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Hildegard Reisig, Die Rolle der Bildung für die Befreiung des Proletariats, Dissertation 1933

Das Rigorosum zu Hilde Reisigs Dissertation fand am Freitag, dem 27. Januar 1933 statt. Dieses war der letzte Arbeitstag vor der Nationalsozialistischen "Machtergreifung". Die erhoffte Perspektive einer schulischen oder gar wissenschaftlichen Tätigkeit hatte sich damit erledigt. Eine Tätigkeit als Lehrerin in ihrer Heimatstadt Leipzig nach dem Krieg endete 1946 abrupt infolge der Querelen bei der Zwangsvereinigung von SPD und KPD. Hilde Reisig wurde am 15. Januar 1908 geboren, wuchs in Leipzig auf und starb am Himmelfahrtstag, dem 25.05.1995 in Oldenburg. Sie heiratete 1936 den Leipziger Stadtbibliothekar Wolfgang G. Fischer, später Direktor der Landesbibliothek in Oldenburg. Das Paar hatte 4 Söhne.

Das Rigorosum zu Hilde Reisigs Dissertation fand am Freitag, dem 27. Januar 1933 statt. Dieses war der letzte Arbeitstag vor der Nationalsozialistischen "Machtergreifung".
Die erhoffte Perspektive einer schulischen oder gar wissenschaftlichen Tätigkeit hatte sich damit erledigt.
Eine Tätigkeit als Lehrerin in ihrer Heimatstadt Leipzig nach dem Krieg endete 1946 abrupt infolge der Querelen bei der Zwangsvereinigung von SPD und KPD.

Hilde Reisig wurde am 15. Januar 1908 geboren, wuchs in Leipzig auf und starb am Himmelfahrtstag, dem 25.05.1995 in Oldenburg.
Sie heiratete 1936 den Leipziger Stadtbibliothekar Wolfgang G. Fischer, später Direktor der Landesbibliothek in Oldenburg. Das Paar hatte 4 Söhne.

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— 3£f —<br />

talistische Verteilungsschlüssel <strong>der</strong> Arbeit und <strong>der</strong> Güter. Nicht<br />

l u J t a S Wea bl.dt e“ ea .<strong>der</strong> Zivilisation entgegengesetzten Naturzustan<strong>des</strong><br />

aus ist <strong>die</strong> jetzige Gesellschaft zu verwerfen. <strong>Die</strong><br />

Hiffe T i 10n Wird m den Fortschritt einbezogen als ein an sich indifferentes,<br />

in einer gerechten Ordnung gerecht funktionieren<strong>des</strong><br />

Werkzeug zur materiellen Beglückung <strong>der</strong> Menschheit Ak<br />

materiell Unglückliche haben dfe Proletarier efnTteresse, gerade<br />

Entwicklung <strong>der</strong> Eigentums- und Produktionst<br />

" 6 ZU besei^ n- Hier aber kann darüber hinaus <strong>der</strong><br />

Gegner <strong>der</strong> vernunftwidrigen Gesellschaftsordnung insgemein<br />

ifee Ökonomische Unzulänglichkeit erweisen. Hier wird dfe vet<br />

nunftwidnge Ordnung moralisch schlecht, nämlich ungerecht<br />

gegenüber einem konkreten Opfer <strong>die</strong>ser Ordnung. Wenn das<br />

Proletariat Gerechtigkeit <strong>für</strong> sich verlangt, ist in <strong>die</strong>ser Forde<br />

g<strong>die</strong> vernunftgemäße Gestaltung <strong>des</strong> menschlichen Gesell<br />

Ä » ”b?rh,“ pt D i * »loae i “ .t<br />

d e s <strong>Proletariats</strong> als leiden<strong>der</strong> Klasse ist das<br />

s X h a U r 6 ^ 1; 11 Üb6r <strong>die</strong> ^stehenden ge<br />

seiischaftlichen Zustände. 8<br />

<strong>des</strong> Pr!?i b°nkfrete gesellschaftliche Notwendigkeit, das Leiden<br />

s <strong>Proletariats</strong> aufzuheben durch Abwendung von <strong>der</strong> alten und<br />

Aufrichtung einer neuen Gesellschaftsordnung L l t somit Tu<br />

sammen mit <strong>der</strong> gesellschaftlichen Notwendigkeit von den Forde<br />

r uS i d , L endr 0“ iStisch «"«— • » VeS„ R<br />

« “ - - Ä Ä T S n S Ä <strong>der</strong><br />

win sollte“1’ daS 1- Kap‘teI <strong>der</strong> ’>Menschheit, wie sie ist und wie sie<br />

39<br />

Gerechtigkeit. Es ist gleichsam das Salz <strong>der</strong> Erde. Alle ökonomischen,<br />

politischen, rechtlichen Folgerungen, <strong>die</strong> s-ich <strong>für</strong> das<br />

Proletariat selbst aus <strong>der</strong> Abschüttlung seines Jöches ergeben<br />

könnten, sind <strong>für</strong> das Grundsätzliche gleichgültig und belanglos;<br />

ihren fundamentalen Wert bekommt <strong>die</strong> wirtschaftlich-gesellschaftliche<br />

Emanzipation <strong>des</strong> <strong>Proletariats</strong> ganz allein dadurch,<br />

daß sie Anstoß und Ausgangspunkt <strong>der</strong> Erlösung <strong>der</strong> Menschheit<br />

sein muß.30)<br />

<strong>Die</strong> <strong>Befreiung</strong> <strong>der</strong> Menschen zu sich selbst muß zwar in <strong>der</strong><br />

wirtschaftlich-gesellschaftlichen Sphäre vollzogen werden; <strong>die</strong>se<br />

hat aber keinerlei eigene Erneuerungskräfte in sich, sie kann ihre<br />

eigene bessere Ordnung nicht aus sich heraus entwickeln, sie<br />

kann daher umgeän<strong>der</strong>t werden nür durch eine Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

Menschen. Kräfte zur Erneuerung jegliches Kulturgebiets sind<br />

nur zu finden in den absoluten Grundgegebenheiten <strong>des</strong> Menschen<br />

selbst. <strong>Die</strong> jetzige Ordnung ist schlecht, weil <strong>die</strong> Menschen sich<br />

von vernunftmäßig falschen und moralisch schlechten Prinzipien<br />

leiten lassen, <strong>die</strong> neue Ordnung wird gut sein, wenn <strong>die</strong> Menschen<br />

<strong>der</strong> vernunftgefor<strong>der</strong>ten Gerechtigkeit gemäß sie aufbauen und<br />

in ihr leben. Zwar werden wie<strong>der</strong>um durch <strong>die</strong> schlechten Zustände,<br />

in denen sie leben, <strong>die</strong>. Menschen gehin<strong>der</strong>t, wahre<br />

Menschen zu sein; wenn aber überhaupt bessere Zustände<br />

möglich gemacht werden sollen, so<br />

müssen einige Menschen wie sie sein sollen vorher<br />

vorhanden sein, <strong>die</strong> mit <strong>der</strong> Neueinrichtung<br />

<strong>der</strong> Welt beginnen.31) <strong>Die</strong> Proletarier nun sind vermöge<br />

ihrer beson<strong>der</strong>en Stellung in <strong>der</strong> jetzigen Gesellschaft <strong>die</strong> einzigen,<br />

<strong>die</strong> geeignet sind, solche geän<strong>der</strong>te Menschen als Grundlage<br />

und Ausgang geän<strong>der</strong>ter Zustände hervorzubringen. Sie<br />

sind <strong>die</strong> spezifisch Leidenden, <strong>des</strong>halb <strong>die</strong> an <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

80) Weitling, <strong>Die</strong> Menschheit, wie sie ist und wie sie sein<br />

sollte, S. 15: „Proklamiert Freiheit und Gleichheit, stürzt Throne,<br />

Adel und Pfaffen, schafft <strong>die</strong> stehenden Heere ab, und besteuert<br />

<strong>die</strong> Reichen; wohl habt ihr dann viel erreicht, aber ihr habt das<br />

Glück <strong>der</strong> Menschheit dann noch nicht gegründet. Wenn unser<br />

Werk vollkommen sein soll, so dürfen wir hier nicht Stillstehen.<br />

Unsere Pflicht ist es, den großen Augenblick zu benutzen, in welchem<br />

<strong>die</strong> Menschheit um Hilfe ringt.“<br />

31) Über den Kommunismus in <strong>der</strong> Schweiz 1843. „Wir müssen<br />

<strong>die</strong> Welt von innen heraus erobern — wir müssen das Bewußtsein<br />

ganz Europas mit <strong>die</strong>sen Gedanken <strong>des</strong> armen Schnei<strong>der</strong>gesellen<br />

schwängern.“ — „Hilferuf <strong>der</strong> deutschen Jugend“ 1841, S. 10. Vgl.<br />

Anm. 8. — „<strong>Die</strong> junge Generation“ 1842, S. 10: „Das Volk, welches<br />

zuerst das reine Prinzip <strong>der</strong> Nächstenliebe zu verwirklichen sucht,<br />

wird ohne Schwertstreich <strong>die</strong> Herzen aller Völker erobern.“

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