HANSA 01-2024
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SCHIFFFAHRT | SHIPPING<br />
»Gewinner im EU-ETS-Regime<br />
werden nicht jene sein, die<br />
besonders günstig EUA einkaufen,<br />
sondern jene, die ihre Prozesse<br />
und Risiken effizient managen«<br />
Albrecht Grell<br />
Managing Director, OceanScore<br />
grundsätzlich geregelt. Demnach ist der<br />
Schiffseigner verpflichtet, die Emissionen<br />
jedes einzelnen Schiffes zu erfassen, mit<br />
EUA zu kompensieren und darüber gegenüber<br />
den Kontrollbehörde zu dokumentieren.<br />
Die Kosten wiederum trägt<br />
© OceanScore<br />
jene Partei, die auch den Bunker bezahlt<br />
und die Route bestimmt (Verursacherprinzip).<br />
Doch das muss auf Unternehmensebene<br />
explizit vereinbart werden.<br />
Neben der fehlenden Umsetzung ins<br />
nationale Recht waren auch entsprechende<br />
Charter-Klauseln seitens der Bimco<br />
erst kurz vor dem Start des EU-ETS vorgelegt<br />
worden und sind in der Praxis<br />
noch nicht erprobt.<br />
Zudem müssen EUA-Konten eingerichtet<br />
und die Emissionsdaten lückenlos<br />
erfasst werden, um die korrekte Menge<br />
an benötigten Zertifikaten zu bestimmen.<br />
Darin eingeschlossen sind auch<br />
Off-Hire-Zeiten sowie Ausnahmen, Rabatte<br />
und regulatorischen Abweichungen<br />
sowie die korrekte Zuteilung von EUAs<br />
an die Charterer und die Überwachung<br />
aller EUA-Rückstellungen und -forderungen.<br />
Nur über eine größtmögliche<br />
Transparenz lasse sich das Risiko von<br />
Streitigkeiten zwischen Charterern, Eignern<br />
und Managern verringern.<br />
»Der beste Weg, die EUA-Kosten zu<br />
senken, ist natürlich die Verringerung<br />
der Emissionen selbst«, sagt Grell. Doch<br />
laut den Analysen von OceanScore habe<br />
die Industrie dabei zuletzt nur sehr geringe<br />
Fortschritte erzielt: Seit 2021 sind die<br />
Emissionen von Schiffen in EU-<br />
Gewässern um lediglich 0,14 % gesunken.<br />
Die Emissionen pro Seemeile sind<br />
im vergangenen Jahr sogar um 3,09 % gestiegen,<br />
was auf veränderte Betriebsmuster<br />
und höhere Geschwindigkeiten in<br />
einigen Segmenten zurückzuführen sei.<br />
Dennoch liegen die Emissionen in der<br />
Schifffahrt mit 411 t CO2 pro 1.000 sm<br />
weit unter denen aller alternativen Verkehrsträger.<br />
Als Folge des Emissionshandels sieht<br />
Grell einen stärkeren Verdrängungswettbewerb<br />
kommen. Die Effizienzvorteile<br />
modernerer Schiffe gegenüber älteren<br />
Einheiten dürften künftig immer stärker<br />
ins Gewicht fallen. Das werde sich auf<br />
11.800 Schiffe<br />
fallen unter das EU-ETS<br />
126 Mio. t<br />
CO2-Emissionen im EU-Gebiet<br />
6,5 Mrd. €<br />
Jährliche Kosten für die Schifffahrt<br />
82,7 Mio. EUA<br />
im Handel<br />
80 Euro<br />
Preis für ein CO2-Zertifikat<br />
500.000 €<br />
durchschnittl. Kosten pro Schiff<br />
Schifffahrt 126 Mio. t an CO2-Emissionen<br />
aus Fahrten zu, von und zwischen<br />
europäischen Häfen verursacht. Im Rahmen<br />
des EU-Emissionshandelssystems<br />
hätte das zur Abgabe von 82,7 Mio. EU-<br />
Allowances (EUA) bzw. CO2-Zertifkaten<br />
geführt. Dies entspricht einer Summe<br />
von rund 6,5 Mrd. €, wenn man einen<br />
Preis von 78 € pro EUA zugrunde legt.<br />
Nach Angaben von OceanScore, einem<br />
auf das EU-ETS spezialisierte Datenanbieter,<br />
trägt allein die Containerschifffahrt<br />
mit etwa 28 % den größten Teil der<br />
Kosten, die sich ab 2026 pro Schiff auf<br />
durchschnittlich gut 200.000 € (Bulker)<br />
bis 2,8 Mio. € (Kreuzfahrt) belaufen.<br />
»Bei dem heutigen Preisniveau würden<br />
sich die Bunkerkosten um etwa 240 $ je<br />
Tonne verteuern«, sagt Albrecht Grell,<br />
Geschäftsführer bei OceanScore. Das<br />
Start-up-Unternehmen, in das Reedereien<br />
wie Peter Döhle oder MSC, aber<br />
auch Versicherer oder die Klassifikationsgesellschaft<br />
DNV investiert haben,<br />
kann auf Umweltdaten von mehr als<br />
100.000 Schiffen weltweit zurückgreifen.<br />
In den Kosten sehe er für die Reeder<br />
am Ende aber das kleinere Problem, sagt<br />
Grell. Diese seien im Vergleich zu sonstigen<br />
laufenden Kosten eher gering und<br />
würden in aller Regel an den Ladungskunden<br />
weitergegeben. So haben die<br />
Container-Linienreedereien bereits Zuschläge<br />
in Höhe von 12 $/TEU bis<br />
80 $/TEU angekündigt – die Beträge differieren<br />
je nach Reederei und Fahrtgebiet.<br />
Es folgen RoPax-Schiffe mit einem<br />
Anteil von 14 %, Bulker und Tanker<br />
tragen jeweils rund 11 % der Last.<br />
Als größere Herausforderung bezeichnet<br />
auch Grell das Management des<br />
Emissionshandels in den einzelnen Unternehmen.<br />
Das betreffe vor allem die<br />
Bewältigung administrativer und vertragsrechtlicher<br />
Fragen.<br />
Zwar sind mit der EU-Richtlinie die<br />
Zuständigkeiten auf der Schifffahrtsseite<br />
den Chartermarkt ebenso wie auf die Secondhand-Preise<br />
als auch auf die Einsatzplanung<br />
für bestimmte Fahrtgebiete<br />
auswirken. »Gleichzeitig könnten durch<br />
die Einführung des ETS Umrüstungen<br />
und Investitionen in verbesserte Betriebsabläufe<br />
wie auch der Einsatz von alternativen<br />
Kraftstoffen künftig mehr lohnen.«<br />
Auch Digitalisierung und Datentransparenz<br />
würden dadurch weiter befördert.<br />
»Letztendlich werden die Gewinner<br />
des EU-ETS-Regimes nicht diejenigen<br />
sein, die besonders günstig EUA einkaufen,<br />
sondern diejenigen, die in der<br />
Lage sind, ihre Prozesse und Risiken effizient<br />
zu managen«, so Grell.<br />
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<strong>HANSA</strong> – International Maritime Journal <strong>01</strong> | <strong>2024</strong><br />
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