prima! Magazin – Ausgabe Jänner 2024
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KOMMENTAR<br />
Foto: Alice Siebenbrunner<br />
Fotos: Nicole Mühl<br />
„Windel Kater“ Moritz hat nach einer Wirbelsäulenverletzung eine Harn- und Kotinkontinenz. Ohne Medikamente wäre er nicht lebensfähig. Ist sein Leben noch<br />
lebenswert? Nun, er genießt jede Sekunde davon. Also JA!, er will leben und sollte daher auch die Chance dazu haben. So wie die blinde Hanni und die halbblinde<br />
Fritzi. Beide lieben es, in ihrem gesicherten Garten zu spielen. Hanni ist inzwischen über zehn Jahre alt und auch sie genießt jeden Tag <strong>–</strong> und wird geliebt!<br />
Ein Leben mit Behinderung!<br />
Lebenswert?<br />
Eine reißerische, unmoralische und abzulehnende Überschrift, ginge es um Menschen.<br />
Komischerweise ist die Meinung, wenn es dabei um Tiere geht, nicht so eindeutig. Da erlebe ich Ausgrenzung,<br />
Anfeindung, Beschimpfung, Ekel, Verständnislosigkeit im Zusammenhang mit Hunden im<br />
Rollstuhl, Katzen mit Windeln, inkontinenten oder blinden Tieren.<br />
Alice Siebenbrunner, Obfrau des Tierschutzvereins „Wir fürs Tier“<br />
Woran liegt das? Glaubt man, ein Tier<br />
mit Behinderung hätte keine Lebensfreude<br />
mehr?<br />
Tiere leben im Hier und Jetzt <strong>–</strong> etwas, das<br />
wir nie so können werden wie sie. Sie<br />
schwelgen nicht in der Vergangenheit<br />
und sorgen sich nicht um die Zukunft. Ich<br />
habe es oft genug selbst erlebt, wie<br />
schnell sie sich letztendlich auf eine<br />
Behinderung einstellen und wie schnell<br />
sie richtig gut damit zurecht kommen.<br />
Für Außenstehende mag das manchmal<br />
nicht so wirken, doch als Halter erkennt<br />
man schnell, wie gut sie ihren Alltag<br />
bereits nach kurzer Zeit meistern, wie<br />
schnell sie ihre Behinderung kompensieren<br />
und neue Lebensfreude schöpfen.<br />
Sind nicht eher wir<br />
das Problem?<br />
Das Leben mit behinderten oder chronisch<br />
kranken Tieren kann oft sehr<br />
herausfordernd sein. Da gibt es natürlich<br />
erhebliche Unterschiede in der Art der<br />
Behinderung, also zum Beispiel, ob man<br />
eine dreibeinige Katze hat oder eine<br />
Katze mit chronischem Schnupfen, die<br />
einem täglich die Wand vollrotzt. Zusätzlich<br />
kommt dann auch noch kaum<br />
gesellschaftliche Rückendeckung, da<br />
viele Menschen Tiere nicht als fühlende<br />
Individuen wahrnehmen, sondern viel<br />
mehr als Sachen, deren man sich doch<br />
einfach entledigt, wenn sie nicht mehr<br />
funktionieren.<br />
Es ist zu leicht<br />
Entledigen kann man sich eines behinderten<br />
oder unangenehmen Tieres sehr<br />
schnell. Da kommt die Diagnose unheilbarer<br />
Krebs oder Lähmung und dann heißt<br />
es von allen Seiten, es sei besser das Tier<br />
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