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Ausgabe 11/2023

Das Magazin für Herisau und Umgebung. Erscheinungsdatum: 1. November 2023

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10 · Interview <strong>11</strong>/<strong>2023</strong><br />

«IN DER NATUR EXISTIERT<br />

KEIN GUT UND BÖSE»<br />

Peter Schmid ist Präsident der Appenzellischen Naturwissenschaftlichen Gesellschaft.<br />

Ein Gespräch über seinen persönlichen Bezug zu den Erkenntnissen der Forschung, wissenschaftliches<br />

Denken sowie über den Verein und seine Ziele.<br />

Herr Schmid, stellen Sie sich bitte kurz vor.<br />

Ich bin 1951 in Oberegg geboren, als viertes von<br />

fünf Kindern einer dazumal «normalen» Familie,<br />

die heute als Grossfamilie gelten würde. Mein<br />

Vater hatte einen Mechanikerbetrieb. Ich bin in<br />

einem Umfeld aufgewachsen, in dem man sich<br />

gegenseitig half und aufeinander aufpasste.<br />

Ich lernte zu teilen, mit dem zu leben, was man<br />

hatte und Verantwortung für mich und andere<br />

zu übernehmen. Ich hatte das Glück, die Mittelschule<br />

im Kollegium Appenzell besuchen zu<br />

dürfen, die ich mit der humanistischen Matura<br />

abschloss. Für die Wahl des Studiums überwog<br />

dann aber mein Interesse für die Technik. Ich<br />

studierte Elektroingenieur an der ETH Zürich<br />

und dissertierte in technischen Wissenschaften.<br />

Ich war zuerst wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />

am Institut für Elektronik der ETH Zürich,<br />

später Projektleiter verschiedener Forschungsprojekte<br />

am Institut für angewandte Physik<br />

ebenfalls an der ETH Zürich. Wir befanden uns<br />

in den Anfängen der Lasertechnologie und<br />

stellten die ersten Halbleiterlaser her. Zu jener<br />

Zeit war ich bereits verheiratet mit Guglielma<br />

und Vater von zwei Kindern. Irgendwann hatte<br />

ich Mühe, meinen Kindern zu erklären, was ich<br />

arbeite. Dies war wohl mit ein Grund für eine<br />

Neuorientierung. Es hätte zahlreiche Optionen<br />

gegeben – schliesslich haben wir uns für Herisau<br />

entschieden. Während über zwanzig Jahren<br />

Wissenschaftliche Lösungen<br />

für die Zukunft<br />

In ihrem Vortragszyklus im Winterhalbjahr<br />

<strong>2023</strong>/2024 befasst sich die Appenzellische<br />

Naturwissenschaftliche Gesellschaft<br />

mit wissenschaftlichen Lösungen.<br />

Referate zu folgenden Themen stehen<br />

auf der Agenda.<br />

6.<strong>11</strong>.<strong>2023</strong>: Negativemissionstechnologien<br />

4.12.<strong>2023</strong>: Ökologische Effizienz im<br />

Bauwesen<br />

15.1.2024: Künstliche Intelligenz<br />

5.2.2024: Planet Food<br />

4.3.2024: Impfungen<br />

Die Veranstaltungen sind öffentlich<br />

und kostenlos. Sie beginnen jeweils um<br />

19.30 Uhr und finden im Berufsbildungszentrum<br />

an der Waisenhausstrasse 6,<br />

Herisau, statt.<br />

arbeitete ich bei Huber + Suhner, viele Jahre im<br />

höheren Kader. 2006 wechselte ich für kurze<br />

Zeit als Direktor zur Industrie- und Handelskammer<br />

St. Gallen-Appenzell. Meine berufliche<br />

Laufbahn beendete ich bei der Vectronix AG in<br />

Heerbrugg. Als Einmannfirma SCHMID Support<br />

und Beratung mache ich jetzt noch EDVund<br />

Handyschulungen und helfe bei einzelnen<br />

Projekten mit.<br />

Die Technik hat Sie also ein Leben lang begleitet.<br />

Ja. Mein Interesse galt aber auch anderem –<br />

neben meiner Familie und der Arbeit. Von 1990<br />

bis 1999 war ich Kantonsrat. Zudem habe ich<br />

mich in zahlreichen Kommissionen und Vereinen,<br />

zum Beispiel elf Jahre im Vorstand und<br />

als Präsident des Industrieverein Appenzell<br />

Ausserrhoden, engagiert. Ich war auch Präsident<br />

der Palliativ-Stiftung Herisau und der IG<br />

Sport Herisau. Hier überzeugte mich die Idee,<br />

die Interessen der verschiedenen Sportvereine<br />

in Herisau zu koordinieren, auch um der<br />

Gemeinde die Grundlagen für eine wirksame<br />

Sportpolitik zu liefern.<br />

Was bedeutet Ihnen der Sport persönlich?<br />

Sport ist eine gute Sache, insbesondere der<br />

Breitensport. Er ist der letzte Bereich, der<br />

hauptsächlich von engagierter Freiwilligenarbeit<br />

Hunderter lebt. Breitensport leistet<br />

einen enormen, allzu oft verkannten Beitrag an<br />

Gesundheit, Integration und Sozialkompetenz<br />

unserer Jugend. Ich selbst machte Kunstturnen,<br />

fuhr Ski, spielte Tischtennis und anderes – immer<br />

auf Breitensport-Niveau. Heute stehen<br />

Wanderungen und Pétanque im Vordergrund.<br />

Neben all diesen beruflichen, familiären<br />

und auch sportlichen Engagements, was hat<br />

Sie bewogen, Mitglied der Appenzellischen<br />

Naturwissenschaftlichen Gesellschaft, kurz<br />

ANG, zu werden?<br />

Meine erste Berührung mit der ANG hatte ich<br />

als Referent. Im Jahr 2000 sprach ich zum Thema<br />

«Mobile Kommunikation», deren Entwicklung<br />

damals geradezu explodierte. Mitglied<br />

aber war ich damals aus Zeitgründen noch<br />

nicht. Als dreifacher Vater und heute fünffacher<br />

Grossvater war und ist mir die Familie sehr<br />

wichtig. Ich habe daher auch, mit Ausnahme<br />

meiner letzten Berufsjahre, stets dort gewohnt,<br />

wo ich arbeitete. So hatte ich kurze Arbeitswege<br />

und konnte Zuhause Mittagessen. Zurück zu<br />

Ihrer Frage: Nach meiner Pensionierung Ende<br />

2014 wurde ich dann Mitglied bei der ANG.<br />

Und heute präsidieren Sie den Verein.<br />

Wie sucht man einen Präsidenten? Das ist nicht<br />

einfach. Mit meinem Vorgänger Louis Slongo<br />

bin ich freundschaftlich verbunden. Er fragte<br />

mich an. Da ich meine Engagements für die IG<br />

Sport und die Palliativ-Stiftung beendet und<br />

somit etwas Luft für Neues hatte, sagte ich zu.<br />

Die Ziele der ANG entsprechen meiner wissenschaftlichen<br />

Einstellung.<br />

Die da wären?<br />

Die Appenzellische Naturwissenschaftliche<br />

Gesellschaft ist eine Vereinigung, die sich mit<br />

naturwissenschaftlichen Themen, Fragen und<br />

Herausforderungen auseinandersetzt. Ziel ist<br />

die faktenbasierte wissenschaftliche Information<br />

und der Austausch untereinander.<br />

Mit welcher Ideologie?<br />

Unsere «Glaubenssätze» sind naturwissenschaftlicher<br />

Art. Die Wissenschaft will nicht<br />

gestalten, versucht primär die Umwelt zu beobachten<br />

und zu verstehen. Sie sucht nach<br />

Gesetzmässigkeiten und überprüfbaren Zusammenhängen.<br />

Sie kann sich auf die Fahne<br />

schreiben, dass sie ihre eigenen Ergebnisse<br />

immer wieder in Frage stellt und korrigiert.<br />

Während in der Politik bestimmte Ansichten<br />

vertreten werden, blickt die Naturwissenschaft<br />

quasi nüchtern auf die Tatsachen. Sie ist weitgehend<br />

frei von politischen und ideologischen<br />

Vorgaben und Wunschdenken. Und letztlich<br />

sind wissenschaftliche Erkenntnisse und Technologien<br />

im Gegensatz zu politischen Entscheidungen<br />

von globaler Bedeutung und auf lange<br />

Zeit wirksam. Die Wissenschaft ist auch bereit,<br />

ganze Theorien fallenzulassen, wenn eine Tatsache<br />

zeigt, dass diese nicht richtig sein können.<br />

Als man beispielsweise noch glaubte, die<br />

Sonne kreise um die Erde, bekundete man<br />

Mühe mit den neuen Erkenntnissen. Letztlich<br />

aber setzen sich Fakten durch, indem sie immer<br />

mehr erhärtet werden. Auch wenn klar ist, dass<br />

grossen Veränderungen ihre Zeit brauchen, bis<br />

sie verstanden werden.<br />

Apropos Verständnis: Sind die von der ANG<br />

angebotenen Referate für alle verständlich<br />

oder richten sie sich an Wissenschaftler?<br />

Wir bemühen uns, Referentinnen und Referenten<br />

wie auch Themen so zu wählen, dass<br />

alle, die sich dafür interessieren, es verstehen.<br />

Jedem Vortrag folgt auch eine anschliessende<br />

Diskussion mit Fragen aus dem Publikum.<br />

Stehen die Vorträge unter einem Thema?<br />

In den letzten Jahren haben wir versucht, einen<br />

roten Faden in unsere Vortragsreihen zu brin-

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