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Christkatholisch_2024-2

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Museumstipp<br />

Wolken stehen auf der anderen Seite für einen Haufen<br />

kondensierten Wassers und als Herold von Regenwetter<br />

in den Wetterberichten.<br />

Cirrus, Cumulus und Stratus:<br />

Gefilde aus der Vogelperspektive<br />

Lang bevor es das Flugzeug ermöglichte, sich über<br />

die Wolken zu erheben und für einmal auf sie hinabzuschauen,<br />

entstanden Bilder, die jene so unzugänglichen<br />

Gefilde aus der Vogelperspektive zeigten. Man<br />

sieht Wolkenlandschaften dargestellt, die Lebensraum<br />

für überirdische Wesen sind, ein Ort, wo man<br />

sich selbst hinsehnt oder andere hinwünscht. Als Johann<br />

Wolfgang von Goethe aus der Einteilung der<br />

Wolkentypen durch den Meteorologen Luke Howard,<br />

ein Gedicht geschrieben hat, löste dies aus, dass<br />

man die Kraft der Wolken feierte, die Kunst begeisterte<br />

sich für die Wissenschaft. Doch war es nicht<br />

auch umgekehrt? Sind die Namen, die Howard den<br />

Wolken gab – Cirrus, Cumulus und Stratus (lateinisch<br />

Haarlocke, Haufen und hingebreitete Decke) – nicht<br />

auch ein Ausdruck von Poesie?<br />

Gemalte Wolke: Gefangen und tot?<br />

Eine Ausstellungsbesucherin fragte, ob die auf Leinwand<br />

gebannte Wolke per se nicht eine gefangene<br />

oder gar tote Wolke sei. Der Ausstellungsführer antwortete<br />

ihr, dass die Wolken Symbol einer dauernden,<br />

unfassbaren Bewegung und Veränderung der<br />

Konturen seien. Jeder, der ein «Wolkenfänger» sein<br />

will, merke bald, dass er mit dem Festhalten wollen<br />

rasend schnell sein müsse, weil sich die Wolke jeder<br />

Fixierung entziehe. Die Graphische Sammlung der<br />

ETH lässt uns in dieser Ausstellung über «die flüchtigsten<br />

aller Meisterwerke,» wie sie Hans Magnus<br />

Enzensberger nennt, staunen – wie gerne würden<br />

wir sie doch festhalten: «Wolken sammeln – Himmelsbeute<br />

aufs Papier.»<br />

Die Geschichte<br />

der Wolken<br />

Gegen Stress, Kummer, Eifersucht, Depression<br />

empfiehlt sich die Betrachtung der Wolken.<br />

Mit ihren rotgoldenen Abendrändern<br />

übertreffen sie Patinir und Tiepolo.<br />

Die flüchtigsten aller Meisterwerke,<br />

schwerer zu zählen als jede Rentierherde,<br />

enden in keinem Museum.<br />

Wolkenarchäologie – eine Wissenschaft<br />

für die Engel. Ja, ohne die Wolken<br />

stürbe alles, was lebt. Erfinder sind sie:<br />

Kein Feuer ohne sie, kein elektrisches Licht.<br />

Ja, es empfiehlt sich, bei Müdigkeit,<br />

Wut und Verzweiflung, die Augen<br />

gen Himmel zu wenden.<br />

Hans Magnus Enzensberger<br />

Henri Rivière,<br />

Palais du Trocadéro,<br />

Blatt 8 aus der Folge<br />

«Paysages Parisiens»,<br />

1900.<br />

Foto: Graphische<br />

Sammlung ETH<br />

Zürich<br />

Museumsstandort<br />

Graphische Sammlung ETH Zürich<br />

Lage/Anreise<br />

TH-Hauptgebäude, E 53, Rämistrasse 101<br />

Eingang Karl-Schmid-Strasse<br />

CH-8092 Zürich<br />

Geöffnet<br />

Mo–So, 10–16.45 Uhr<br />

Informationen und Kontakt<br />

www.gs.ethz.ch<br />

<strong>Christkatholisch</strong> Nr. 2, <strong>2024</strong> 53

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