Ausgabe 10/2023
Das Magazin für Herisau und Umgebung. Erscheinungsdatum: 4. Oktober 2023
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32 · Unsere Gärten <strong>10</strong>/<strong>2023</strong><br />
«DER EIGENE GARTEN<br />
BEGINNT MIT TRÄUMEN»<br />
Zum Abschluss der Serie: Permakultur vereint Landwirtschaft und nachhaltige Lebenseinstellung.<br />
Mit dieser Methode werden Gärten angebaut, die der Artenvielfalt und den Naturabläufen<br />
besondere Beachtung schenken. Kurt Forster gilt als Pionier auf diesem Gebiet.<br />
Wer die moderne Wohnung im Dorfzentrum<br />
von Kurt Forster betritt, entdeckt die Hinweise<br />
auf seine grosse Leidenschaft erst<br />
auf den zweiten Blick. Das Wohnzimmer<br />
ist schlicht eingerichtet, jedes Möbelstück<br />
steht an seinem Platz. Auf dem Esstisch gibt<br />
es keine Blumen, dafür blüht ein üppiger<br />
Philodendron im Wohnzimmer. Erst wenn<br />
man auf der kleineren der beiden Terrassen<br />
steht, betritt man Forsters Welt. Als erstes<br />
steigt einem auf den wenigen Quadratmeter<br />
der Geruch nach feuchter Erde und frischem<br />
Basilikum in die Nase. In einem Töpfchen gedeihen<br />
Kräuter für die Küche, daneben baumeln<br />
knallgelbe Zitronen an ihren dünnen<br />
Ästchen. Es gibt reife Tomaten, Salatköpfe,<br />
Knoblauch. «Für mich beginnt jeder Garten<br />
mit einem Traum und der Frage, was man<br />
selbst damit erreichen will – egal ob auf einem<br />
Grundstück mit viel Umland oder einer<br />
Terrasse», erklärt Forster. «Mein Ziel war es<br />
immer, mich auch auf kleinem Raum möglichst<br />
selbst zu versorgen. Ich lebe nach dem<br />
Grundsatz: gesunde Erde, gesunde Pflanzen,<br />
gesunde Menschen. Wenn wir das tief in uns<br />
aufnehmen, wächst die Liebe zum Aufbau<br />
von fruchtbarer Erde und zum Anziehen von<br />
gesunden, vitaminreichen und unbelasteten<br />
Nahrungspflanzen.» Allerdings gebe es auch<br />
Menschen, für die der perfekte Garten ein<br />
tadellos gemähter Rasen sei. «Für mich durfte<br />
es immer ein bisschen wilder und fruchtbarer<br />
sein.»<br />
verwendet wird. Letztlich folgt Permakultur<br />
einer klaren Abfolge: träumen, entdecken,<br />
entwickeln, planen, umsetzen und reflektieren.»<br />
Diese Denkweise lasse viel Raum für<br />
die eigene Persönlichkeit. «Man setzt die<br />
Schwerpunkte aus seinem Herzen heraus.<br />
Der eine will Bienen, der andere einen Teich<br />
für Fische und Krebse und der dritte eine<br />
Pilzzucht oder spezielle Beeren wie Heidelbeeren,<br />
die einen sauren Boden benötigen.»<br />
«Permakultur<br />
bedeutet,<br />
der Natur<br />
Sorge zu tragen.»<br />
Die Verbindung zwischen Kurt Forster und<br />
der Natur schlug ihre Wurzeln schon in<br />
seiner Kindheit. «Ich wuchs während des<br />
Zweiten Weltkriegs als ältestes von drei Geschwistern<br />
in Schaffhausen auf. Mein Vater<br />
war oft nicht da, weil er Militärdienst leisten<br />
musste.» Was rückblickend eine Zeit voller<br />
schwerer Erinnerungen sein könnte, verwandelt<br />
sich bei Forster in unbeschwerte<br />
Erzählungen aus Sicht eines Kindes, das sich<br />
der Tragweite der Geschehnisse nicht bewusst<br />
war. «Wir hatten damals einen kleinen<br />
Garten für die Selbstversorgung», berichtet<br />
Forster. «Da durfte ich meiner Mutter zur<br />
Hand gehen und helfen. Ich bekam sehr früh<br />
mit auf den Weg, wie schön und wichtig die<br />
Natur für uns sein kann. Das sieht man übrigens<br />
auch bei den Urvölkern, bei denen die<br />
eigene Versorgung bis heute einen hohen<br />
Stellenwert geniesst. Als wir später im Rosenberg<br />
in St. Gallen gewohnt haben, hatte<br />
ich schon meinen eigenen Garten mit Salaten,<br />
Radieschen und anderem Gemüse.»<br />
In seiner Jugend widmete sich Kurt Forster<br />
vermehrt dem Sport. Er schwamm Juniorenrekord,<br />
spielte Handball und schaffte den<br />
Sprung zur Nationalmannschaft im Fünfkampf.<br />
In dieser Disziplin nahm er sogar an<br />
Weltmeisterschaften teil und stand später<br />
als Trainer im Einsatz. «In dieser Phase blieb<br />
neben Beruf, Sport und Familie nicht mehr<br />
viel Zeit.»<br />
Moskitos und Elefanten<br />
Doch die Natur lässt ihn nie los – und rückte<br />
nach der Sportkarriere zurück in den Fokus.<br />
«Meine Liebe zum Selbstversorgungsgarten<br />
und das Interesse für Nachhaltigkeit führten<br />
mich 1990 zur Permakultur – noch lange<br />
bevor sie hier überhaupt ein Thema war.»<br />
Forster wird zum Pionier auf diesem Gebiet,<br />
reist nach Neuseeland und Australien,<br />
um von den Begründern der Methode zu<br />
lernen. Im Jahr 1998 wird er der erste diplomierte<br />
Permakultur-Designer der Schweiz.<br />
Seither sind es die anderen, die von überall<br />
her anreisen, um seinen Garten zu sehen<br />
und sein Wissen in Vorträgen, Kursen oder<br />
Vorlesungen aufzusaugen. «Heute gibt es<br />
Der Selbstversorgergarten im Krieg<br />
Seit über drei Jahrzehnten beschäftigt sich<br />
der pensionierte Sekundarschullehrer mit<br />
Permakultur. «Bei dieser Anbaumethode<br />
werden drei Prinzipien verfolgt: Trage Sorge<br />
zur Erde und der Natur mit ihrer Artenvielfalt,<br />
trage deinen Mitmenschen Sorge<br />
und trage Verantwortung für die Zukunft»,<br />
sagt Forster. «Das hat ethische, fast religiöse<br />
Anleihen. Aber dieser Einsatz für Mutter<br />
Erde war und ist mir ein Herzensanliegen.»<br />
Um die Träume für den eigenen Garten und<br />
die grundlegenden Prinzipien der Permakultur<br />
miteinander in Einklang zu bringen,<br />
stehen verschiedene Planungsstrategien<br />
bereit. «Das reicht von einer hohen Artenvielfalt<br />
über weitgehendes eigenes Saatgut<br />
bis zu in sich geschlossenen Kreisläufen, in<br />
denen beispielsweise der eigene Kompost<br />
Früher bewirtschaftete Kurt Forster im Saum auf 700 Quadratmetern seinen Garten.<br />
(Bild: zVg.)