GesteinsPerspektiven 01/24
Die GP GesteinsPerspektiven ist offizielles Organ des Bundesverbandes Mineralische Rohstoffe e.V. (MIRO). Thematische Schwerpunkte sind Fachartikel, Berichte und Reportagen. Folgende Bereiche werden publizistisch abgedeckt: Wirtschaft, Politik und Recht mit Auswirkungen auf die Roh- und Baustoffindustrie, Prospektion, Lagerstättenerkundung, Lagerstättenbewertung, Betriebsplanung und Abbautechnik, Gewinnung und Verarbeitung mineralischer Rohstoffe, Aufbereitung: Zerkleinerung, Klassierung, Sortierung, Materialreinigung, Veredelung: Transportbeton, Asphalt, Wiedernutzbarmachung durch Rekultivierung und/oder Renaturierung, Genehmigungsverfahren und Genehmigungspraxis, Forschung sowie Aus- und Weiterbildung.
Die GP GesteinsPerspektiven ist offizielles Organ des Bundesverbandes Mineralische Rohstoffe e.V. (MIRO). Thematische Schwerpunkte sind Fachartikel, Berichte und Reportagen. Folgende Bereiche werden publizistisch abgedeckt: Wirtschaft, Politik und Recht mit Auswirkungen auf die Roh- und Baustoffindustrie, Prospektion, Lagerstättenerkundung, Lagerstättenbewertung, Betriebsplanung und Abbautechnik, Gewinnung und Verarbeitung mineralischer Rohstoffe, Aufbereitung: Zerkleinerung, Klassierung, Sortierung, Materialreinigung, Veredelung: Transportbeton, Asphalt, Wiedernutzbarmachung durch Rekultivierung und/oder Renaturierung, Genehmigungsverfahren und Genehmigungspraxis, Forschung sowie Aus- und Weiterbildung.
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10<br />
WIRTSCHAFT<br />
Es geht tatsächlich ums Ganze!<br />
CHRISTIAN STRUNK: Präsident des<br />
Bundesverbandes MIRO, kommentiert<br />
die aktuelle Situation. Foto: MIRO<br />
Die gesamte produzierende Industrie<br />
unseres Landes macht und schafft viel,<br />
ist aber leider in der Hauptsache damit<br />
beschäftigt, sich innerhalb des Krisenmodus<br />
das notwendige Stück Bewegungsfreiheit<br />
zu verschaffen. Und als<br />
wären die Rahmenbedingungen inklusive<br />
Energieversorgungs- und Preissituation<br />
nicht schon anstrengend genug,<br />
treibt auch die Bürokratie immer neue<br />
Blüten. Sehr gut erinnere ich mich daran,<br />
wie uns Ende 2022 bei einer Podiumsdiskussion<br />
mit Politikern verschiedener Parteien<br />
im Bundestag mit dem Bürokratieentlastungsgesetz<br />
Nr. 4 nun aber wirklich<br />
und wahrhaftig Erleichterung versprochen<br />
wurde. Nicht nur nach unserem<br />
Empfinden, sondern auch nach dem<br />
2023er-Jahresbericht des Normenkontrollrats<br />
ergibt sich jetzt ein ganz anderes<br />
Bild: Jährlicher Erfüllungsaufwand<br />
und die damit verbundenen Bürokratiekosten<br />
waren noch nie so hoch wie<br />
heute. Eigentlich absehbar – und korrespondierend<br />
mit einer Staatsquote von<br />
mehr als 50 %. Weitere Beschwerlichkeiten<br />
wie das Lieferketten- oder das Hinweisgeberschutzgesetz<br />
sind seitdem<br />
noch hinzugekommen. Waren möglicherweise<br />
die meisten Versprechen im<br />
Koalitionsvertrag der Ampel eine vorsätzliche<br />
Täuschung? Sicher nicht. Was<br />
aber grundsätzlich fehlt, sind ehrliche<br />
Folgenabschätzungen und eine fundierte,<br />
ergebnisoffene Analyse der strukturellen<br />
Gründe aktueller Krisen, insbesondere<br />
der beim Wohnungsbau. Nun<br />
absolvieren wir gemeinsam eine Achterbahnfahrt,<br />
die uns 20<strong>24</strong> noch reichlich<br />
beschäftigen wird.<br />
Für unser eigenes Segment steht die<br />
Frage im Raum, ob die Wohnungsbaukrise<br />
zu erwarten war oder gar durch zu<br />
langen Handlungsunwillen seitens der<br />
Politik befördert wurde? Inzwischen<br />
müssen wir die Frage anhängen, was ein<br />
Wohnungsbaugipfel bringt, wenn von<br />
einigen guten Ansätzen nur Wochen<br />
später einige schon wieder gestrichen<br />
werden?! Dieser und weiteren Fragen<br />
werden alle Verantwortlichen unserer<br />
maßgeblichen Bau- und Baustoffspitzenverbände<br />
im Laufe des Jahres nachgehen.<br />
Ergänzend dazu plädiere ich aus<br />
Sicht der Baurohstoffproduzenten im<br />
Bundesverband Mineralische Rohstoffe,<br />
MIRO, dafür, dass wir als aufeinander<br />
angewiesene Wirtschaftszweige<br />
gemeinsam das gesamte Bau-Bild<br />
betrachten, um bei unserer eigenen<br />
Analyse klare Folgenabschätzungen<br />
vornehmen zu können. Einig sind wir uns<br />
darin, dass kurze Transportwege für<br />
Sand, Kies, Splitt und Schotter zur Weiterverarbeitung<br />
im Baustoffwerk oder<br />
Direkteinbau in Gleistrassen, Wegen<br />
o. Ä. ein Gebot der ökologischen Vernunft<br />
sind und zur Kosteneffizienz am<br />
Bau beitragen. Ebenso eint uns die Überzeugung,<br />
dass zirkuläre Wirtschaft verlangt,<br />
Recyclingbaustoffe jeweils gemäß<br />
ihrer Qualität und Eignung wiederzuverwerten<br />
– Recycling aber nicht erzwungen<br />
werden kann, wenn die verfügbaren<br />
Mengen hinter den teils utopischen Vorstellungen<br />
der Politik zurückstehen. Wir<br />
erwarten von der Politik, dass sie die<br />
guten Argumente der im Baugeschehen<br />
miteinander verwobenen Branchen<br />
sachlich prüft, statt ideologisch wertet<br />
und die Genehmigungspolitik in ihrer<br />
Komplexität endlich auf neue, flinke<br />
Füße stellt.<br />
Längst beklagen unsere Sand- und<br />
Kiesproduzenten sowie Steinbruchbetreiber<br />
eine Genehmigungspraxis, die<br />
ihren Weiterbetrieb gefährdet, Neuaufschlüsse<br />
verhindert und am Ende die<br />
Versorgungssicherheit infrage stellt. So<br />
verknappt sich unser Material künstlich<br />
politisch motiviert, obwohl wir wirklich<br />
ausreichende Vorkommen im eigenen<br />
Land haben. Kritiker könnten anmerken:<br />
„… aber wenn der Bau ohnehin schwächelt,<br />
wird doch nicht viel Material gebraucht.“<br />
Nun, das ist nicht das ganze<br />
Bild. Zum einen wird der Bau wieder<br />
durchstarten und zum anderen ist von<br />
einer geplanten Verdreifachung der erneuerbaren<br />
Energien bis 2030 auszugehen,<br />
die Bahn wird einen Löwenanteil für<br />
den Netzausbau aus der erhöhten Lkw-<br />
Maut bekommen, Straßen müssen erhalten,<br />
Gemeinschaftseinrichtungen<br />
und Wohnungen gebaut werden, selbst<br />
wenn es derzeit statt 400.000 nur<br />
250.000 oder gar noch weniger sind.<br />
Auch – oder gerade – eine unbestimmte<br />
Zukunft bedarf einer vorsorgenden Rohstoffsicherung,<br />
um dafür gerüstet zu<br />
sein. Das nennt sich Resilienz. Diese gibt<br />
es in unserem Fall sogar völlig nebenwirkungsfrei.<br />
Niemand, kein Unternehmer,<br />
wird ohne konkrete Nachfrage auf Verdacht<br />
präventiv Gesteinsrohstoffe gewinnen,<br />
aufbereiten und in seinem Hof<br />
lagern. Was nicht nachgefragt wird, wird<br />
auch nicht gewonnen.<br />
Was wir von den Entscheidern erwarten,<br />
ist, dass sie unsere Handlungsfähigkeit<br />
nicht behindern – sondern erhalten<br />
und genehmigungsrechtlich beschleunigen<br />
– damit die wichtige Wertschöpfungskette<br />
Bau von Anfang bis Ende<br />
funktioniert. Auf Primärrohstoffe, also<br />
unseren heimischen Naturstein, Kies,<br />
Sand und Quarz, können wir nicht verzichten.<br />
Zusätzlich ist uns die Wertschöpfungskette<br />
Energie ein wichtiges Anliegen.<br />
Sofern die Ziele der Energiewende<br />
bis 2030 ernst gemeint sind, wird es auch<br />
hier nicht ohne ganzheitliche Betrachtung<br />
gehen. Für anspruchsvolle Ziele wie<br />
dieses muss die fordernde Politik mehr<br />
Wege ebnen. Tatsächlich sehen aber<br />
Unternehmer unserer Branche, die gewillt<br />
sind, auf ihren Baggerseen schwimmende<br />
Photovoltaik-Anlagen zu errichten,<br />
aufgrund restriktiver Anforderungen<br />
zu Uferabstand und Belegungsquote<br />
die rote Karte. „Transformation schwergemacht<br />
– Deutschland zeigt, wie es<br />
geht!“, wäre hier wohl die richtige<br />
Schlagzeile. Doch egal ob leicht oder<br />
schwer: Wer positive Veränderung will,<br />
wird an unseren heimischen mineralischen<br />
Rohstoffen nicht vorbeikommen.<br />
Diese Erkenntnis wachsen zu sehen,<br />
wäre eine großartige Aussicht für 20<strong>24</strong>.<br />
www.bv-miro.org<br />
GESTEINS Perspektiven 1 | 20<strong>24</strong>