Ausgabe 10/2023
Das Magazin für Herisau und Umgebung. Erscheinungsdatum: 4. Oktober 2023
Das Magazin für Herisau und Umgebung. Erscheinungsdatum: 4. Oktober 2023
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>10</strong>/<strong>2023</strong> Gesellschaft / Glosse · 7<br />
d’Föörbete<br />
KENNEN SIE<br />
KARSTEN?<br />
Die Bauern fuhren sennisch und teilweise mit Geissen zum Schauplatz Ebnet auf. (Bilder: Wermer Grüninger)<br />
MIT ÜBER 400 TIEREN STARTET<br />
HERISAU DIE VIEHSCHAU-SAISON<br />
Unter den über 400 Tieren wurden die Schönsten und Leistungsstärksten prämiert.<br />
Am 19. September, dem Dienstag nach dem<br />
Bettag, war es wieder soweit: Die Herisauer<br />
Milchbauern fuhren teilweise sennisch und<br />
mit Geissen zum Ebnet auf. 16 Bauern präsentierten<br />
dort ihre Kühe und kürten aus über<br />
400 Tieren die Schönsten und Leistungsstärksten.<br />
Der Anlass, welcher Brauchtum,<br />
Tradition und züchterische Erfolge vereinte,<br />
zog über den Tag verteilt mehrere Besucherinnen<br />
und Besucher an. Darunter auch mehrere,<br />
welche keinen besonderen Bezug zur<br />
Landwirtschaft haben. Ein Streichelzoo für<br />
die Kinder sowie eine Festwirtschaft durften<br />
dabei auch an der diesjährigen Viehschau<br />
nicht fehlen. Gegen 16 Uhr endete die Viehschau<br />
und die Bauern machten sich begleitet<br />
von Schellenklängen und Naturjodel wieder<br />
auf den Heimweg. (hst)<br />
Vormittags stellten die Jungzüchterinnen und -züchter ihre Tiere mit unterhaltsamen Versen vor.<br />
Ich war neulich fünf Tage in Deutschland<br />
unterwegs – eigentlich allein. Bereits im Zug<br />
nach München hatte ich Gesellschaft. Zwei<br />
Abteile voller betrunkener Franzosen in Lederhosen.<br />
Hätte ich mir denken können,<br />
ist ja Oktoberfest. Regelmässig ploppen in<br />
den nächsten Stunden Korken aus Weinflaschen,<br />
jedes Mal begleitet vom frenetischen<br />
Applaus der Ü50-Herren. Schnell sind die<br />
kleinen Tischchen mit Käse, extra-fettiger<br />
Salami und Melonenschnitzen bedeckt. Aus<br />
einer Einkaufstüte auf der Gepäckablage<br />
schaut das Ende (oder der Anfang) eines Baguettes.<br />
Es bleibt unberührt. Wäre auch zu<br />
klischeehaft gewesen. In München torkeln<br />
die Männer dann aus dem Zug, reden französisches<br />
Zeugs und gehen in der Masse karierter<br />
Hemden unter. Au revoir. Für mich geht’s<br />
weiter Richtung Berlin. Zwanzig Minuten<br />
vor Abfahrt zwängt sich eine Reisegruppe<br />
in den verwaisten Waggon – vorneweg Karsten.<br />
Vielleicht heisst er auch anders, aber er<br />
sieht irgendwie aus wie ein Karsten: Kurzhaarschnitt,<br />
randlose Brille, Hemd in der<br />
Hose, Schreibmappe. In Letzterer hat's mehr<br />
Papiere als in meiner Steuererklärung. Die<br />
Gruppe steht fünf Minuten im Gang, weil<br />
Karsten etwas sucht. Einer aus der Gruppe<br />
schlägt vor, sie könnten sich doch «einfach<br />
irgendwo» hinsetzen. Aber davon will Karsten<br />
nichts wissen. Irgendwann wird er fündig<br />
und wedelt mit der Sitzplatzreservierung.<br />
Die Gruppe verteilt sich nach Karstens Anweisungen.<br />
Jetzt sitzen sie tatsächlich «einfach<br />
irgendwo». Aber jeder allein. Nur Karsten<br />
sitzt nicht allein. Der sitzt nämlich neben<br />
mir. «Praktisch, die Reservierung», sagt er<br />
hinter vorgehaltener Hand. «Da hat jeder<br />
einen Platz.» Später steht er auf, strafft das<br />
Hemd und knipst sein Lächeln an. Mit stolzer<br />
Brust und Sitzplatzreservierung stapft<br />
er zum Kontroller, um diesem zu erklären,<br />
dass er, Karsten, sämtliche Fahrkarten habe.<br />
Danach setzt er sich wieder zu mir. Ich werde<br />
nicht kontrolliert. Wahrscheinlich denkt<br />
der Kontrolleur, ich gehöre zu Karsten. Als<br />
ich nach neun Stunden Fahrtzeit mein Hotel<br />
erreiche, ist die Bar bis auf den letzten Platz<br />
besetzt. Ich denke an Karsten. Das Hotelrestaurant<br />
hat geschlossen. Mein leerer Magen<br />
grummelt, als ich mein reserviertes Zimmer<br />
betrete. Mon Dieu, was ich jetzt für dieses<br />
vergessene Baguette geben würde! (sd)