Neue Szene Epaper 2024-03
DAS Stadtmagazin von Augsburgern für Augsburger und die bayrisch-schwäbische Region. Über interessante Menschen aus Politik, Sport, Kultur, Theater u.v.a.m.
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HEIMATKLÄNGE<br />
47<br />
Der Augsburger Musiker MJALISUSO stammt aus Gambia in Westafrika und gehört einem Mandinka-Stamm an, der seit Jahrhunderten<br />
Kora spielt. ?Die Kora, eine Art westafrikanischer Harfe, entstand vor 750 Jahren in Gambia und Mjalisuso ist ein direkter Nachkomme<br />
der ersten Kora-Spieler. Zusammen mit seiner Band Kayro erkundet er in seinen selbstgeschriebenen Songs die Räume<br />
zwischen Tradition und Moderne, von westafrikanischer Musik bis hin zu Einflüssen des Global Pop und Jazz. Das ist eine der vielen<br />
Kollaborationen, die aus Projekten des Water & Sound Festivals hervorgingen. Im Februar sorgte Mjalisuso mit einem energiegeladenen<br />
Auftritt am Rathausplatz bei der Demo „Augsburg gegen Rechts” für Furore.<br />
Von Walter Sianos<br />
M<br />
jali, du hast am <strong>03</strong>. Februar bei der größten Demonstration<br />
gespielt, die wohl je in Augsburg stattgefunden<br />
hat. Was war das für ein Gefühl, vor über 25.000<br />
Menschen aufzutreten?<br />
Es war überwältigend. Von solchen Konzerten träumt man und an diesem<br />
Tag wurde dieser Traum für mich zur Wirklichkeit. Ich wusste, dass viele<br />
Menschen kommen werden, dass es letztendlich aber so viele würden, hätte<br />
ich niemals gedacht.<br />
Warst du auf so einen Moment überhaupt vorbereitet, es ging ja letztendlich<br />
doch alles ganz schnell, auch was das Rahmenprogramm für<br />
diese Demo anging.<br />
Wir waren absolut bereit, denn wir proben regelmäßig und zwei Wochen<br />
zuvor waren wir im Studio und haben einige Songs aufgenommen. Das war<br />
also kein Problem für uns.<br />
Auf youtube gibt es dazu ein Video und man sieht und spürt förmlich,<br />
wie das Adrenalin durch deinen Körper pumpt.<br />
(Lacht) Ja, das stimmt, ich war richtig aufgeladen, auch weil das Publikum<br />
uns als Band voll angenommen hat. Es ist elektrisierend, wenn man auf der<br />
Bühne steht und die Wellen der Bewegung durch die Menschen wogen sieht.<br />
Das hat uns unglaublich viel Kraft und Energie gegeben.<br />
Der Anlass zu diesem Event war eine Demo gegen den Rechtsruck und<br />
gegen Rassismus. Wie sind deine Erfahrungen in Deutschland bisher<br />
gewesen?<br />
Ich lebe inzwischen fünf Jahre in Deutschland. Meine erste Station war<br />
Donauwörth, seit einigen Jahren lebe ich nun in Augsburg und in dieser<br />
Zeit habe ich unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Schlechte, aber auch<br />
sehr viele gute, so ist das nun mal im Leben. Aber ich bin generell ein positiv<br />
denkender Mensch, Augsburg ist meine zweite Heimat geworden und hier<br />
habe ich viele tolle Menschen kennengelernt.<br />
So wie „Mister World Music“ Girisha Fernando. Wie seid ihr euch über<br />
den Weg gelaufen?<br />
Das war 2021 beim Water & Sound Festival und dann auch immer<br />
wieder im Neruda oder im Grandhotel, wo wir mit Musikern wie Riccardo<br />
Ferrrera oder Zaza gejammt haben. Daraus ist inzwischen mit Eva Welz und<br />
Milena Herrmann an den Saxophonen, Girisha am Bass und Wulu an den<br />
Drums eine mehr oder weniger feste Besetzung entstanden. Kayro ist eine<br />
Band, die traditionelle afrikanische mit westlicher Musik verknüpft.<br />
So wie bei eurem Song „Tunga“, der sehr rhythmisch ist und voll ins<br />
Bein geht.<br />
Genau, ich bin dabei für die westafrikanischen Vibes zuständig und der<br />
Rest der Band steuert das Europäische bei, mir gefällt diese Symbiose.<br />
Du kommst aus Gambia und die Kora ist eine Mischung aus Harfe<br />
und Saiteninstrument. Sie hat in deinem Heimatland eine große Tradition,<br />
hier in Deutschland ist sie noch weitgehend unbekannt.<br />
In Gambia gibt es die Griots, das sind Storyteller, die ihre Geschichten<br />
musikalisch umrahmen und von Dorf zu Dorf tragen.<br />
Was sind deine musikalischen Einflüsse?<br />
Die kommen natürlich überwiegend aus der traditionellen Richtung<br />
und wenn ich einen bekannten Namen als Vorbild nennen müsste, dann<br />
wäre es Youssou N’Dour. Er hat die moderne afrikanische Musik geprägt<br />
und in die westliche Kultur transportiert wie kaum ein anderer. Es macht<br />
mich sehr glücklich, dass wir mit ihm zusammen im August eine Show in<br />
Wien auf einem Festival spielen dürfen. Großartig und inspirierend war es<br />
auch, die Show von Fatoumata Diawara 2022 auf der Augsburger Freilichtbühne<br />
zu erleben.<br />
Was unterscheidet das afrikanische vom europäischen Publikum?<br />
Generell ist es so, dass die Vibes immer zuerst von der Musik kommen<br />
müssen. Dann übertragen sie sich auch auf das Publikum. In Afrika hören<br />
die Leute vielleicht genauer auf die Lyrics, in Europa saugen sie zuerst die<br />
Musik auf. Ich würde schon behaupten, dass das Performen hier ein bisschen<br />
leichter ist.<br />
Stammen die Songs von Kayro alle von dir und sind in nächster Zeit<br />
Veröffentlichungen geplant?<br />
Im Prinzip ja, aber inzwischen entstehen die Arrangements gemeinsam,<br />
was übrigens eine gewisse Herausforderung für uns alle bedeutet. Ich bin<br />
kein reiner Traditionalist und für vieles offen, was man auch aus unseren<br />
Songs heraushören kann. Wir haben schon einige Tracks im Studio produziert,<br />
aber im Moment kann ich noch gar nicht genau sagen, wann wir die Songs<br />
gebündelt veröffentlichen werden. Es gibt also keinen straighten Businessplan.<br />
Ein Traum von mir ist es, eine eigene Musikschule zu gründen, die Kindern<br />
die afrikanische Musik und Kultur näherbringt und damit auch die Menschen<br />
wissen lässt, dass Rassismus in der Welt und in der Gesellschaft keinen Platz<br />
hat.<br />
Im April ist ein Auftritt in der Brechtbühne geplant. Könnt ihr da<br />
schon mehr verraten?<br />
Am 12.04. werden wir bei der „Un/plugged“-Reihe zusammen mit<br />
Roshko, Musikern der Augsburger Philharmoniker und einer großen Horn-<br />
Section auftreten. Die Brechtbühne ist zwar bestuhlt, ich hoffe aber, dass das<br />
kein reines Sitzkonzert werden wird (lacht). (ws)<br />
Besetzung:<br />
Mjalisuso (Vocals, Kora)<br />
Eva Welz (Saxophon, Backings)<br />
Milena Herrmann (Saxophon, Backings)<br />
Kebe (Percussion)<br />
Girisha Fernando (Bass)<br />
Wulu (Drums)