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Das ökumenische Magazin für nachhaltige Beschaffung, Ausgabe April 2023

Die Beschaffung in Kirchen und Wohlfahrtsverbänden verantwortet pro Jahr ca. 120 Milliarden Umsatz. Angesichts von Klimawandel, Ressourcenknappheit und Menschenrechtsverletzungen steht die ökumenische Beschaffung in einer Transformation. Sie sind Teil dieser Transformation und wollen sich über aktuelle Trends, Best Practices und Meinungen der Stakeholder in der öffentlichen Beschaffung informieren? Dann sind Sie hier richtig! Das Magazin für nachhaltige Beschaffung informiert regelmäßig zum Thema, veröffentlicht Interviews, Erkenntnisse aus der täglichen Praxis und gibt Tipps zum Einstieg und Vertiefung der nachhaltigen Beschaffung in Kirchen und Wohlfahrtsverbänden

Die Beschaffung in Kirchen und Wohlfahrtsverbänden verantwortet pro Jahr ca. 120 Milliarden Umsatz. Angesichts von Klimawandel, Ressourcenknappheit und Menschenrechtsverletzungen steht die ökumenische Beschaffung in einer Transformation.

Sie sind Teil dieser Transformation und wollen sich über aktuelle Trends, Best Practices und Meinungen der Stakeholder in der öffentlichen Beschaffung informieren? Dann sind Sie hier richtig!

Das Magazin für nachhaltige Beschaffung informiert regelmäßig zum Thema, veröffentlicht Interviews, Erkenntnisse aus der täglichen Praxis und gibt Tipps zum Einstieg und Vertiefung der nachhaltigen Beschaffung in Kirchen und Wohlfahrtsverbänden

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<strong>Das</strong> <strong>ökumenische</strong> <strong>Magazin</strong><br />

<strong>für</strong> einen <strong>nachhaltige</strong>n Einkauf<br />

6,80 EURO<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>April</strong> <strong>2023</strong><br />

Best Practice<br />

aus Kirche und Wohlfahrt<br />

Top-Themen:<br />

Nachhaltige Textilbeschaffung<br />

Klimaschutzmaßnahmen und deren Kosten<br />

Kleine Kniffe<br />

1<br />

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2 Kleine Kniffe<br />

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Editorial<br />

Sind der Anstieg der Energiekosten und die Inflation Gründe genug, um sich von der <strong>nachhaltige</strong>n<br />

<strong>Beschaffung</strong> zu verabschieden? Oder sie zumindest eine Zeitlang auf Eis zu legen?<br />

Mit großer Klarheit und Deutlichkeit zeigt der im März veröffentlichte neue Klimareport des<br />

IPCC: Wir haben noch Zeit zu agieren – aber die Zeit ist jetzt. Der Einkauf kann dabei Teil einer<br />

Lösung sein. <strong>Das</strong> <strong>Beschaffung</strong>swesen kann ein wichtiges Instrument sein, um die Entwicklung<br />

innovativer Waren und Dienstleistungen auf dem europäischen Markt voranzutreiben.<br />

Wir brauchen da<strong>für</strong> starke Transformationswege und den Willen, diese umzusetzen. Indem<br />

Einkäufer zusammenarbeiten und ihre Ressourcen bündeln, können Städte, zentrale <strong>Beschaffung</strong>sstellen<br />

und andere große öffentliche Beschaffer ihre Marktmacht und ihren Einfluss maximieren.<br />

Big Buyers for Climate and Environment ist eine Initiative der Europäischen Kommission<br />

zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen großen öffentlichen Einkäufern bei der Umsetzung<br />

einer strategischen öffentlichen <strong>Beschaffung</strong> <strong>für</strong> <strong>nachhaltige</strong> Lösungen.<br />

In Deutschland gerät der <strong>nachhaltige</strong> Einkauf immer stärker in das Bewusstsein der Menschen.<br />

Innerhalb eines halben Jahres haben sich über 100 Erstunterzeichner*innen und über 200 Follower<br />

in Social Networks dem Auf „Aktiv <strong>für</strong> eine <strong>nachhaltige</strong> <strong>Beschaffung</strong>“ angeschlossen.<br />

Die Einladung des BMWK zur öffentlichen Konsultation zur Reform des Vergaberechts hatte<br />

unerwartet hohen Zulauf. Bis zur Abgabefrist hatten sich bereits 150 Stakeholder an der Konsultation<br />

beteiligt. Wegen des großen Interesses sah sich das BMWK genötigt, die Abgabefrist zu<br />

verlängern.<br />

<strong>Das</strong> macht Hoffnung. Denn je mehr es gelingt, die <strong>nachhaltige</strong> öffentliche Vergabe aus der<br />

Expertenecke ins Licht der Öffentlichkeit zu bringen, umso mehr werden <strong>Beschaffung</strong>sstellen,<br />

Verwaltungsleitungen und die Politik sich gedrängt fühlen, ihren Umgang mit Steuergeldern auch<br />

unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit zu rechtfertigen.<br />

Chefredakteur<br />

Kleine Kniffe<br />

3<br />

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Impressum<br />

Redaktion<br />

SDG media GmbH<br />

Wagenfeldstraße 7a<br />

44141 Dortmund<br />

Kontakt:<br />

redaktion@kleine-kniffe.de<br />

Chefredaktion und V.i.S.d.P:<br />

Thomas Heine<br />

Textbeiträge von:<br />

Martin Berelson, Alexandra Boneff, Hendrik<br />

Claaßen, Markus Claudy , Moritz-Andreas<br />

Decker, Martin Eichenseder, Alexandra Engelt,<br />

Dr. Oliver Foltin, Ralf Grosse, Nils Gustorff,<br />

Thomas Heine, Katja Jacob, Eveline Lemke,<br />

Falko Meyer, Sabine Minninger, Jörg Schenke,<br />

Dr. Volker Teichert, Juliane Thiele, Johann<br />

Verhoeven, Veronika Warmers, Nicole Zintel<br />

08<br />

Titelfoto:<br />

Fotostudio Kissel, Wilhelmsfeld<br />

Fotos/Grafiken:<br />

Depositphotos, Din e.V., ekh. Werbeagentur<br />

GbR • MUC, statista, United Nations<br />

Internet:<br />

www.<strong>nachhaltige</strong>-beschaffung.com<br />

Social media:<br />

Twitter: https://twitter.com/MKniffe<br />

LinkedIn: https://www.linkedin.com/posts/<br />

thomas-heine-866785<br />

Facebook: https://www.facebook.com/Kleine-<br />

Kniffe-1601748926512841/<br />

30<br />

Höhe der Auflage:<br />

15.000<br />

Distribution<br />

Der Versand der Auflage erfolgte mit finanzieller<br />

Unterstützung des Umweltbundesamtes<br />

Druck:<br />

Produktion mit 100% Ökostrom aus regenerativer<br />

Stromerzeugung und ohne Einsatz<br />

fossiler Brennstoffe.<br />

Druck:<br />

Recyclingpapier<br />

Herausgeber<br />

SDG media GmbH<br />

Wagenfeldstraße 7a<br />

44141 Dortmund<br />

www.sdg-media.de<br />

kleine kniffe® ist eingetragene Marke<br />

der IMAGO GmbH, Dortmund<br />

06. Klimaschäden-<br />

Finanzierung<br />

08. PV-Anlagen auf<br />

denkmalgeschützten<br />

Kirchen<br />

12. <strong>Beschaffung</strong><br />

von Ökostrom<br />

16. Beitrag der<br />

WGKD<br />

18. Katholisches<br />

Siedlungswerk<br />

München<br />

20. KlimaschutzmaSSnahmen<br />

und<br />

deren Kosten<br />

14. Herausforderung<br />

Nachhaltigkeit<br />

24. Pachten aus<br />

kirchlicher<br />

Hand<br />

4 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe_04_23_Kirche.indd 4 31.03.23 14:14


18 52<br />

28<br />

06<br />

26. Diakonie im<br />

Kirchenkreis<br />

Recklinghausen<br />

28. beitrag der HKD<br />

34. Kreislauf<br />

wirtschaft in<br />

der<br />

<strong>nachhaltige</strong>n<br />

<strong>Beschaffung</strong><br />

36. Lifecycle-Konzept<br />

von<br />

IT-Hardware<br />

44. eko: Die<br />

Einkaufskooperation<br />

50. Textileinkauf bei<br />

der MÜNCHEN-<br />

STIFT GmbH<br />

30. Recyclingpapier<br />

39. Circular<br />

Economy<br />

52. Mit dem Stufenplan<br />

zum<br />

50%-Ziel<br />

32. Kreislaufwirtschaft<br />

in<br />

der <strong>Beschaffung</strong><br />

40. Normungsroadmap<br />

Circular<br />

Economy<br />

Kleine Kniffe<br />

5<br />

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Aus nationalen Kompetenzstellen der <strong>Beschaffung</strong><br />

Fortschritt bei<br />

Klimaschäden-Finanzierung<br />

Auf dem Klimagipfel in Ägypten fordern ärmere Staaten Geld <strong>für</strong> den Umgang mit Klimaschäden.<br />

Sabine Minninger von Brot <strong>für</strong> die Welt erklärt, welche Rolle die westlichen Industrienationen<br />

dabei spielen.<br />

Im Gespräch mit Sabine Minninger, Brot <strong>für</strong> die Welt<br />

Frau Minninger, Sie waren beim Klimagipfel<br />

in Sharm el-Sheikh letzten November. Eine<br />

der wichtigsten Fragen auf der letzten<br />

Klimakonferenz COP27 in Ägypten war, wer<br />

<strong>für</strong> klimabedingte Schäden und Verluste<br />

aufkommt. Worum geht es da genau?<br />

Sabine Minninger: Der Klimawandel verursacht überall im<br />

Globalen Süden schon heute hohe Schäden: Die Überflutungen in<br />

Pakistan und Nigeria, der Zyklon in Bangladesch, die Dürren in<br />

Ostafrika, um nur einige zu nennen. Neben den Wetterextremen<br />

gibt es schleichende Veränderungen wie den steigenden Meeresspiegel,<br />

der Inselstaaten im Pazifik versinken lässt. Besonders hart<br />

trifft es die ärmsten und verletzlichsten Staaten, die selbst nicht zum<br />

Klimawandel beigetragen haben. Deshalb fordern sie Geld von den<br />

Verursachern, also den reichen Industriestaaten, um die Folgen zu<br />

bewältigen.<br />

Bundeskanzler Scholz hat zu Beginn der<br />

Konferenz 170 Millionen Euro <strong>für</strong> einen<br />

globalen Schutzschirm <strong>für</strong> Klimaschäden<br />

versprochen. Geht das in die richtige Richtung?<br />

<strong>Das</strong> Geld ist da<strong>für</strong> gedacht, Klimaversicherungen <strong>für</strong> ärmere<br />

Staaten zugänglicher und erschwinglicher zu machen. Deutschland<br />

und einige anderen Staaten wie die USA geben Geld, mit dem<br />

Versicherungsprämien verringert werden, indem regionale Risikofonds<br />

aufgestockt werden. Ärmere Staaten wie Bangladesch müssten<br />

dann weniger Geld bezahlen, um sich etwa gegen die Folgen von<br />

Überflutungen zu versichern. Die größten Summen tragen aber<br />

immer noch die Staaten selbst. Und die Versicherungen decken nur<br />

Extremwettereignisse ab. Pazifikstaaten wie Tuvalu ist damit also<br />

nicht geholfen. Die 170 Millionen EUR können einen Beitrag leisten,<br />

humanitäre Katastrophen infolge eines Wetterextremereignisses zu<br />

verhindern. Aber es ist insgesamt viel zu wenig Geld und ersetzt<br />

eben nicht die Forderungen der betroffenen Staaten nach Kompensationszahlungen.<br />

Was fordern Partnerorganisationen von „Brot<br />

<strong>für</strong> die Welt“?<br />

Die Zivilgesellschaft und die Verhandlungsgruppe G77 plus<br />

China, in der sich 77 Entwicklungsländer unter anderem Inselstaaten<br />

zusammengeschlossen haben, fordern, einen Fonds einzurichten, in<br />

den die Industrieländer einzahlen. Aus diesem Topf könnten dann<br />

Hilfen ausgezahlt werden, wenn Schäden auftreten. Also etwa die<br />

30 Milliarden Dollar Schaden, die die Flut in Pakistan verursacht<br />

hat. Unsere Partner sprechen uns hier oft auf die Flutkatastrophe<br />

im Ahrtal im vergangenen Jahr an und solidarisieren sich mit den<br />

Opfern. Sie sagen: Die Schäden gibt es auch bei euch. Aber dort wird<br />

geholfen, bei uns nicht. Der Schaden im Ahrtal war mit 30 Milliarden<br />

Euro übrigens ähnlich hoch wie bei der Flut in Pakistan.<br />

Wie reagieren die Industrieländer auf die<br />

Forderung?<br />

Die meisten reichen Staaten blockten bislang alles ab. Sie wollen<br />

keine Verantwortung übernehmen und nach dem Verursacherprinzip<br />

Geld bereitstellen. Die USA etwa verwiesen auf die humanitäre<br />

Hilfe, die bei Katastrophen geleistet wird. Aber die humanitäre Hilfe<br />

reicht da<strong>für</strong> nicht aus. Es braucht zusätzliches Geld. Die Industriestaaten<br />

haben eine moralische Verpflichtung. Und sie sollten auch aus<br />

6 Kleine Kniffe<br />

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Foto: depositphotos<br />

Eigeninteresse aktiv werden: Der Klimawandel kann den Kampf um<br />

knapper werdende Ressourcen verschärfen, auch um Lebensraum.<br />

Man muss den Staaten helfen, humanitäre Krisen zu verhindern, die<br />

sich langfristig auch auf die globale Sicherheit auswirken.<br />

Wie verhält sich China?<br />

China ist inzwischen das Land mit den höchsten Gesamtemissionen<br />

an Treibhausgasen. China unterstützte die<br />

Entwicklungsländer in ihrer Forderung nach einem Fonds, will aber<br />

selbst nichts einzahlen. Unklar ist zudem, ob China sogar selbst auf<br />

Mittel aus dem Topf zugreifen wollen würde. <strong>Das</strong> geht natürlich<br />

gar nicht.<br />

Schätzungen gehen davon aus, dass<br />

der Klimawandel ab 2030 allein in den<br />

Entwicklungsländern jährlich Schäden in Höhe<br />

von 300 bis 600 Milliarden Dollar verursachen<br />

könnte. Wo soll all das Geld herkommen?<br />

Da habe ich eine einfache Antwort: Die Industriestaaten und<br />

weitere Hauptemittenten müssen die Fossilen besteuern, etwa eine<br />

Steuer oder Abgabe auf CO2 und gleichzeitig müssen wir endlich<br />

aufhören, Fossile zu subventionieren, etwa in der Luftfahrt. Setzt<br />

man das um, ist genug Geld da. <strong>Das</strong> muss nicht nur aus den jetzigen<br />

Haushalten kommen. Es ist völliger Quatsch, wenn gesagt wird, dass<br />

wir <strong>für</strong> Klimahilfen bei unseren <strong>Ausgabe</strong>n <strong>für</strong> Bildung oder Gesundheit<br />

sparen müssten.<br />

Was hat die Konferenz in diesem Punkt bislang<br />

erreicht?<br />

Die Konferenz in Ägypten erreichte einen historischen Durchbruch.<br />

<strong>Das</strong>s überhaupt darüber verhandelt wurde, war schon ein<br />

Fortschritt, nachdem man bei den 26 Klimakonferenzen zuvor<br />

nicht einmal über Finanzierung von Klimaschäden reden durfte. Am<br />

Ende haben sich die Industriestaaten aber darauf eingelassen, dass es<br />

einen Fonds <strong>für</strong> die Bewältigung von klimabedingten Schäden und<br />

Verluste geben soll. Über das Jahr <strong>2023</strong> verteilt werden Workshops<br />

stattfinden, wie der Fonds aufgesetzt werden soll und bei dem nächsten<br />

Klimagipfel im Dezember in Dubai soll er dann eingerichtet<br />

sein. Bisher ist aber völlig unklar wer einzahlen und wer einen<br />

Anspruch auf Unterstützung haben wird.<br />

Wie soll es dann weitergehen?<br />

Es wäre wünschenswert wenn die Verursacher der Klimakrise,<br />

allen voran die Industriestaaten v.a. die USA, Verantwortung übernehmen<br />

<strong>für</strong> ihr klimaschädliches Verhalten und die Schäden, die<br />

sie anrichten im Globalen Süden. Für die ärmsten Staaten wird die<br />

Unterstützung in der Bewältigung eine Überlebensfrage. Deutschland<br />

sollte unter den ersten Staaten sein, die eine Zusage <strong>für</strong> den<br />

Fonds machen. Damit übernimmt Deutschland Verantwortung und<br />

kann andere Industriestaaten motivieren, ihrem Beispiel zu folgen.<br />

Hochemittierende Schwellenländer und ölexportierende Entwicklungsländer<br />

wie China oder der Gastgeber der COP28 in Dubai, die<br />

Vereinte Arabische Emirate, sollten ebenfalls in den Fonds einzahlen.<br />

Besonders verletzliche und arme Staaten sollten unterstützt werden<br />

in der Bewältigung von Klimaschäden. <strong>Das</strong> würde dem Prinzip von<br />

Klimagerechtigkeit entsprechen.<br />

Kleine Kniffe<br />

7<br />

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Kirchen und erneuerbare Energien<br />

PV-Anlagen auf denkmalgeschützten Kirchen<br />

und Gebäuden – geht das?<br />

Lange Zeit schienen sich in Deutschland Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) auf<br />

denkmalgeschützten Gebäuden – wie etwa Sakralbauten – als Folge des Denkmalschutzes<br />

nicht mit diesem vereinbaren zu lassen. Im vergangenen Jahr hat es hierzu nach Jahren des<br />

Stillstandes in dieser Thematik jedoch erstaunliche Wendungen und Entwicklungen gegeben,<br />

die zukünftig nun die Errichtung von PV-Anlagen trotz und zusammen mit dem Denkmalschutz<br />

ermöglichen.<br />

Ein Beitrag von Dr. Oliver Foltin und Dr. Volker Teichert<br />

Kernaussagen des Beitrags<br />

Neben den gesamtgesellschaftlichen<br />

Rahmenbedingungen<br />

– Erreichung der Klimaschutzziele im Mit dem so genannten „Osterpaket“ der Bundesregierung im<br />

Lichte des Pariser Klimaschutzabkommens<br />

sowie die Auswirkungen gien haben sich die politisch gesetzten Rahmenbedingungen deutlich<br />

Frühjahr 2022 zum beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Ener-<br />

des Ukrainekrieges auf die Energiemärkte<br />

– sind hierbei aus<br />

gewandelt.<br />

kirchlicher Sicht vor allem zwei Gleichzeitig bekennt sich die Konferenz der Bauamtsleitenden<br />

Akteursebenen zu betrachten. Auf der EKD klar zu Photovoltaik (PV) auf kirchlichen Gebäuden.<br />

der einen Seite die zuständigen<br />

Denkmalschutzbehörden der einzelnen<br />

Bundesländer, zum anderen der inzwischen zugunsten der Montage von PV-Anlagen auf denkmal-<br />

Bundesländer haben entweder die Denkmalschutzvorgaben<br />

kirchliche Denkmalschutz respektive<br />

die hier<strong>für</strong> verantwortlichen demnächst vorzunehmen.<br />

geschützten Gebäuden angepasst oder planen, eine solche Änderung<br />

kirchlichen Bauämter sowie aus<br />

evangelischer Perspektive die<br />

Konferenz der Bauamtsleitenden der EKD-Gliedkirchen.<br />

Mit dem so genannten „Osterpaket“ der Bundesregierung<br />

im Frühjahr 2022 zum beschleunigten Ausbau der erneuerbaren<br />

Energien und der im Juli desselben Jahres beschlossenen<br />

Neufassung des seit mehr als 20 Jahren existierenden Erneuerbare-Energien-Gesetzes<br />

(EEG) haben sich die politisch gesetzten<br />

Rahmenbedingungen deutlich gewandelt (siehe hierzu: https://bit.<br />

ly/3XTdfDs). Die EEG-Novelle hat nun vor allem den massiven<br />

Ausbau der erneuerbaren Energien<br />

im Fokus und orientiert sich<br />

dabei am 1,5-Grad-Ziel des Pariser<br />

Klimaschutzabkommens (siehe<br />

hierzu: https://bit.ly/3SnpVSg).<br />

Dazu heißt es in § 2 des<br />

novellierten EEG (https://bit.<br />

ly/3IKQ6Po ): „Die Errichtung und<br />

der Betrieb von Anlagen sowie<br />

den dazugehörigen Nebenanlagen<br />

liegen im überragenden<br />

öffentlichen Interesse und dienen<br />

der öffentlichen Sicherheit. Bis<br />

die Stromerzeugung im Bundesgebiet<br />

nahezu treibhausgasneutral<br />

ist, sollen die erneuerbaren Energien als vorrangiger Belang in die<br />

jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht<br />

werden.“ <strong>Das</strong> bedeutet <strong>für</strong> die Praxis, dass immer dann, wenn<br />

eine rechtliche Abwägung zwischen erneuerbaren Energien und<br />

Denkmalschutz notwendig ist, nun dem Ausbau der erneuerbaren<br />

Energien der Vorzug zu geben ist. Zudem gelten <strong>für</strong> PV-Anlagen<br />

seit Sommer 2022 höhere Vergütungssätze (siehe hierzu: https://<br />

bit.ly/41fMJat).<br />

8 Kleine Kniffe<br />

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Foto: depositphotos<br />

PV-Anlagen auf denkmalgeschützten<br />

Gebäuden<br />

Bei der Tagung der Bauamtsleitenden der EKD-Gliedkirchen<br />

im <strong>April</strong> 2022 wurde von diesen das Papier „PV-Anlagen auf<br />

denkmalgeschützten Gebäuden und Kirchendächern – Position der<br />

Bauamtsleitenden der EKD-Gliedkirchen“ erarbeitet. Darin heißt<br />

es in der Präambel: „Die Konferenz der Bauamtsleitenden der EKD<br />

bekennt sich klar zu Photovoltaik (PV) auf kirchlichen Gebäuden:<br />

PV-Anlagen sind ein wesentlicher Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität<br />

der Evangelischen Kirche und somit zur Erreichung<br />

der kirchlichen Klimaziele. Auch Kirchendächer und Dächer anderer<br />

denkmalgeschützter Gebäude müssen da<strong>für</strong> betrachtet werden. Wir<br />

als Kirche sehen uns in einer besonderen Verantwortung und Vorbildfunktion<br />

zur Bewahrung der Schöpfung.“ Zudem werden in dem<br />

Papier unter anderem die nachfolgenden Aspekte benannt:<br />

• Alle Gebäude, auch die Mehrzahl an denkmalgeschützten<br />

Gebäuden der Evangelischen Kirchen, bieten große Potentiale<br />

zur Errichtung von PV-Anlagen. Somit sind alle <strong>für</strong> die<br />

Installation einer PV-Anlage geeigneten Dachflächen zu<br />

betrachten und die Planung und Realisierung ist konsequent<br />

voranzutreiben.<br />

• Bei Instandsetzungen und Modernisierungen sollen Dächer<br />

so hergerichtet werden, dass PV-Anlagen montiert oder später<br />

unkompliziert nachgerüstet werden können. Die PV-Anlagen<br />

sollen reversibel sein.<br />

• Heutige PV-Anlagen sind eine zu akzeptierende Zeitschicht.<br />

Sie sind darum wie andere notwendige Bauteile zu betrachten.<br />

• PV-Anlagen auf Sakralgebäuden müssen dem besonderen<br />

Anspruch dieser Gebäude gerecht werden. Sie müssen deshalb<br />

auf die Gestaltung des Gebäudes Rücksicht nehmen und sind<br />

als ruhige und gleichmäßige Flächen zu konzipieren.<br />

• Generell müssen PV-Anlagen auf Denkmalen denkmalrechtlich<br />

abgestimmt werden. Sie sind hinsichtlich Farbigkeit,<br />

Mattigkeit, Kleinteiligkeit und Geometrie gestalterisch<br />

überzeugend in das Gebäude einzufügen. Wenn das gegeben<br />

ist, ist z.B. Einsehbarkeit aus Sicht der Kirchen kein<br />

Ausschlusskriterium.<br />

• Beim Einbau von PV-Anlagen darf die erhaltenswerte<br />

denkmalgeschützte Bausubstanz allerdings nicht wesentlich<br />

beeinträchtigt werden.<br />

• Die technischen, baukonstruktiven Voraussetzungen (Statik,<br />

Elektrik, Brandschutz) sowie auch die wirtschaftlichen und<br />

finanziellen Voraussetzungen müssen gegeben sein.“<br />

Änderung des Denkmalschutzes in einzelnen<br />

Bundesländern<br />

Eine ganze Reihe von Bundesländern – etwa Nordrhein-Westfalen,<br />

Bayern und Baden-Württemberg – haben entsprechende<br />

Gesetzesänderungen beschlossen, die die Installation von PV-Anlagen<br />

auf denkmalgeschützten Gebäuden künftig erleichtern sollen.<br />

Kleine Kniffe<br />

9<br />

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Foto: depositphotos<br />

So hat das Ministerium <strong>für</strong> Landesentwicklung und Wohnen<br />

Baden-Württemberg im Juli 2022 neue Leitlinien zur Installation<br />

von PV-Anlagen auf Kulturdenkmalen erlassen. Darin ist festgelegt,<br />

dass die Genehmigung regelmäßig zu erteilen ist, wenn<br />

sich die Solaranlagen der eingedeckten Dachfläche unterordnen<br />

und möglichst flächenhaft sowie farblich abgestimmt angebracht<br />

werden. Weiter heißt es hierzu von Seiten des Ministeriums:<br />

„Wer eine Solaranlage an oder auf einem Kulturdenkmal (nach § 2<br />

Denkmalschutzgesetz) errichten will, braucht da<strong>für</strong> grundsätzlich<br />

eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung. Die neuen Leitlinien<br />

des Ministeriums dienen dabei als Handreichung und Entscheidungshilfe.<br />

Sie stellen klar: Die Genehmigung ist „regelmäßig zu<br />

erteilen“. Nur bei einer „erheblichen Beeinträchtigung“ des Kulturdenkmals<br />

kann anders entschieden werden.“ Weitere Infos sind<br />

unter https://bit.ly/3ShHRxr abrufbar.<br />

Im Denkmalschutzgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen<br />

vom 1. Juni 2022 werden ebenfalls entsprechende Rahmenbedingungen<br />

neu festgelegt. <strong>Das</strong> nordrhein-westfälische Ministerium <strong>für</strong><br />

Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung hat hierzu einen<br />

Erlass mit „Entscheidungsleitlinien <strong>für</strong> Solaranlagen auf Denkmälern“<br />

auf den Weg gebracht (siehe: https://bit.ly/3XMjw3P).<br />

In der Meldung hierzu heißt es „Wer eine Solaranlage an oder auf<br />

einem Denkmal errichten will, braucht da<strong>für</strong> grundsätzlich eine<br />

denkmalschutzrechtliche Erlaubnis. Grundsätzlich besteht nach dem<br />

nordrhein-westfälischen Denkmalschutzgesetz ein Rechtsanspruch<br />

auf Erteilung der Erlaubnis. Diese liegt nicht im Ermessen der<br />

Erlaubnisbehörde. <strong>Das</strong> bedeutet, dass Solaranlagen grundsätzlich<br />

zu erlauben sind, wenn sie keine erhebliche Beeinträchtigung des<br />

Denkmals darstellen.“ Weitere Angaben zu den Rahmenbedingungen<br />

sind unter https://bit.ly/3SmeQk0 verfügbar.<br />

Auch das bayerische Denkmalschutzgesetz wurde zum<br />

Jahresende 2022 entsprechend überarbeitet: „Anlagen zur Nutzung<br />

erneuerbarer Energien im Denkmalbereich und Maßnahmen zur<br />

energetischen Verbesserung von Baudenkmälern sollen regelmäßig<br />

ermöglicht werden, soweit sie denkmalverträglich sind.“ Weitere<br />

Informationen werden unter https://bit.ly/3SilJTI bereitgestellt.<br />

Weitere Bundesländer haben entweder die Denkmalschutzvorgaben<br />

inzwischen zugunsten der Montage von PV-Anlagen auf<br />

denkmalgeschützten Gebäuden angepasst oder planen, eine solche<br />

Änderung demnächst vorzunehmen. Als lesenswerte Broschüren sei<br />

an dieser Stelle auf eine Publikation der Evangelischen Kirche in<br />

Mitteldeutschland „Photovoltaik <strong>für</strong> Kirchgemeinden und Kirchenkreise“<br />

aus dem Dezember 2022 (https://bit.ly/3Shp19L) sowie eine<br />

Handreichung der Evangelischen Kirche im Rheinland „Mit Solarstrom<br />

die Zukunft nachhaltig gestalten“ (https://bit.ly/3IlDw7N)<br />

hingewiesen.<br />

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Was ist zu tun?<br />

a. Alle <strong>für</strong> die Installation einer PV-Anlage geeigneten<br />

Dachflächen von Sakralbauten sind zu betrachten. Nach Angaben<br />

des Kirchlichen Energiewerkes verfügt allein die Nordkirche über<br />

weit mehr als 5.000 kirchliche Gebäude. Bislang ist allerdings nicht<br />

bekannt, wie viele davon <strong>für</strong> die Installation von PV-Anlagen geeignet<br />

sind. Solche Untersuchungen wären <strong>für</strong> alle Landeskirchen, aber<br />

auch Bistümer durchzuführen, um das mögliche Potenzial <strong>für</strong> den<br />

Ausbau mit erneuerbaren Energien zu eruieren.<br />

b. Ebenso sind Dächer bei Instandsetzungen und Modernisierungen<br />

so zu gestalten, dass PV-Anlagen montiert oder später<br />

unkompliziert nachgerüstet werden können.<br />

c. Um den Denkmalschutz sakraler Gebäude einzuhalten,<br />

würde es sich anbieten, Dachziegel mit einem integrierten PV-<br />

Modul zu verwenden. Sie wären in dem Fall Teil der Dachhaut und<br />

würden herkömmliche Dachziegel oder Dachpfannen ersetzen. Auf<br />

diese Weise kann vor allem die Optik des Gebäudes gewahrt werden.<br />

Nützlich ist das zum Beispiel <strong>für</strong> denkmalgeschützte kirchliche<br />

Immobilien, die nur unter strengen Auflagen saniert werden dürfen.<br />

Autoren:<br />

Dr. Volker Teichert ist Umwelt- und<br />

Nachhaltigkeitsberater sowie wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter im Arbeitsbereich Nachhaltige Entwicklung<br />

der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft<br />

in Heidelberg.<br />

Dr. Oliver Foltin ist stellvertretender Leiter der<br />

Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft<br />

und Leiter der Fachstelle Umwelt- und<br />

Klimaschutz der EKD.<br />

Kleine Kniffe<br />

11<br />

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Aus nationalen Kompetenzstellen der <strong>Beschaffung</strong><br />

Öffentliche <strong>Beschaffung</strong> von Ökostrom<br />

Die Stromerzeugung aus fossilen Energieträgern verursacht hohe Treibhausgas-Emissionen.<br />

Die Verminderung des Stromverbrauchs und der Bezug von Strom aus erneuerbaren Energien,<br />

sogenannter Ökostrom, gehören zu den klimaschutzpolitisch wirkungsvollsten Maßnahmen. Mit<br />

dem Bezug von Ökostrom können Sie die Treibhausgas-Emissionen senken und haben gleichzeitig<br />

die Möglichkeit, durch den Einkauf die Nachfrage nach erneuerbarem Strom zu erhöhen. Die<br />

öffentliche <strong>Beschaffung</strong>spraxis kann so einen Beitrag zum Ausbau der erneuerbaren Energien und<br />

damit zum Klimaschutz leisten. <strong>Das</strong> Umweltbundesamt (UBA) stellt als praktische Unterstützung<br />

einen Leitfaden zur <strong>Beschaffung</strong> von Ökostrom bereit.<br />

Ein Beitrag von Martin Berelson<br />

Die Bundesrepublik hat sich zum Ziel gesetzt, dass ihre öffentlichen<br />

Einrichtungen bis 2030 klimaneutral sein sollen. Entsprechend<br />

sieht das „Maßnahmenprogramm Nachhaltigkeit – Weiterentwicklung<br />

2021“ der Bundesregierung vor, den Ökostrombezug der<br />

öffentlichen Verwaltung weiter auszubauen. Viele andere Körperschaften<br />

haben sich ähnliche Ziele gesetzt. Um Ihnen als<br />

Einkäufer*innen die <strong>Beschaffung</strong> von Ökostrom in transparenten<br />

und wettbewerblichen Vergabeverfahren zu vereinfachen, stellt das<br />

UBA den Leitfaden „<strong>Beschaffung</strong> von Ökostrom – Arbeitshilfe <strong>für</strong><br />

eine europaweite Ausschreibung der Lieferung von Ökostrom im<br />

offenen Verfahren“ zur Verfügung.<br />

Was macht Ökostrom aus und wie kann dieser<br />

nachgewiesen werden?<br />

Elektrizitätsversorger sind gesetzlich verpflichtet, darüber zu<br />

informieren, aus welchen Quellen der von ihnen angebotene Strom<br />

stammt. Durch diese Stromkennzeichnungspflicht ist es <strong>für</strong> Sie<br />

möglich, Anbieter von Ökostrom zu identifizieren und auch deren<br />

gesamtes Produktportfolio über den sogenannten „Gesamtunternehmensmix“<br />

nachzuvollziehen. Wenn Stromanbieter nicht-geförderten<br />

Strom aus erneuerbaren Quellen anbieten, müssen sie dies mit Herkunftsnachweisen<br />

(HKN) belegen.<br />

Eine Ökostromkennzeichnung ist nur erlaubt, wenn <strong>für</strong> die<br />

gelieferte Menge erneuerbaren Stroms aus nicht geförderten erneuerbaren<br />

Energiequellen auch HKN im Herkunftsnachweisregister<br />

(HKNR) durch den Elektrizitätsversorger entwertet worden sind.<br />

Da sich der Stromproduzent <strong>für</strong> die erneuerbare Stromeigenschaft<br />

nicht mehrere HKN ausstellen lassen kann, ist gewährleistet, dass die<br />

grüne Eigenschaft nicht doppelt vermarktet wird.<br />

<strong>Das</strong> HKNR wird in Deutschland im UBA geführt (www.HKNR.<br />

de). <strong>Das</strong> UBA ist nicht nur die zuständige Stelle <strong>für</strong> den Umgang<br />

mit HKN (Ausstellung, Entwertung, Übertragung, Im- und Export),<br />

sondern auch zur Prüfung der Stromkennzeichnung im Bereich<br />

„erneuerbare Energien mit HKN“.<br />

Daneben gibt es sogenannten „geförderten Ökostrom“. Dieser<br />

wird in Deutschland aus Förderungszahlungen nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz<br />

(EEG) finanziert. Die Kosten werden<br />

durch den Haushalt gedeckt, die entsprechenden Mengen erneuerbarer<br />

Energien daher allen Verbraucher*innen zugeteilt. Ein<br />

Anteil „erneuerbare Energie, gefördert durch das EEG“ steckt deshalb<br />

bereits in jeder Stromkennzeichnung. Für diesen ist nur ein<br />

Nachweis des Stromverbrauchs im regionalen Zusammenhang zur<br />

Stromerzeugung durch Entwertung sog. Regionalnachweises möglich.<br />

<strong>Das</strong> zugehörige Regionalnachweisregister wird ebenfalls beim<br />

UBA geführt (www.regionalnachweisregister.de)<br />

Wichtige Anforderungen an die<br />

Ökostromqualität in öffentlichen<br />

Ausschreibungen<br />

Der Leitfaden des UBA zur <strong>Beschaffung</strong> von Ökostrom empfiehlt,<br />

den Auftragsgegenstand „Lieferung von Ökostrom“ in den<br />

Vergabeunterlagen genau, transparent und diskriminierungsfrei zu<br />

spezifizieren. Sie als Beschaffer*innen haben es damit selbst in der<br />

Hand, durch Anforderungen an die Stromqualität sicherzustellen,<br />

12 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe_04_23_Kirche.indd 12 31.03.23 14:14


Foto: depositphotos<br />

dass die <strong>Beschaffung</strong> von Ökostrom zu einem Umweltnutzen führt.<br />

Grundsätzlich sollten Sie Strom aus erneuerbaren Energien<br />

in den Vergabeunterlagen wie folgt definieren: Strom aus<br />

erneuerbaren Energiequellen, das heißt Wind, Sonne, geothermische<br />

Energie, Umgebungsenergie, Gezeiten-, Wellen- und sonstige<br />

Meeresenergie, Wasserkraft und Energie aus Biomasse, Deponiegas,<br />

Klärgas und Biogas. Als Biomasse gelten nur Energieträger gemäß<br />

Biomasse-Verordnung. Flüssige Biomasse-Brennstoffe (bspw.:<br />

Biodiesel, Pflanzenöl oder Bioethanol), haben zusätzlich den Nachhaltigkeitskriterien<br />

der „Verordnung über Anforderungen an eine<br />

<strong>nachhaltige</strong> Herstellung von Biomasse zur Stromerzeugung“ (BioSt-<br />

NachV) zu genügen.<br />

Sie sollten bei einer Ausschreibung jedoch auch die Marktsituation<br />

betrachten. Nicht alle Anforderungen an Ökostrom konnten in<br />

der Vergangenheit kombiniert in einem Produkt am Markt in ausreichender<br />

Menge angeboten werden. Die Kombination bestimmter<br />

Anforderungen und hohe Ausschreibungsvolumina führten teilweise<br />

dazu, das vereinzelt Ausschreibungen scheiterten.<br />

Der aus diesen Erkenntnissen entwickelte Baukasten <strong>für</strong> den<br />

<strong>Beschaffung</strong>sgegenstand Ökostrom enthält verschiedene Aspekte<br />

der Ökostromqualität, die Sie entsprechend der aktuellen Marktsituation<br />

wählen sollten:<br />

• In jedem Fall sollten Sie in Ihrer Ausschreibung „Strom zu<br />

100 Prozent aus erneuerbaren Energien“ einfordern. Nur so ist<br />

gewährleistet, dass Ihnen Ökostrom mit dem größtmöglichen<br />

Umweltnutzen angeboten wird.<br />

• Daneben könnten Sie in Erwägung ziehen, als Beleg <strong>für</strong> die<br />

Bereitstellung von regionalem EEG-gefördertem Ökostrom auf<br />

Regionalnachweise zu bestehen.<br />

• Ergänzend zur oben genannten Definition von Strom aus<br />

erneuerbaren Energien sollten Sie in der Ausschreibung<br />

Anforderungen an Wasserkraftwerke festhalten. Bei der<br />

Gewinnung von Strom aus Wasserkraft kann es unter<br />

Umständen zu starken Beeinträchtigungen von Flora und<br />

Fauna kommen.<br />

• Falls Sie nicht nur Ökostrom beziehen, sondern auch den<br />

zusätzlichen Ausbau von erneuerbarer Stromproduktion<br />

fördern wollen, könnten Sie die Ausschreibung dahingehend<br />

spezifizieren, dass der zu beziehende Strom zum Teil oder<br />

ausschließlich aus Anlagen neuerem Datums ohne Förderung<br />

stammen sollte. <strong>Das</strong> Angebot hierzu ist jedoch begrenzt.<br />

Die einzelnen Bausteine werden im Leitfaden ausführlich vorgestellt<br />

und diskutiert. Die Ausführungen in diesem Artikel geben<br />

lediglich einen Überblick. Mehr dazu hier:<br />

https://t1p.de/zly7v<br />

Autor<br />

Martin Berelson<br />

Jurist und als wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter tätig <strong>für</strong> das<br />

Herkunftsnachweisregister beim UBA<br />

Kleine Kniffe<br />

13<br />

Kleine_Kniffe_04_23_Kirche.indd 13 31.03.23 14:14


Advertorial<br />

Verantwortung als Chance:<br />

Herausforderung Nachhaltigkeit<br />

Informationstechnologie ist längst integraler Bestandteil unseres Lebens. Und dank immer<br />

leistungsfähigerer Systeme werden immer größere Datenmengen in immer kürzerer Zeit<br />

übermittelt. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht abzusehen.<br />

Nachhaltigkeit ist deshalb in aller Munde. Allzu oft<br />

schmücken sich Unternehmen zwar mit grünen Lorbeeren,<br />

betreiben im Alltagsgeschäft aber trotzdem<br />

weitgehend „business as usual“. Auch geht der grüne<br />

Aspekt beim IT-Einkauf jedoch allzu gerne unter: So<br />

ergab eine Analyse der Europäischen Kommission, dass<br />

nach wie vor mehr als die Hälfte der Aufträge allein nach<br />

den Anschaffungskosten vergeben wird.<br />

Was sagen Sie dazu, Herr Schenke?<br />

Lippenbekenntnisse reichen heute nicht mehr. Es ist höchste Zeit,<br />

dass auf Worte auch Taten folgen. Wer heute als IT-Hardware-Anbieter<br />

im Markt bestehen bleiben will, muss den Beschaffern aus<br />

Behörden und Verwaltungen nachweisen, dass sich seine Produkte<br />

unter ökologischen, sozialen und ökonomischen Aspekten vom<br />

Markt abheben.<br />

<strong>Das</strong> ist eine große Herausforderung. Wie stellt sich<br />

Fujitsu diesen herausforderungen unternehmensintern?<br />

Eine verlässliche Zukunft zu schaffen bedeutet auch, die Transparenz<br />

<strong>für</strong> die Kunden zu erhöhen. Dies erreicht ein Unternehmen<br />

nur, wenn es sich aufmacht, durch ein Qualitätsmanagement die<br />

Verbesserung oder Sicherstellung der Qualität von Produkten oder<br />

Prozessen zu erreichen. Wir verstehen unser Qualitätsmanagementsystem<br />

als geplante, systematische Herangehensweise an das<br />

Verstehen und Erfüllen von Kundenwünschen durch das Schaffen<br />

angemessener Rahmenbedingungen und einer angemessenen<br />

Aufbau- und Ablauforganisation sowie deren ständige Verbesserung.<br />

Gibt es internationale Standards, an denen Ihre<br />

Kunden Ergebnisse des internen Engagements <strong>für</strong> Nachhaltigkeit<br />

ablesen können?<br />

Umweltschutz und Nachhaltigkeit liegen im Kern der<br />

Fujitsu Uvance Strategie. Fujitsu Deutschland wurde deshalb kürzlich<br />

wieder durch eine unabhängige Zertifizierungsgesellschaft<br />

(Bureau Veritas) zu den Umweltmanagementsystemanforderungen<br />

des internationalen Standards ISO 14001:2015 im Rahmen einer<br />

Reihe von Zertifizierungsaudits erfolgreich auditiert.<br />

Wie profitieren Ihre Kunden von diesen Lösungen?<br />

Mit dem Fujitsu Technology Portfolio können wir unseren<br />

Kunden helfen, ihren eigenen ökologischen Fußabdruck zu optimieren.<br />

Deshalb haben wir uns im ISO 14001 Audit den Anforderungen<br />

gestellt, wie unsere Kunden mit Hilfe der Fujitsu‘ s Strategie bei<br />

Umweltschutz und Nachhaltigkeit unterstützt werden können. In<br />

einem konkreten Beispiel haben wir einem unserer Kunden gezeigt,<br />

wie unsere IT-Lösung den Energie- und Ressourcen-Bedarf optimieren<br />

kann. Und dies kam gut an, denn er hatte damit die Lösung<br />

in der Hand, einen eigenen Beitrag zu Umweltschutz und Nachhaltigkeit<br />

leisten zu können.<br />

Der Klimawandel verlangt ein immer stärkeres<br />

Engagement von Unternehmen, den CO 2<br />

-Ausstoss zu<br />

verbessern. Wie sieht es bei Fujitsu aus?<br />

Die Auditierung versetzt uns dazu auch in die Lage, interessierten<br />

Kunden und Partnern zusätzliche Einblicke in die soziale Verantwortung<br />

und Nachhaltigkeit des Unternehmens zur Verfügung<br />

14 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe_04_23_Kirche.indd 14 31.03.23 14:14


stellen zu können. Dies schließt auch die Bewertung der CO 2<br />

-Bilanz<br />

von Fujitsu und der Treibhausgasemissionen beim Transport von<br />

Client-Computing-Geräten nach dem Greenhouse Gas Protokoll ein.<br />

Lassen Sie sich auch in dieser Richtung zertifizieren?<br />

Da Fujitsu international ausgerichtet ist, müssen wir international<br />

verschiedene Nachhaltigkeitsvorschriften beachten, unsere<br />

Leistungen mit anderen Branchenunternehmen vergleichen und uns<br />

vom Wettbewerb abheben. Deshalb haben wir uns von Ecovadis<br />

bewerten lassen, die uns in aller Hinsicht sehr professionell betreut.<br />

EcoVadis hat sich seit seiner Gründung im Jahr 2007 zum weltweit<br />

größten und zuverlässigsten Anbieter von Nachhaltigkeitsbewertungen<br />

von Unternehmen entwickelt und ein internationales Netzwerk<br />

von mehr als 100.000 bewerteten Unternehmen aufgebaut.<br />

Daher freuen wir uns sehr, dass Fujitsu in Deutschland die<br />

EcoVadis Silber-Medaille <strong>2023</strong> erhalten hat und damit zu den<br />

sechs Prozent der nachhaltigsten Unternehmen gehört. Über<br />

100 Unternehmen sind bereits mit unserem EcoVadis-Profil verknüpft,<br />

Tendenz stark steigend. Dies verdeutlicht die Wichtigkeit<br />

einer guten Nachhaltigkeitsstrategie und Umsetzung, eines guten<br />

Teamworks in allen Disziplinen als Voraussetzung <strong>für</strong> eine hervorragende<br />

Positionierung.<br />

<strong>Das</strong> ist aber, wenn überhaupt, nur in der Fachöffentlichkeit<br />

bekannt, oder?<br />

Auch über die Fachkreise hinweg wurde das Fujitsu Engagement<br />

<strong>für</strong> Nachhaltigkeit durch das <strong>Magazin</strong> FOCUS im Sommer<br />

des letzten Jahres mit dem Deutschlandtest-Siegel in der Kategorie<br />

„Deutschlands Beste - Nachhaltigkeit“ ausgezeichnet. In der<br />

Kategorie „Computer- und Zubehörhersteller“ werden unsere Nachhaltigkeitsbemühungen<br />

damit auch <strong>für</strong> Externe noch sichtbarer und<br />

wir erhalten mit 100 Punkten das beste Ergebnis.<br />

Sie planen, die IT-Infrastruktur auf Nachhaltigkeit auszurichten.<br />

Sprechen Sie mich an. Sie werden staunen, welche Lösungen wir<br />

passgenau auf Ihre Anforderungen anbieten.<br />

Autor<br />

Jörg Schenke<br />

Sales Director <strong>für</strong> Kirche &<br />

Wohlfahrt sowie Krankenhäuser<br />

FUJITSU TECHNOLOGY SOLUTIONS<br />

GMBH<br />

joerg.schenke@fujitsu.com<br />

Kleine Kniffe<br />

15<br />

Kleine_Kniffe_04_23_Kirche.indd 15 31.03.23 14:14


Aus kirchlichen Initiativen<br />

Kompaktleuchtstoff- und Leuchtstofflampen<br />

Hinweis <strong>für</strong> den <strong>nachhaltige</strong>n Einkauf<br />

Quecksilber ist ein chemisches Element mit neurotoxischer Wirkung, das in industriellen Verfahren<br />

und in einer Vielzahl von Produkten wie Lampen verwendet wird. In die Umwelt freigesetztes<br />

Quecksilber gelangt in die Nahrungskette, wo es sich vor allem in Fischen biologisch anreichern<br />

kann. <strong>Das</strong> hat jetzt auch Auswirkungen im Büroalltag.<br />

Ein Beitrag von Falko Meyer<br />

Um das Management von Abfällen aus elektrischer und elektronischer<br />

Ausrüstung zu verbessern, haben die Länder innerhalb<br />

der Europäischen Union zwei wichtige Richtlinien verabschiedet:<br />

WEEE und RoHS.<br />

Die RoHS-Richtlinie beschränkt und kontrolliert die Verwendung<br />

gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten. So soll<br />

die Schadstoffbelastung der Umwelt reduziert sowie gleichzeitig<br />

die Belastung der Menschen während Produktions- und Recyclingprozessen<br />

minimiert werden. Gefahrenstoffe sind beispielsweise<br />

Quecksilber, Blei, sechswertiges Chrom oder Cadmium. Zusätzlich<br />

fallen auch Weichmacher sowie bromhaltige Flammschutzmittel<br />

unter die Richtlinie und dürfen deshalb nur in bestimmten Konzentrationen<br />

in Elektro- oder Elektronikgeräten verwendet werden.<br />

Der primäre Quecksilberabbau wurde 2003 eingestellt und die<br />

Ausfuhr von Quecksilber und bestimmten Quecksilberverbindungen<br />

aus der EU ist seit dem 15. März 2011 verboten.<br />

Die Europäische Kommission hat jetzt Rechtsakte veröffentlicht,<br />

mit denen eine Vielzahl bestehender Ausnahmeregelungen<br />

<strong>für</strong> die Verwendung von Quecksilber in Lampen aufgehoben<br />

wird, da quecksilberfreie Alternativen weithin verfügbar sind.<br />

Was ändert sich an der RoHS Richtlinie in<br />

<strong>2023</strong>?<br />

Bisher waren laut RoHS-Richtlinie der Einsatz von Quecksilber<br />

in Leuchtmitteln verboten, jedoch sah die Richtlinie <strong>für</strong> T5- sowie<br />

T8-Leuchtstofflampen, <strong>für</strong> Kompaktleuchtstofflampen mit Stecksockel<br />

(CFLni), sowie <strong>für</strong> HPD-Lampen und <strong>für</strong> Leuchtmittel <strong>für</strong><br />

spezielle Anwendungsgebiete wie UV-C Lampen Ausnahmen vor.<br />

Diese Ausnahmen wurden Anfang 2022 geändert.<br />

Laut RoHS-Richtlinie dürfen Kompaktleuchtstoff- und Leuchtstofflampen<br />

ab dem 25. Februar <strong>2023</strong> bzw. 25. August <strong>2023</strong> in der<br />

EU nicht mehr in Verkehr gebracht werden.<br />

Die neuen Vorschriften zielen darauf ab, die Gesundheit von<br />

Bürgern und Arbeitnehmern sowie die Umwelt besser vor diesem<br />

gefährlichen Stoff zu schützen, und werden Innovationen und sauberere<br />

Produkte fördern.<br />

Autor<br />

Falko Meyer<br />

Geschäftsführer WGKD<br />

www.wgkd.de<br />

16 Kleine Kniffe<br />

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Kleine Kniffe<br />

17<br />

Kleine_Kniffe_04_23_Kirche.indd 17 31.03.23 14:14


Aus kirchlichen Wohnungsunternehmen<br />

Katholisches Siedlungswerk München mit<br />

Fahrplan zum klimaneutralen Bestand<br />

Bis 2050 will die Katholische Siedlungswerk München GmbH (KSWM) die CO 2<br />

-Emissionen ihres<br />

Gebäudebestands auf nahezu Null reduzieren. Dazu zählen über 3.000 Wohnungen, 17 Prozent<br />

davon werden öffentlich gefördert. Dieses umfassende Gebäudeportfolio soll nun so modernisiert<br />

werden, dass es alle Anforderungen an Klimaschutz und Energieeffizienz erfüllt – eine große<br />

Aufgabe, da sich die Objekte in Alter und Sanierungsbedarf unterscheiden. Wie großangelegte<br />

Sanierungsvorhaben unter Berücksichtigung der ökologischen, ökonomischen und sozialen<br />

Aspekte gelingen können, beschreibt ein neu entwickelter Handlungspfad von Drees & Sommer.<br />

Ein Beitrag von Markus Claudy und Moritz-Andreas Decker<br />

Im Gebäudesektor entfallen 35 Prozent der CO 2<br />

-Emissionen<br />

auf Wohngebäude. In Sachen Energieverbrauch sind vor 1979<br />

erbaute Gebäude die Spitzenreiter – und damit zwei Drittel aller<br />

Wohngebäude dringend sanierungsbedürftig. So stehen Immobilienunternehmen<br />

in der Verantwortung, den Energieverbrauch<br />

ihrer Gebäude deutlich zu senken und entsprechende Sanierungsmaßnahmen<br />

zu ergreifen.<br />

Schließt der Immobilienbestand dabei tausende unterschiedlich<br />

beschaffene Objekte ein, wie es beim Münchener Siedlungswerk der<br />

Fall ist, wirft das komplexe Fragestellungen auf.<br />

Derzeit verwaltet das KSWM einen Bestand von 3.016 eigenen<br />

Wohnungen und 323 fremden Wohnungen (Stand: März 2021).<br />

Knapp 17 Prozent der eigenen Wohnungen sind öffentlich gefördert.<br />

Heute schon an Übermorgen denken<br />

Bei seinen Neubauprojekten achtet das KSWM schon lange auf<br />

eine <strong>nachhaltige</strong> und klimafreundliche Bauweise und legt Wert auf<br />

den Einsatz nachwachsender Rohstoffe sowie eine hohe Energieeffizienz.<br />

Im vergangenen Jahr setzte das Siedlungswerk mit dem Neubau<br />

einer Wohnanlage in Grafing ein Pilotprojekt <strong>für</strong> Holzbau und<br />

Nachhaltigkeit um. Die Wohneinheiten im KfW-55-Standard stellen<br />

ihre Energieeffizienz über energetisch günstige Heizungsanlagen<br />

und innovative Wärmepumpen sicher.<br />

<strong>Das</strong> umfassende Bestandportfolio des KSWM soll mit der Sanierung<br />

mindestens den Effizienzhausstandard 70 erfüllen, bis 2045<br />

nahezu treibhausneutral betrieben und so den Anforderungen an<br />

den Klimaschutz gerecht werden. Ein detaillierter Leitfaden, die<br />

sogenannte Klimaroadmap, zeigt auf, wie sich dieses Ziel <strong>für</strong> das<br />

Siedlungswerk erreichen lässt. Erarbeitet wurde der hochkomplexe<br />

Plan von dem auf Bau- und Immobilien spezialisierten Beratungsunternehmen<br />

Drees & Sommer.<br />

Datendetails bilden das Fundament<br />

Als Handlungspfad macht die Klimaroadmap organisatorische,<br />

wirtschaftliche und technische Möglichkeiten zur Reduktion von<br />

Treibhausgasemissionen transparent. Als erster Schritt erfolgt eine<br />

umfassende Datenerhebung zum Gebäudebestand einschließlich<br />

der Energiewerte der letzten drei Jahre. Darunter fallen auch die<br />

Heizkosten der Mieter oder das Alter der wesentlichen Komponenten<br />

aus der Anlagen- und Bautechnik. Die Erhebung bildet das<br />

Fundament <strong>für</strong> alle weiteren Handlungsschritte. Ein Tool hält alle<br />

relevanten Daten zentralisiert und strukturiert fest. Durch dieses<br />

Vorgehen wird ein fortlaufendes Monitoring ermöglicht. Nach einer<br />

Datenanalyse lassen sich Maßnahmen <strong>für</strong> das Gebäudeportfolio<br />

ableiten und das Budget einteilen.<br />

Einer der größten Emissionsverursacher im Gebäudebereich<br />

sind die Heizungssysteme. In Deutschland werden rund drei Viertel<br />

aller Wohneinheiten – also Ein- und Mehrfamilienhäuser – mit Öl<br />

und Erdgas beheizt . Um die ambitionierten Klimaziele zu erfüllen,<br />

18 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe_04_23_Kirche.indd 18 31.03.23 14:14


Foto: © ekh. Werbeagentur GbR • MUC<br />

die sich Deutschland bis 2045 gesteckt hat, steht bei Sanierungen<br />

von Altbauten daher der Gebäudewärmeschutz im Zentrum. Neben<br />

effizienten Heizanlagen ist dabei auch eine gute Dämmung wichtig.<br />

Denn je weniger Energie ein Haus über Fenster, Wände oder Dächer<br />

verliert, umso weniger muss die Heizung leisten. Besonders umweltfreundlich<br />

heizt es sich außerdem mit erneuerbaren Energien, zum<br />

Beispiel Sonne, Biomasse oder Erdwärme. Kombiniert man neue<br />

Heizungsanlagen dann noch mit digitalen Technologien, ergeben<br />

sich weitere Einsparpotenziale. Beispielsweise könnten Heizanlagen<br />

aus den Daten der Verbraucher lernen oder automatisch auf Wetterprognosen<br />

reagieren.<br />

Konkret ist bei den Sanierungsmaßnahmen des Siedlungswerks<br />

beispielsweise folgendes Szenario möglich: Erneuert man an einem<br />

Gebäude die Anlagentechnik zuerst, wird sie auf eine Kombination<br />

aus Brennwertkessel und Wärmepumpe umgestellt. Eine spätere<br />

Fassadensanierung senkt den Wärme- und Energieverbrauch weiter,<br />

dadurch reicht die bereits installierte, klimaschonende Wärmepumpe<br />

aus. Damit ist das Gebäude kosten- und klimaoptimiert in<br />

Betrieb und der Brennwertkessel kann demontiert werden.<br />

Investitionen rechnen sich langfristig<br />

Die Investition in die Sanierung rechnet sich langfristig, denn<br />

die Klimaroadmap sichert mit entsprechenden Maßnahmen<br />

Einsparungen im Betrieb – und damit die Werterhaltung der Immobilien.<br />

Gleichzeitig werden Fehlinvestitionen und damit verbundene<br />

Nachrüstungen oder teure Umbauten aufgrund von regulatorischen<br />

Beschlüssen vermieden. Eine Kosten/Erlös-Übersicht legt die<br />

erforderlichen Investitionen zum Klimaschutz dar und reduziert<br />

betriebswirtschaftliche Risiken hinsichtlich zukünftig steigender<br />

CO 2<br />

-Preise.<br />

Spannungsfeld zwischen Rentabilität und<br />

Sozialverträglichkeit<br />

Neben der Nachhaltigkeit steht <strong>für</strong> das Siedlungswerk aber<br />

noch eine andere Dimension im Vordergrund der Sanierungen: <strong>Das</strong><br />

KSWM verfolgt als soziales Wohnungsunternehmen den Anspruch,<br />

einer breiten Bevölkerungsschicht erschwinglichen Wohn- und Lebensraum<br />

zu bieten – eine Seltenheit in der finanzstarken Metropole<br />

München. Für die Klimaroadmap war und ist deshalb entscheidend:<br />

Die Maßnahmen müssen sich einerseits langfristig rechnen. Andererseits<br />

dürfen die Investitionen die Mietpreise aufgrund der sozialen<br />

Verantwortung des Siedlungswerks nicht in die Höhe treiben.<br />

Autoren<br />

Markus Claudy<br />

Moritz-Andreas Decker<br />

Seniorconsultant<br />

Drees & Sommer SE<br />

http://www.dreso.com/<br />

Kleine Kniffe<br />

19<br />

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Aus Wissenschaft und Forschung<br />

Klimaschutzmaßnahmen und deren Kosten<br />

Aufzeigen von Klimaschutzpotenzialen bis 2045<br />

Nach mehreren Studien 1 müssen die Anlagentechnik des Gebäudebestands bis 2045 deutlich<br />

effizienter und die Gebäudehülle gedämmt werden, um zu einem treibhausgasneutralen<br />

Gebäudesektor zu kommen. Parallel sind die Gebäude zudem vollständig auf erneuerbare Energien<br />

umzustellen (siehe Abb. 1). Damit muss innerhalb von knapp zweieinhalb Jahrzehnten, die bis<br />

2045 noch zur Verfügung stehen, jedes Gebäude in Deutschland umfassend energetisch saniert<br />

und neue Wärmelösungen gefunden werden.<br />

Ein Beitrag von Dr. Volker Teichert<br />

Als kosteneffizientester Technologiepfad<br />

<strong>für</strong> die Mehrheit der<br />

Gebäude wird eine Mischung<br />

aus Wärmepumpen in weniger<br />

dicht besiedelten Gebieten<br />

sowie grüner Fernwärme und<br />

Quartierslösungen in urbanen<br />

Gebieten vorgesehen. Für Gebäude<br />

mit Sanierungsrestriktionen oder<br />

unzureichenden Anschlussmöglichkeiten<br />

sollten darüber hinaus<br />

Biomasse, Biogas, Wasserstoff oder<br />

synthetische Brennstoffe vorgesehen<br />

werden. Um bis 2045 diesen<br />

Zustand umsetzen zu können, ist<br />

die Sanierungsrate auf mehr als zwei<br />

Prozent zu erhöhen.<br />

Neben der Sanierung sind<br />

Neubauten schon heute treibhausgasneutral<br />

zu bauen, um nicht<br />

schon frühzeitig wieder Reinvestitionen tätigen zu müssen. Aktuell<br />

werden jährlich ungefähr 135 Tsd. Gebäude neu errichtet. Aufgrund<br />

bestehender Neubaustandards haben diese Gebäude bereits heute<br />

geringe Energiebedarfe <strong>für</strong> Raumwärme und Warmwasser im Vergleich<br />

zum Gebäudebestand (2019: durchschnittlich 65 kWh pro<br />

Quadratmeter und Jahr im Neubau gegenüber durchschnittlich 130<br />

kWh pro Quadratmeter und Jahr im Bestand).<br />

Abb. 1: Maßnahmen zur Erreichung der Klimaneutralität im Gebäudesektor bis 2045 2<br />

Tab. 1):<br />

Bewertung möglicher<br />

Klimaschutzmaßnahmen<br />

und deren Kosten<br />

Was die Kosten möglicher Klimaschutzmaßnahmen<br />

angeht, so<br />

sind hierzu gegenwärtig nur näherungsweise<br />

valide Angaben zu machen.<br />

Verantwortlich sind hier<strong>für</strong> die aktuelle<br />

Situation auf den Rohstoffmärkten, die<br />

Energiekrise und die Lage im Handwerksbereich<br />

mit fehlenden Fachkräften<br />

und gestiegenen Kosten. Die<br />

letzte differenzierte Analyse zu einzelnen<br />

Bauteilgruppen hat das Institut<br />

<strong>für</strong> Wohn und Umwelt (IWU) 2020 3<br />

vorgelegt. Hier wurden <strong>für</strong> 2020 mithilfe<br />

des Baupreisindex des Statistischen<br />

Bundesamtes und Schätzungen die<br />

Kosten von 2015 4 <strong>für</strong> folgende Positionen<br />

hochgerechnet (siehe als Beispiel<br />

• Außenwand: nachträgliche Dämmung mit Wärmedämmver<br />

bundsystemen oder Kerndämmung<br />

• Steildach: nachträgliche Dämmung von außen zwischen den<br />

Sparren bzw. auf den Sparren<br />

• Flachdach<br />

• Oberste Geschossdecke: nachträgliche Dämmung begehbar/<br />

nicht begehbar<br />

20 Kleine Kniffe<br />

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Tab. 1: Angepasste Kostenfunktionen und Baupreisindizes <strong>für</strong> 2020 5<br />

• Kellerdecke zum unbeheizten Keller: unterseitig/oberseitig<br />

• Fenster und Fenstertüren: 2-Scheiben-Wärmeschutzverglasung/3-Scheiben-Wärmeschutzverglasung/<br />

passivhaustaugliche Fenster<br />

• Solaranlagen: als Einzelmaßnahmen/mit Kesselaustausch zur<br />

Unterstützung der Warmwasserbereitung/zur Heizungsunter<br />

stützung<br />

• Heizungsanlagen: Gas-Brennwert, Öl-Brennwert, Pellets,<br />

Fernwärme, Heizungsperipherie<br />

• Lüftungsanlagen mit/ohne Wärmerückgewinnung<br />

• Energieberatung, Architektenleistungen, Gerüste<br />

In einer weiteren Untersuchung des Instituts <strong>für</strong> Technische<br />

Gebäudeausrüstung und des Forschungsinstituts <strong>für</strong> Wärmeschutz 6<br />

im Auftrag der Deutschen Energie-Agentur kamen die Autoren zu<br />

folgenden Kosten (siehe Tab. 2), die sich mit zurzeit beobachteten<br />

Kostenentwicklungen im Baugewerbe teils decken (siehe Abb. 2).<br />

Tab. 2: Kostenkennwerte der baulichen Maßnahmen in Abhängigkeit möglicher Modernisierungstiefen 7<br />

Kleine Kniffe<br />

21<br />

Kleine_Kniffe_04_23_Kirche.indd 21 31.03.23 14:14


Abb. 3:<br />

Kostenübersicht zur energetischen Gebäudemodernisierung in Abhängigkeit zum Ausgangszustand und zum angestrebten energetischen Zielstandard, Ein-/<br />

Zweifamilienhäuser der Baualtersklasse 1949-1978 10<br />

Allein zwischen Mai 2021 und Mai 2022 haben sich die Baukosten<br />

<strong>für</strong> bestimmte Gewerke im Schnitt um 21 % erhöht. Und<br />

diese Entwicklung wird sich – so die Experten – in den kommenden<br />

Jahren fortsetzen. Dabei sind in diesen Kosten noch nicht einmal die<br />

Kosten <strong>für</strong> energetische Standards berücksichtigt.<br />

In einer Studie zum 13. Wohnungsbautag kommt die<br />

Arbeitsgemeinschaft <strong>für</strong> zeitgemäßes Bauen 9 zum Ergebnis, dass<br />

die Vollkosten der energetischen Modernisierung von Ein- und<br />

Zweifamilienhäusern der Baualtersklasse (1949 bis 1978) z.B. <strong>für</strong><br />

ein Effizienzhaus 115<br />

(E115) zwischen 660 und<br />

1.070 €/m² Wohnfläche<br />

(Wfl.) liegen, während sich<br />

die Kosten <strong>für</strong> die Umsetzung<br />

eines Effizienzhauses<br />

55 (E55) mit 1.060<br />

bis 1.470 €/m² Wfl. und <strong>für</strong><br />

die Umsetzung eines Effizienzhauses<br />

40 (E40) im<br />

Bestand mit 1.160 bis<br />

1.590 €/m² Wfl. auf einem<br />

erheblich höheren Kostenniveau<br />

bewegen (siehe Abb.<br />

3).<br />

Die energiebedingten<br />

Mehrkosten an den<br />

Vollkosten bei den Einund<br />

Zweifamilienhäusern,<br />

die nicht oder gering<br />

modernisiert wurden,<br />

liegen im Mittel beim<br />

Abb. 2: Bauen wird deutlich teurer 8<br />

betrachteten Ausgangszustand <strong>für</strong> das Effizienzhaus 115 (E115) bei<br />

ca. 42 %, bei den mittel oder größtenteils modernisierten Häusern<br />

bei 46 %. Beim Zielstandard Effizienzhaus 55 (E55) macht der Anteil<br />

bei den nur gering modernisierten Häusern ca. 54 % und beim Effizienzhaus<br />

40 (E40) im Bestand sogar ca. 59 % aus. Bei den mittel<br />

modernisierten Ein- und Zweifamilienhäusern liegen die Anteile bei<br />

E55 bei 59 % und bei E40 bei 63 %. Bei den umfassend modernisierten<br />

Häusern sind die Anteile bei E100 (64 %), bei E55 (78 %) und<br />

bei E40 (80 %).<br />

Kostenumlegung auf Miet- bzw. Kaufpreis<br />

Mit Blick auf die zuvor vorgestellten Kosten zur energetischen<br />

Gebäudemodernisierung scheint es in zunehmendem Maße<br />

schwierig, diese Kosten auf den Mietpreis vollständig umzulegen.<br />

Zwar müssen gemäß § 555d<br />

Abs. 1 BGB Mieter Modernisierungsmaßnahmen<br />

und somit<br />

auch die Kosten <strong>für</strong> eine energetische<br />

Sanierung dulden.<br />

Eine Duldungspflicht nach Abs.<br />

1 besteht aber nicht, wenn die<br />

Modernisierungsmaßnahme<br />

<strong>für</strong> den Mieter, seine Familie<br />

oder einen Angehörigen<br />

seines Haushalts eine Härte<br />

bedeuten würde, die auch unter<br />

Würdigung der berechtigten<br />

Interessen sowohl des<br />

Vermieters als auch anderer<br />

Mieter in dem Gebäude sowie<br />

von Belangen der Energieeinsparung<br />

und des Klimaschutzes<br />

nicht zu rechtfertigen ist. Die<br />

zu erwartende Mieterhöhung<br />

sowie die voraussichtlichen<br />

künftigen Betriebskosten<br />

bleiben bei der Abwägung im<br />

Rahmen der Duldungspflicht außer Betracht; sie sind nach § 559<br />

Abs. 4 und 5 bei einer Mieterhöhung zu berücksichtigen.<br />

Gemäß § 559 BGB ist eine Umlage von 8 % der Kosten auf die<br />

22 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe_04_23_Kirche.indd 22 31.03.23 14:14


Jahresmiete möglich. Doch immer wieder kommt es bei der Frage,<br />

ob eine energetische Modernisierung vorliegt und welche Kosten<br />

davon auf den Mieter umgelegt werden können, zu gerichtlichen<br />

Auseinandersetzungen.<br />

Vor dem Hintergrund der drastisch steigenden Betriebskosten<br />

von 2,93 € (2019/2020) auf 6,39 € (2022) pro Quadratmeter und<br />

Monat 11 dürfte es immer schwieriger werden, von den Mietern<br />

auch noch weitere Kosten <strong>für</strong> eine energetische Modernisierung<br />

zu verlangen. Verantwortlich <strong>für</strong> die erwartete Verdoppelung sind<br />

vorrangig die Kosten <strong>für</strong> Heizung und Warmwasser. Eine energetische<br />

Maßnahme und damit Verteuerung der Mietwohnung<br />

wird nur dann von den Mietern akzeptiert werden, wenn sich<br />

im Gegenzug die Betriebskosten erkennbar reduzieren lassen. Bestimmte<br />

Maßnahmen sind allerdings unumgänglich, da sie sich aus<br />

dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) ergeben.<br />

Hierzu zählen unter anderem:<br />

• Austausch von Öl- und Gas-Heizkesseln, die älter als 30 Jahre<br />

sind und eine übliche Größe haben (4-400 kW Heizleistung);<br />

• Nachträgliche Dämmung der obersten Geschossdecken<br />

zu unbeheizten Dachräumen. Die Dämmpflicht gilt <strong>für</strong> alle<br />

zugänglichen obersten Geschossdecken, unabhängig davon,<br />

ob sie begehbar sind oder nicht ‒ also zum Beispiel auch <strong>für</strong><br />

Spitzböden und <strong>für</strong> nicht ausgebaute Aufenthalts- oder<br />

Trockenräume. Alternativ dazu kann auch das darüberliegende<br />

Dach mindestens entsprechend gedämmt sein.<br />

Was den Kauf einer Immobilie angeht, so wird sich hier dessen<br />

Preis primär am Energieausweis orientieren, der nach §§ 79ff. GEG<br />

Pflicht ist. Mit dem Dokument sollen Kaufinteressenten über die<br />

energetischen Kennwerte und die daraus resultierenden Treibhausgasemissionen<br />

des Gebäudes informiert werden.<br />

Quellen:<br />

1. Vgl. Deutsche Energie-Agentur (2021): Klimaneutralität 2045 – Transformation des<br />

Gebäudesektors. Gebäudespezifische Modellierung und Begleitung des Studienprozesses.<br />

Berlin: dena, URL: https://t1p.de/epcys<br />

2. Deutsche Energie-Agentur (2021): Klimaneutralität 2045 – Transformation des<br />

Gebäudesektors. Gebäudespezifische Modellierung und Begleitung des Studienprozesses.<br />

Berlin: dena, S. 16; URL: https://t1p.de/epcys<br />

3. Vgl. Hinz, Eberhard (2015): Kosten energierelevanter Bau- und Anlagenteile bei der<br />

energetischen Modernisierung von Altbauten. Darmstadt: IWU. URL: https://t1p.<br />

de/vtara, Koch, Thilo/Achenbach, Samuel/Müller, André (2021): Anpassung der<br />

Kostenfunktionen energierelevanter Bau- und Anlagenteile bei der energetischen<br />

Modernisierung von Altbauten auf das Preisniveau 2020. Werkstattbericht. Darmstadt:<br />

IWU. URL: https://t1p.de/tm838<br />

4. Die Ergebnisse energiesparender Maßnahmen bei der energetischen Modernisierung<br />

von 2015 beruhten auf der Auswertung von gewerkebezogenen<br />

Kostenfeststellungen an insgesamt 1.177 Wohngebäuden. Ziel der Studie war es,<br />

einen möglichst repräsentativen Querschnitt typischer Kosten solcher energiesparenden<br />

Maßnahmen im Bestand herauszuarbeiten, die bereits am Markt eingeführt<br />

sind. Eine Konsequenz aus diesem Ansatz ist, dass die Auswertungen nur<br />

bedingt auf sehr hochwertige energetische Modernisierungen nahe am Passivhausstandard<br />

übertragen werden können.<br />

5. Koch, Thilo/Achenbach, Samuel/Müller, André (2021): Anpassung der Kostenfunktionen<br />

energierelevanter Bau- und Anlagenteile bei der energetischen<br />

Modernisierung von Altbauten auf das Preisniveau 2020. Werkstattbericht. Darmstadt:<br />

IWU. URL: https://t1p.de/tm838<br />

6. Deutsche Energie-Agentur (2021): Klimaneutralität 2045 – Transformation des<br />

Gebäudesektors. Gebäudespezifische Modellierung und Begleitung des Studienprozesses.<br />

Berlin: dena, S. 20; URL: https://t1p.de/epcys<br />

7. Deutsche Energie-Agentur (2021): Klimaneutralität 2045 – Transformation des<br />

Gebäudesektors. Gebäudespezifische Modellierung und Begleitung des Studienprozesses.<br />

Berlin: dena, S. 20; URL: https://t1p.de/lpqtb<br />

8. Quelle: statista<br />

9. Vgl. Walberg, Dietmar/Gniechwitz, Timo/Paare, Klaus/Schulze, Thorsten (2022):<br />

Wohnungsbau. Die Zukunft des Bestandes. Studie zur aktuellen Bewertung des<br />

Wohngebäudebestands in Deutschland und seiner Potenziale, Modernisierungsund<br />

Anpassungsfähigkeit. Kiel: Verbändebündnis Wohnungsbau. URL: https://<br />

t1p.de/l92mh<br />

Autor<br />

Dr. Volker Teichert<br />

ist Umwelt- und Nachhaltigkeitsberater<br />

sowie wissenschaftlicher Mitarbeiter im<br />

Arbeitsbereich Nachhaltige Entwicklung<br />

der Forschungsstätte der Evangelischen<br />

Studiengemeinschaft (FEST).<br />

10. Vgl. Walberg, Dietmar/Gniechwitz, Timo/Paare, Klaus/Schulze, Thorsten (2022):<br />

Wohnungsbau. Die Zukunft des Bestandes. Studie zur aktuellen Bewertung des<br />

Wohngebäudebestands in Deutschland und seiner Potenziale, Modernisierungsund<br />

Anpassungsfähigkeit. Kiel: Verbändebündnis Wohnungsbau, S. 62. URL:<br />

https://t1p.de/l92mh<br />

11. Vgl. Spiegel (2022): Nebenkosten könnten sich in diesem Jahr verdoppeln. URL:<br />

https://t1p.de/jh92u<br />

Kleine Kniffe<br />

23<br />

Kleine_Kniffe_04_23_Kirche.indd 23 31.03.23 14:14


Nachgefragt<br />

Pachten aus kirchlicher und öffentlicher Hand -<br />

Höchste Zeit <strong>für</strong> neue Standards?<br />

Landwirtschaftliches Pachtland und die damit verbundenen Pächter und Verpächter erleben<br />

in den vergangenen Jahren eine sich zuspitzende Dilemmasituation. Der Wunsch nach<br />

Nachhaltigkeitskriterien in Vergabe und Bewirtschaftung sowie der Preisdruck auf eben jene<br />

Bewirtschaftende durch den Pachtmarkt mit einer Steigerung der Preise je Hektar von über 150%<br />

im Bundesdurchschnitt über die vergangenen 10 Jahre 1 kollidieren zunehmend. Es braucht neue<br />

Ansätze.<br />

Ein Beitrag von Johann Verhoeven<br />

Längst ist dabei unbestritten, dass sich öffentliche Träger und in<br />

besonderer Weise die kirchlichen Institutionen mit ihrem großen<br />

Flächenbesitz <strong>für</strong> eine ökologischere Landbewirtschaftung einsetzen<br />

wollen. Bislang aber scheitert dieses Ansinnen in der Praxis und der<br />

konkreten Vergabe allzu häufig.<br />

Es fehlen Kriterien, konkretes Praxiswissen und Hilfestellungen,<br />

um Überblick zu erhalten über die vielen verschiedenen sozialen und<br />

ökologischen Vorzüge und Desiderate der diversen landwirtschaftlichen<br />

Bewirtschaftungsformen. Gleichzeitig fehlen Landwirtinnen<br />

und Landwirten die verlässlichen Perspektiven und die finanzielle<br />

Entschädigung <strong>für</strong> Mehraufwand in den beschriebenen Kategorien.<br />

Zwar existieren bei einzelnen Trägern Leitfäden und Kriterienkataloge<br />

zu ökologischerer und/oder sozialerer Verpachtungsweise, aber<br />

die Umsetzung erweist sich oft als lückenhaft, praxisfern und gerade<br />

<strong>für</strong> die Unterstützung kleinbäuerlicher Betriebe als wenig hilfreich.<br />

Dabei sind es gerade diese Betriebe, die der ökonomischen<br />

Rationalisierung der Landwirtschaft hin zu immer flächen- und<br />

tierzahlgrößeren Betrieben bisher getrotzt haben, die überhaupt<br />

noch Öko- und Sozialsystemleistungen in größerem Maß erbringen<br />

können. Agrarindustrielle Unternehmen mit vierstelligen Hektarzahlen<br />

oder Großvieheinheiten sind durch ihre systemimmanente,<br />

direkte Kopplung an die Marktpreise in der Regel nicht in der Lage<br />

öko-soziale Leistungen über das gesetzliche Minimum hinaus zu<br />

leisten.<br />

Insofern muss das Ziel öffentlicher und kirchlicher Verpachtung<br />

sein, Ökosystemleistungen und soziales Vorgehen der Pächter<br />

zu monetarisieren. Wo der Verzicht auf Pestizide, die Pflege von<br />

Landschaftselementen, die Ausbildung von Junglandwirten, die<br />

Beschäftigung von schwerbehinderten Mitarbeitern, der Weidegang<br />

von Milchvieh bislang zwar gewünscht, aber nicht honoriert<br />

wurden, muss ein Umdenken erfolgen. Es ist dabei kein Naturgesetz,<br />

dass die Pachtpreise kirchlicher Träger mit den ortsüblichen<br />

Entwicklungen und den Bodenrichtwerten Schritt halten.<br />

Vielmehr braucht es Einzelfall-Entscheidungen basierend auf<br />

einem zuverlässigen Bewertungssystem <strong>für</strong> Pachtbewerber, das<br />

regionale, ökologische und soziale Leistungen berücksichtigt und<br />

<strong>für</strong> Entscheidungsträger in den Institutionen sowie Pachtbewerber<br />

gleichermaßen transparent und anwendbar ist. Empirische Studien<br />

wie die von Kögl und Fiedler aus dem Jahr 2010 legen nahe, dass<br />

kleinere, vergütete Maßnahmen <strong>für</strong> Umwelt- und Naturschutz<br />

auf kirchlichen Flächen auch im Kreis landwirtschaftlicher Pächter<br />

großen Anklang fänden. 2<br />

Gerade die kirchliche und öffentliche Verwaltung müsste sich<br />

diesem Wandel in der Praxis öffnen, wo sie selbst eine Bewahrung<br />

der Schöpfung Gottes 3 und einen Erhalt der gemeinschaftlichen<br />

Ressourcen <strong>für</strong> Enkelgenerationen zum Ziel eigener Anstrengungen<br />

erklärt hat. Ihrer Verantwortung, die sich aus Eigentum, eigener<br />

Botschaft und Anspruch einer Zugewandtheit zu Mensch und Natur<br />

ergibt, werden Kirche und öffentliche Verwaltung, bislang nur in<br />

Ausnahmefällen vollumfänglich gerecht.<br />

Wo aber ist ein derartiges Bewertungsschema <strong>für</strong> den öffentlichen<br />

Gebrauch in benannten Fällen zu finden? Als besonders<br />

gelungen erweist sich im Zuge der Recherchen zu diesem Thema<br />

der Fragebogen der Regionalwert-AG. Der Regionalwert-<br />

24 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe_04_23_Kirche.indd 24 31.03.23 14:14


Foto: depositphotos<br />

Leistungsrechner wertet Betriebsdaten und einfache Fragen zu <strong>nachhaltige</strong>m<br />

Engagement landwirtschaftlicher Betriebe in verschiedenen<br />

Kategorien aus und errechnet daraus einen prozentualen Anteil<br />

am Optimum eines vollständig nachhaltig aufgestellten Betriebs.<br />

Dieser Rechner wurde bereits in verschiedenen Zusammenhängen<br />

erprobt 4 und wird sich voraussichtlich im Zusammenhang mit der<br />

Monetarisierung von Ökosystemleistungen durch Subventionen<br />

breiter etablieren. Insofern würde er sich mit einigen Anpassungsmaßnahmen<br />

auch <strong>für</strong> Pachtvergabeprozesse benannter Träger<br />

gut eignen und sollte bereits jetzt frühzeitig Anwendung erfahren.<br />

Vor allem aber müssen Entscheidungsträger in der Vergabe<br />

öffentlicher und kirchlicher Flächen bereit sein, auf maximalen<br />

Profit zu verzichten. Ein kostenneutrales Bonus-Malus-System<br />

mag als langfristige Perspektive dienen, ist kurzfristig aber nicht<br />

geeignet, um eine echte Transformation voranzutreiben. Welches<br />

konkrete Bewertungsschema letztlich angewandt wird, spielt nur<br />

eine untergeordnete Rolle. Auch akzessiblere und bereits existierende<br />

Bewertungsbögen können unter den richtigen Umständen eine<br />

Hilfe sein. Vor allem aber dürfen die zahlreichen Leistungen ökologisch<br />

und sozial wirtschaftender Landwirtinnen und Landwirte von<br />

öffentlicher Seite nicht länger als selbstverständlich erachtet werden,<br />

sondern müssen mittels gezielter Anreize in Pachtpreis, Pachtdauer<br />

und nicht zuletzt auch im Dialog zur Perspektiventwicklung unterstützt<br />

werden.<br />

(Kleinbäuerliche) Landwirte brauchen in Zukunft vor allem<br />

soziale Verlässlichkeit und Dialogbereitschaft, die von der Politik,<br />

aber auch von Kirchenverwaltung und öffentlichem Sektor gegeben<br />

sein muss, um dem strukturellen Wandel zu begegnen und eine<br />

heterogene und in jeglicher Hinsicht <strong>nachhaltige</strong> Landwirtschaft<br />

zu fördern. Eigentum verpflichtet. <strong>Das</strong> gilt hier umso mehr <strong>für</strong><br />

Kirche(n) und öffentliche Hand mit ihrem sozialen Anspruch und<br />

Auftrag.<br />

Quellen:<br />

1. https://www.wochenblatt-dlv.de/feld-stall/betriebsfuehrung/pachtpreise-landwirtschaftlicher-flaechen-deutschland-568186<br />

2. Vgl. KÖGL, Hans/FIEDLER, Lars: Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen<br />

in der Landwirtschaft. Die Rolle des kirchlichen Bodeneigentums. In:<br />

HELMLE, Simone (Hg.): Selbst- und Fremdwahrnehmung der Landwirtschaft.<br />

Weikersheim 2010, S: 127-138, hier S. 134f.<br />

3. Vgl. SEKRETARIAT DER DEUTSCHEN BISCHOFSKONFERENZ:<br />

Enzyklika Laudato si’ von Papst Franziskus über die Sorge <strong>für</strong> das<br />

gemeinsame Haus. 42015, S. 13f.<br />

4. Vgl. MINISTERIUM FÜR UMWELT, LANDWIRTSCHAFT,<br />

NATUR- UND VERBRAUCHERSCHUTZ DES LANDES NORD-<br />

RHEIN-WESTFALEN: Landwirtschaftliche Bio-Betriebe <strong>für</strong> eine<br />

kostenlose Nachhaltigkeitsanalyse gesucht! Online unter: https://www.<br />

oekolandbau.nrw.de/service/archiv/standard-titel-d0b32678dc-81<br />

(Stand: 13.12.2021).<br />

Autor<br />

Johann Verhoeven<br />

Bildungsreferent<br />

Wasserburg Rindern · Katholisches<br />

Bildungszentrum<br />

Kleine Kniffe<br />

25<br />

Kleine_Kniffe_04_23_Kirche.indd 25 31.03.23 14:14


Aus der Diakonie<br />

Flachwäsche auf hohem Niveau<br />

Vor gut einem Jahr hat die Diakonie im Kirchenkreis Recklinghausen ihre Arbeitskleidung mit dem Fair Wear<br />

Siegel auf nachhaltig umgestellt – nun folgt zum 1.4. die Flachwäsche.<br />

Ein Bericht von Katja Jacob<br />

Alle Laken, Bett- und Kissenbezüge, Frotteetücher und Waschhandschule<br />

– oft auch als Heimwäsche bezeichnet – sind nun<br />

mit dem Grünen Knopf zertifiziert. <strong>Das</strong> betrifft 28 000 Mietwäschestücke<br />

der Altenwohn- und Pflegeheime Haus Abendsonne<br />

(Recklinghausen), Matthias-Claudius-Zentrum (Oer-Erkenschwick)<br />

und Theodor-Fliedner-Haus in Herten.<br />

Die Zeiten, in denen blühend weiße Produkte - egal, ob Zucker,<br />

Mehl, Papier oder Kleidung - per se als ökologisch und gesundheitlich<br />

bedenklich galten, sind vorbei. Ok, mit Zucker und Mehl ist das<br />

so eine Sache. Aber Wäsche kann inzwischen polarweiß strahlen<br />

und trotzdem nachhaltig hergestellt sein.<br />

Die Diakonie im Kirchenkreis Recklinghausen bezieht ihre<br />

<strong>nachhaltige</strong> Mietwäsche von der familiengeführten Wäscherei<br />

Sicking im münsterländischen Altenberge, also gleich in der Nachbarschaft,<br />

so dass lange Transportwege vermieden werden. „Wir<br />

freuen uns sehr, dass wir mit dem konsequenten Einsatz von <strong>nachhaltige</strong>n<br />

Miet-Textilien gemäß GRÜNER KOPF zusammen mit<br />

der Diakonie soziale und ökologische Verantwortung übernehmen<br />

dürfen“, sagt Geschäftsführer Moritz Wildschütz.<br />

<strong>Das</strong> heißt konkret: Bei der Herstellung der Wäsche dürfen keine<br />

gefährlichen Chemikalien oder Weichmacher eingesetzt werden,<br />

stattdessen werden schadstoffgeprüfte Naturfasern verwendet. Es<br />

gelten strenge Grenzwerte <strong>für</strong> das Abwasser und die Freisetzung von<br />

CO 2<br />

. Derzeit deckt der Grüne Knopf die Produktionsschritte „Färben<br />

und Bleichen“ sowie „Nähen und Zuschneiden“ ab – als nächstes sind<br />

Zertifizierungen im Bereich von „Faserproduktion und Baumwollanbau“<br />

sowie „Spinnen und Weben“ geplant.<br />

Wobei es um mehr geht als nur ökologische Unbedenklichkeit.<br />

Produkte, die den „Grünen Knopf“, ein staatliches Siegel <strong>für</strong> Nachhaltigkeit,<br />

tragen, müssen auch soziale Standards einhalten. Da geht<br />

es um Sicherheit am Arbeitsplatz, Begrenzung der Arbeitszeit und<br />

26 Kleine Kniffe<br />

schriftliche Arbeitsverträge, Vereinigungsfreiheit, existenzsichernde<br />

Löhne und ein Beschwerdemanagement <strong>für</strong> die Arbeitnehmer*innen.<br />

<strong>Das</strong> Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit gehört ebenso dazu<br />

wie die Bekämpfung von Korruption.<br />

All diese Faktoren müssen die mit dem Grünen Knopf zertifizierten<br />

Unternehmen bei ihren Lieferanten in den Herstellerländern<br />

einfordern und überprüfen – somit nimmt das Siegel das Lieferkettengesetz<br />

gewissermaßen vorweg und gilt als einer der sichereren<br />

Indikatoren <strong>für</strong> eine soziale, <strong>nachhaltige</strong> und faire Textil-Produktion.<br />

„Unsere über 300 Bewohnerinnen und Bewohner schlafen in<br />

schöner, ökologisch unbedenklicher Wäsche und wir tun etwas <strong>für</strong><br />

Menschen in Ländern, denen es nicht so gut geht“, freut sich Gerhard<br />

Bröker, Leiter der Wirtschaftsbetriebe in der Diakonie und<br />

Chefeinkäufer. Und nicht nur das. „Ich habe den Eindruck, dass die<br />

Wäscherei Sicking auch mit den eigenen Mitarbeitenden anständig<br />

umgeht – das ist genauso wichtig“, ergänzt er. So stelle sie ihren<br />

Angestellten zum Beispiel E-Autos <strong>für</strong> den Weg zur Arbeit zur Verfügung,<br />

nachdem der Betrieb seinen Standort gewechselt hat.<br />

<strong>Das</strong> alles ist aus diakonischer Sicht nur konsequent; schließlich<br />

lautet Leitsatz 10 des Strategieprozesses, den sich die Diakonie <strong>für</strong><br />

die Jahre 2022 bis 2028 vorgenommen hat: „Wir schonen unsere<br />

natürlichen Ressourcen und leben sozial, ökologisch und nachhaltig.“<br />

Autorin<br />

Katja Jacob<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

Diakonisches Werk im<br />

Kirchenkreis Recklinghausen<br />

gGmbH<br />

Foto: depositphotos<br />

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Kleine Kniffe<br />

27<br />

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Aus kirchlichen Initiativen<br />

Die HKD als <strong>nachhaltige</strong>r <strong>Beschaffung</strong>sanbieter<br />

Nachhaltige <strong>Beschaffung</strong> als Geschäftsmodell<br />

Ein Bericht von Hendrik Claaßen,<br />

Geschäftsführer der HKD Handelsgesellschaft <strong>für</strong> Kirche und Diakonie<br />

Als ein Unternehmen, das von christlichen Werten geleitet wird,<br />

sind wir dazu verpflichtet, in allen Bereichen und Geschäftsfeldern<br />

nachhaltig zu handeln. Unsere Zusammenarbeit mit ausgewählten<br />

Dienstleistungsunternehmen macht <strong>nachhaltige</strong>s Wirtschaften<br />

möglich. Doch nicht nur unsere christlichen Wurzeln und die damit<br />

einhergehende Wertschätzung von Natur und Umwelt, sondern<br />

auch unser realistischer Blick in die Zukunft, sind der Antrieb da<strong>für</strong>,<br />

uns als <strong>nachhaltige</strong>r <strong>Beschaffung</strong>sanbieter <strong>für</strong> die Kirche und Sozialwirtschaft<br />

stetig weiterzuentwickeln.<br />

Unser Bestreben, die Umwelt zu schonen und nachhaltig zu handeln,<br />

ist keine Ausnahme. Innerhalb unserer Kampagne „Für unser<br />

Morgen“ (www.fuerunsermorgen.de) begrüßen und unterstützen<br />

wir sämtliche Beiträge und Projekte, die sich <strong>für</strong> unsere Zukunft<br />

einsetzen. Jeder ist in der Lage einen wichtigen Beitrag <strong>für</strong> eine<br />

<strong>nachhaltige</strong> und lebenswerte Zukunft nachfolgender Generationen<br />

zu leisten.<br />

Bei der <strong>Beschaffung</strong> von Ökostrom unterscheiden sich die einzelnen<br />

Landeskirchen in ihren Herangehensweisen und Konzepten.<br />

Die HKD unterstützt passgenau, gemäß des jeweiligen Klimaschutzgesetzes<br />

sowie der in den einzelnen Landeskirchen vorgegebenen<br />

<strong>Beschaffung</strong>sverordnungen. Für das OK-Power Label lässt sich die<br />

HKD jährlich als Energieversorger nach einheitlichen Kriterien<br />

zertifizieren und prüfen. So können auch unterschiedlichste Anforderungen<br />

und Voraussetzungen in der <strong>Beschaffung</strong> von Energie<br />

durch die HKD kundengenau realisiert werden.<br />

Die Nachfrage nach Ökostrom steigt beständig. Die HKD hat<br />

sich als Ziel gesetzt, den Anteil an Ökostrom zu maximieren und<br />

dabei den Kund*innen ein faires Angebot zu unterbreiten. In den<br />

kommenden Jahren soll dieser Anteil bis zu 100 % betragen.<br />

Nachhaltigkeit leben und Ressourcen schützen<br />

Nachhaltig zu leben und zu wirtschaften hat viele Facetten. Dazu<br />

gehört der sparsame Umgang mit unseren zur Verfügung stehenden<br />

Rohstoffen und deren Wiederverwertung. Neben unserem <strong>nachhaltige</strong>n<br />

Produktangebot ist die HKD gleichzeitig auch Partner der<br />

Kirche und Sozialwirtschaft in den Bereichen Mobilität, Telefonie<br />

und Energie. Auf www.kirchenshop.de finden sie zahlreiche Produkte<br />

und Services, die genau diesen Standards entsprechen.<br />

Kontakt:<br />

HKD Handelsgesellschaft <strong>für</strong> Kirche und Diakonie mbH<br />

Herzog-Friedrich-Str. 45<br />

24103 Kiel<br />

Telefon Kirchenshop: 0431 / 59 49 99-555<br />

E-Mail: kontakt@kirchenshop.de<br />

Natürliche Energie – Treibstoff der Zukunft<br />

Erneuerbare Energien werden aus Wasser-, Wind-, Solarkraft<br />

oder Biogas gewonnen. Unser Klimapartner KlimaInvest gewinnt<br />

Ökostrom unter anderem aus Laufwasserkraftwerken, bei dessen<br />

Verfahren besonders viel Rücksicht auf die Natur genommen wird.<br />

Neben dem Schutz von Natur und Umwelt ergeben sich zusätzlich<br />

Einsparpotenziale <strong>für</strong> Unternehmen.<br />

Autor:<br />

Hendrik Claaßen<br />

Geschäftsführer der<br />

HKD Handelsgesellschaft <strong>für</strong><br />

Kirche und Diakonie mbH<br />

www.kirchenshop.de<br />

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Circular Economy in der Papierproduktion<br />

Ein kleiner Schritt als Umdenker,<br />

ein großer <strong>für</strong> die Nachhaltigkeit<br />

Es gibt viele Ideen und Konzepte, um die Welt ein bisschen besser zu machen. Es sind aber nicht<br />

nur die großen politischen Entscheidungen. Vor allem ist es das Handeln eines jeden Individuums –<br />

jede und jeder kann und sollte seinen Beitrag leisten. Und der erste Schritt zu mehr Nachhaltigkeit<br />

ist nun einmal das Umdenken. Und so effektiv gestaltet sich der Umstieg mit ReThinkingPaper.<br />

Ein Beitrag von Veronika Warmers<br />

Nachhaltigkeit ist das Buzzword unserer Zeit. Mobilität, Konsum<br />

und Ernährung – diese und andere Lebensaspekte werden schon im<br />

Kleinen angepasst. Unternehmen setzen sich jetzt vermehrt auch mit<br />

entsprechenden Fragestellungen zu mehr Nachhaltigkeit auseinander.<br />

Sie suchen neue Wege und denken in vielerlei Hinsicht um. Aber<br />

was bedeutet das, wenn man auf Recyclingpapier umsteigt?<br />

Vieles spricht <strong>für</strong> Recyclingpapier<br />

Die aktuelle Ökobilanzstudie des Umweltbundesamtes liefert<br />

eben jene Einblicke, wie sich die Einsparpotenziale von Recyclingpapier<br />

gegenüber Frischfaserpapier verhalten: Einsparungen von 78<br />

Prozent Wasser, 68 Prozent Energie und 15 Prozent CO 2<br />

equ.-Emissionen<br />

bei der Herstellung– das haben Studien des Umweltbundesamts<br />

ergeben und sie machen deutlich, dass Recyclingpapiere hinsichtlich<br />

klar definierter Parameter besser abschneiden als jedes Frischfaserpapier.<br />

Aber woran liegt das? Die Vorteile liegen schon im Prinzip<br />

der Kreislaufwirtschaft. <strong>Das</strong> fängt bei der Materialbeschaffung an,<br />

betrifft Produktionsprozesse und endet bei der Bereitstellung des<br />

Papiers am Werksausgang.<br />

Kreisläufe als Schlüssel zu mehr Nachhaltigkeit<br />

Tatsächlich zeigt sich, dass die Verwendung von 100 Prozent Altpapier<br />

als Rohstoff, nahezu geschlossene Kreisläufe und intelligente<br />

Prozessführungen zu signifikanten Einsparungen und damit zur<br />

Vermeidung von Umweltbelastungen führen. Eine zukunftsorientierte<br />

Wirtschaft – gleich ob aus der Perspektive des Unternehmens<br />

oder der Kundinnen und Kunden – richtet das Augenmerk auf den<br />

Aspekt einer langfristigen Ressourcensicherung. Durch die Herstellung<br />

<strong>nachhaltige</strong>r und besonders zukunftsfähiger Produkte liefert<br />

Steinbeis Papier einen relevanten Beitrag zum Umwelt-, Klima- und<br />

Ressourcenschutz – und <strong>für</strong> Verbraucherinnen und Verbraucher<br />

einen individuellen Beitrag zur Erreichung der nationalen und internationalen<br />

Klimaschutzziele.<br />

Einsparpotenziale ReThinkingPaper von Steinbeis<br />

Papier am Beispiel von 500 Blatt DIN A4<br />

Und das bringt die Umstellung auf<br />

Recyclingpapier<br />

In modernen Arbeitsumfeldern gibt es so manche Stellschraube,<br />

um nachhaltig agieren zu können. Sei es bei Energie- und Wassereinsparungen<br />

oder bei der Wahl des richtigen Büromaterials, um<br />

Ressourcen zu schonen und die CO₂-Bilanz zu verbessern. Und der<br />

Anfang wird schon beim Einsatz des richtigen Büropapiers gemacht:<br />

Mit der Umstellung auf ReThinkingPaper sparen Kundinnen und<br />

Kunden im Vergleich zu herkömmlichem Papier 100 Prozent<br />

Holz, 73 Prozent Energie, 79 Prozent Wasser und 42 Prozent CO₂<br />

equ.-Emissionen. Die Zertifizierungen der Recyclingpapiere von<br />

Steinbeis Papier mit dem Blauen Engel und dem EU Ecolabel untermauern<br />

die <strong>nachhaltige</strong> Innovationskraft von ReThinkingPaper.<br />

Kleine Kniffe<br />

29<br />

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Impulse <strong>für</strong> einen <strong>nachhaltige</strong>n Konsum<br />

Mehrwegallianz statt Wegwerfware<br />

Mit rund 303.000 Euro unterstützt die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) ein Vorhaben, das die<br />

Weichen <strong>für</strong> eine Wiederverwendung von Verpackungen und Behältern stellen und künftig die Riesen-<br />

Müllberge von Einwegprodukten verhindern soll.<br />

Modell <strong>für</strong> Abfallvermeidung und<br />

Ressourcenschonung<br />

<strong>Das</strong> Projekt unter dem Titel „ mehrweg.einfach.machen“ liegt<br />

in der Federführung des Berliner Sozialunternehmens „ ProjectTogether“;<br />

als Kooperationspartner sind der Mehrwegverband<br />

Deutschland sowie die Umweltorganisation WWF beteiligt.<br />

Bonde: „Mit allen zusammen wollen wir eine Mehrwegallianz<br />

schmieden. <strong>Das</strong> kann bundesweit zu einem innovativen Modell<br />

<strong>für</strong> Abfallvermeidung und Ressourcenschonung werden.“ <strong>Das</strong><br />

Bundesumweltministerium hat angekündigt, <strong>für</strong> die im Aufbau<br />

befindliche Allianz die Schirmherrschaft zu übernehmen.<br />

Flächendeckende Strategie statt Insellösungen<br />

Zwar existieren in Deutschland bereits Mehrwegsysteme etwa<br />

<strong>für</strong> Getränke, Milchprodukte oder Transportkisten. Doch parallel<br />

dazu entwickeln Anbieter <strong>für</strong> andere Erzeugnisse wie Öle, Kosmetik,<br />

Trockenware oder Produkte aus dem To-Go-Bereich zusätzliche<br />

Wiederverwertungs-Modelle - allerdings vornehmlich als Insellösungen<br />

und nicht untereinander koordiniert. „Kurzum: Es fehlt an<br />

einer effizienten, flächendeckenden Strategie“, so DBU-Generalsekretär<br />

Bonde. Dieses Dilemma will die Mehrwegallianz ausräumen:<br />

Es sollen Mechanismen geschaffen werden, um die Mehrwegsysteme<br />

aufeinander abzustimmen - zum Beispiel also Rückhol- und Spüllogistik<br />

zu koordinieren.<br />

Ebenfalls eine Aufgabe: Verständnis bei Verbraucherinnen und<br />

Verbrauchern <strong>für</strong> ein Umsteuern zu wecken. Bonde: „Da sind wir<br />

alle gefordert. Dann kann ein Umschwung zu Mehrweg gelingen.“<br />

Der DBU-Generalsekretär ist in dieser Hinsicht aber sehr optimistisch.<br />

Denn das Konsortium der Projektbeteiligten stützt sich auf<br />

ein umfassendes Netzwerk mit großer Expertise. Mit dabei sind<br />

etwa neben Unternehmen und Startups, die Mehrweginnovationen<br />

anbieten, auch sogenannte Letztvertreibende mit direktem Kundenkontakt<br />

- darunter Gastronomie, Lebensmittelhandel, Lieferservice.<br />

Eingebunden sind überdies Spülanbieter, Logistik- und Recyclingfirmen<br />

sowie Verbände, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft.<br />

Dieses breite Bündnis startet ab <strong>April</strong> mit seiner Arbeit. In einer<br />

ersten Phase bis Ende <strong>2023</strong> stehen Entwicklung und Umsetzung im<br />

Vordergrund, im nächsten Jahr geht es insbesondere um die Frage,<br />

wie die Abläufe gemessen und skaliert werden können.<br />

Verbrauch von 2,8 Milliarden Einmalbechern <strong>für</strong><br />

Heißgetränke pro Jahr in Deutschland<br />

Wie notwendig die Abkehr von der Einweg- und Wegwerf-Kultur<br />

ist, offenbart ein Blick in die Statistik, nur bezogen auf<br />

Einwegbecher: Laut Umweltbundesamt (UBA) werden jährlich rund<br />

2,8 Milliarden Einmalbecher <strong>für</strong> Heißgetränke verbraucht - allein<br />

in Deutschland. Bonde: „<strong>Das</strong> sind 5.300 Becher pro Minute.“ Die<br />

Folgen sind gravierend: Hinter den Ziffern verbergen sich 111.000<br />

Tonnen Ausstoß klimaschädliches Kohlenstoffdioxid CO 2<br />

, 43.000<br />

gefällte Bäume, 40.000 Tonnen Abfall und 1,5 Milliarden Liter<br />

Wasserverbrauch. Auf Bundesebene sind oder werden bereits per<br />

Gesetz die Weichen gestellt, um diese Auswirkungen zu minimieren:<br />

Seit Januar dieses Jahres gilt die im Verpackungsgesetz verankerte<br />

Mehrwegangebotspflicht <strong>für</strong> Restaurants, Bistros, Supermärkte,<br />

Tankstellen, Kantinen und Catering. Und schon ab Herbst <strong>2023</strong><br />

müssen sich Hersteller auf eine verpflichtende Abgabe auf Einwegplastik<br />

wie Getränkebecher und -behälter, kunststoffhaltige Filter in<br />

Tabakwaren sowie To-Go-Produkte einstellen. Ab 2027 sind auch<br />

Produzenten von Feuerwerkskörpern mit kunststoffhaltigen Teilen<br />

betroffen.<br />

30 Kleine Kniffe<br />

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Übersicht im Zeichen-Dschungel<br />

Recherche-Tool „Umweltzeichen Kompakt“<br />

Die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) hat in Kooperation mit dem Institut<br />

<strong>für</strong> ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) den Online Gütezeichen-Finder „Umweltzeichen<br />

Kompakt“ veröffentlicht – eine Orientierungshilfe <strong>für</strong> den umweltfreundlichen Einkauf<br />

von Produkten und Dienstleistungen mit nachwachsenden Rohstoffen. Datenbank gibt<br />

Orientierungshilfe bei der <strong>Beschaffung</strong> von <strong>nachhaltige</strong>n biobasierten Produkten.<br />

Weitere Informationen:<br />

https://<strong>nachhaltige</strong>-beschaffung.fnr.de/guetezeichen-finder<br />

Kleine Kniffe<br />

31<br />

Kleine_Kniffe_04_23_Kirche.indd 31 31.03.23 14:14


Kreislaufwirtschaft in der <strong>Beschaffung</strong><br />

Warum wir eine <strong>Beschaffung</strong><br />

nach Cradle to Cradle brauchen<br />

Vom Bürostuhl bis zur Raumtrennwand, vom Reinigungsmittel bis zu Elektrogeräten: Unternehmen<br />

und Behörden beschaffen jährlich Produkte und Dienstleistungen in Milliardenhöhe. Gleichzeitig<br />

belasten die Klimakrise und die zunehmende Ressourcenknappheit Wirtschaft und Gesellschaft.<br />

Jahrzehntelang wurde auf diese Problemstellung mit einer Politik reagiert, die vor allem Reduktion<br />

und Verzicht zum Ziel hatte. Doch langsam ändert sich das – die Zeichen stehen auf zirkulär statt<br />

linear.<br />

Ein Beitrag von Juliane Thiele<br />

Cradle to Cradle (C2C) denkt Klima- und Ressourcenschutz<br />

zusammen und bietet einen holistischen Lösungsansatz mit dem<br />

Ziel, ökologische, ökonomische und soziale Mehrwerte zu schaffen.<br />

Hunderte Unternehmen setzen das C2C Designkonzept bereits<br />

heute mit Produkten um, die eine besondere Qualität auszeichnet:<br />

Sie bestehen ausschließlich aus gesunden, <strong>für</strong> ihre Nutzung geeignete<br />

Materialien, die da<strong>für</strong> designt sind, in biologischen oder technischen<br />

Kreisläufen zirkulieren zu können. Angeboten werden sie im Idealfall<br />

in Geschäftsmodellen, die die Kreislaufführung fördern. Bei<br />

der Produktion wird regenerative Energie genutzt, die Qualität von<br />

Wasser und Boden wird erhalten oder – im Idealfall – verbessert<br />

und es herrschen faire und menschenwürdige Arbeitsbedingungen<br />

entlang aller Wertschöpfungsketten.<br />

Dieser Ansatz ist jedoch nicht nur in der eigenen Produktion<br />

relevant. Auch die <strong>Beschaffung</strong> ist ein enormer Hebel, wenn wir<br />

unsere Wirtschaft von linear auf zukunftsfähige, zirkuläre Prozesse<br />

umstellen wollen. Eine sozial-ökologische C2C-<strong>Beschaffung</strong> dient<br />

dabei nicht nur dem Selbstzweck, sondern lohnt sich ökonomisch<br />

und bietet kurzfristige und langfristige Vorteile <strong>für</strong> Betriebe.<br />

C2C-Produkte sind langfristig günstiger<br />

Einkäufer*innen bevorzugen meist das in der Anschaffung<br />

günstigste Produkt. Doch das ist nur auf den ersten Blick auch das<br />

wirtschaftlichste Angebot: Durch ihr lineares Produktdesign tragen<br />

konventionelle Produkte zu wachsenden Müllbergen und der Vergeudung<br />

wertvoller Ressourcen bei. Bei der Produktion und entlang<br />

der Lieferketten werden zudem in vielen Fällen Menschen ausgebeutet,<br />

Wälder gerodet, Meere verschmutzt und die Erderwärmung<br />

vorangetrieben. Auch wenn diese Produkte im Anschaffungspreis<br />

günstig sind: Ihre Lebenszykluskosten sowie externe Folgekosten<br />

führen in der Summe zu wesentlich höheren Gesamtkosten, die von<br />

der Gesellschaft getragen werden, wie Kosten <strong>für</strong> Entsorgung, Deponierung<br />

sowie ökologische oder gesundheitliche Schäden.<br />

C2C-Produkte schaffen echte Mehrwerte<br />

Wenn diese externalisierten Kosten eingerechnet werden, sind<br />

C2C-Produkte nicht nur in Produktion und Entsorgung günstiger,<br />

sondern schaffen auch messbare Mehrwerte während der Nutzung.<br />

Im nach C2C errichteten Rathaus Venlo sank aufgrund der beim<br />

Bau verwendeten materialgesunden Baustoffe beispielsweise der<br />

Krankenstand der Mitarbeitenden um ein Viertel im Vergleich<br />

zum vorherigen Gebäude. Gesteigerte Luftqualität, verbessertes<br />

Arbeitsklima: C2C-Produkte tragen zum Wohlbefinden aller bei<br />

und schaffen so echte Wertschöpfung.<br />

Fördernd <strong>für</strong> eine Kreislaufwirtschaft nach C2C sind, speziell<br />

bei technischen Produkten, Geschäftsmodelle wie Product-as-a-service<br />

oder die <strong>Beschaffung</strong> modular und einfach reparierbarer Geräte.<br />

Rücknahme- oder Reparaturangebote sorgen dort, wo C2C Design<br />

im Produkt selbst technisch noch nicht umgesetzt ist, <strong>für</strong> eine<br />

lange Nutzungsdauer mit entsprechenden finanziellen Mehrwerten.<br />

Indem das Eigentum an den verbauten Ressourcen beim<br />

Herstellerunternehmen verbleibt, steigt <strong>für</strong> dieses zudem der Anreiz,<br />

diese Rohstoffe so zu verbauen, dass sie einfach wiederverwendbar<br />

sind.<br />

Mit innovativer <strong>Beschaffung</strong> vorangehen<br />

Mit einer C2C-inspirierten <strong>Beschaffung</strong> können Betriebe<br />

vorangehen und innovative Standards setzen. Mit gesunden<br />

32 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe_04_23_Kirche.indd 32 31.03.23 14:14


Foto: depositphotos<br />

C2C-Produkten – von Dienstbekleidung über Büroausstattung bis<br />

zum Bürogebäude – präsentieren sich Unternehmen zudem als<br />

attraktive Arbeitgeber, die langfristig in die Zukunft planen und<br />

denen die Arbeitsumgebung <strong>für</strong> ihre Mitarbeitenden wichtig ist.<br />

<strong>Das</strong>s wir Ressourcen im Kreislauf<br />

halten müssen, schlägt sich in<br />

immer mehr politischen Initiativen<br />

und Gesetzen nieder – von C2C<br />

Modellregionen auf kommunaler<br />

Ebene bis zum Circular Economy<br />

Action Plan der EU. <strong>Das</strong> hat steigende<br />

gesetzliche Anforderungen zur Folge.<br />

Unternehmen, die schon heute in der<br />

<strong>Beschaffung</strong> und in der eigenen Produktion<br />

auf C2C setzen, senden daher<br />

nicht nur ein wichtiges Signal in den<br />

Markt, sondern kommen künftigen<br />

gesetzlichen Anforderungen zuvor,<br />

anstatt später unter kostenintensivem<br />

Zugzwang handeln zu müssen.<br />

Zusammenarbeit mit Kommunen<br />

Nähere Informationen:<br />

Weitere Informationen zum Thema finden sich im<br />

Leitfaden <strong>für</strong> eine strategische <strong>Beschaffung</strong> nach Cradle<br />

to Cradle:<br />

https: /c2c-beschaffung.org/<br />

<strong>Das</strong> Netzwerk C2C Regionen bietet außerdem<br />

<strong>für</strong> interessierte Unternehmen und Kommunen<br />

Vernetzungsmöglichkeiten rund um Cradle to Cradle.<br />

https: /c2c-regionen.org/<br />

Stelle in der Kommune verankert wurde – eine Herangehensweise,<br />

die auch <strong>für</strong> Unternehmen zielführend ist.<br />

Strategisch in Kommunen und Betrieben verankert, bietet C2C<br />

also auch Unternehmen in ihrer Rolle als Bietende eine Chance: Wenn<br />

Betriebe nicht nur ihre eigene<br />

<strong>Beschaffung</strong>, sondern die gesamte<br />

Produktion, nach C2C umstellen<br />

schärfen sie ihr Profil und können<br />

sich im kommunalen <strong>Beschaffung</strong>sprozess<br />

als Bietende profilieren.<br />

In diesem Zusammenhang sind<br />

Marktdialoge ein nützliches Tool,<br />

um die Kommunikation bezüglich<br />

Anforderungen und (C2C-)Kriterien<br />

zwischen Kommunen und<br />

Unternehmen zu verbessern. So<br />

können Kommunen und Betriebe<br />

gemeinsam eine sozial-ökologische,<br />

zirkuläre <strong>Beschaffung</strong> umsetzen<br />

und ihren Beitrag zum Erreichen einer Kreislaufwirtschaft nach<br />

Cradle to Cradle leisten.<br />

Beispiele <strong>für</strong> eine erfolgreiche C2C-<strong>Beschaffung</strong> gibt es immer<br />

mehr. Seit 2018 kauft die Stadt Ludwigsburg etwa grundsätzlich nach<br />

Cradle to Cradle ein. In einer Dienstanweisung wurde festgelegt, dass<br />

C2C-Kriterien bei jeder <strong>Beschaffung</strong> verpflichtend zu berücksichtigen<br />

sind und mindestens 20 % der Zuschlagskriterien einen Bezug zu<br />

C2C haben müssen. Die erfolgreiche Umsetzung gelang vor allem,<br />

weil die C2C-<strong>Beschaffung</strong> strategisch durch eine zentral zuständige<br />

Autorin<br />

Juliane Thiele<br />

Senior Referentin <strong>für</strong> kommunale<br />

Entwicklung<br />

bei Cradle to Cradle NGO<br />

Kleine Kniffe<br />

33<br />

Kleine_Kniffe_04_23_Kirche.indd 33 31.03.23 14:14


Aus nationalen Kompetenzstellen der <strong>Beschaffung</strong><br />

Die Kreislaufwirtschaft<br />

in der <strong>nachhaltige</strong>n <strong>Beschaffung</strong> berücksichtigen<br />

Eine <strong>nachhaltige</strong> <strong>Beschaffung</strong> zielt darauf ab, Produkte und Dienstleistungen auf eine<br />

Art und Weise zu beschaffen, die sowohl ökonomische, soziale als auch ökologische<br />

Aspekte berücksichtigt. Ein Detailaspekt dabei ist die Berücksichtigung des Gedankens der<br />

Kreislaufwirtschaft.<br />

Ein Beitrag von Ralf Grosse<br />

<strong>Das</strong> Ziel der Kreislaufwirtschaft konkretisiert sich auf eine Art<br />

des Wirtschaftens, bei der Ressourcen effizient genutzt und Abfälle<br />

vermieden werden sollen (s.a. § 1 Kreislaufwirtschaftsgesetz).<br />

<strong>Das</strong> bedeutet, dass Produkte und Dienstleistungen durch die<br />

öffentliche Hand so ausgeschrieben<br />

werden sollten, dass<br />

sie repariert, wiederverwendet<br />

oder recycelt werden können,<br />

anstatt nach dem Gebrauch entsorgt<br />

zu werden. Diese Art der<br />

<strong>Beschaffung</strong> kann auch dazu<br />

beitragen, dass die Nachfrage<br />

nach Produkten, die Teil einer<br />

Kreislaufwirtschaft sind, steigt<br />

und Unternehmen motiviert<br />

werden können, ihre Produkte<br />

so zu gestalten, dass sie besser in<br />

den Kreislauf integriert werden.<br />

Um dieses Marktpotential<br />

zu nutzen und den negativen<br />

Auswirkungen auf die Umwelt entgegen zu wirken, hat sich die<br />

Stadt Ludwigsburg verpflichtet, die öffentliche <strong>Beschaffung</strong> an<br />

den C2C-Prinzipien auszurichten. In diesem Zusammenhang setzt<br />

die Stadt Ludwigsburg besonders auf die Zusammenarbeit mit<br />

Unternehmen, die geeignet sind, ökologisch <strong>nachhaltige</strong> und sozial<br />

verantwortliche Leistungen anzubieten.<br />

In der Praxis ist es leider oft schwer, Produkte zu finden, die<br />

diesen hohen Anforderungen entsprechen. Dennoch setzt die<br />

Stadt Ludwigsburg ihr <strong>Beschaffung</strong>svolumen ein, um vor allem die<br />

Entwicklung innovativer C2C-Produkte zu fördern. Deshalb wird<br />

der C2C-Ansatz konsequent bei <strong>Beschaffung</strong>en thematisiert und<br />

Unternehmen belohnt, die sich bereits auf den Weg in Richtung<br />

C2C gemacht haben.<br />

Bei der Förderung der Kreislaufwirtschaft<br />

können folgende Schritte<br />

helfen:<br />

1. Analyse der <strong>Beschaffung</strong><br />

Der öffentliche Auftraggeber<br />

sollte analysieren und prüfen,<br />

welche Produkte und Dienstleistungen<br />

beschafft werden und welche<br />

Auswirkungen dies auf die Umwelt<br />

hat. Im Raum steht auch die Frage,<br />

ob es zu den bisherigen Leistungen<br />

Alternativen gibt, oder ob die<br />

Anforderungen an die Leistungsfähigkeit<br />

noch aktuell sind oder auch verringert werden können.<br />

Weiterhin können beispielhaft Instrumente wie Ökobilanzen, Lebenszyklus<br />

-Analysen und Umweltverträglichkeitsprüfungen helfen.<br />

2. Festlegung von Nachhaltigkeitskriterien<br />

Auf Basis der Analyse sollten Nachhaltigkeitskriterien festgelegt<br />

werden, die in den <strong>Beschaffung</strong>sprozessen berücksichtigt werden<br />

sollen. Diese können neben anderen Nachhaltigkeitsaspekten auch<br />

34 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe_04_23_Kirche.indd 34 31.03.23 14:14


Foto: depositphotos<br />

die Verwendung von recycelten Materialien, die Reparierbarkeit<br />

oder die Vermeidung von Abfall sein. Hilfreich kann es dabei sein,<br />

entsprechende Kriterien von Gütezeichen <strong>für</strong> bestimmte Produkte<br />

einzubeziehen.<br />

Zu berücksichtigen ist auch eine mögliche Weiterverwendung<br />

nach der Nutzung bei der öffentlichen Hand von noch brauchbaren<br />

Produkten, wie z.B. Möbel oder Informations- und Kommunikationstechnik.<br />

Gedanken hierzu sollten bereits vor der eigentlichen<br />

Ausschreibung mit einbezogen werden.<br />

3. Schulung von <strong>Beschaffung</strong>smitarbeitenden<br />

Die im <strong>Beschaffung</strong>sprozess tätigen Mitarbeitenden sollten über<br />

die Bedeutung der Nachhaltigkeitskriterien informiert und geschult<br />

werden, um diese bei der <strong>Beschaffung</strong> von Produkten und Dienstleistungen<br />

entsprechend berücksichtigen zu können. Dabei sollten auch<br />

Praxisbeispiele und vorhandene Unterstützungsmöglichkeiten den<br />

Schulungsteilnehmenden nähergebracht werden.<br />

Die Nichtregierungsorganisation Cradle to Cradle (C2C) hat<br />

einen neuen web-basierten Leitfaden <strong>für</strong> eine strategische <strong>Beschaffung</strong><br />

veröffentlicht. <strong>Das</strong> C2C-Konzept strebt eine Kreislaufwirtschaft<br />

an und adressiert dadurch die Problematik der Ressourcenverschwendung<br />

einer linearen Wirtschaft. Der Fokus liegt somit auf<br />

zirkulären, sozialen, ökologischen und innovativen Kriterien.<br />

Der Leitfaden soll insbesondere Akteurinnen und Akteuren der<br />

kommunalen <strong>Beschaffung</strong>spraxis weiterhelfen, indem Grundlagen<br />

von C2C <strong>für</strong> eine öffentliche Produktbeschaffung sowie Denkanstöße<br />

und Hilfestellungen gegeben werden. Ziel ist es, Wissen über<br />

das Konzept von C2C zu vermitteln. Dabei wird die Fähigkeit<br />

gefördert natürliche, technische und stoffliche Kreisläufe zu verstehen<br />

und entsprechend handeln zu können. Der Leitfaden ist auf<br />

folgender Webseite zu finden: https://c2c-beschaffung.org/<br />

Mit Schulungen und Informationen kann die Kompetenzstelle<br />

<strong>für</strong> <strong>nachhaltige</strong> <strong>Beschaffung</strong> dienen. Rufen Sie uns an oder schreiben<br />

Sie uns. Die Kontaktdaten finden Sie auf der Homepage der KNB:<br />

www.<strong>nachhaltige</strong>-beschaffung.info.<br />

Weitere Informationen<br />

Über unsere Webseite www.<strong>nachhaltige</strong>-beschaffung.<br />

info finden Sie darüber hinaus noch weitere<br />

Informationen zum Thema <strong>nachhaltige</strong> öffentliche<br />

<strong>Beschaffung</strong>.<br />

Kompetenzstelle <strong>für</strong> Nachhaltige <strong>Beschaffung</strong> (KNB)<br />

Hotline: +49 (0)22899 610-2345<br />

Email: nachhaltigkeit@bescha.bund.de<br />

Autor<br />

Ralf Grosse<br />

Kompetenzstelle <strong>für</strong> Nachhaltige <strong>Beschaffung</strong> (KNB)<br />

Kleine Kniffe<br />

35<br />

Kleine_Kniffe_04_23_Kirche.indd 35 31.03.23 14:14


Nachgefragt<br />

Wiederaufbereitete IT ist Green IT und setzt sich als<br />

<strong>nachhaltige</strong> Alternative zu Neugeräten immer stärker durch<br />

<strong>Das</strong> Lifecycle-Konzept von IT-Hardware verfolgt Ziele, die denen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes<br />

entsprechen. Dazu gehören: Wiederverwendung als funktionsfähiges Gerät, Weiterverwendung<br />

funktionsfähiger Bauteile und Komponenten, Wiederverwertung der anfallenden Rohstoffe<br />

(z. B. Kunststoffe und Metalle) und fachgerechte Entsorgung gemäß den Umwelt- und gesetzlichen<br />

Vorgaben.<br />

Thomas Heine im Gespräch mit Alexander Thiele von Bechtle Remarketing GmbH<br />

Weshalb sehen Sie eine immer stärkere Notwendigkeit,<br />

die Themen Digitalisierung und Nachhaltigkeit<br />

zu verbinden?<br />

Die fortschreitende Digitalisierung steigert die IT-Abhängigkeit<br />

von Firmen, wodurch die Produktion von neuen Geräten stetig<br />

weiterwachsen wird. Deshalb sind die ökologischen, die wirtschaftlichen<br />

und die sozialen Folgen, die mit der Herstellung und der<br />

Nutzung von IT-Geräten einhergehen, ein gesellschaftliches<br />

Problem und ziehen jeden mit in die Verantwortung.<br />

Welche Nachhaltigkeitsaspekte sind denn bei der<br />

Computer-Nutzung zu beachten?<br />

Zur Herstellung eines einzelnen Computers werden bis zu 700<br />

verschiedene Stoffe benötigt. Die <strong>für</strong> die IT-Fertigung benötigten<br />

Rohstoffe, wie Gold oder seltene Erden, führen in den Herkunftsländern<br />

bereits zu negativen Auswirkungen auf Menschen und<br />

Umwelt. Nicht nur die Herstellung, sondern auch die Entsorgung<br />

von IT-Komponenten belastet die Umwelt. Laut UN sind 2019 weltweit<br />

rund 53,6 Millionen Tonnen an Elektroschrott angefallen. Der<br />

gesamte Materialwert dieses Elektroschrottberges aus dem Jahr 2019<br />

wird, laut UN-Bericht, auf 57 Milliarden US-Dollar geschätzt. Geld<br />

und Ressourcen, die verloren gehen. Die Prognose <strong>für</strong> das Jahr 2030<br />

ist übrigens erschreckend: 74 Millionen Tonnen Elektronikschrott.<br />

Wie können sich Unternehmen, die ja auf IT-Hardware<br />

nicht verzichten können, nachhaltig aufstellen?<br />

Unternehmen haben zwar keinen direkten Einfluss auf die<br />

Begebenheiten bei der Herstellung von Hightech-Produkten, jedoch<br />

können sie sowohl die Nutzungsdauer als auch das Lebensende der<br />

IT-Hardware positiv im Sinne der Nachhaltigkeit beeinflussen.<br />

So können die ökologischen und sozialen Lasten ihrer Geräte so<br />

gering wie möglich gehalten werden. Allein die längere Nutzung<br />

spart Unmengen an CO 2<br />

-Emissionen, Wasser und Rohstoffen. Im<br />

zweiten Schritt kann Hardware, die den Anforderungen nicht mehr<br />

gerecht wird, bei speziellen IT-Refurbishern aufbereitet werden, um<br />

die Nutzungsdauer im oder außerhalb des Unternehmens nochmals<br />

zu verlängern. Auch der Kauf von Used IT ist eine Möglichkeit der<br />

<strong>nachhaltige</strong>n <strong>Beschaffung</strong>.<br />

Was verstehen Sie unter dem Begriff „Refurbished“?<br />

„Refurbished“ bedeutet genau übersetzt generalüberholt. Refurbished<br />

IT ist <strong>für</strong> viele Unternehmer interessant, weil die Geräte<br />

gebraucht sind und somit deutlich günstiger in der Anschaffung.<br />

Da die gebrauchte Hardware vor dem Weiterverkauf instandgesetzt<br />

ggf. aufgerüstet sowie in der Regel mit 12 Monaten Gewährleistung<br />

ausgestattet wird gehen Käufer bei seriösen Händlern kein Risiko<br />

ein. Oft stammen die Business-Computer aus Leasingverträgen. Die<br />

Geräte wurden in großen Unternehmen <strong>für</strong> durchschnittlich Jahre<br />

Jahre eingesetzt und anschließend an den Vertragspartner zurückgegeben.<br />

36 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe_04_23_Kirche.indd 36 31.03.23 14:14


Und was passiert dann mit den gebrauchten Geräten?<br />

Die gebrauchte Hardware wird beispielsweise an uns zurückgegen.<br />

Die gebrauchte Hardware wird beispielsweise an uns<br />

zurückgegeben und der Kunde bekommt den Restwert ausbezahlt.<br />

Hier durchläuft sie einen Wiederaufbereitungsprozess:<br />

Die Business-Computer werden gelöscht, getestet, gereinigt und<br />

generalüberholt. Bei technisch und optisch einwandfreiem Zustand<br />

werden sie zu sehr attraktiven Preisen weiterverkauft.<br />

Welche Innovationen planen Sie, um eine <strong>nachhaltige</strong><br />

IT-<strong>Beschaffung</strong> weiter zu stärken?<br />

Ein Lifecycle Consulting befindet sich derzeit in Planung. Unser<br />

Ziel ist es, Kunden hinsichtlich der <strong>für</strong> sie sinnvollen Hardware <strong>für</strong><br />

unterschiedliche Usergruppen zu beraten. Wer braucht welche Ausstattung?<br />

Welche Mitarbeitenden könnenmit refurbished Hardware<br />

arbeiten? Wann kann gebrauchte Hardware aus dem Unternehmen<br />

wieder in den Kreislauf gelangen, um einer Zweitnutzung zugeführt<br />

zu werden? <strong>Das</strong> sind einige der Fragen, die wir <strong>für</strong> unsere Kunden<br />

beantworten können. Darüber hinaus können Unternehmen durch<br />

die Rückgabe von IT-Hardware ihre C0 2<br />

-einsparen.<br />

Foto: Alexander Thiele<br />

Kleine Kniffe<br />

37<br />

Kleine_Kniffe_04_23_Kirche.indd 37 31.03.23 14:14


“Kleine Kniffe” der nachhaltgen <strong>Beschaffung</strong><br />

Einführung: Nachhaltigere IT<br />

<strong>für</strong> motivierte Anfänger bis Fortgeschrittene<br />

Eine fünfteilige Serie über Lieferketten, Gefahrenstoffe, Lebensdauer/Reparierbarkeit und<br />

selbstverständlich auch Klimawandel Möchten Sie mit der Wahl Ihrer IT-Hardware einen Beitrag zur<br />

Nachhaltigkeit leisten? Dann sind Sie hier genau richtig. Fünf Kapiteln, die Ihnen und Ihrem Team helfen<br />

sollen, die Grundlagen der Nachhaltigkeitsaspekte der IT-Produkte zu erlernen und die wichtigsten<br />

Maßnahmen zu ermitteln, die Sie ergreifen müssen..<br />

Ein Beitrag von Martin Eichenseder<br />

Sie erfahren, welche Nachhaltigkeitsrisiken bestehen und wie<br />

sie diese verringern. Wir werden die Bedeutung des <strong>Beschaffung</strong>swesens<br />

als entscheidende Triebkraft <strong>für</strong> die Nachhaltigkeit sowohl<br />

intern als auch innerhalb der IT-Branche erläutern. Außerdem<br />

erhalten Sie Tipps, wie Sie beim Kauf und der Verwaltung von<br />

IT-Produkten das Risiko von greenwash und bluewash vermeiden<br />

können. Ein schrittweiser Leitfaden hilft Ihnen schließlich, vom Plan<br />

zur Tat zu schreiten.<br />

Kapitel 1: Nachhaltigkeitsrisiken im<br />

Zusammenhang mit IT-Produkten<br />

IT-Produkte sind mit vielen sozialen und ökologischen Nachhaltigkeitsrisiken<br />

verbunden, von der Rohstoffgewinnung bis zur<br />

Endmontage und während des gesamten Lebenszyklus. Der größte<br />

Teil der Nachhaltigkeitsauswirkungen findet in der Lieferkette<br />

statt, wo sie dem Blick des Käufers verborgen bleiben. Zu den Risikobereichen<br />

gehören unfaire und ungesunde Arbeitsbedingungen,<br />

Klimaauswirkungen, gefährliche Stoffe und giftiger Elektroschrott.<br />

Unsere derzeitige, lineare Art, IT-Produkte zu produzieren und<br />

zu verbrauchen, schädigt empfindliche Ökosysteme. Sie verursacht<br />

den Verlust wertvoller natürlicher Ressourcen, wobei jährlich mehr<br />

als 50 Millionen Tonnen potenziell giftiger Elektroschrott anfallen.<br />

IT-Produkte tragen auch zur Klimakrise bei. Ein einziges Notebook<br />

verursacht während seiner Lebensdauer rund 300 kg Treibhausgasemissionen,<br />

von denen fast 80 Prozent auf die Herstellungsphase<br />

entfallen. Schlechte Arbeitsbedingungen sind ein ständiges Problem<br />

in der gesamten Lieferkette von IT-Produkten und gefährden die<br />

Gesundheit und das Leben der Arbeiter. IT-Produkte <strong>nachhaltige</strong>r<br />

zu kaufen und zu verwalten bedeutet, die ökologischen und sozialen<br />

Risiken während des gesamten Lebenszyklus des Produkts zu<br />

verringern.<br />

38 Kleine Kniffe<br />

Zu den Risiken gehören:<br />

• Soziale Verantwortung in der Lieferkette: Gesundheits- und<br />

Sicherheitsfragen, Zwangsarbeit, übermäßige Überstunden.<br />

• Gefahrenstoffe: Beeinträchtigt die Gesundheit der Arbeitneh<br />

mer und verschmutzt die Umwelt.<br />

• Konfliktmineralien: Bekannt da<strong>für</strong>, dass sie Kriege und Men<br />

schenrechtsverletzungen anheizen.<br />

• Elektroschrott: Schädigt Ökosysteme und die menschliche<br />

Gesundheit und erschöpft die natürlichen Ressourcen.<br />

• Klimagasemissionen: Entstehen sowohl bei der Herstellung als<br />

auch bei der Nutzung.<br />

• Mangel an Kreislaufwirtschaft: Erschöpft die natürlichen<br />

Ressourcen, trägt zur Klimakrise und zur Zerstörung der<br />

natürlichen Lebensräume bei.<br />

Im Kapitel 2 geht es um eine Strategie in der IT <strong>Beschaffung</strong><br />

basierend auf den Risiken, kurz gesagt: das Risikomanagement<br />

Autor:<br />

Martin Eichenseder<br />

Geschäftsführer<br />

TCO Certified<br />

martin.eichenseder@<br />

tcodevelopment.com<br />

Foto: depositphotos<br />

Kleine_Kniffe_04_23_Kirche.indd 38 31.03.23 14:14


Circular Economy<br />

Roadmap Normung <strong>für</strong> Circular Economy vorgestellt<br />

EU und Bundesregierung machen Druck auf die Normgeber, um Circular Economy umzusetzen.<br />

Dabei sollen innerhalb der nächsten zwei Jahre wegweisende Normen neu formuliert werden,<br />

damit sie sich den Prinzipien des Green Deal anpassen.<br />

Ein Beitrag von Eveline Lemke<br />

Eine Circular Economy verspricht <strong>nachhaltige</strong>res Wirtschaften<br />

in einer Welt ohne Abfälle. Nach der Theorie sollten durch das<br />

Design-Prinzip Cradle-to-Cradle, welches in biologische und<br />

technische Kreisläufe unterteilt alles Stoffe, Flüssigkeiten und<br />

Materialien <strong>für</strong> die ewige wirtschaftliche Nutzung erhalten bleiben.<br />

Die Umsetzung der komplexen Realität in einfache Normen<br />

ist eine Herausforderung, bei der vor allem die Reboundeffekte, die<br />

zu Klimawandel und Umweltverschmutzung beigetragen haben,<br />

überwunden werden müssen. Jedoch gibt es Hoffnung, dass dies mit<br />

Normung überwunden werden könne und der Druck ist groß, denn<br />

die EU hat gleichzeitig über 100 bestehende Normen benannt, die sie<br />

durch delegierte Rechtsakte in zirkuläre Gesetze gießen will, wenn<br />

sich die Praxis nicht ändert.<br />

Diese Ansage der EU blieb auch durch das Deutsche Institut <strong>für</strong><br />

Normung e. V. (DIN), die Deutsche Kommission Elektrotechnik<br />

Elektronik Informationstechnik in DIN und VDE (DKE) und der<br />

Verein Deutscher Ingenieure (VDI) nicht ungehört und sie haben<br />

eine sogenannte Roadmap als Fahrplan und Orientierungsrahmen<br />

<strong>für</strong> zukünftige zirkuläre Normung beschrieben. Erarbeitet wurde<br />

sie von mehr als 550 Expertinnen und Experten aus Wirtschaft,<br />

Wissenschaft, Öffentlicher Hand und Zivilgesellschaft. <strong>Das</strong> Bundesumweltministerium<br />

(BMUV) hat das Projekt gefördert.<br />

Ein Blick in das über 250 Seiten umfassende Werk zeigt, dass<br />

die Normgeber nur die technischen Kreisläufe in den Blick nehmen.<br />

Biologische Kreisläufe bleiben völlig außen vor, was sicherlich durch<br />

den Charakter der Normung zubegründet ist.<br />

Dennoch Staatsekretärin Christiane Rohleder lobte das<br />

Vorhaben bei der Übergabe: “Nur wenn wir zu einer echten Kreislaufwirtschaft<br />

kommen, können wir die globalen Krisen bewältigen<br />

– die Klimakrise, das Artenaussterben und die Umweltverschmut-<br />

zung. Die Bundesregierung will das Thema Normung <strong>für</strong> eine echte<br />

Kreislaufwirtschaft in der EU voranbringen und Anforderungen<br />

an Produkte europaweit festlegen – im Dialog mit den Herstellern.<br />

Mit der Normungsroadmap Circular Economy sind hier<strong>für</strong> wichtige<br />

Vorarbeiten geleistet.”<br />

Christoph Winterhalter, Vorsitzender des Vorstandes (CEO)<br />

von DIN ergänzte, dass die Standardisierung den angestoßenen<br />

Transformationsprozess hin zu einer zirkulären Wirtschaft gezielt<br />

unterstützen könne. Und Michael Teigeler, Geschäftsführer der DKE<br />

bezeichnete den Prozess als Auftakt zur Erarbeitung der Standards in<br />

Europa. Dieter Westerkamp, VDI-Direktor und geschäftsführendes<br />

Präsidiumsmitglied (interim) betonte die Notwendigkeit, den Schulterschluss<br />

zu üben und die Synchronisierung von Gesetzgebung und<br />

Standardisierung zur Beschleunigung der Transformation zu erzielen.<br />

Die weitere Arbeit wird durch den Fachbeirat Circular Economy<br />

von DIN und DKE in der Koordinierungsstelle Umweltschutz (KU)<br />

geleitet. Auf der Kollaborationsplattform www.DIN.ONE können<br />

sich Interessierte zur Mitarbeit eintragen.<br />

Autorin<br />

Eveline Lemke<br />

Thinking Circular®<br />

Sustainability and<br />

Circular Economy Consulting<br />

e.lemke@thinking-circular.com<br />

Kleine Kniffe<br />

39<br />

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Circular Economy<br />

Normungsroadmap Circular Economy:<br />

Fahrplan <strong>für</strong> das zirkuläre Wirtschaften<br />

Unsere Produktion und unser Konsum sind aktuell stark geprägt vom Konzept der Linearität: Die<br />

vorhandenen Ressourcen werden der Natur entnommen, in vielschichtigen Verfahren zu Produkten<br />

transformiert und fallen dann anschließend, nach teilweise unverhältnismäßig kurzer Nutzung, als Abfall<br />

an. <strong>Das</strong> lineare System war in der Vergangenheit gerade auch ökonomisch hoch erfolgreich und hat uns<br />

einen nie zuvor gekannten Wohlstand beschert, wenn man die damit verbundenen Emissionen außer Acht<br />

lässt. <strong>Das</strong> System kommt jedoch immer deutlicher an seine planetaren Grenzen. Der Earth Overshoot Day<br />

ist eine Quantifizierung dessen: Für Deutschland lag dieser Tag 2022 Anfang Mai 1 . Seitdem leben wir<br />

demnach auf Kosten anderer Länder bzw. zukünftiger Generationen.<br />

Ein Beitrag von Alexandra Engelt<br />

Mit dem Konzept der Circular Economy soll diese lineare Ressourcenentnahme<br />

durch Schließen von Kreisläufen in eine zirkuläre<br />

Wirtschafts- und Lebensweise geändert werden. Aber was bedeutet<br />

eigentlich Circular Economy? Auf internationaler Normungsebene<br />

hat ISO Circular Economy wie folgt definiert: „Wirtschaft, die<br />

bewusst auf Erhaltung und Regeneration angelegt ist und darauf<br />

abzielt, die Gebrauchstüchtigkeit und den Wert von Produkten,<br />

Komponenten und Werkstoffen stets auf höchstem Niveau zu erhalten,<br />

wobei zwischen technischen und biologischen Kreisläufen<br />

unterschieden wird”. 2 Diese Definition basiert auf der Ausarbeitung<br />

der Ellen MacArthur Foundation.<br />

Bei der Erreichung der Ziele des Green Deals 3 und Klimaschutzgesetzes<br />

2021 4 kommt der Circular Economy eine besondere<br />

Bedeutung zu. Um die ambitionierten Klimaschutzziele zu erreichen,<br />

sind jetzt neue und überarbeitete technische Regeln <strong>für</strong> das zirkuläre<br />

Wirtschaften notwendig. Auch der Koalitionsvertrag zwischen<br />

SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP „Mehr Fortschritt wagen“<br />

adressiert Normung im Kontext einer Circular Economy: „In einer<br />

„Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie“ bündeln wir bestehende<br />

rohstoffpolitische Strategien. Auf dieser Grundlage setzen wir uns<br />

in der EU <strong>für</strong> einheitliche Standards ein.“ 5<br />

Die Normungsroadmap Circular Economy – legt<br />

<strong>für</strong> die politischen Ziele den Weg fest und treibt<br />

so die grüne Transformation Deutschlands und<br />

Europas voran.<br />

Circular Economy ist ein Querschnittsthema und betrifft<br />

vielfältige Branchen und Akteure entlang der gesamten Wertschöpfungskette.<br />

Um die Zusammenarbeit und damit das Vorantreiben<br />

zirkulärer Geschäftsmodelle und Produkte zu unterstützen, ist jedoch<br />

ein klarer Fahrplan notwendig, in welchen Bereichen bislang keine<br />

Normen und Standards existieren, wo diese aber zukünftig zusammen<br />

mit den interessierten Kreisen entwickelt werden müssen: eine<br />

Normungsroadmap Circular Economy <strong>für</strong> Deutschland!<br />

Die Arbeiten wurden im Januar 2022 vom Deutschen Institut<br />

<strong>für</strong> Normung e. V. (DIN), von der vom VDE getragenen DKE Deutsche<br />

Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik in<br />

DIN und VDE (DKE) und dem Verein Deutscher Ingenieure (VDI)<br />

gemeinsam gestartet. Die Ergebnisse wurden dann im Januar <strong>2023</strong><br />

veröffentlicht. Gefördert wurde das Projekt vom Bundesministerium<br />

<strong>für</strong> Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz<br />

(BMUV). Ziel der Roadmap ist es einen Überblick über den<br />

Status Quo der Normung und Standardisierung im Bereich Circular<br />

Economy zu geben, Anforderungen und Herausforderungen <strong>für</strong> die<br />

sieben Schwerpunktthemen zu identifizieren und daraus ableitend<br />

40 Kleine Kniffe<br />

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Foto: depositphotos<br />

konkrete Bedarfe <strong>für</strong> zukünftige Normen und Standards zu formulieren.<br />

Im Rahmen dieses Prozesses wurden daher noch keine Normen<br />

und Standards, sondern vorgelagerte Empfehlungen erarbeitet. Dies<br />

leistet einen wesentlichen Beitrag dazu, nationale Interessen und<br />

Positionen abzubilden und diese anschließend aktiv in nationale,<br />

aber vorrangig auch europäische und internationale Normungsaktivitäten<br />

einzubringen.<br />

Die Normungsroadmap Circular Economy stellt sieben Schwerpunktthemen<br />

in den Mittelpunkt, die sich an den Fokusthemen des<br />

Circular Economy Action Plans der Europäischen Kommission orientierten:<br />

6<br />

• Digitalisierung/Geschäftsmodelle/Management<br />

• Elektrotechnik & IKT<br />

• Batterien<br />

• Verpackungen<br />

• Kunststoffe<br />

• Textilien<br />

• Bauwerke & Kommunen<br />

bekundet. Davon haben über 500 Autor*innen ihr Fachwissen in den<br />

sieben Arbeitsgruppen aus diversen Gesellschaftsbereichen eingebracht.<br />

Die hohe Zahl der Interessierten und aktiven Autor*innen<br />

sowie die Vielfältigkeit der Personen und Institutionen decken eine<br />

breite fachliche Expertise ab.<br />

Die Normungsroadmap Circular Economy orientiert sich an<br />

dem Modell der R-Strategien der Circular Economy. Diese Strategien<br />

haben zum Ziel, den Verbrauch von natürlichen Ressourcen<br />

zu reduzieren und die Kreislaufführung von Materialien zu unterstützen.<br />

Sie systematisieren verschiedene Verwertungsstrategien<br />

in einer Hierarchie, ergänzen sich gegenseitig und koexistieren.<br />

Diese werden als Kerngerüst der Transformation hin zur zirkulären<br />

Wertschöpfung angesehen. Die Abbildung 1 zeigt das 9R-Framework<br />

und wie Normung zur Unterstützung der verschiedenen<br />

R-Strategien eingesetzt werden kann.<br />

Im Rahmen der sieben Arbeitsgruppen wurden von den beteiligten<br />

Fachpersonen aus Wirtschaft, Wissenschaft, öffentliche Hand<br />

und Zivilgesellschaft über 200 Normungsbedarfe kollaborativ erarbeitet.<br />

Mehr als 1.300 Expertinnen und Experten aus verschiedenen<br />

Branchen und mit unterschiedlichen Erfahrungshintergründen<br />

haben ihr Interesse an Normung im Bereich der Circular Economy<br />

Kleine Kniffe<br />

41<br />

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Abbildung 1: Din e.V.<br />

Die Umsetzung der Normungsbedarfe<br />

Damit bietet die Normungsroadmap großes Potenzial, dass<br />

Deutschland eine Vorreiterrolle in der Circular Economy einnimmt.<br />

Sie bildet daher die Basis <strong>für</strong> ein Umsetzungsprogramm, das auf<br />

Grundlage der Ergebnisse im Jahr <strong>2023</strong> konkrete Normungs- und<br />

Standardisierungsvorhaben einleiten und die schnelle Übertragbarkeit<br />

gewonnener Erkenntnisse in deutsche, europäische und<br />

internationale Normungsaktivitäten unterstützen wird.<br />

Normung geht alle an – vom Start-up bis zum Großunternehmen.<br />

Strategisch lohnt sich das auch <strong>für</strong> das eigene Unternehmen.<br />

Denn: Wer eigene Interessen und Technologien in den Normungsprozess<br />

einbringt, kann die Zukunft seiner Branche aktiv<br />

mitgestalten und sich einen Wissensvorsprung vor den Mitbewerbern<br />

sichern. Bei Fragen zur Mitarbeit in der Normung können<br />

sich Interessierte jederzeit an DIN wenden – mehr Informationen<br />

zum Thema Normen und Standards <strong>für</strong> die Circular Economy gibt<br />

es auch auf der DIN-Themenseite. Die Normungsroadmap ist verfügbar<br />

unter:<br />

www.din.de/go/circular-economy<br />

Quellen:<br />

1. Umweltbundesamt (2022): Earth Overshoot Day 2022, Erdüberlastungstag:<br />

Ressourcen <strong>für</strong> 2022 verbraucht | Umweltbundesamt, abgerufen am<br />

19.10.2022.<br />

2. ISO - ISO/CD 59004 - Circular Economy – Terminology, Principles and<br />

Guidance for Implementation. https://www.iso.org/standard/80648.<br />

html<br />

3. Europäische Kommission (2019): Green Deal, Europäischer Grüner Deal<br />

| EU-Kommission (europa.eu)<br />

4. Klimaschutzgesetz 2021, Klimaschutzgesetz: Klimaneutralität bis 2045<br />

| Bundesregierung<br />

5. Mehr Fortschritt wagen, Bündnis <strong>für</strong> Freiheit, Gerechtigkeit und<br />

Nachhaltigkeit Koalitionsvertrag 2021 – 2025 zwischen Der Sozialdemokratischen<br />

Partei Deutschlands (SPD), Bündnis 90 / Die Grünen und<br />

den Freien Demokraten (FDP), Berlin, den 7. Dezember 2021, https://<br />

t1p.de/70lu<br />

6. European Commission, & Directorate-General for Environment. (2020):<br />

Ein neuer Aktionsplan <strong>für</strong> die Kreislaufwirtschaft Für ein saubereres<br />

und wettbewerbsfähigeres Europa, https://t1p.de/vl1bx<br />

7. Vgl. 9R-Framework der UNEP (basierend auf Potting et al. (2017)):<br />

United Nations Environment Programme (2019), www.unenvironment.<br />

org/circularity abgerufen am 27.09.2022 und Potting et al. (2017, S.5)<br />

Circular.pdf<br />

Autorin<br />

Alexandra Engelt<br />

Dieser Beitrag wurde in ähnlicher Form in der <strong>Ausgabe</strong><br />

Dezember 2022 der DIN Mitteilungen veröffentlicht.<br />

Leiterin Strategische Entwicklung<br />

Circular Economy bei DIN<br />

42 Kleine Kniffe<br />

Kleine_Kniffe_04_23_Kirche.indd 42 31.03.23 14:14


Impulse <strong>für</strong> einen <strong>nachhaltige</strong>n Konsum<br />

Mehrwegallianz statt Wegwerfware<br />

Mit rund 303.000 Euro unterstützt die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) ein Vorhaben, das die<br />

Weichen <strong>für</strong> eine Wiederverwendung von Verpackungen und Behältern stellen und künftig die Riesen-<br />

Müllberge von Einwegprodukten verhindern soll.<br />

Modell <strong>für</strong> Abfallvermeidung und<br />

Ressourcenschonung<br />

<strong>Das</strong> Projekt unter dem Titel „ mehrweg.einfach.machen“ liegt<br />

in der Federführung des Berliner Sozialunternehmens „ ProjectTogether“;<br />

als Kooperationspartner sind der Mehrwegverband<br />

Deutschland sowie die Umweltorganisation WWF beteiligt.<br />

Bonde: „Mit allen zusammen wollen wir eine Mehrwegallianz<br />

schmieden. <strong>Das</strong> kann bundesweit zu einem innovativen Modell<br />

<strong>für</strong> Abfallvermeidung und Ressourcenschonung werden.“ <strong>Das</strong><br />

Bundesumweltministerium hat angekündigt, <strong>für</strong> die im Aufbau<br />

befindliche Allianz die Schirmherrschaft zu übernehmen.<br />

Flächendeckende Strategie statt Insellösungen<br />

Zwar existieren in Deutschland bereits Mehrwegsysteme etwa<br />

<strong>für</strong> Getränke, Milchprodukte oder Transportkisten. Doch parallel<br />

dazu entwickeln Anbieter <strong>für</strong> andere Erzeugnisse wie Öle, Kosmetik,<br />

Trockenware oder Produkte aus dem To-Go-Bereich zusätzliche<br />

Wiederverwertungs-Modelle - allerdings vornehmlich als Insellösungen<br />

und nicht untereinander koordiniert. „Kurzum: Es fehlt an<br />

einer effizienten, flächendeckenden Strategie“, so DBU-Generalsekretär<br />

Bonde. Dieses Dilemma will die Mehrwegallianz ausräumen:<br />

Es sollen Mechanismen geschaffen werden, um die Mehrwegsysteme<br />

aufeinander abzustimmen - zum Beispiel also Rückhol- und Spüllogistik<br />

zu koordinieren.<br />

Ebenfalls eine Aufgabe: Verständnis bei Verbraucherinnen und<br />

Verbrauchern <strong>für</strong> ein Umsteuern zu wecken. Bonde: „Da sind wir<br />

alle gefordert. Dann kann ein Umschwung zu Mehrweg gelingen.“<br />

Der DBU-Generalsekretär ist in dieser Hinsicht aber sehr optimistisch.<br />

Denn das Konsortium der Projektbeteiligten stützt sich auf<br />

ein umfassendes Netzwerk mit großer Expertise. Mit dabei sind<br />

etwa neben Unternehmen und Startups, die Mehrweginnovationen<br />

anbieten, auch sogenannte Letztvertreibende mit direktem Kundenkontakt<br />

- darunter Gastronomie, Lebensmittelhandel, Lieferservice.<br />

Eingebunden sind überdies Spülanbieter, Logistik- und Recyclingfirmen<br />

sowie Verbände, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft.<br />

Dieses breite Bündnis startet ab <strong>April</strong> mit seiner Arbeit. In einer<br />

ersten Phase bis Ende <strong>2023</strong> stehen Entwicklung und Umsetzung im<br />

Vordergrund, im nächsten Jahr geht es insbesondere um die Frage,<br />

wie die Abläufe gemessen und skaliert werden können.<br />

Verbrauch von 2,8 Milliarden Einmalbechern <strong>für</strong><br />

Heißgetränke pro Jahr in Deutschland<br />

Wie notwendig die Abkehr von der Einweg- und Wegwerf-Kultur<br />

ist, offenbart ein Blick in die Statistik, nur bezogen auf<br />

Einwegbecher: Laut Umweltbundesamt (UBA) werden jährlich rund<br />

2,8 Milliarden Einmalbecher <strong>für</strong> Heißgetränke verbraucht - allein<br />

in Deutschland. Bonde: „<strong>Das</strong> sind 5.300 Becher pro Minute.“ Die<br />

Folgen sind gravierend: Hinter den Ziffern verbergen sich 111.000<br />

Tonnen Ausstoß klimaschädliches Kohlenstoffdioxid CO 2<br />

, 43.000<br />

gefällte Bäume, 40.000 Tonnen Abfall und 1,5 Milliarden Liter<br />

Wasserverbrauch. Auf Bundesebene sind oder werden bereits per<br />

Gesetz die Weichen gestellt, um diese Auswirkungen zu minimieren:<br />

Seit Januar dieses Jahres gilt die im Verpackungsgesetz verankerte<br />

Mehrwegangebotspflicht <strong>für</strong> Restaurants, Bistros, Supermärkte,<br />

Tankstellen, Kantinen und Catering. Und schon ab Herbst <strong>2023</strong><br />

müssen sich Hersteller auf eine verpflichtende Abgabe auf Einwegplastik<br />

wie Getränkebecher und -behälter, kunststoffhaltige Filter in<br />

Tabakwaren sowie To-Go-Produkte einstellen. Ab 2027 sind auch<br />

Produzenten von Feuerwerkskörpern mit kunststoffhaltigen Teilen<br />

betroffen.<br />

Kleine Kniffe<br />

43<br />

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Aus <strong>Beschaffung</strong>skoopertionen<br />

eko: Die Einkaufskooperation<br />

Tagungshäuser, Freizeit- und Bildungsstätten, Jugendherbergen: Solche Häuser werden in<br />

Deutschland zumeist von gemeinnützigen Trägern betrieben, die voller Idealismus vor Jahrzehnten<br />

gestartet sind. Auch heute leisten sie wertvolle Arbeit, die jede(n) Einzelne(n) der Gäste<br />

und Teilnehmer bereichern will. Ihre Angebote vermitteln ökologische, politische, spirituelle,<br />

gesundheitlich und andere Erfahrungen zur Persönlichkeitsbildung. Und sie wirken damit stärkend<br />

<strong>für</strong> den Zusammenhalt der Gesellschaft.<br />

Ein Beitrag von Nils Gustorff<br />

Ob kirchliche Exerzitien <strong>für</strong> Paare, Teambildung <strong>für</strong> Schulklassen,<br />

Nachhaltigkeitsbildung <strong>für</strong> politisch Interessierte oder<br />

Outdoorerlebnisse <strong>für</strong> Ferienkinder – das Spektrum ist breit, die<br />

Angebote entspringen meist den hohen Ansprüchen der jeweiligen<br />

Einrichtung.<br />

Die wirtschaftliche Basis ist über Jahre schwieriger geworden<br />

und hat schon vor 20 Jahren zutage treten lassen, dass Knappheit<br />

an Personal und Fördergeldern zu Veränderungen zwingt, wenn<br />

ein Trägerverein seinen Fortbestand und den seines Vereinszwecks<br />

sichern möchte. Was tun?<br />

Die Antwort der eko: lautet heute wie damals: Lasst uns Bedarfe<br />

bündeln und die Kosten der ganzen Lieferkette in den Blick nehmen,<br />

sodass Hersteller, Händler und Abnehmer profitieren. Und dadurch<br />

<strong>Beschaffung</strong>skosten wie auch die Warenpreise gemeinsam senken!<br />

Wenn z.B. Vertreter von Kaffeeröstern oder Marmeladenherstellern<br />

nicht mehr turnusmäßig reisen und einer Küchenleitung<br />

wertvolle Zeit rauben, sondern ihre Besuche nur nach Anforderung<br />

planen, ist das <strong>für</strong> die Küche eine große Unterstützung, um das<br />

hohe Arbeitspensum zu schaffen. Gleichzeitig sparen Hersteller und<br />

Großhandel enorme Fahrt- und Personalkosten, was den Gemeinkostenanteil<br />

am Endprodukt (z.B. der Erdbeerkonfitüre) wirksam<br />

reduziert. Die Empfehlung der eko:, Bedarfe auf weniger Artikel zu<br />

bündeln (z.B. durch Sonderpreise auf nur 5 Sorten Pasta, obwohl<br />

zuvor 20 Sorten genutzt wurden), spart dem Produzenten Rüstkosten,<br />

verschafft dem Handel sog. schnelldrehende Artikel, und<br />

damit preiswirksame Kostenvorteile <strong>für</strong> alle.<br />

Als wunderbarer Nebeneffekt gelingt es in der Kommunikation<br />

mit Produzenten und Handel, Qualitäten auf zuvor ungekanntem<br />

Niveau zu steuern und insbesondere in Richtung Nachhaltigkeit<br />

weiterzuentwickeln.<br />

Vor diesem Hintergrund wurde „eko: Die Einkaufskooperation<br />

GmbH & Co.KG“ im Umfeld der Jugendherbergen gegründet. Heute<br />

vertrauen 430 Mitgliedshäuser mit 70.000 Betten den Angeboten<br />

und der Erfahrung des 4-köpfigen Teams.<br />

Im Kern werden <strong>für</strong> tägliche Bedarfe wie Lebensmittel und<br />

Reinigungsmittel preisgünstige und verlässliche Lieferanten per<br />

Ausschreibung identifiziert und per Rahmenvertrag an eko: gebunden.<br />

Bestellung, Lieferung und Rechnungsstellung laufen direkt<br />

zwischen dem kaufenden eko:-Mitglied und dem jeweiligen Lieferanten<br />

– natürlich zu den einheitlichen Konditionen, die eko: stetig<br />

im Blick behält. Damit Preisattraktivität gewahrt werden kann,<br />

kaufen eko:-Mitglieder ihre Lebensmittel und Reinigungsmittel<br />

verbindlich bei eko:-Lieferanten. Um parallel auch lokale Erzeuger<br />

bestmöglich zu fördern, ist es daneben ausdrücklich gewünscht, dass<br />

eko:-Mitglieder über lokale Bäcker, Metzger, Obst-/Gemüsehändler<br />

lokale Produkte direkt dort zu beziehen.<br />

44 Kleine Kniffe<br />

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Foto: Screenshot IMAGO<br />

In 60 weiteren Warenbereichen sind nahezu sämtliche Bedarfe<br />

aller Häuser durch eko:- Lieferanten abgedeckt. Deren Nutzung<br />

ist rein optional, findet jedoch großen Anklang, weil Konditionen<br />

und Preise sehr attraktiv sind, und weil eko: klare Empfehlungen<br />

zu einzelnen Produkten dieser Lieferanten geben kann. <strong>Das</strong> Portfolio<br />

reicht von der Ansichtskarte über Büromaterial, Entsorgung,<br />

Ökostrom und Erdgas, Großküchen-Geräte, Spielplatzgeräte bis zu<br />

Verkaufsautomaten. Seit einigen Jahren hat sich im Einkauf herausgebildet,<br />

dass in B- und C-Produktbereichen der Königsweg nicht<br />

mehr zwingend die Ausschreibung ist, sondern der Aufbau strategischer<br />

Partnerschaften weit zielführender ist.<br />

Lieferanten schätzen die Planbarkeit der Großmengen und die<br />

Verlässlichkeit des Verbundes, der gebündelt als Ansprechpartner<br />

zur Verfügung steht. Sei es als stetiger Sparringspartner, um<br />

Sortimente zeitgemäß weiterzuentwickeln, sei es, um gemeinsam<br />

Prozesskosten zu verbessern.<br />

Den Alltag von eko: als Einkaufsverbund bestimmt das Beraten<br />

von Verbänden, Trägern, Hausleitungen und Küchenleitungen –<br />

sowohl artikelbezogen als auch konzeptionell.<br />

Es geht um den Bio-Orangensaft im Allgäu, die <strong>nachhaltige</strong> Bettwäsche<br />

in Hessen, den Ökostrom in Thüringen, um die palmölfreie<br />

Nuss-Nougatcreme in Brandenburg, um weniger Energieverbrauch,<br />

ein verpackungsarmes Frühstücksbüffet, um Schlafkomfort, um<br />

Maßnahmen zur Reduzierung von Speiseabfällen, um technische<br />

Hilfen in der Küche und der Hausreinigung, und wie fair gehandelter<br />

Biokaffee besonders lecker in die Tasse fließt …<br />

Die Gesellschafter der eko: sind drei gemeinnützige Landesverbände<br />

von Jugendherbergen, mit deren Weltsicht originär ihr<br />

Engagement <strong>für</strong> Umwelt- und Ressourcenschutz verbunden ist, was<br />

folglich auch bei eko: die Richtschnur <strong>für</strong> das Handeln bildet. Dieser<br />

Geist und die Offenheit heutiger Gäste gegenüber Klimaschutz-Anliegen<br />

geben eko: wohltuenden Rückenwind, um Maßnahmen<br />

zur klimaschonenden Betriebsführung in folgender Hierarchie als<br />

zwingend darzustellen, und praxisnah zu appellieren, keinen dieser<br />

Bereiche auszulassen:<br />

• Ökostrom einsetzen und den Energieeinsatz minimieren<br />

• Speisepläne fleischreduziert bis pflanzenbasiert umgestalten<br />

• Reinigungs-Chemie sparsam dosieren und verbrauchsminimal<br />

einsetzen<br />

• Bio-Anteil bei den Lebensmitteln schrittweise erhöhen<br />

• Siegel <strong>für</strong> soziale und ökologische Produktstandards kennen<br />

und berücksichtigen (z.B. fairtrade, Grüner Knopf, FSC, …)<br />

• Lokale Erzeuger nutzen und unterstützen (z.B. Eier, Brot,<br />

Fleisch, …)<br />

• Abfälle vermeiden, Sortiermöglichkeiten bieten, Gründe <strong>für</strong><br />

Speiseabfälle analysieren<br />

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Foto: : depositphotos<br />

• Anschaffungen nach Gesichtspunkten wie Langlebigkeit,<br />

Energieeffizienz, Recyclingfähigkeit tätigen<br />

• Papier aus Recycling statt aus Frischfasern<br />

• Nachhaltige / abgasfreie Reiseformen werblich herausstellen<br />

(auch Anreise per ÖPNV realistisch beschreiben)<br />

Nachhaltigkeit in der Kommunikation und in Programmangeboten<br />

als Anliegen vermitteln. Menschen <strong>für</strong> Maßnahmen und<br />

Verhaltensänderungen zu gewinnen (Gäste, Mitarbeiter*innen,<br />

Öffentlichkeit)<br />

Als Privat-Verbraucher fällt uns beim Einkaufen mit unserer<br />

Produktentscheidung eine Verantwortung zu, den Blick zu richten<br />

auf unsere eigenen Konsummuster und die Entstehung der Waren.<br />

Auf Großverbraucher wirkt diese Verantwortung bei<br />

Kaufentscheidungen in potenzierter Form. Insbesondere mit Blick<br />

auf weltweite Menschenrechte, Bodenschätze, Erhalt der Ökosysteme<br />

und Emissionen. <strong>Das</strong>s nahezu alle <strong>Beschaffung</strong>svorgänge der<br />

eko:-Mitglieder im privatrechtlichen Umfeld angesiedelt sind und<br />

auf gesetzliche Vergaberegeln keine formale Rücksicht zu nehmen<br />

haben, belässt Freiräume, um gemeinsame Lösungen auch an teils<br />

subjektiven Kriterien auszurichten wie Prozessvorteilen, Innovationspotenzial,<br />

und besonders an trägerspezifisch geltenden<br />

Nachhaltigkeitsansprüchen.<br />

Lieferanten und Sortimente <strong>für</strong> diese Ansprüche täglich zu kuratieren<br />

und zu entwickeln, ist die zentrale Aufgabe und Ansporn <strong>für</strong><br />

eko: Die Einkaufskooperation.<br />

Autor<br />

Nils Gustorff<br />

Beratung und Einkauf<br />

eko: Die Einkaufskooperation GmbH &<br />

Co.KG<br />

gustorff@eko-einkauf.de<br />

46 Kleine Kniffe<br />

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Veranstaltungen<br />

zum <strong>nachhaltige</strong>n Einkauf<br />

Die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) veranstaltet<br />

im Jahr <strong>2023</strong> eine neue Seminarreihe zum Thema „Nachhaltige<br />

<strong>Beschaffung</strong>“.<br />

Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Nutzung von<br />

nachwachsenden Rohstoffen in den verschiedensten Handlungsbereichen.<br />

Die Auftaktveranstaltung findet am 18.01.<strong>2023</strong> statt. Der<br />

DStGB ist Partner der Seminarreihe.<br />

Zum Erreichen der Klimaschutzziele trägt auch die <strong>nachhaltige</strong><br />

<strong>Beschaffung</strong> als Grundbestandteil von behördlichen und kommunalen<br />

Nachhaltigkeitskonzepten bei. Daher ist die <strong>nachhaltige</strong><br />

<strong>Beschaffung</strong> bereits heute vielerorts Realität, etwa bei der <strong>Beschaffung</strong><br />

von IT-Ausstattungen, Möbeln und Textilien.<br />

Die Online-Seminarreihe „Nachhaltige <strong>Beschaffung</strong> mit<br />

nachwachsenden Rohstoffen“ ist dem breiten Themenfeld öffentlicher<br />

Einkauf gewidmet und richtet sich an Mitarbeitende aus<br />

Kommunen, Behörden, öffentlichen Einrichtungen und alle am<br />

<strong>nachhaltige</strong>n Einkauf Interessierte. Es werden Möglichkeiten des<br />

Einsatzes von biobasierten Produkten vorgestellt, Hinweise <strong>für</strong><br />

Ausschreibungen und Gütezeichen gegeben und verschiedene<br />

Praxisbeispiele präsentiert.<br />

27.04.<strong>2023</strong>:<br />

„Torfminderung und Kreislaufwirtschaft im<br />

kommunalen GaLaBau“<br />

20.09.<strong>2023</strong>:<br />

„<strong>Das</strong> nachwachsende Büro: Umweltfreundliche<br />

<strong>Beschaffung</strong> im Büromanagement“<br />

13.12.<strong>2023</strong>:<br />

„Der <strong>nachhaltige</strong> Liegenschaftsbetrieb:<br />

Handlungsfelder <strong>für</strong> den Einsatz<br />

nachwachsender Rohstoffe“<br />

Die Reihe zur <strong>nachhaltige</strong>n <strong>Beschaffung</strong> wird von der FNR als<br />

Projektträger des Bundesministeriums <strong>für</strong> Ernährung und Landwirtschaft<br />

(BMEL) vorbereitet und umgesetzt. Kooperationspartner<br />

sind der Deutsche Städte- und Gemeindebund und der Deutsche<br />

Landkreistag.<br />

Die Teilnahme an allen Veranstaltungen ist kostenfrei. Weitere<br />

Informationen zur Seminarreihe und das Anmeldeformular finden<br />

sich auf der Veranstaltungswebsite unter:<br />

www.fnr.de<br />

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Aus Wohlfahrtsverbänden<br />

Nachhaltiger Textileinkauf bei der MÜNCHENSTIFT GmbH<br />

Die derzeit 13 Seniorenheime der MÜNCHENSTIFT GmbH bieten Pflegeleistungen und teilweise auch<br />

Tagespflege, Wohnen mit Service <strong>für</strong> rüstige Senior*innen sowie selbständige Wohnformen an. Insgesamt<br />

versorgt die MÜNCHENSTIFT rund 3.000 Bewohner*innen, die von ca. 2.000 Mitarbeitenden in der Pflege<br />

und Verwaltung betreut werden.<br />

Ein Beitrag von Alexandra Boneff<br />

Als gemeinnützige, hundertprozentige Tochtergesellschaft der<br />

Landeshauptstadt legt die MÜNCHENSTIFT Wert darauf, den<br />

Bewohner*innen ihrer Häuser vor allem eine Atmosphäre des Sichdaheim-Fühlens<br />

zu schaffen, mit Wohnlichkeit und individueller<br />

Betreuung. Dabei stehen die persönlichen Gewohnheiten, Wünsche<br />

und Bedürfnisse immer im Mittelpunkt.<br />

Nachhaltigkeit und Umweltschutz gehört ebenso zu den<br />

grundlegenden Werten des Unternehmens. Mit ihrer Umweltpolitik<br />

verpflichtet sich die MÜNCHENSTIFT, Umweltbelastungen zu vermeiden<br />

und Ressourcen zu schonen. Hierbei werden ökonomische<br />

und soziale Ziele mitberücksichtigt – so kann eine kontinuierliche<br />

Verbesserung und <strong>nachhaltige</strong> Weiterentwicklung gelingen.<br />

Dies gilt insbesondere auch <strong>für</strong> die <strong>Beschaffung</strong>, den Einkauf<br />

des Unternehmens. Die Auftragsvergabe erfolgt entsprechend der<br />

MÜNCHENSTIFT-spezifischen Regelungen; oberhalb des jeweils<br />

maßgeblichen EU-Schwellenwert erfolgt die europaweite Vergabe.<br />

Bei der Festlegung der Leistungsbeschreibungen und Spezifikationen<br />

wird z. B. auf Obergrenzen <strong>für</strong> Verbräuche oder Grenzwerte<br />

<strong>für</strong> Schadstoffe, Anforderungen an Umweltzeichen, Produktspezifikationen,<br />

Herstellungsverfahren geachtet, die durchaus auch in die<br />

Festlegung der Wertungskriterien einfließen können. Bei der Eignungsprüfung<br />

wird u.a. die berufliche Leistungsfähigkeit der Bieter<br />

in Augenschein genommen, z.B. Verstöße gegen Umweltrecht, die<br />

Einhaltung arbeitsrechtlicher Bestimmungen, gesetzliche Mindestlohnbestimmungen<br />

oder die Anwendung von Normen <strong>für</strong> das<br />

Umweltmanagement.<br />

Schlussendlich werden je nach Auftragsgegenstand auch<br />

Anforderungen an die Auftragsausführung gestellt. <strong>Das</strong> können<br />

bspw. Anforderungen an die Belieferung, Verpackung, die Rücknahme<br />

von Abfall, Dosieranforderungen oder Umweltschulungen<br />

der Mitarbeitenden sein. Die MÜNCHENSTIFT folgt dabei<br />

grundsätzlich dem Credo, ökologische Kriterien und soziale Aspekte<br />

in Abhängigkeit des konkreten Auftragsgegenstands und der jeweiligen<br />

Zielsetzungen zu ermitteln.<br />

Die neue MÜNCHENSTIFT-Berufsbekleidung<br />

In einem zweijährigen Prozess wurde Ende 2022 neue Bekleidung<br />

<strong>für</strong> die Pflegemitarbeitenden eingeführt und in einer<br />

energiegeladenen Fashionshow präsentiert (Video Fashionshow)<br />

„Die neuen Kasacks und Hosen <strong>für</strong> die Mitarbeitenden in der Pflege<br />

sind ein Quantensprung, was Tragekomfort, Funktionalität, Design<br />

und <strong>nachhaltige</strong> Qualität betrifft“, freut sich die Einkaufsleitung<br />

Silvia Juckoff. (https://vimeo.com/781514603)<br />

Der Geschäftsführung und den Pflegedienstleitungen war vor<br />

allem wichtig, dass es eine zeitgemäße, funktionelle und frische<br />

Bekleidung wird, die bei den meisten gut ankommt und alle Bedürfnisse<br />

der Pflegekräfte erfüllt. Die Pflegekräfte möchten bei allen<br />

Anforderungen an Schnitt, Material und Funktionalität attrak-<br />

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Grafik: United Nations<br />

tiv aussehen und sich vor allem wohl fühlen. Im Fall der neuen<br />

MÜNCHENSTIFT Berufsbekleidung haben die Bewohner*innen<br />

die Farbe aussuchen dürfen, die sogar in das Farbportfolio des<br />

Herstellers aufgenommen wurde. “Diese Farbe gab den Ausschlag,<br />

weil die Bewohner*innen gesagt haben, das ist die Farbe, die wir<br />

eigentlich am tollsten finden” und “...dass wir den Geschmack von<br />

fast allen getroffen haben, das ist eigentlich die größte Freude <strong>für</strong><br />

mich” freut sich die Leitung des Qualitätsmanagements Karin Bernecker,<br />

die zusammen mit der Einkaufsleitung die neue Bekleidung<br />

nach Strich und Faden prüfte und letztendlich auswählte.<br />

So wurden ein Kasack- und ein Chino-Hosenmodell ausgesucht,<br />

die aus einer <strong>nachhaltige</strong>n Produktion stammen und somit alle<br />

Ansprüche in einem einzigen Modell vereinen. Die Beschränkung<br />

auf jeweils ein Modell erfolgte aus wirtschaftlichen Gründen.<br />

• Beide Kleidungsstücke sind nach den Standards „Grüner<br />

Knopf“ und „Global Recycled Standard“ gefertigt. Die Hose<br />

besteht zu 50% aus recyceltem Polyester und zu 50 % aus nach<br />

haltiger Baumwolle der Initiative Cotton made in Africa, der<br />

Kasack ebenfalls zu 50% aus recyceltem Polyester und zu 50%<br />

aus TencelTM.<br />

• TencelTM wird aus Holzfasern gewonnen – vorwiegend<br />

Eukalyptus – und ist biologisch abbaubar<br />

• <strong>Das</strong> Holz <strong>für</strong> Tencel-Lyocellfasern stammt ausschließlich aus<br />

nachhaltig und legal bewirtschafteten Wäldern, zertifiziert<br />

mit den Holzsiegeln FSC oder PEFC.<br />

• Rund um die Herstellung der Textilfasern achtet der Hersteller<br />

nach eigenen Angaben auf umweltschonende Prozesse.<br />

• Stoffe aus Lyocellfasern sind atmungsaktiv und weich. <strong>Das</strong><br />

Material nimmt 50 Prozent mehr Feuchtigkeit auf als Baum<br />

wolle und reguliert die Temperatur.<br />

• Der neue Kasack bietet eine gute Blickdichte bei<br />

leichterer Grammatur - er wiegt etwa 9 Prozent weniger als<br />

das alte Modell.<br />

Laut Einkaufsleitung Silvia Juckoff ist dies eine herausragende<br />

Lösung, eine sozusagen „eierlegende Wollmilchsau“, zumal es kaum<br />

möglich sei, den Geschmack von allen Menschen zu treffen. Aber mit<br />

der neuen Wäsche sei das so gut wie gelungen, da sie nahezu allen<br />

Mitarbeitenden gefällt und alle Anforderungen an Nachhaltigkeit<br />

erfüllt. „Wir haben uns <strong>für</strong> eine Herstellung nach hohen sozialen und<br />

Umweltstandards entschieden: es werden ausschließlich langlebige<br />

und recyclebare Textilien verwendet. Der Transportweg ist klimaneutral.<br />

Und: wer will, kann die Lieferkette selbst nachverfolgen.<br />

Dazu muss einfach der QR-Code auf dem Etikett von Kasack oder<br />

Hose gescannt werden.“<br />

Herausfordernd war allerdings, einen Hersteller zu finden, der<br />

sowohl die Kriterien an Funktionalität, Style und Nachhaltigkeit als<br />

auch an die zu produzierende Menge erfüllen konnte – und das zu<br />

einem vertretbaren Preis. Mit der nun gefundenen Lösung nimmt<br />

die MÜNCHENSTIFT eine Vorreiterrolle bei der <strong>Beschaffung</strong> von<br />

<strong>nachhaltige</strong>r Berufsbekleidung in der Altenpflege ein.<br />

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Foto: depositphotos<br />

Eine weitere Herausforderung wird es sein, dass die<br />

Mitarbeitenden den Poolgedanken leben und sich die jeweils<br />

nur <strong>für</strong> den jeweiligen Tag benötigte Kleidung aus dem Wäscheschrank<br />

entnehmen, bei zuvor erfolgter Rückgabe der getragenen<br />

Wäsche. Eine Poolversorgung kann nur funktionieren, wenn <strong>für</strong> die<br />

Kolleg*innen mitgedacht wird. Damit das Unternehmen den Überblick<br />

über den Bestand an Wäschestücken hat, wird die Abgabe der<br />

schmutzigen Kleidung mit einem Chip erfasst.<br />

Bett- und Tischwäsche, Handtücher etc. werden vom Textilservice<br />

der MÜNCHENSTIFT gemietet. Bei der Ausschreibung dieser<br />

Dienstleistungen wurden in die Leistungsbeschreibung ebenfalls<br />

Nachhaltigkeitskriterien aufgenommen: bei der Miet-Stationswäsche<br />

sollen überwiegend Textilien mit zertifizierter Nachhaltigkeit eingesetzt<br />

werden (Öko-Tex, Made in green oder Grüner Knopf; Cradle<br />

to Cradle oder Global Recycled Standard GRS). Der Auftragnehmer<br />

erhält nur Punkte, wenn sichergestellt ist, dass bereits zu Beginn<br />

der Versorgung und anschließend dauerhaft mindestens 90% der<br />

regelmäßig an den Auftraggeber gelieferten Artikel den Kriterien<br />

entsprechen. Die Nichteinhaltung ist vertragsstrafenbewehrt.<br />

Neben diesen Kriterien hat die MÜNCHENSTIFT bei ihrem<br />

Textilservice bereits erreicht, dass die Bewohner*innen-Wäsche<br />

nicht mehr pro Bewohner*in Folie eingeschweißt, sondern nur noch<br />

mit einer Papier-Banderole zusammengebunden geliefert wird.<br />

Somit entwickelt sich die MÜNCHENSTIFT stetig weiter -<br />

sozial, ökonomisch und ökologisch. Die Nachhaltigkeit dringt dabei<br />

tief in allen Bereich des Unternehmens vor. <strong>Das</strong> bedeutet auch <strong>für</strong><br />

jede*n Mitarbeitenden, sorgfältig mit Ressourcen umzugehen und<br />

der Umwelt nicht zu schaden. Nur so können auch in Zukunft alle<br />

Menschen gut auf unserem Planeten leben.<br />

Autorin<br />

Alexandra Boneff<br />

MÜNCHENSTIFT GmbH<br />

Umweltbeauftragte<br />

Mobil +49 – 160 980 89 881<br />

Alexandra.Boneff@muenchenstift.de<br />

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Einkaufshilfe Nachhaltige <strong>Beschaffung</strong><br />

So geht‘s - Ökofaire Ferienfreizeiten<br />

Die Handreichung „Ökofaire Freizeiten“ des Referats Schöpfungsbewahrung in der Fachstelle<br />

Weltkirche des Bistums Münster liefert praktische Einkaufshilfe <strong>für</strong> Veranstalterinnen und<br />

Veranstalter von Ferienfreizeiten. Die Broschüre steht auf den Seiten des Portals www.kirchenatur.nrw.de<br />

des Arbeitskreises „Handeln <strong>für</strong> die Schöpfung“ der nordrhein-westfälischen<br />

Landeskirchen und Bistümer kostenlos zum Download bereit.<br />

Ein Beitrag von Thomas Heine<br />

Die Zahlen sprechen da<strong>für</strong>, dass auch in dieser sensiblen Branche<br />

übIn Ferienfreizeiten begegnen Kinder und Jugendliche der Natur<br />

besonders intensiv. Schon allein deshalb ist es wichtig, beim Einkauf<br />

und bei der Planung an Fairness gegenüber Natur und Erzeugerinnen<br />

und Erzeugern zu denken und die <strong>Beschaffung</strong> ökofair auszurichten.<br />

Gleichzeitig muss die Freizeit jedoch bezahlbar bleiben. Wie das<br />

gelingen kann, zeigt die 15-seitige Broschüre „Ökofaire Freizeiten –<br />

Einkaufshilfe <strong>für</strong> Ferienlager“ des Referats Schöpfungsbewahrung in<br />

der Fachstelle Weltkirche des Bistums Münster. Sie ist von Susanne<br />

Schmeing und Karola Wiedemann erarbeitet worden.<br />

Der Einkaufsleitfaden <strong>für</strong> die <strong>Beschaffung</strong> von ökofair gelabelten<br />

Lebensmitteln und Hygienebedarfe ist eine praxisorientierte<br />

Handreichung <strong>für</strong> Anbieter und Leiterinnen und Leiter von<br />

Ferienfreizeiten, insbesondere vor dem Hintergrund begrenzter Ressourcen.<br />

Die Broschüre benennt kostengünstige Angebote ökofairer<br />

Produkte und gibt konkrete Handlungsempfehlungen <strong>für</strong> Einkauf,<br />

Planung und Durchführung von Ferienfreizeiten.<br />

Sie ist ein Beitrag im Rahmen des Projekts “Handeln <strong>für</strong> die<br />

Schöpfung” der Natur- und Umweltschutz-Akademie NRW. Dem<br />

Arbeitskreis „Handeln <strong>für</strong> die Schöpfung“, gehören alle evangelischen<br />

Landeskirchen und katholischen (Erz-)Bistümer in NRW mit ihren<br />

Umweltbeauftragten und die Natur- und Umweltschutz-Akademie<br />

an.<br />

<strong>Das</strong> Portal des Projekts „Handeln <strong>für</strong> die Schöpfung“ unter<br />

www.kirchenatur.nrw.de vermittelt vielfältige fachliche Informationen<br />

und konkrete Anleitungen zum Erhalt und zur Förderung<br />

der Biologischen Vielfalt durch Kirchengemeinden und kirchliche<br />

Einrichtungen. Praktische Beispiele aus Kirchengemeinden und<br />

kirchlichen Einrichtungen in NRW zeigen, wie und wo Ehrenamtliche<br />

und Hauptamtliche ganz praktisch mit kleinen und großen<br />

Projekten und Maßnahmen die Artenvielfalt fördern.<br />

Wer noch mehr Info und Anleitung sucht, wird fündig in der<br />

auf die spezifische Situation kirchlicher Einrichtungen ausgelegten<br />

Materialsammlung in dem Portal<br />

www.kirche-natur.nrw.de<br />

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Nachhaltige Textilbeschaffung<br />

Mit dem Stufenplan zum 50%-Ziel<br />

Nachhaltige Textilbeschaffung in der Bundesverwaltung<br />

Die Bundesregierung setzt mit dem „Stufenplan zur Steigerung der <strong>nachhaltige</strong>n <strong>Beschaffung</strong><br />

von Textilien durch Behörden und Einrichtungen der Bundesverwaltung“ (Stufenplan) 1 eine<br />

Anforderung des Maßnahmenprogramms Nachhaltigkeit 2 um und markiert damit einen<br />

wichtigen Meilenstein auf dem Weg zu einer <strong>nachhaltige</strong>n Textilbeschaffung.<br />

Ein Beitrag von Nicole Zintel<br />

Grundlage des Stufenplans ist<br />

der im Januar 2021 erstmals von der<br />

Bundesregierung veröffentlichte<br />

„Leitfaden der Bundesregierung <strong>für</strong><br />

eine <strong>nachhaltige</strong> Textilbeschaffung<br />

der Bundesverwaltung“, welcher<br />

die ökologischen und sozialen<br />

Anforderungen der Bundesregierung<br />

an eine <strong>nachhaltige</strong> öffentliche<br />

Textilbeschaffung definiert. Der<br />

Stufenplan und der Leitfaden<br />

ergänzen sich so gegenseitig.<br />

Konkret sieht der Stufenplan<br />

vor, dass die Einrichtungen und<br />

Behörden der Bundesverwaltung<br />

den Anteil <strong>nachhaltige</strong>r Textilien<br />

jährlich stufenweise erhöhen<br />

bis zur Erreichung der 50%-Zielmarke<br />

in 2026. Der Stufenplan<br />

sieht außerdem eine Vielzahl von<br />

Unterstützungsmaßnahmen <strong>für</strong><br />

beschaffende Institutionen vor sowie ein Monitoringsystem zur<br />

Messung der Fortschritte.<br />

Kernaussagen<br />

Die <strong>Beschaffung</strong> von Textilien geht mit einer Vielzahl an Risiken<br />

<strong>für</strong> Mensch und Umwelt einher.<br />

Der Einfluss auf Verbesserungen in den textilen Lieferketten<br />

durch eine sozialverträgliche und umweltfreundliche <strong>Beschaffung</strong><br />

ist groß!<br />

Der„Stufenplan zur Steigerung der <strong>nachhaltige</strong>n <strong>Beschaffung</strong><br />

von Textilien durch Behörden und Einrichtungen der Bundesverwaltung“<br />

sieht vor, dass die Einrichtungen und Behörden der<br />

Bundesverwaltung den Anteil <strong>nachhaltige</strong>r Textilien jährlich stufenweise<br />

erhöhen bis zur Erreichung der 50%-Zielmarke in 2026.<br />

Zur Unterstützung bei der Umsetzung sind im Stufenplan<br />

zahlreiche Maßnahmen vorgesehen, beispielsweise Dialogveranstaltungen<br />

sowie Schulungs- und Beratungsangebote <strong>für</strong> die<br />

<strong>Beschaffung</strong>sstellen. Zudem wird eine Monitoring-Systematik<br />

etabliert, die eine Fortschrittsmessung ermöglicht und Hinweise<br />

auf Optimierungspotentiale gibt.<br />

Öffentliche<br />

Verantwortung<br />

Mit Inkrafttreten des<br />

Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes<br />

(LkSG) am 01.01.<strong>2023</strong><br />

wird erstmals die unternehmerische<br />

Verantwortung <strong>für</strong><br />

die Einhaltung von menschenrechtlichen<br />

und bestimmten<br />

umweltbezogenen Sorgfaltspflichten<br />

in globalen Lieferketten<br />

geregelt. Auch der EU-Richtlinienentwurf<br />

zu unternehmerischen<br />

Sorgfaltspflichten verfolgt das Ziel,<br />

in der EU tätige Unternehmen zur<br />

Achtung von Menschenrechten und<br />

Umweltbelangen in globalen Wertschöpfungsketten<br />

zu verpflichten<br />

und beinhaltet noch weitergehende<br />

Pflichten als das LkSG.<br />

Vor diesem Hintergrund ist<br />

auch die öffentliche Hand gefordert, in ihrem eigenen Verwaltungshandeln<br />

noch stärker auf die Einhaltung von menschenrechtlichen<br />

und ökologischen Standards hinzuwirken. Dies ist auch eine Frage<br />

der Glaubwürdigkeit.<br />

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Grafik: GIZ<br />

Denn laut VN-Leitprinzipien <strong>für</strong> Wirtschaft und Menschenrechte<br />

unterliegt die öffentliche <strong>Beschaffung</strong> einer besonderen<br />

Verantwortung, ihrer staatlichen Schutzpflicht nachzukommen<br />

und sicherzustellen, dass mit öffentlichen Mitteln keine negativen<br />

Auswirkungen auf Menschenrechte und Umwelt in der Lieferkette<br />

verursacht oder begünstigt werden.<br />

Mit einem <strong>Beschaffung</strong>svolumen im dreistelligen Milliardenbereich<br />

pro Jahr haben Bund, Länder und Kommunen in Deutschland<br />

einen großen Einfluss, um Lieferketten <strong>nachhaltige</strong>r zu gestalten.<br />

Durch die soziale und ökologische Ausgestaltung der Auftragsvergabe<br />

nimmt die öffentliche Hand somit zugleich ihre Schutzfunktion<br />

wahr und wirkt darüber hinaus als effektiver Hebel <strong>für</strong> die Steigerung<br />

des Angebots <strong>nachhaltige</strong>r Produkte und Dienstleistungen.<br />

Diese Verantwortung und Vorbildfunktion des öffentlichen<br />

Einkaufs bei der sozial-ökologischen Transformation globaler Lieferketten<br />

im Sinne der Agenda 2030 <strong>für</strong> <strong>nachhaltige</strong> Entwicklung<br />

steht außer Frage. Im Koalitionsvertrag hat sich die aktuelle Bundesregierung<br />

deshalb zum Ziel gesetzt, die öffentliche <strong>Beschaffung</strong> und<br />

Vergabe sozial und ökologisch auszurichten und die Verbindlichkeit<br />

zu stärken 3 . Auch das Maßnahmenprogramm Nachhaltigkeit wurde<br />

2021 weiterentwickelt, um der Verantwortung im Verwaltungshandeln<br />

der Bundesregierung stärker Rechnung zu tragen. Es sieht unter<br />

anderem die schnellstmögliche Finalisierung des Stufenplans <strong>für</strong> eine<br />

<strong>nachhaltige</strong> öffentliche Textilbeschaffung vor.<br />

Risiken <strong>für</strong> Mensch und Umwelt in der<br />

Textillieferkette<br />

Die <strong>Beschaffung</strong> von Textilien geht mit einer Vielzahl an Risiken<br />

<strong>für</strong> Mensch und Umwelt einher. Häufig werden bei der Herstellung<br />

der Textilien Löhne gezahlt, die nicht ausreichen, um den<br />

notwendigen Lebensunterhalt zu bestreiten oder gar vorgeschriebene<br />

Mindestlöhne unterschreiten. Auch überlange Arbeitszeiten,<br />

Zwangsarbeit, Frauendiskriminierung, ausbeuterische Kinderarbeit<br />

und mangelhafter Arbeitsschutz zählen zu den größten sozialen<br />

Risiken der Textilbranche. Ökologische Risiken sind beispielsweise<br />

die durch hohen chemischen Pflanzenschutzmittel- und Düngemitteleinsatz<br />

chemischen Belastungen von Luft, Oberflächen- und<br />

Grundwasser, die Menge der Abwässer und deren chemische Belastung<br />

sowie die Freisetzung von Staub- und Abgasemissionen und die<br />

festen Abfälle. Hinzu kommt ein hoher Energieverbrauch.<br />

Der Einfluss auf Verbesserungen in den textilen Lieferketten<br />

durch eine sozialverträgliche und umweltfreundliche <strong>Beschaffung</strong><br />

ist groß!<br />

Nachhaltige Textilbeschaffung umsetzen<br />

Der durch das Bundesministerium <strong>für</strong> wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />

und Entwicklung (BMZ) und das Bundesministerium <strong>für</strong><br />

Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz<br />

(BMUV) erarbeitete Stufenplan ist ein handlungs<br />

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leitendes Dokument zur Umsetzung des 50%-Ziels <strong>für</strong> eine<br />

<strong>nachhaltige</strong> Textilbeschaffung.<br />

„Nachhaltige Textilien“ müssen die im Leitfaden definierten<br />

sozialen und ökologischen Anforderungen erfüllen, wobei ihr<br />

Anteil sukzessive – in angemessenen Schritten - erhöht werden soll<br />

(siehe Abbildung). Zur Unterstützung bei der Umsetzung sind im<br />

Stufenplan zahlreiche Maßnahmen vorgesehen, beispielsweise Dialogveranstaltungen<br />

sowie Schulungs- und Beratungsangebote <strong>für</strong><br />

die <strong>Beschaffung</strong>sstellen. Zudem wird eine Monitoring-Systematik<br />

etabliert, die eine Fortschrittsmessung ermöglicht und Hinweise auf<br />

Optimierungspotentiale gibt.<br />

Parallel zum Inkrafttreten des Stufenplans wurde auch der<br />

Leitfaden aktualisiert, um eine praxisnahe Orientierung <strong>für</strong><br />

<strong>Beschaffung</strong>sverantwortliche bei der Umsetzung zu bieten. Er<br />

zeigt insbesondere auf, wie die sozialen und ökologischen Nachhaltigkeitskriterien<br />

in Ausschreibungen integriert werden können<br />

und enthält entsprechende Übersichten zur Nachweisführung mit<br />

glaubwürdigen Gütezeichen und Siegeln. Eine Weiterentwicklung<br />

des Leitfadens ist mittelfristig geplant, um Beschaffende künftig<br />

verstärkt auch bei der Berücksichtigung kreislaufwirtschaftlicher<br />

Aspekte, menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten sowie bei der Verwendung<br />

alternativer Nachweisformen zu unterstützen.<br />

Fazit<br />

Mit dem Stufenplan setzt die Bundesregierung ein starkes Signal<br />

<strong>für</strong> eine <strong>nachhaltige</strong> <strong>Beschaffung</strong> von Textilien. Wenn die Umsetzung<br />

erfolgreich gelingt, wäre ein wichtiger Schritt getan, damit<br />

Nachhaltigkeit in der Auftragsvergabe zum Standard wird!<br />

Quellen:<br />

1. Hinweis: Der Stufenplan ist zum 15.03.<strong>2023</strong> in Kraft getreten<br />

2. Staatssekretärsausschuss <strong>für</strong> <strong>nachhaltige</strong> Entwicklung (2021): Maßnahmenprogramm<br />

Nachhaltigkeit – Weiterentwicklung 2021. „Nachhaltigkeit<br />

konkret im Verwaltungshandeln umsetzen“ Mit dem Programm verpflichtet<br />

sich die Bundesregierung dazu, das Leitprinzip einer <strong>nachhaltige</strong>n<br />

Entwicklung noch stärker auch im eigenen Verwaltungshandeln umzusetzen..<br />

Abruf unter: https://t1p.de/xavq8<br />

3. SPD; Bündnis 90/ Die Grünen; FDP (2021): Koalitionsvertrag 2021, 33<br />

Abruf unter: https://t1p.de/0mfj6<br />

Autorin<br />

Nicole Zintel<br />

Teamleiterin<br />

Nachhaltige Öffentliche <strong>Beschaffung</strong><br />

giz Deutsche Gesellschaft <strong>für</strong><br />

Internationale Zusammenarbeit<br />

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www.<strong>nachhaltige</strong>-beschaffung.com<br />

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