KURT 12/2023
KURT – Dein Magazin für Gifhorn Ausgabe Dez. 2023/Jan. 2024
KURT – Dein Magazin für Gifhorn
Ausgabe Dez. 2023/Jan. 2024
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Seitenkopf<br />
Das beste<br />
Weihnachtsgeschenk...<br />
sich gut zu verstehen.<br />
Genießen Sie Weihnachten mit der<br />
ganzen Klangvielfalt: Glockenläuten,<br />
Weihnachtslieder, fröhliches Beisammensein,<br />
Kinderlachen und vieles mehr.<br />
Wir freuen uns über Ihren Besuch bei der<br />
OHRWERK Hörgeräte GmbH in:<br />
Gifhorn<br />
Steinweg 60<br />
Tel.: 0 53 71 - 956 05 66<br />
www.ohrwerk-hoergeraete.de<br />
Illustration: <strong>KURT</strong> Media via Dall-E<br />
Zurück zu YouTube, denn<br />
immerhin da bin ich Premiumkunde:<br />
Manchmal schaue ich<br />
auf dem Channel „Architectual<br />
Digest“, wie Berühmtheiten in<br />
den Vereinigten Staaten wohnen.<br />
Da versteht man unausweichlich,<br />
dass es gar keinen<br />
Unterschied macht, ob wir mit<br />
Elon Musk und Jeff Bezos auf<br />
den Mars ziehen oder nicht,<br />
weil der exorbitante Unterschied<br />
zwischen Manhattan und<br />
Niemberg, zwischen Malibu<br />
und Gifhorner Südstadt größer<br />
nicht sein könnte. Und noch<br />
etwas fällt auf: Nirgends sieht‘s<br />
wirklich geil aus – viel Grau und<br />
Beige. Die Prominenz weiß trotz<br />
Dekadenz und Potenz nicht, wie<br />
wohnen geht. Denn gewohnt<br />
und gelebt wird da nicht – es<br />
wird maximal übernachtet.<br />
Was das eigene Wohnen betrifft,<br />
wurden die Vorstellungen<br />
von der Design-Lampe, der Design-Vase<br />
und dem Design-Sofa<br />
vorerst in Millionen kleine Fetzen<br />
zerrissen. Ich habe jetzt eine<br />
Spülmaschine gekauft. Frohe<br />
funktionale Weihnachten.<br />
dem Kopf an der kalten Fensterscheibe,<br />
während – der Name<br />
ist Gefühl – Köthen die nächste<br />
Haltestelle ist. Heimat der<br />
Familie Ritter. Auch hier: Tote<br />
Industrie, aufgerissene Straßen,<br />
alles wartet, nichts kommt. Ich<br />
ziehe YouTube auf.<br />
Mina Le ist blitzgescheit, in<br />
ihren Zwanzigern, kommt aus<br />
den USA und spricht gern über<br />
Fashion, Filme und Pop-Kultur.<br />
Ihre Katze heißt Prada, was ich<br />
angemessen abgehoben finde.<br />
Sie hat ein Video-Essay unter<br />
dem Titel „Warum ist alles so<br />
hässlich“ veröffentlicht, in dem<br />
sie graue und beige Wohngegenwart<br />
kritisiert. Ich denke,<br />
sie hat da einen Punkt: Wir sind<br />
schon gute Konformisten und<br />
zufrieden, wenn man in der Reihe<br />
steht und nicht auffällt – ob<br />
beim Wohnen oder anderswo.<br />
Wenige Tage zuvor bin ich<br />
durch ein Modenhaus – breite<br />
Gänge, vornehme Kundschaft<br />
– gestreift. Da sah ich sie: die<br />
Traumshorts aller Traumshorts,<br />
weiße Seide, zarte grüne und<br />
rosa Querstreifen, ewig gültiger<br />
Tennis-Chic, gefertigt in Italien,<br />
dazu das passende Resorthemd,<br />
beides von der mir unbekannten,<br />
jetzt aber verehrten Brand<br />
Casablanca. Mit glühenden<br />
Fingerkuppen fühlte ich den<br />
Stoff. So weich, dachte ich mir,<br />
so himmlisch temperiert. Es<br />
gab nur ein Problem: das Preisschild.<br />
Insgesamt 1500 Euro.<br />
Vielleicht bin ich für den Moment<br />
doch noch verdammt, in<br />
der Reihe zu stehen und nicht<br />
an der italienischen Riviera.<br />
Kopfüber<br />
Über Design<br />
Kopfüber<br />
Wie will man in dieser brutalen<br />
Welt bestehen?, habe ich mich<br />
gefragt, als ich aus dem am<br />
Bahnhof in Niemberg, Sachsen-<br />
Anhalt, stehenden Zug schaute,<br />
neben mir ein Backsteinklotz,<br />
einst eine stolze Malzfabrik.<br />
Nun steht sie da wie mit gesenktem<br />
Haupt und hängenden<br />
Schultern, eingeworfene Fensterscheiben<br />
und menschenlose<br />
Räume, so allein und doch so<br />
schön. Teurer Untergang eines<br />
Orts, eines Landes, einer Zeit.<br />
„Nach der Wende kam recht<br />
schnell das Aus“, lese ich online,<br />
und das gilt ja für vieles.<br />
Ich bin mal wieder am Umziehen.<br />
Französischer Balkon<br />
zur Straße, vor der Sonne geschützter<br />
Balkon in den Innenhof.<br />
Doch Wohnen und Leben<br />
werden ja leider durch den<br />
Kontostand begrenzt. Ein weiteres<br />
Limit der brutalen Welt.<br />
Hassvergnügen Kapitalismus.<br />
Ungut, dass meine Freundin<br />
und ich uns auf Design verständigt<br />
habe, das wir uns nicht leisten<br />
können, doch widerspruchslos<br />
ist ja nichts im Leben.<br />
Wie will ich aber wohnen, was<br />
gefällt mir?, überlege ich mit<br />
Von Malte Schönfeld<br />
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