäss dem Bericht<br />
in der Appenzeller Zeitung habe das Mutterhaus<br />
den Veredelungsbetrieb in Herisau mit<br />
«viel Optimismus» übernommen. In der Folge<br />
aber hätte sich gezeigt, dass die räumliche<br />
Distanz starke Nachteile mit sich bringe.<br />
«Diese wirken sich in erster Linie in der immer<br />
wichtiger werdenden Verwertung des<br />
anfallenden Ausschusses (<strong>10</strong>0 Tonnen pro<br />
Tag!) aus, die in Herisau nicht erfolgen kann<br />
und dem Unternehmen bedeutende Einnahmeausfälle<br />
verursacht.» Ausserdem hätte<br />
der Maschinenpark in Herisau in absehbarer<br />
Zeit für rund acht Millionen erneuert werden<br />
müssen. Ein Teil der Produktionsmaschinen<br />
werde nun nach Grellingen verfrachtet,<br />
«ein anderer verkauft oder verschrottet».<br />
Nicht betroffen von der Schliessung ist die<br />
Walke-Packstoff AG, welche von der Ziegler<br />
AG einige Jahren zuvor verkauft wurde. Für<br />
Ein Feuer schafft Platz<br />
Mitte des Monats Oktober 1973 verursacht<br />
eine Heustockexplosion in der Scheune des<br />
Kinderheims Ebnet einen Grossbrand. Das<br />
angrenzende Haus fängt ebenfalls Feuer.<br />
Aufgrund der starken Rauchentwicklung<br />
flüchten einige Bewohner ins Freie, versuchen<br />
gar, sich mit einem Sprung aus dem<br />
Fenster zu retten, andere verbleiben mit<br />
Rauchvergiftungen und Verbrennungen im<br />
Haus. Doch keine Sorge. Alles ist geplant<br />
und die Feuerwehr und der Samariterverein<br />
zeigen, dass sie ihr Handwerk verstehen.<br />
Die Häuser sind Übungsobjekte. Etwas<br />
wehmütig schreibt der damalige Berichterstatter,<br />
dass «durch das Abbrennen der<br />
Scheune und des Wohnhauses im ehemaligen<br />
Waisenhausareal, heute Kinderheim<br />
Ebnet, wiederum ein Stück ‹alt Herisau›<br />
Im Mai 1971 wurde die Baubewilligung erteilt, vier Monate später mit dem Bau begonnen...