Christkatholisch_2024-2
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Hintergrund<br />
«Die ethische Verantwortung<br />
von Führungspersonen im Kontext<br />
einer ‹lebensdienlichen›<br />
Wirtschaft ist hoch.»<br />
ten. Kraft ihrer Autorität, sei sie nur aus der hierarchischen<br />
Stellung oder auch aus ihrer Persönlichkeit<br />
geboren, prägen die Führungspersonen mit ihren Einstellungen<br />
und Werten die gesamte Einrichtung. Wie<br />
ist der «Stil» der Führung? Für welche Aufgaben<br />
nimmt sich die Führungsperson wieviel Zeit? Worüber<br />
äussert sie sich bewundernd oder verächtlich?<br />
Durch nonverbale Kommunikation kann eine Führungsperson<br />
signalisieren, ob er bzw. sie tatsächlich<br />
hinter den Ideen, Zielen und Aufgaben steht. Das persönliche<br />
Vorbild der Führungsperson ist «kulturbestimmend»<br />
und es gibt Erfahrungen, dass eine «Kulturrevolution»<br />
allein durch den Austausch von Führungspersonen<br />
möglich ist.<br />
Die Wahrnehmung integrativer Verantwortung setzt<br />
dabei freilich ein ganzes Bündel an Fähigkeiten und<br />
Kompetenzen voraus: Neben exzellenter technischer<br />
Fach- und Beurteilungskompetenz müssen Führungskräfte<br />
über ein hohes Mass an emotionaler Intelligenz<br />
und Sozialkompetenz verfügen. Dies bedeutet sowohl<br />
die Fähigkeit zur Persönlichkeitsentwicklung<br />
und Selbstreflexion, zu ethischer Sensibilität sowie<br />
zur Unterscheidung des lediglich Effizienten und des<br />
tatsächlich Relevanten. Dialog- und Konfliktfähigkeit<br />
sowie ein Höchstmass an Kommunikationskompetenz<br />
runden das Profil ab.<br />
b) Führungspersonen haben zudem in Bezug auf die<br />
jeweils geltende Rahmenordnung eine ethisch implementäre<br />
Verantwortung wahrzunehmen, d.h. sie müssen<br />
den durch die Rahmenordnung gesetzten Regelungen<br />
in ihren einzelnen Handlungen entsprechen.<br />
Hier geht es also um grundsätzliche Regelkonformität.<br />
Illegale Handelsbeziehungen, Bestechung, Korruption,<br />
Steuerhinterziehung, unlauterer Wettbewerb,<br />
Preisabsprachen, Lohndumping, soziale und individuelle<br />
Ungleichbehandlungen<br />
sowie Umweltvergehen<br />
verstossen<br />
nicht nur gegen bestehende<br />
Rahmenordnungen,<br />
sondern stellen zugleich<br />
ethische Verfehlungen dar.<br />
c) Über die regelkonforme Befolgung<br />
und Umsetzung der geltenden<br />
Rahmenordnungen hinaus haben<br />
Führungspersonen eine ergänzende<br />
ethisch komplementäre Verantwortung<br />
wahrzunehmen, d.h. sie<br />
müssen von sich aus das aktiv und<br />
selbständig an ethischen Erfordernissen<br />
einbringen, was auf der Linie der<br />
Rahmenordnung liegt, aber von ihr selbst<br />
nicht zureichend allgemeinverbindlich definiert und<br />
geregelt werden kann. Hier geht es um eine beständige<br />
Verbesserung der bestehenden Rahmenordnungen<br />
und/oder um unternehmens- oder branchenspezifische<br />
Ergänzungen. Dies kann durch kodifizierte<br />
Branchenvereinbarungen als ethisch qualifizierte kollektive<br />
Selbstbindung von Unternehmen ebenso geleistet<br />
werden wie durch individuelle ethische Selbstbindung<br />
von Unternehmen in den Formen der Fixierung<br />
von unternehmensethischen Grundsätzen, Verhaltenskodizes<br />
oder Firmenleitlinien. In diesem Zusammenhang<br />
sollten sich Führungspersonen insbesondere<br />
im Konfliktfall der öffentlichen Diskussion<br />
mit ihren Stakeholdergruppen stellen.<br />
d) Nochmals darüber hinaus haben Führungspersonen<br />
eine ethisch innovative Verantwortung wahrzunehmen,<br />
d.h. sie können sich über das Befolgen sowie<br />
Verbessern und Ergänzen der Rahmenordnungen,<br />
Regelungen und Vereinbarungen hinaus in ihrem<br />
wirtschaftlichen Handeln und Entscheiden von ethischen<br />
Prinzipien leiten lassen, die nicht oder noch<br />
nicht für alle wirtschaftlichen Akteure gleichermas<br />
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<strong>Christkatholisch</strong> Nr. 2, <strong>2024</strong>